Samtige Streichmusik aus feiner Damenhand
Rachel Barton (Pine) spielt Heinrich Wilhelm Ernsts Grand Caprice op. 26 "Der Erlkönig", nach der Ballade von Franz Schubert
Ein Höhepunkt des Coverdesigns im Bereich der klassischen Musik!
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"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding
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Mir ist die Intention dieses Threads nicht ganz klar. Als Hommage auf die Frauen mit ihren zarten, virtuosen, extrem feinmotorischen Fingern, prädestiniert für das Violinespiel, kann ich nur zustimmen. Die Violine, unverstärkt, gehört zu den differenziertesten, aber auch leisesten Stimmen im Instrumentenset. Was allerdings nicht heißt, daß sie nur sanfte (samtige) Töne von sich geben kann, im Gegenteil, sie ist vielleicht das nuancenreichste Instrument. Der Faden ist, wie überschrieben, etwas einseitig auf den "Schönklang" ausgerichtet, Consul hat hier ein Gegengewicht gesetzt, und ich möchte es verstärken. Denn Schönklang heißt spätestens seit der Romantik nicht mehr harmonische Spannungslosigkeit, sondern stellt die Disharmonie der Harmonie gleich. Schubert war ja vor allem auch Pianist, H. W. Ernst hat sehr schön den Erlkönig auf die Violinmusik übertragen. Noch besser hätte das sicher Tartini gemacht, sein "Erlkönig" ist seine "Teufelstrillersonate", Schuberts und Tartinis Teufel sind einundderselbe, auch wenn ein Jahrhundert dazwischen liegt. Ich gebe hier den link zu youtube:
Und etwas härter, und vielleicht noch schöner:
Und, um die dramatische, scharfe Violine noch weiter in den Vordergrund zu schieben, hier ein kleines modernes Meiserwerk:
In meinem Blog zur Schönheit der Musik werde ich demnächst ein paar Beispiele für die Ausdruckssteigerung durch Triller vorstellen.
Und etwas härter, und vielleicht noch schöner:
Und, um die dramatische, scharfe Violine noch weiter in den Vordergrund zu schieben, hier ein kleines modernes Meiserwerk:
In meinem Blog zur Schönheit der Musik werde ich demnächst ein paar Beispiele für die Ausdruckssteigerung durch Triller vorstellen.
- Jörn Budesheim
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Richtig, nicht nur sanft.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Sa 5. Okt 2024, 14:04Mir ist die Intention dieses Threads nicht ganz klar. Als Hommage auf die Frauen mit ihren zarten, virtuosen, extrem feinmotorischen Fingern, prädestiniert für das Violinespiel, kann ich nur zustimmen. Die Violine, unverstärkt, gehört zu den differenziertesten, aber auch leisesten Stimmen im Instrumentenset. Was allerdings nicht heißt, daß sie nur sanfte (samtige) Töne von sich geben kann ...
Die Adjektive im Titel sind halb spaßig gemeint; er soll einen weiteren Eckpfeiler setzen in der Bandbreite gegenüber "Stabile Rockmusik aus reiner Damenhand". -- Kontrast eben.
Samtig finde ich den Klang aller klassischen Streichinstrumente. Ich meine damit nicht die Spielart, die handwerklich sanft sein kann oder auch grob. Sie können auch kratzig klingen, wenn ein Anfänger darauf herumsägt. Aber solche Beispiele wirst Du sicher nicht vorschlagen. Den Klang eines Pianos würde ich beispielsweise als glockig bezeichnen, egal, in welchem Stil darauf gespielt wird.
Ja, und insgesamt möchte ich damit natürlich die Damenwelt sichtbarer machen, die in diesem Forum derzeit von nur einer einzigen Frau vertreten wird. Ich mag es gerne bunt und facettenreich.
Übrigens, Anne-Sophie Mutter ist nach meinem Empfinden eine Vertreterin des Extrem-Stirnrunzel-Stils; dieser Stil erscheint mir immer ein bisschen verkrampft. Julia Fischer, beispielsweise, tendiert auch in diese Richtung. Ich mag den Stil von Hilary Hahn oder der Newcomerin Caroline Adomeit. Die Intonation dieser Damen ist quarzgenau und dennoch wirkt alles ganz leicht, ohne Konzentrationsmühe, sie fliegen mit ihrer Musik, sie gehen ganz in ihr auf, lassen sich in den Klang frei heineinfallen, ohne Anstrengung, selten mit extremem Stirnrunzeln.
Ich habe bewusst bei allen Künstlerinnen, sofern es möglich war, die gleichen Werke genommen -- vor allem "The Lark Ascending", Mendelssohns Violinkonzert etc. --, um direkt im Werkbeispiel die individuellen Stile und Nuancen vergleichen zu können, und um dadurch auch zu zeigen, wie vielfältig ein Ton oder eine Phrase ausgedrückt werden kann.
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Anne-Sophie Mutter beurteilen wir verschieden, ansonsten kann ich Deine Sicht nachvollziehen. Mutter ist zweifellos eine intellektuelle Musikerin; ist doch auch schön, darauf zu verweisen, daß das nicht Männern vorbehalten ist (für mich ist intellektuell kein Schimpfwort). Intellektuell kann bedeuten, daß man zu großen Abstand hat, muß es aber nicht. Und für mich ist Anne-Sophie Mutter trotz ihrer Wachheit, Reflektiertheit hoch emotional. Ich habe die zwei Versionen von Mutter und Leah Disse gegenübergestellt, um die Bandbreite zu ermessen, wie man es spielen kann, und ich denke, daß Disse mit Streichorchesterbegleitung vielleicht wie Mutter gespielt hätte.
Wie dem auch sei, ich hatte hier schon einmal das tin hat trio vorgestellt, mit der wunderbaren Carla Kihnstedt. Ich habe normalerweise gewisse Probleme mit Schrammelmusik, hier ist es genial. ZB wie der sehnsuchtsvolle Ton der Violine bei 1:44 ins kratzbürstige Ende ab 3:20 übergeht. Hart und zart.
Das klingt so, als hätte ich Mutter als intellektuell bezeichnet. Ich weiß nicht, ob sie intellektuell ist. Außerdem ist das auch für mich kein Schimpfwort.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Mi 9. Okt 2024, 13:39Mutter ist zweifellos eine intellektuelle Musikerin; ist doch auch schön, darauf zu verweisen, daß das nicht Männern vorbehalten ist (für mich ist intellektuell kein Schimpfwort).
Für mich ist gut gespielte Musik eine solche, die mit Leichtigkeit gespielt wird. Wenn sie mit Anstrengung gespielt wird, ist es in meinen Ohren nur Sport.
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Naja, ich habe "Extrem-Stirnrunzel-Stil" und "verkrampft" als Kennzeichen einer "verkopften" Musikhaltung gelesen, und das bedeutet im besten Sinne "mit Distanz", "intellektualisiert", ansonsten verstehe ich es nicht.
Ein Instrumentalist muß so gut wie möglich "mühelos" wirken, sonst ist er unprofessionell. Meinst Du wirklich, Mutter ist unprofessionell? Deiner Forderung nach Professionalität kann ich nur zustimmen. Aber nicht immer ist eine intuitivere Spielweise besser als eine intellektuellere.
Und dann geht manche Musik bis an die Grenzen des leistbaren, da ist es unvermeidlich, seine Anstrengung preiszugeben. Schau Dir die schweißtriefenden Jazzer an, schau Dir Dizzy an, da bekommt man doch Angst, daß seine aufgeblasenen Backen platzen. Freilich, wenn jemand Mozart spielt und man sieht ihm die Mühe an, ist die Aura dieser Musik futsch.
Und noch etwas differenzierter die Frage gestellt: soll ein Musiker nicht seine Emotion beim Spielen zeigen, ob als reflektierender oder als selbst unmittelbar von der Musik berührter, also bspw das Außeratemkommen, wenn zu spielen verlangt wird das Spielen bis zum Außeratemkommen? ZB, wenn Hindemith verlangt, ein Stück (den Schlußsatz der ersten Kammermusik) so schnell wie möglich zu spielen, oder sogar ausdrücklich das Falschspielen gutheißt?
Auch dieses Wort habe ich nicht verwendet. Natürlich ist Mutter professionell; sie macht das beruflich.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Mo 21. Okt 2024, 16:04Meinst Du wirklich, Mutter ist unprofessionell?
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Sprache ist schwierige Sprache. Auch das habe ich nicht gemeint, ich wollte mit professionell die Beherrschung des Metiers benennen, nicht die Einkommensquelle, den Beruf, sondern die Berufung zur Entwicklung eines Talents. Es ist erschreckend, wie unprofessionell man heute sein muß, um richtig erfolgreich in diesem Beruf sein zu können.
Dann möchte ich einmal präzise zusammenfassen, was ich mit Extrem-Stirnrunzel-Stil meine:
• Körper und Geist sind ganz erfüllt mit der schwierigen Aufgabe, die Noten planmäßig abzuspielen.
• Das Spiel ist ein Wettkampfsport mit den eigenen Rekorden oder mit der Konkurrenz.
• Die Freude an dem Ganzen bezieht sich wenig auf das Gefühlserlebnis durch die Musik, sondern hauptsächlich auf das Gelingen und die Karriere.
• Dabei spielt es keine Rolle, ob der Hintergrund eher intuitiv oder eher intellektuell ist, oder professionell oder laienhaft.
Und natürlich ist das ein Meckern auf ganz hohem Niveau. Mutter ist eine Supergeigerin, keine Frage.
• Körper und Geist sind ganz erfüllt mit der schwierigen Aufgabe, die Noten planmäßig abzuspielen.
• Das Spiel ist ein Wettkampfsport mit den eigenen Rekorden oder mit der Konkurrenz.
• Die Freude an dem Ganzen bezieht sich wenig auf das Gefühlserlebnis durch die Musik, sondern hauptsächlich auf das Gelingen und die Karriere.
• Dabei spielt es keine Rolle, ob der Hintergrund eher intuitiv oder eher intellektuell ist, oder professionell oder laienhaft.
Und natürlich ist das ein Meckern auf ganz hohem Niveau. Mutter ist eine Supergeigerin, keine Frage.