subjektiv/objektiv

Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt sich in der Philosophie der Zweig der analytischen Philosophie, deren Grundlagen u.a. auch die Philosophie des Geistes (mind) betreffen
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Jörn Budesheim
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Burkart hat geschrieben :
Di 28. Feb 2023, 23:02
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 27. Feb 2023, 06:21
Burkart hat geschrieben :
So 26. Feb 2023, 21:38
Ist "irren" nicht oft teilweise eine Frage der Perspektive? Klar, wir sehen Putin und Trump klar als Fehler an, für uns sind sie somit nicht glaubwüdig, Andere mögen es aber anders sehen, sonst gäbe es insbesondere für Trump keine so eine große Anhängerschaft.
Klar, ich hätte auch etwas weniger Klares nehmen können, z.B. wie glaubwürdig ist unsere Russland-Politik - für eine gewisse Linke und eine gewisse Feministin und ihren Demonstranten gerade anscheinend nicht.
Meine Frage war eigentlich, wie dieses folgende Argument von dir funktioniert, wie ist seine Struktur?

"Glaubwürdigkeit ist ja alles anderes als etwas Objektives, sonst würd Putin in Russland nicht so viel Anklang haben (oder auch Trump bei seinen Anhängern)."

Warum soll aus dem Umstand, dass Putin und Trump soviel Anklang haben, folgen, dass Glaubwürdigkeit alles andere als etwas Objektives ist?

Das ist meines Erachtens deshalb wichtig, weil ich meine, dass du Argumente in dieser Form relativ häufig bringst. Mit folgender Struktur: manche sehen es so, andere anders, also liegt keine Objektivität vor. Falls das die Struktur ist, dann scheint sie mir nicht schlüssig zu sein. Ein Beispiel, warum das nicht schlüssig ist: manche glauben, der Schlüssel liegt unter der Matte, andere glauben, er liegt im Auto, also ist der Ort des Schlüssels nicht objektiv. Was natürlich nicht der Fall sein kann. Allgemein gesprochen: Daraus, dass Menschen über etwas unterschiedlicher Ansicht sind, folgt nicht, dass kein objektiver Tatbestand vorliegen kann.

Welche Struktur schwebt ihr also für dein Argument vor?
Sofern es um klare Fakten geht wie um den Ort deines Schlüssel, gibt es das Objektive sicherlich. Hier ist auch nicht groß Glaubwürdigkeit nötig, insofern man es schnell nachprüfen kann und dann das Gegenteil zu behaupten wohl i.a. keinen Sinn mehr macht.

Nur leider ist die Welt oft nicht so einfach und objektiv. Z.B. bräuchte wir dann keine Parteien, wenn man einfach wüsste oder ermitteln könnte, was richtig und was falsch ist. Da wir das aber nicht so leicht wissen bzw. oft gar nicht, können Politiker die eine oder andere Meinung vertreten, mehr oder weniger glaubwürdig (und natürlich gerade für ihre Zielgruppen).

Ähnlich dürfte es oft bei philosophischen Themen sein. Ob wir z.B. unsere Welt monistisch oder dualistisch sehen, ist umstritten bzw. subjektiv bzw. auch kontextabhängig, und man kann für diese oder die andere Seite Argumente finden, die den Einen oder Anderen mehr oder weniger überzeugen, also mehr oder weniger glaubwürdig erscheinen.

Trumps Glaubwürdigkeit scheint ja äußerst unterschiedlich zu erscheinen, ob nun von seinen Leute, die ihm glauben (wollen) und auf der anderen Seite die anderen. Sicher gibt es einige klare Lügen u.ä., anderes ist allerdings nicht einfach richtig oder falsch.
Wenn man z.B. den Ausländerzuzug sieht, so haben wir auch in Europa damit Probleme: Will man alle Menschen beliebig hineinlassen? Will man sich möglichst total abschotten? Für beide Extreme gibt es sicherlich Anhänger; objektiv richtig kann man wohl keine Seite nennen, auch ein objektiv richtiger Mittelweg dürfte nicht existieren.
Aber berührt das wirklich die Frage, die ich gestellt habe? Das sehe ich nicht. Ich wollte wissen, wie das Argument, das du oben gebracht hast, funktionieren soll. Das erklärst du nicht.
Burkart hat geschrieben :
Di 28. Feb 2023, 23:02
Nur leider ist die Welt oft nicht so einfach und objektiv.
In meinem Beispiel mit dem verlorenen Schlüssel ist die Welt auch nicht unbedingt einfach. Es kann unglaublich komplexe Zusammenhänge geben, die dazu geführt haben, dass niemand mehr den Schlüssel findet. Man kann sich das so komplex vorstellen, wie man will. Aber das sagt noch nichts über die objektive Sachlage aus. Nehmen wir ein strukturidentisches Beispiel: das Bernsteinzimmer. Es gibt unendlich viele Theorien darüber, ob es das Zimmer überhaupt noch gibt, und wenn ja, wo es sich befindet und so weiter und so fort. Das ist alles sehr kompliziert und die Meinungen gehen weit auseinander. Das ändert aber nichts daran, dass es eine objektive Tatsache über das Bernsteinzimmer und seinen Verbleib geben kann.

Mit anderen Worten: Es bringt nichts, die Zutat "kompliziert" bzw. "nicht so einfach" hinzuzufügen.

Wie dem auch sei, hier noch einmal das Argument, das ich nicht verstehe: "Glaubwürdigkeit ist ja alles anderes als etwas Objektives, sonst würd Putin in Russland nicht so viel Anklang haben (oder auch Trump bei seinen Anhängern)." Warum folgt daraus, dass Putin so viele Anhänger hat und Trump ebenso, dass Glaubwürdigkeit alles andere als objektiv ist.




Burkart
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Do 2. Mär 2023, 23:54

Ehrlich gesagt hat mein wochenarbeitsmüder Kopf keine große Meinung, groß dazu Gedanken kreisen zu lassen und einen Output zu erzeugen. Aber jut...

Ich weiß nicht, wann "objektiv" und "subjektiv" eigentlich wirklich passt und wann nicht so unbedingt.
Geht es da eigentlich vor allem um mehr oder weniger handfeste Fakten wie um den Schlüssel oder das Bernsteinzimmer?

Ich hatte es bei Glaubwürdigkeit zu (Putin und) Trump etwas indirekter benutzt, also inwieweit Menschen an etwas, "Dinge", glauben, welche an sich nicht recht objektiv sind, wie z.B. die Güte von Ausländerzuzug.
Je weniger objektiv diese Dinge sind, um so eher können Menschen aber an sie glauben: Man kann deshalb leicht eine Meinung pro oder kontra haben und so sich auf eine Seite (wie die Trump'sche) positionieren. Bei "Erde ist eine Scheibe" als eigentlich klarer, objektiver Fakt fällt es erheblich schwerer dagegen zu sein, weil die Glaubwürdigkeit "pro Kugel" erheblich höher ist.



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Jörn Budesheim
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Burkart hat geschrieben :
Do 2. Mär 2023, 23:54
handfeste Fakten
Dass Trump und Putin Lügner sind, ist doch ein "handfester Fakt".




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Burkart hat geschrieben :
Do 2. Mär 2023, 23:54
Ich weiß nicht, wann "objektiv" und "subjektiv" eigentlich wirklich passt und wann nicht so unbedingt.
Donald Davidson hat geschrieben : Ein Urteil ist objektiv, wenn es wahr oder falsch oder möglicherweise keins von beidem ist, der Wahrheitswert (wahr, falsch oder keins von beidem) aber feststeht. Der Wahrheitswert des Urteils ist unabhängig von der Person des Urteilenden sowie von der Gesellschaft oder Zeit, in der er lebt. Der Wahrheitswert eines Urteils hängt nur von zweierlei ab: den Tatsachen und dem Inhalt des Urteils [...]"
Ich könnte mir vorstellen, dass es eventuell etwas komplizierter werden könnte, wenn das Urteil den Urteilenden selbst betrifft oder ähnliches, da müsste man nach Beispielen suchen. Aber für den Moment scheint mir der Vorschlag des Philosophen ein Anfang zu sein. Der Wahrheitswert des Urteils "Trump ist vertrauenswürdig" steht fest: falsch. Trump ist ein notorischer Lügner und Betrüger. Dafür gibt es überwältigende Belege. Der Wahrheitswert dieses Urteils ist unabhängig von den urteilenden Personen (etc). Wenn also die Anhänger von Trump das nicht sehen, dann weil sie in irgendeiner Form geblendet sind oder was auch immer.




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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 3. Mär 2023, 08:47
Burkart hat geschrieben :
Do 2. Mär 2023, 23:54
handfeste Fakten
Dass Trump und Putin Lügner sind, ist doch ein "handfester Fakt".
Das ist sicher richtig. Nur ist es so, dass Lügner nicht immer vollkommene Unwahrheiten sagen und ihre Anhänger ihnen z.T. glauben wollen - wie gesagt bei Trump z.B. hinsichtlich Ausländerzuzug.



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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 3. Mär 2023, 10:45
Burkart hat geschrieben :
Do 2. Mär 2023, 23:54
Ich weiß nicht, wann "objektiv" und "subjektiv" eigentlich wirklich passt und wann nicht so unbedingt.
Donald Davidson hat geschrieben : Ein Urteil ist objektiv, wenn es wahr oder falsch oder möglicherweise keins von beidem ist, der Wahrheitswert (wahr, falsch oder keins von beidem) aber feststeht. Der Wahrheitswert des Urteils ist unabhängig von der Person des Urteilenden sowie von der Gesellschaft oder Zeit, in der er lebt. Der Wahrheitswert eines Urteils hängt nur von zweierlei ab: den Tatsachen und dem Inhalt des Urteils [...]"
Ich könnte mir vorstellen, dass es eventuell etwas komplizierter werden könnte, wenn das Urteil den Urteilenden selbst betrifft oder ähnliches, da müsste man nach Beispielen suchen. Aber für den Moment scheint mir der Vorschlag des Philosophen ein Anfang zu sein. Der Wahrheitswert des Urteils "Trump ist vertrauenswürdig" steht fest: falsch. Trump ist ein notorischer Lügner und Betrüger. Dafür gibt es überwältigende Belege. Der Wahrheitswert dieses Urteils ist unabhängig von den urteilenden Personen (etc). Wenn also die Anhänger von Trump das nicht sehen, dann weil sie in irgendeiner Form geblendet sind oder was auch immer.
Ganz so einfach ist es nicht, fürchte ich. Klar, Trump lügt gerne, aber wenn jemand z.B. möglichst wenig weitere Ausländer in den USA haben möchte und Trump dies vertritt, ist er für den jemand schon vertrauenswürdig, also sehe ich hier kein objektiv hinsichtlich "vertrauenswürdig", aber gerne objektiv hinsichtlich "mehrfacher Lügner".



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Burkart hat geschrieben :
Fr 3. Mär 2023, 20:28
Ganz so einfach ist es nicht, fürchte ich.
Doch, genauso einfach ist es. Jemand, der sich niemals an die Wahrheit gebunden fühlt, ist nicht glaubwürdig.

Diese Frage ist im übrigen aber gar nicht das Thema des Fadens, das Thema des Fadens ist nach wie vor, die Frage, wie dein Argument funktionieren soll. Und da sehe ich bisher noch keinen Fortschritt, weil ich immer noch nicht weiß, wieso du auf diese Schlussfolgerung kommst: "Glaubwürdigkeit ist ja alles anderes als etwas Objektives, sonst würd Putin in Russland nicht so viel Anklang haben (oder auch Trump bei seinen Anhängern)."




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Um da etwas weiter zu kommen, wäre es nicht schlecht, wenn du die allgemeine Struktur des Argumentes etwas erläutern könntest.




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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 3. Mär 2023, 20:45
Burkart hat geschrieben :
Fr 3. Mär 2023, 20:28
Ganz so einfach ist es nicht, fürchte ich.
Doch, genauso einfach ist es.
Und warum hat Trump dann so viele Anhänger? Anscheinend vertrauen sie ihm hinreichend.
Jemand, der sich niemals an die Wahrheit gebunden fühlt, ist nicht glaubwürdig.
Niemals? Ist das nicht vielleicht übertrieben? However, siehe die Masse der Trumpanhänger, die ihm anscheinend vertrauen.
Diese Frage ist im übrigen aber gar nicht das Thema des Fadens, das Thema des Fadens ist nach wie vor, die Frage, wie dein Argument funktionieren soll. Und da sehe ich bisher noch keinen Fortschritt, weil ich immer noch nicht weiß, wieso du auf diese Schlussfolgerung kommst: "Glaubwürdigkeit ist ja alles anderes als etwas Objektives, sonst würd Putin in Russland nicht so viel Anklang haben (oder auch Trump bei seinen Anhängern)."
Ich versuche es zu erhellen; keine Ahnung, ob es mir gelingt.
Du hälst Trump ja für überhaupt nicht glaubwürdig, seine Anhänger anscheinend schon. Damit ist Glaubwürdigkeit dann etwas Subjektives und halt nichts Objektives.

Hm, Struktur... "A sieht Trump nicht glaubwürdig" únd "B sieht Trump glaubwürdig" => Glaubwürdigkeit ist subjektiv



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Burkart hat geschrieben :
Fr 3. Mär 2023, 21:11
Damit ist Glaubwürdigkeit dann etwas Subjektives und halt nichts Objektives.
Burkart hat geschrieben :
Fr 3. Mär 2023, 21:11
A sieht Trump nicht glaubwürdig" únd "B sieht Trump glaubwürdig" => Glaubwürdigkeit ist subjektiv
Aber der entscheidende Punkt fehlt: warum sollte das so sein? Das ist doch die Frage des Fadens.




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Burkart hat geschrieben :
Fr 3. Mär 2023, 21:11
A sieht Trump nicht glaubwürdig" únd "B sieht Trump glaubwürdig" => Glaubwürdigkeit ist subjektiv
Das ist meines Erachtens auch nicht wirklich eine allgemeine Struktur. Eine allgemeine Struktur wäre z.B:

A und B sind unterschiedlicher Ansicht über Sachverhalt S, also ist Sachverhalt subjektiv.

Diese Verallgemeinerung scheidet allerdings aus, weil es einfache Gegenbeispiele gibt. Aber was könnte eine Alternative sein deiner Ansicht nach.




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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 3. Mär 2023, 21:14
Burkart hat geschrieben :
Fr 3. Mär 2023, 21:11
Damit ist Glaubwürdigkeit dann etwas Subjektives und halt nichts Objektives.
Burkart hat geschrieben :
Fr 3. Mär 2023, 21:11
A sieht Trump nicht glaubwürdig" únd "B sieht Trump glaubwürdig" => Glaubwürdigkeit ist subjektiv
Aber der entscheidende Punkt fehlt: warum sollte das so sein? Das ist doch die Frage des Fadens.
Warum sollte was genau sein? Glaubwürdigkeit wird doch von verschiedenen Menschen verschieden gesehen, oder?



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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 3. Mär 2023, 21:33
Burkart hat geschrieben :
Fr 3. Mär 2023, 21:11
A sieht Trump nicht glaubwürdig" únd "B sieht Trump glaubwürdig" => Glaubwürdigkeit ist subjektiv
Das ist meines Erachtens auch nicht wirklich eine allgemeine Struktur. Eine allgemeine Struktur wäre z.B:

A und B sind unterschiedlicher Ansicht über Sachverhalt S, also ist Sachverhalt subjektiv.

Diese Verallgemeinerung scheidet allerdings aus, weil es einfache Gegenbeispiele gibt. Aber was könnte eine Alternative sein deiner Ansicht nach.
Na ja, man könnte es so verallgemeinern:
Wenn alle möglichen A für Sachverhalt S sind (z.B. weil er einfach plausibel, am besten beweisbar ist), dann ist S objektiv (oder erscheint es zumindest).
Wenn es aber A gibt für S und B gegen S, ist S subjektiv.

Oder dachtest du Verallgemeinrung irgendwie anders?



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Wenn es aber A gibt für S und B gegen S, ist S subjektiv
Das kann aber nicht sein, weil dann der Ort des verlorenen Schlüssels subjektiv ist, wenn einer glaubt, er sei hier und ein anderer glaubt, er sei dort.
Wenn alle möglichen A für Sachverhalt S sind ...
Alle möglichen A könnten der Ansicht sein, dass der Schlüssel im Gulli liegt, während er in Wahrheit woanders ist. Diese Definition kann nicht stimmen, weil es Tatsachen geben könnte, von denen keiner weiß oder die alle falsch einschätzen.




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Glaubwürdigkeit ist ja alles anderes als etwas Objektives, sonst würd Putin in Russland nicht so viel Anklang haben (oder auch Trump bei seinen Anhängern)."
Mein Zwischenstand ist folgender: du kannst das deshalb nicht plausibel machen und erläutern, weil es schlicht falsch ist :)




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Ist die Bild-Zeitung glaubwürdig, nur weil sie viele Leser hat? Das halte ich für abwegig. Nur weil viele Menschen fälschlicherweise glauben, die Bild-Zeitung sei glaubwürdig, ist sie es nicht.




Burkart
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Sa 4. Mär 2023, 15:59

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 4. Mär 2023, 12:05
Wenn es aber A gibt für S und B gegen S, ist S subjektiv
Das kann aber nicht sein, weil dann der Ort des verlorenen Schlüssels subjektiv ist, wenn einer glaubt, er sei hier und ein anderer glaubt, er sei dort.
Wenn alle möglichen A für Sachverhalt S sind ...
Alle möglichen A könnten der Ansicht sein, dass der Schlüssel im Gulli liegt, während er in Wahrheit woanders ist. Diese Definition kann nicht stimmen, weil es Tatsachen geben könnte, von denen keiner weiß oder die alle falsch einschätzen.
Wir sprechen von verschiedenen Dingen. Ich schrieb ja, dass Beweisbarkeit für Objektivität spricht: Das geht bei deinem Schlüssel halt. Bei Ausländerzuzug gibt es dagegen kein klar beweisbares Kriterium.



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Sa 4. Mär 2023, 16:08

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 4. Mär 2023, 14:43
Ist die Bild-Zeitung glaubwürdig, nur weil sie viele Leser hat? Das halte ich für abwegig. Nur weil viele Menschen fälschlicherweise glauben, die Bild-Zeitung sei glaubwürdig, ist sie es nicht.
Ah ha... und welche Zeitung ist es dann so einfach?
Nein, ich bin sicher kein Anhänger der Bild ("Zeitung" ist/war mal falsch zu ihr zu sagen), wobei ich schon annehme, dass das meiste in ihr nicht erfunden ist.

Schön, wenn du nur Aktienkurse und Sportergebnisse als Zeitung heraus bringst, sollte sie objektiv sein können, was für dich anscheinend für glaubwürdig steht.
Aber wann ist eine Zeitung glaubwürdig z.B. hinsichtlich Ausländerzuzug, also nicht nur nackte Zahlen bringt, sondern diese auch kommentiert hinsichtlich Probleme u.ä.? Da kann sie leicht eine Tendenz nach rechts oder links bekommen; ob dies dann noch für alle Menschen glaubwürdig im Sinne von nachvollziehbar, sinnvoll u.ä. erscheint...



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Steinmetz
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Sa 4. Mär 2023, 21:27

Wir müssen wohl als Prämisse nehmen, dass es eine objektive Wahrheit gibt. Ob wir immer einen Zugriff darauf haben, ist eine andere Frage.
Ein objektives Urteil kann ich also nur treffen, wenn ich eine Aussage mit der tatsächlichen Wirklichkeit vergleichen kann. Mir steht aus dem Ärmel geschüttelt leider nur simple formale Logik zur Verfügung. Wenn also Person A wieder besseren Wissens behauptet Person B habe die Eigenschaft f. Person B besitzt die Eigenschaft f aber nicht, so ist die Aussage wissentlich falsch getroffen.

Wird, wissentlich eine falsche Aussage gemacht dann ist dies eine Lüge.

Nun wollen wir sagen eine Person welche lügt ist ein Lügner.
Person A hat gelogen gehört also zum Personenkreis der Lügner.

Person A sagt aber im nächsten Satz die Wahrheit. Trifft die Prädikation dann noch auf Person A zu?

Jetzt vorsichtig gefragt: Kann man eine gültige Aussage über eine Prädikation wie "glaubwürdig", "schön", oder "groß" treffen?




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Jörn Budesheim
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So 5. Mär 2023, 06:42

Steinmetz hat geschrieben :
Sa 4. Mär 2023, 21:27
Wenn also Person A wieder besseren Wissens behauptet Person B habe die Eigenschaft f. Person B besitzt die Eigenschaft f aber nicht, so ist die Aussage wissentlich falsch getroffen.

Wird, wissentlich eine falsche Aussage gemacht dann ist dies eine Lüge.
Steinmetz hat geschrieben :
Sa 4. Mär 2023, 21:27
Ein objektives Urteil kann ich also nur treffen, wenn ich eine Aussage mit der tatsächlichen Wirklichkeit vergleichen kann.

Das obige Beispiel "Donald Trump" erinnert uns daran, dass wir noch einen anderen Aspekt hinzufügen sollten: Bullshit. Harry Frankfurt, ein amerikanischer Philosoph, hat diesen Begriff in die Philosophie eingeführt, er definiert Bullshit als eine Aussage oder Behauptung, die ohne Rücksicht auf Wahrheit oder Falschheit gemacht wird. Dem Bullshitter ist es völlig egal, ob das, was er sagt, wahr oder falsch ist. In diesem Fall wird die falsche Aussage nicht wissentlich gemacht.

Dass Trump über alle Maßen lügt und ein Bullshiter ist, ist hinreichend bewiesen, es entspricht der "tatsächlichen Wirklichkeit". Wir haben es hier also nicht mit einem Fall zu tun, in dem jemand gelegentlich lügt, so dass die Frage, ob er ein gewohnheitsmäßiger Lügner und Bullshiter ist, ggf. offen bleiben muss.

Ein gewohnheitsmäßiger Lügner und Bullshiter ist sicherlich nicht glaubwürdig.

Burkart ist hingegen anderer Ansicht: "Glaubwürdigkeit ist ja alles anderes als etwas Objektives, sonst würd Putin in Russland nicht so viel Anklang haben (oder auch Trump bei seinen Anhängern)." Ziel dieses Threads ist es eigentlich, herauszufinden, ob diese Schlussfolgerung schlüssig ist bzw. welche "allgemeine Form" sie hat.
Steinmetz hat geschrieben :
Sa 4. Mär 2023, 21:27
Ein objektives Urteil kann ich also nur treffen, wenn ich eine Aussage mit der tatsächlichen Wirklichkeit vergleichen kann.

Meines Erachtens werden hier die Verhältnisse auf den Kopf gestellt. Die Objektivität des Urteils wird nicht mehr daran gemessen, was der "Vergleich mit der tatsächlichen Wirklichkeit" ergibt, sondern die "tatsächliche Wirklichkeit" wird an den Urteilen gemessen, in diesem Fall daran, was die Anhänger von Trump und Putin glauben.




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