Geist oder Materie oder keines von beidem?

Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt sich in der Philosophie der Zweig der analytischen Philosophie, deren Grundlagen u.a. auch die Philosophie des Geistes (mind) betreffen
Benutzeravatar
METASUBJEKT
Beiträge: 70
Registriert: Di 23. Feb 2021, 14:57

Mo 3. Apr 2023, 18:40

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 3. Apr 2023, 08:21
Timberlake hat geschrieben :
Mo 3. Apr 2023, 00:10
... die Art, wie wir über den Geist [...] sprechen ...
Die Art und Weise, wie wir über den Geist sprechen, ist bereits ein Aspekt des Geistes. Dass wir uns ein Bild von uns selbst machen, ist einer der entscheidenden Aspekte des Geistes.
Auch wenn Du mich nicht mehr magst :D
Kann ich Dir hier nur zustimmen.
Und der härteste Aspekt des Geistes ist der, dass er ein Nervensystem belebt, das von seiner eigenen Existenz wissen kann, die es als "Selbsterfahrung" speichert. Und Werkzeuge entwickelt, um noch mehr über sich zu erfahren und den eigenen Denkprozess zu modifizieren und zu kontrollieren. Dabei hilft ihm die Sprache. Das Gehirn scheint wie eine Zange zu sein, die sich selbst solange beknabbert, bis ihre Form einen vorgegeben Zweck erfüllen kann. Es ist ein Organ, das seine Fähigkeiten selbst verbessern kann.




Burkart
Beiträge: 2802
Registriert: Sa 11. Jul 2020, 09:59

Mo 3. Apr 2023, 22:03

METASUBJEKT hat geschrieben :
So 2. Apr 2023, 17:15
Burkart hat geschrieben :
So 2. Apr 2023, 11:54
Wofür brauchen wir "ein drittes"? Sind wir nicht einfach Geist und Materie "in einem"?
Das ist auch richtig, ich betrachte mich als eine Einheit, die ich jedoch aus Gründen, über die ich nur spekulieren kann, in die Kategorie Geist und Materie, oder Geist und Körper unterscheide. Denn ich bin es ja, der diese beiden großen Kategorien gebildet hat.
Andere differenzieren sich gar in Körper, Geist und Seele, als in drei Kategorien, wobei die 'Seele' für mich die Gefühlswelt ist, der Geist die des Denkens.
Unser Körper ist halt das Materielle so wie so vieles wie Steine, Berge, Wasser oder auch z.B. Bananen.
Geist (und Seele) stehen dagegen für unsere nicht (nur) materiellen Ursprünge für unsere dynamischen Prozesse, die den Körper steuern (und von ihm 'Daten' entgegen nimmt).
Man nennt diese Sicht auch den "neutralen Monismus", der davon ausgeht, dass Geist und Körper unterschiedliche Aspekte derselben Realität sind.
Genau, Aspekte, Perspektiven oder wie auch immer.
Aber wie könnte man diese "Realität" beschreiben?

Natürlich kann ich "mich" oder das Dritte als "Mensch" bezeichnen. Aber was ist damit gesagt? Wenn wir beschreiben, was ein Mensch ist, können wie die Trennung nicht vermeiden. Wir würden einen Menschen mit materiellen Begriffen beschreiben, und mit Begriffen die sich auf das Geistige des Menschen beziehen.
Nur wenn man sich diese "Trennung" bewusst machen will, sonst nicht unbedingt. Z.B. ist der Mensch ein hochentwickeltes Tier, das sehr viel kann; da trenne ich nicht explizit in Körper und Geist.
Ich kenne keine Begriffe, die sich auf etwas Drittes beziehen, das weder Geist noch Materie ist, sondern beides zugleich. Und das wir mit unseren Sinnen wahrnehmen könnten.
Halt einfach "der Mensch", "das hochentwickelte Tier" o.ä.
Dieses Problem hat jedoch einen absurden Aspekt: Indem ich mich erlebe, erlebe ich dieses Dritte. Aber wenn ich mich darüber verständigen will, wie ich es erlebe, falle ich wieder auf die Trennung zurück.
Also z.B. "ich fühle mich gut" trennt nicht Körper von Geist (wobei nach Obigem das am besten auf (meine) "Seele" passt). Aber natürlich wirst du oft etwas von Körper oder Geist beschreiben, wenn du dich auf etwas Entsprechendes beziehst.



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

Timberlake
Beiträge: 1675
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

Di 4. Apr 2023, 09:35

METASUBJEKT hat geschrieben :
Mo 3. Apr 2023, 18:40
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 3. Apr 2023, 08:21
Timberlake hat geschrieben :
Mo 3. Apr 2023, 00:10
... die Art, wie wir über den Geist [...] sprechen ...
Die Art und Weise, wie wir über den Geist sprechen, ist bereits ein Aspekt des Geistes. Dass wir uns ein Bild von uns selbst machen, ist einer der entscheidenden Aspekte des Geistes.
Auch wenn Du mich nicht mehr magst :D
Kann ich Dir hier nur zustimmen.
Euch beiden ist doch wohl schon noch klar , dass ihr mit "Die Art und Weise, wie wir über den Geist sprechen, ist bereits ein Aspekt des Geistes" im Sinne von "Die Art und Weise, wie wir über den Regen sprechen, ist bereits ein Aspekt des Regens " über eine Tautologie sprechen ..
  • Tautologie
    Eine Tautologie (altgriechisch ταυτολογία von ταὐτό t’autó [aus τὸ αὐτό] „dasselbe“ und -logie), auch Verum (lateinisch verum „wahr“) genannt, ist in der Logik eine allgemein gültige Aussage, das heißt eine Aussage, die aus logischen Gründen immer wahr ist. Beispiele für Tautologien sind Aussagen wie „Wenn es regnet, dann regnet es“ oder „Das Wetter ändert sich oder es bleibt, wie es ist.“
.. bzw.. im Sinne von "Die Art und Weise, wie wir über Kälte sprechen, ist bereits ein Aspekt von Eis " über einen Pleonasmus .
  • Pleonasmus
    Ein Pleonasmus liegt vor, wenn innerhalb einer Wortgruppe oder auch eines einzelnen Wortes eine bestimmte Bedeutung mehrfach auf unterschiedliche Weise (oft mit verschiedenen Wortarten, etwa Adjektiv/Substantiv) zum Ausdruck gebracht wird oder wenn Ausdrucksmittel verwendet werden, die keine zusätzlichen Informationen beisteuern
    Der Pleonasmus wird manchmal zur Verstärkung, Verdeutlichung oder besonderen Hervorhebung des Gesagten verwendet („kaltes Eis“, „mit meinen eigenen Händen angefasst“)

Also per Definition um eine Aussage , die aus logischen Gründen immer wahr ist bzw. die keine zusätzlichen Informationen beisteuert.
Zuletzt geändert von Timberlake am Di 4. Apr 2023, 10:04, insgesamt 4-mal geändert.




Benutzeravatar
METASUBJEKT
Beiträge: 70
Registriert: Di 23. Feb 2021, 14:57

Di 4. Apr 2023, 09:52

Burkart hat geschrieben :
Mo 3. Apr 2023, 22:03

Unser Körper ist halt das Materielle so wie so vieles wie Steine, Berge, Wasser oder auch z.B. Bananen.
Geist (und Seele) stehen dagegen für unsere nicht (nur) materiellen Ursprünge für unsere dynamischen Prozesse, die den Körper steuern (und von ihm 'Daten' entgegen nimmt).

Nur wenn man sich diese "Trennung" bewusst machen will, sonst nicht unbedingt. Z.B. ist der Mensch ein hochentwickeltes Tier, das sehr viel kann; da trenne ich nicht explizit in Körper und Geist.

Also z.B. "ich fühle mich gut" trennt nicht Körper von Geist (wobei nach Obigem das am besten auf (meine) "Seele" passt). Aber natürlich wirst du oft etwas von Körper oder Geist beschreiben, wenn du dich auf etwas Entsprechendes beziehst.
Ja, Deine pragmatische Haltung zum Geist-Körper Problem ist vermutlich alternativlos. Man versucht sich ja schon seit Tausenden von Jahren daran.

Das Wesen "Mensch" in einer Weise erkennen und beschreiben zu können, die es als etwas charakterisiert, das weder mit unserer Vorstellung von "Materie" noch mit der von "Geist" übereinstimmt, erscheint irgendwie aussichtslos.
Aber allein schon diesen Satz formuliert zu haben, der dem Problem wenigstens einen "Namen" gibt, ist schon ein winziger Fortschritt. Jede Lösung eines Problems beginnt mit einer Frage, die das Problem zu Beginn zumindest annähernd beschreibt.

Und der Denkprozess konkretisiert dieses Ziel, bis darin Merkmale sichtbar werden, die vielleicht auf schon gelöste Probleme hinweisen könnten, die dem neuen Problem ähnlich sind.
Es ist vielleicht auch eine Art "hybrider Ergeiz" enthalten, wenn man sich mit solchen Problemen beschäftigt. So wie bei Menschen, die sich zum Ziel setzen, den Mont Everest ohne Sauerstoff zu besteigen.




Benutzeravatar
METASUBJEKT
Beiträge: 70
Registriert: Di 23. Feb 2021, 14:57

Di 4. Apr 2023, 10:28

Timberlake hat geschrieben :
Di 4. Apr 2023, 09:35
METASUBJEKT hat geschrieben :
Mo 3. Apr 2023, 18:40
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 3. Apr 2023, 08:21


Die Art und Weise, wie wir über den Geist sprechen, ist bereits ein Aspekt des Geistes. Dass wir uns ein Bild von uns selbst machen, ist einer der entscheidenden Aspekte des Geistes.
Euch beiden ist doch wohl schon noch klar , dass ihr mit "Die Art und Weise, wie wir über den Geist sprechen, ist bereits ein Aspekt des Geistes" im Sinne von "Die Art und Weise, wie wir über den Regen sprechen, ist bereits ein Aspekt des Regens " über eine Tautologie sprechen ..
Budesheims Aussage bezieht sich auf die Fähigkeit des Verstandes, über den eigenen Geist nachdenken und sprechen zu können.
In seiner Formulierung wird ein Subjekt-Objekt Verhältnis angedeutet. Der Geist (Subjekt) greift auf den eigenen Vollzug (Objekt) zurück, indem er über seine Befindlichkeit spricht.
Der geistige Akt des Äusserns ist nicht mit dem Inhalt der Äusserung identisch.

Deshalb scheiden sowohl Tautologie wie auch Pleonasmus aus.

Der Aspekt den er hier gemeint hat, kann zum Beispiel schon darin liegen, dass der Geist oder das Gehirn zu selbstbezüglichen Äusserungen fähig ist. Weitere Aspekte können sein, die Art wie er Kommunikation realisiert, oder Probleme löst usw.




Timberlake
Beiträge: 1675
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

Do 6. Apr 2023, 00:41

METASUBJEKT hat geschrieben :
Di 4. Apr 2023, 10:28
Timberlake hat geschrieben :
Di 4. Apr 2023, 09:35
METASUBJEKT hat geschrieben :
Mo 3. Apr 2023, 18:40

Euch beiden ist doch wohl schon noch klar , dass ihr mit "Die Art und Weise, wie wir über den Geist sprechen, ist bereits ein Aspekt des Geistes" im Sinne von "Die Art und Weise, wie wir über den Regen sprechen, ist bereits ein Aspekt des Regens " über eine Tautologie sprechen ..
Budesheims Aussage bezieht sich auf die Fähigkeit des Verstandes, über den eigenen Geist nachdenken und sprechen zu können.
Wenn Jörn davon spricht , dass die Art und Weise, wie wir über den Geist sprechen, bereits ein Aspekt des Geistes ist , müsste man dann nicht auch Budesheims Aussage dahin gehend korrigieren , dass sie sich auf die Fähigkeit des Geistes bezieht ,über den eigenen Geist nachdenken und sprechen zu können.

Dazu nur mal zur Erinnerung , was für dich das "Dritte" ist ...
METASUBJEKT hat geschrieben :
Fr 31. Mär 2023, 19:48
Ich bin für etwas "Drittes"

Ich denke dabei nicht an Geist, Materie und etwas weiteres, sondern an etwas
das mit unseren Sinnen nur auf die eine oder andere Art wahrgenommen
werden kann, weil das vom Wirkprinzip und dem Leistungsspektrum unserer
Sinnesorgane abhängig ist, die nach aussen und innen gerichtet sind.

Deren Beschränkungen sind die Grenzen unserer äusseren und inneren Wahrnehmung.

Und dieses "Dritte" sind wir selbst.

METASUBJEKT hat geschrieben :
Di 4. Apr 2023, 10:28

Budesheims Aussage bezieht sich auf die Fähigkeit des Verstandes, über den eigenen Geist nachdenken und sprechen zu können.
In seiner Formulierung wird ein Subjekt-Objekt Verhältnis angedeutet. Der Geist (Subjekt) greift auf den eigenen Vollzug (Objekt) zurück, indem er über seine Befindlichkeit spricht.

.. wie will man bei dem , was wir selbst sind , zwischen Subjekt und Objekt sauber trennen, wenn doch in diesem Fall tatsächlich .. "die Art und Weise, wie wir über den .. eigenen! .. Geist sprechen, bereits ein Aspekt des .. eigenen! .. Geistes ist" . Wenn als solches ein .. befindlicher! .. Geist , über seine Befindlichkeiten spricht . Meine These .. das Reden über den eigene Geist ist erst dann kein Aspekt des eigenen Geistes mehr , wenn wir ihn uns gedanklich außerhalb von uns vorstellen, wenn man so will als etwas "Zweites". Ganz so , wie wir uns den Geist eines anderen Menschen , als etwas dazu "Drittes" , gedanklich vorstellen. Nur so ist es dem Geist (Subjekt) möglich, auf den eigenen Vollzug (Objekt) zurück zu greifen. Auch übrigens im Vollzug (Objekt) mit den Geist des anderen Menschen. In dem wir uns unseren eigenen Geist gedanklich außerhalb von uns vorstelllen , wurde er jedoch von selbigen verfälscht. Diese Vorstellung , dieses "Zweite", entspricht nicht mehr dem Original von unserem Geist. Sie ist als solches nicht mehr objektiv.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23565
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Do 6. Apr 2023, 09:26

Timberlake hat geschrieben :
Do 6. Apr 2023, 00:41
wie will man bei dem , was wir selbst sind , zwischen Subjekt und Objekt sauber trennen
Ich kann Orange und Rot auch nicht sauber "trennen", aber ich kann sie in der Regel unterscheiden. Mit anderen Worten: "sauber trennen können" ist keine Voraussetzung für "unterscheiden können". Wir können nicht nur Dinge unterscheiden, die sauber getrennt sind.

Dass wir uns auf uns selbst beziehen können, kann nicht ernsthaft bestritten werden. Wir unterscheiden uns auch öfter von uns selbst, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Mein Ich, das im nächsten Sommer dieses oder jenes tun wird, ist nicht das Ich, das jetzt hier sitzt und schreibt, es unterscheidet sich deutlich von ihm, das eine ist in der Gegenwart, das andere in der Zukunft, auch wenn beide natürlich in einer Kontinuität stehen. Und dieses Ich kann ich zum Gegenstand meines Denkens machen und damit teilweise bestimmen.




Benutzeravatar
METASUBJEKT
Beiträge: 70
Registriert: Di 23. Feb 2021, 14:57

Do 6. Apr 2023, 10:25

Timberlake hat geschrieben :
Do 6. Apr 2023, 00:41

.. wie will man bei dem , was wir selbst sind , zwischen Subjekt und Objekt sauber trennen, wenn doch in diesem Fall tatsächlich .. "die Art und Weise, wie wir über den .. eigenen! .. Geist sprechen, bereits ein Aspekt des .. eigenen! .. Geistes ist" . Wenn als solches ein .. befindlicher! .. Geist , über seine Befindlichkeiten spricht . Meine These .. das Reden über den eigene Geist ist erst dann kein Aspekt des eigenen Geistes mehr , wenn wir ihn uns gedanklich außerhalb von uns vorstellen, wenn man so will als etwas "Zweites". Ganz so , wie wir uns den Geist eines anderen Menschen , als etwas dazu "Drittes" , gedanklich vorstellen. Nur so ist es dem Geist (Subjekt) möglich, auf den eigenen Vollzug (Objekt) zurück zu greifen. Auch übrigens im Vollzug (Objekt) mit den Geist des anderen Menschen. In dem wir uns unseren eigenen Geist gedanklich außerhalb von uns vorstelllen , wurde er jedoch von selbigen verfälscht. Diese Vorstellung , dieses "Zweite", entspricht nicht mehr dem Original von unserem Geist. Sie ist als solches nicht mehr objektiv.
Es ist uns möglich, fast "sauber" zu trennen. Es ist jedoch eine der schwierigsten Probleme der Philosophie, zu erklären, wie diese Trennung möglich ist. Dabei geht es um das klassische Problem des Subjekt-Objekt-Verhältnisses

Stell Dir das Denken als einen Prozess in der Zeit vor. Visualisiere ihn als die grafische Kurve einer Tonaufzeichnung auf einen Zeitstrahl. Sie bewegt sich ständig in eine Richtung und wird immer länger. Wenn Du schon mal Audiodateien am Bildschirm bearbeitet hast, dann kennst Du das schon. Diese fortlaufende sich ständig verändernde Kurve kannst Du unter zwei grundsätzlichen Aspekten betrachten. Einmal bezogen auf ihre Spitze: das bist Du im Moment einer geistiger Aktivität. Also "Jetzt".

Der zweite Aspekt ist das, was hinter diesem "Jetzt" liegt und nicht mehr das Anzeigt, was Du "Jetzt" denkst, sondern zuvor bzw. soeben gedacht hast. Das ist dann nicht mehr dasjenige, was der Verstand gerate tut, sondern eine vergangene Aktivität.

Alle gegenwärtigen Denkvorgänge werden von Gedächtnis "aufgezeichnet". Nur deshalb kannst Du die Frage beantworten, was Du gerade Denkst oder gedacht hast. Aber auch was Du gerade fühlst oder gefühlt hast.

Selbstbeobachtung ist nur auf einem Umweg über das Gedächtnis möglich.
Der Beobachtungshorizont reicht zwar sehr dicht an unsere unmittelbare Gegenwart heran, schließt diese aber (noch) nicht mit ein. Das geschiet erst in einem nächsten Schritt. Das Subjekt geschiet "Jetzt", dessen Objekt ist nur noch Gedächtnisinhalt.

Schalte diese fortlaufende Kurve einen Moment auf "Stop" um sie zu analysieren. (Siehe Grafik) Die Spitze dieser Kurve ist (war) das "Jetzt".

Die Bildung eines Gedankens oder einer Vorstellung benötigt einen Zeitraum, der etwa im Millisekunden bis Sekundenbereich liegt. Nehmen wir einfach mal eine Sekunde. Der "Kopf" der Kurve liegt auf dem Zeitstrahl in einem Intervall von einer Sekunde und zeigt das an, was wir "Jetzt" erleben. Die Sekunde davor gehört schon zur Vergangenheit. Ist nur noch Gedächtnisinhalt. Und wenn Du beide Intervalle vergleichst, gibt es keine Übereinstimmung.

Im Moment der Selbstreflexion bzw. Selbstbeobachtung liegen Subjekt und Objekt in einer zeitlichen Abfolge. Denn alles, was das Subjekt sieht, findet es nur noch im Gedächtnis. Auch dann, wenn es nur Millisekunden zurück liegt. Jeder Denkprozess arbeitet auf ein Ziel hin, indem der Verstand ständig auf das zurückgreift, was er soeben gedacht hat, um das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.

Wir sind eine Abfolge von Zuständen, die sich nicht wiederholen.
Bildschirmfoto zu 2023-04-06 10-27-55.png
Bildschirmfoto zu 2023-04-06 10-27-55.png (5.58 KiB) 3754 mal betrachtet




Timberlake
Beiträge: 1675
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

Do 6. Apr 2023, 23:53

METASUBJEKT hat geschrieben :
Do 6. Apr 2023, 10:25
Timberlake hat geschrieben :
Do 6. Apr 2023, 00:41

.. wie will man bei dem , was wir selbst sind , zwischen Subjekt und Objekt sauber trennen, wenn doch in diesem Fall tatsächlich .. "die Art und Weise, wie wir über den .. eigenen! .. Geist sprechen, bereits ein Aspekt des .. eigenen! .. Geistes ist" . Wenn als solches ein .. befindlicher! .. Geist , über seine Befindlichkeiten spricht . Meine These .. das Reden über den eigene Geist ist erst dann kein Aspekt des eigenen Geistes mehr , wenn wir ihn uns gedanklich außerhalb von uns vorstellen, wenn man so will als etwas "Zweites". Ganz so , wie wir uns den Geist eines anderen Menschen , als etwas dazu "Drittes" , gedanklich vorstellen. Nur so ist es dem Geist (Subjekt) möglich, auf den eigenen Vollzug (Objekt) zurück zu greifen. Auch übrigens im Vollzug (Objekt) mit den Geist des anderen Menschen. In dem wir uns unseren eigenen Geist gedanklich außerhalb von uns vorstelllen , wurde er jedoch von selbigen verfälscht. Diese Vorstellung , dieses "Zweite", entspricht nicht mehr dem Original von unserem Geist. Sie ist als solches nicht mehr objektiv.
Es ist uns möglich, fast "sauber" zu trennen. Es ist jedoch eine der schwierigsten Probleme der Philosophie, zu erklären, wie diese Trennung möglich ist. Dabei geht es um das klassische Problem des Subjekt-Objekt-Verhältnisses

Stell Dir das Denken als einen Prozess in der Zeit vor.
Wie aus dem von dir , von mir zitierten Text hervorgeht stelle ich mir das Denken als ein Prozess vor , wo wir unseren Geist gedanklich außerhalb von uns stellen. Denn nur so ..so meine These .. können wir zwischen Subjekt-Objekt sauber trennen. Im weiteren Verlauf wollte ich über ein Zitat von Hegel und von daher auf das Strukturmodell der Psyche , auch Drei-Instanzen-Modell genannt , von Freud überleiten. Nun gut .. wo wir schon mal bei der Vorstellung des Denken als einen Prozess in der Zeit sind , da musste ich bei dem , von dir beschrieben Prozess , als da wäre ...
METASUBJEKT hat geschrieben :
Do 6. Apr 2023, 10:25

Alle gegenwärtigen Denkvorgänge werden von Gedächtnis "aufgezeichnet". Nur deshalb kannst Du die Frage beantworten, was Du gerade Denkst oder gedacht hast. Aber auch was Du gerade fühlst oder gefühlt hast.
...
Im Moment der Selbstreflexion bzw. Selbstbeobachtung liegen Subjekt und Objekt in einer zeitlichen Abfolge. Denn alles, was das Subjekt sieht, findet es nur noch im Gedächtnis. Auch dann, wenn es nur Millisekunden zurück liegt. Jeder Denkprozess arbeitet auf ein Ziel hin, indem der Verstand ständig auf das zurückgreift, was er soeben gedacht hat, um das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.

Wir sind eine Abfolge von Zuständen, die sich nicht wiederholen.

Bildschirmfoto zu 2023-04-06 10-27-55.png
.. an folgendes Zitat von Nietzsche denken ...
  • "Betrachte die Herde, die an dir vorüberweidet: sie weiß nicht, was Gestern, was Heute ist, springt umher, frißt, ruht, verdaut, springt wieder, und so vom Morgen bis zur Nacht und von Tage zu Tage, kurz angebunden mit ihrer Lust und Unlust, nämlich an den Pflock des Augenblicks, und deshalb weder schwermütig noch überdrüssig. Dies zu sehen geht dem Menschen hart ein, weil er seines Menschentums sich vor dem Tiere brüstet und doch nach seinem Glücke eifersüchtig hinblickt – denn das will er allein, gleich dem Tiere weder überdrüssig noch unter Schmerzen leben, und will es doch vergebens, weil er es nicht will wie das Tier. Der Mensch fragt wohl einmal das Tier: warum redest du mir nicht von deinem Glücke und siehst mich nur an? Das Tier will auch antworten und sagen: das kommt daher, daß ich immer gleich vergesse, was ich sagen wollte – da vergaß es aber auch schon diese Antwort und schwieg: so daß der Mensch sich darob verwunderte.
    Er wunderte sich aber auch über sich selbst, das Vergessen nicht lernen zu können und immerfort am Vergangenen zu hängen: mag er noch so weit, noch so schnell laufen, die Kette läuft mit. "
    Nietzsche .. Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben
.. richtig .. ich kann nur deshalb die Frage beantworten, was ich gerade denke oder gedacht habe , weil ich im Gegensatz zur besagten Herde .. "immerfort am Vergangenen hänge, mag ich noch so weit, noch so schnell laufen, die Kette läuft mit" Keine Frage , als solches liegen im Moment der Selbstreflexion bzw. Selbstbeobachtung Subjekt und Objekt in einer zeitlichen Abfolge. Um jedoch zwischen Subjekt und Objekt .. meiner selbst!.. sauber trennen zu können , müssten mir die einzelnen Glieder dieser Kette bekannt sein, die mir diese Selbstreflexion bzw. Selbstbeobachtung ermöglicht haben.
METASUBJEKT hat geschrieben :
Do 6. Apr 2023, 10:25

Stell Dir das Denken als einen Prozess in der Zeit vor. Visualisiere ihn als die grafische Kurve einer Tonaufzeichnung auf einen Zeitstrahl. Sie bewegt sich ständig in eine Richtung und wird immer länger. Wenn Du schon mal Audiodateien am Bildschirm bearbeitet hast, dann kennst Du das schon. Diese fortlaufende sich ständig verändernde Kurve kannst Du unter zwei grundsätzlichen Aspekten betrachten. Einmal bezogen auf ihre Spitze: das bist Du im Moment einer geistiger Aktivität. Also "Jetzt".


Wir sind eine Abfolge von Zuständen, die sich nicht wiederholen.

.. ganz so , wie die Abfolge von Zuständen einer Tonaufzeichnung , die sich auf einen Zeitstrahl bewegt quasi als eine Aufzeichnung von mir selbst. Kann ich doch nur so zwischen Ton ( (Subjekt) und der Tonaufzeichnung ( Objekt) sauber trennen.
Zuletzt geändert von Timberlake am Fr 7. Apr 2023, 00:30, insgesamt 2-mal geändert.




Timberlake
Beiträge: 1675
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

Fr 7. Apr 2023, 00:21

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 6. Apr 2023, 09:26

Dass wir uns auf uns selbst beziehen können, kann nicht ernsthaft bestritten werden. Wir unterscheiden uns auch öfter von uns selbst, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Mein Ich, das im nächsten Sommer dieses oder jenes tun wird, ist nicht das Ich, das jetzt hier sitzt und schreibt, es unterscheidet sich deutlich von ihm, das eine ist in der Gegenwart, das andere in der Zukunft, auch wenn beide natürlich in einer Kontinuität stehen. Und dieses Ich kann ich zum Gegenstand meines Denkens machen und damit teilweise bestimmen.
... und wie stehen Gegenwart und Zukunft in einer Kontinutät ?
  • "Betrachte die Herde, die an dir vorüberweidet: sie weiß nicht, was Gestern, was Heute ist, springt umher, frißt, ruht, verdaut, springt wieder, und so vom Morgen bis zur Nacht und von Tage zu Tage, kurz angebunden mit ihrer Lust und Unlust, nämlich an den Pflock des Augenblicks, und deshalb weder schwermütig noch überdrüssig. Dies zu sehen geht dem Menschen hart ein, weil er seines Menschentums sich vor dem Tiere brüstet und doch nach seinem Glücke eifersüchtig hinblickt – denn das will er allein, gleich dem Tiere weder überdrüssig noch unter Schmerzen leben, und will es doch vergebens, weil er es nicht will wie das Tier. Der Mensch fragt wohl einmal das Tier: warum redest du mir nicht von deinem Glücke und siehst mich nur an? Das Tier will auch antworten und sagen: das kommt daher, daß ich immer gleich vergesse, was ich sagen wollte – da vergaß es aber auch schon diese Antwort und schwieg: so daß der Mensch sich darob verwunderte.
    Er wunderte sich aber auch über sich selbst, das Vergessen nicht lernen zu können und immerfort am Vergangenen zu hängen: mag er noch so weit , noch so schnell .. (von der Gegenwart in die Zukunft ,.. Anmk . Timberlake) .. laufen, die Kette läuft mit. "
    Nietzsche .. Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben
.. und kann ich mir die einzelnen Glieder dieser Kette tatsächlich zum Gegenstand meines Denkens machen und somit dieses Ich teilweise bestimmen? Ich denke mal , dass ich dergleichen genauso viel bzw. wenig bestimmen kann, wie das ich im nächsten Sommer dieses oder jenes tun werde.




Benutzeravatar
METASUBJEKT
Beiträge: 70
Registriert: Di 23. Feb 2021, 14:57

Fr 7. Apr 2023, 15:05

Timberlake hat geschrieben :
Do 6. Apr 2023, 23:53
Um jedoch zwischen Subjekt und Objekt .. meiner selbst!.. sauber trennen zu können , müssten mir die einzelnen Glieder dieser Kette bekannt sein, die mir diese Selbstreflexion bzw. Selbstbeobachtung ermöglicht haben.
Um im Bild der Audiokurve zu bleiben: Zerlege sie in kleinste Sinneinheiten (in ihre Intervalle) und streu sie auf eine Fläche. Stell Dir vor, sie sind alle auf verschiedenste Art und vielfach miteinander verknüpft. Jedes Teil mehr oder weniger mit jedem anderen.

Dies ist dein Gedächtnis mit den Sinnesdaten. Das bedeutet: um Dich z.B an den ehemals mittleren oder letzten Teil zu erinnern, mußt Du den Weg nicht in derselben ursprünglichen Reihenfolge zurück assozieren. Du kannst direkt darauf zugreifen. Deshalb kannst Du eine Schilderung Deines Besuchs beim Zahnarzt mit dem Moment beginnen, als Du die Praxis verlassen hast.

Dein Gehirn muß nicht wie ein Videotape erst den ganzen Weg vor- oder zurück spulen. Das bedeutet, im Prinzip sind alle zurückliegenden Erfahrungen, auch die der Anwendung des eigenen Verstandes, immer präsent, auch für den direkten Zugriff.

"Denken" ist Gedächtnisaktivität. Das Gedächtnis ist kein separats Organ, sondern eine Eigenschaft der Neuronen im Gehirn. Wobei immer nur bestimmte Neuronenkomplexe "jetzt" aktiv sind, und diese wiederum andere anstoßen usw.

Der Akt der Vergegenwärtigung dessen, was Du "jetzt" tust, ist ein fester Reflex den Du auch bewusst aktivieren kannst. Z.B. kannst Du dir eine Aufgabe stellen, und Dich ausserdem darauf "vorprogrammmieren" während dessen besonders Aufmerksam zu sein, was und wie Du gerade etwas tust und was der nächste Schritt ist.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23565
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Fr 7. Apr 2023, 18:30

METASUBJEKT hat geschrieben :
Fr 7. Apr 2023, 15:05
"Denken" ist Gedächtnisaktivität.
Denken hat - zumindest manchmal - etwas mit Logik zu tun. Ist Logik eine Gedächtnisleistung?




Burkart
Beiträge: 2802
Registriert: Sa 11. Jul 2020, 09:59

Sa 8. Apr 2023, 00:17

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 7. Apr 2023, 18:30
METASUBJEKT hat geschrieben :
Fr 7. Apr 2023, 15:05
"Denken" ist Gedächtnisaktivität.
Denken hat - zumindest manchmal - etwas mit Logik zu tun.
Tja, sind (einige) unsere(r) Gedanken wirklich logisch oder erscheinen sie uns vielleicht nur so, interpretieren sie nur so?
Ist Logik eine Gedächtnisleistung?
Wenn, denn vielleicht des Kurzzeitgedächtnisses...



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

Benutzeravatar
METASUBJEKT
Beiträge: 70
Registriert: Di 23. Feb 2021, 14:57

Sa 8. Apr 2023, 14:11

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 7. Apr 2023, 18:30
METASUBJEKT hat geschrieben :
Fr 7. Apr 2023, 15:05
"Denken" ist Gedächtnisaktivität.
Denken hat - zumindest manchmal - etwas mit Logik zu tun. Ist Logik eine Gedächtnisleistung?
Das Gedächtnis ist die Manifestation der logischen Prinzipien nach denen es seine Aktivität verrichtet.

Es gibt zum Beispiel die natürliche Logik, die Logik in der Sprache und die formale Logik.
Alle ihrer Erscheinungsformen, insbesondere die erste sind im Gedächtnis etabliert.

Es gibt die Ausführungsebene in der ihre Prinzipien spontan und direkt angewendet werden.
Dann gibt es die Metaebene, die diese Prinzipien nicht direkt anwenden, sondern
sprachliche Repräsentationen derjenigen logischen Prinzipien, die bewusst geworden und kommunizierbar sind.
Diese Metaebene konstruiert die sprachliche Logik und die formale Logik. Indem sie "über" das logische Denken spricht. Und diese willkürlich angelegten Prinzipien an die Ausführungsebene knüpft.

Diese Verbindung ermöglicht es uns, sowohl intuitiv als auch bewusst logisch zu denken und zu handeln und unsere Denkprozesse und Schlussfolgerungen mit anderen zu kommunizieren.




Benutzeravatar
METASUBJEKT
Beiträge: 70
Registriert: Di 23. Feb 2021, 14:57

Sa 8. Apr 2023, 14:40

Burkart hat geschrieben :
Sa 8. Apr 2023, 00:17
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 7. Apr 2023, 18:30
METASUBJEKT hat geschrieben :
Fr 7. Apr 2023, 15:05
"Denken" ist Gedächtnisaktivität.
Denken hat - zumindest manchmal - etwas mit Logik zu tun.
Tja, sind (einige) unsere(r) Gedanken wirklich logisch oder erscheinen sie uns vielleicht nur so, interpretieren sie nur so?
Ist Logik eine Gedächtnisleistung?
Wenn, denn vielleicht des Kurzzeitgedächtnisses...
Ganz richtig. Was wir denken, bzw. was uns unser Verstand, also die Gedächtnisaktivität als Ergebnisse liefert, halten wir gewöhnlich für logisch, oder zumindest begründet. Unabhängig davon, ob es wahr ist.

Die meisten Irrtümer entstehen jedoch nicht durch Fehler in der Logik sondern durch lückenhaftes oder falsch verstandenes Vorwissen.
Und in der Kommunikation entstehen Irrtümer am häufigsten, wenn man schon zu wissen glaubt, was der andere sagen will, bevor dieser seinen Satz überhaupt zuende geführt hat.

Diese Art des Irrtums findet sich auch bei der Rezeption von Texten. Man interpretiert nicht mehr sorgfältig, sondern orientiert sich an Vorurteilen über das möglicher Weise gemeinte. Ohne weitere Prüfung.
Das liegt auch daran, dass wir im Alltag mit diesem vorwegnehmenden Verständnis von Aussagen in den meisten Fällen Recht haben. Das verführt dann zu der leichtsinnigen Haltung gegenüber allem was man so liest.

Deshalb gibt es unter anderem den oft ungeliebten Sprachunterricht mit Analysen und Interpretationen von Texten, und allgemeinen logischen Prinzipien, um dem Nachwuchs eine Art Blindenstock des Text- und Sprachverständnisses auf ihren Lebensweg mitzugegeben.




Timberlake
Beiträge: 1675
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

Sa 8. Apr 2023, 15:52

METASUBJEKT hat geschrieben :
Fr 7. Apr 2023, 15:05
Timberlake hat geschrieben :
Do 6. Apr 2023, 23:53
Um jedoch zwischen Subjekt und Objekt .. meiner selbst!.. sauber trennen zu können , müssten mir die einzelnen Glieder dieser Kette bekannt sein, die mir diese Selbstreflexion bzw. Selbstbeobachtung ermöglicht haben.
Um im Bild der Audiokurve zu bleiben: Zerlege sie in kleinste Sinneinheiten (in ihre Intervalle) und streu sie auf eine Fläche. Stell Dir vor, sie sind alle auf verschiedenste Art und vielfach miteinander verknüpft. Jedes Teil mehr oder weniger mit jedem anderen.

Dies ist dein Gedächtnis mit den Sinnesdaten. Das bedeutet: um Dich z.B an den ehemals mittleren oder letzten Teil zu erinnern, mußt Du den Weg nicht in derselben ursprünglichen Reihenfolge zurück assozieren. Du kannst direkt darauf zugreifen. Deshalb kannst Du eine Schilderung Deines Besuchs beim Zahnarzt mit dem Moment beginnen, als Du die Praxis verlassen hast.

.. ich ergänze ..
METASUBJEKT hat geschrieben :
Sa 8. Apr 2023, 14:40

Die meisten Irrtümer entstehen jedoch nicht durch Fehler in der Logik sondern durch lückenhaftes oder falsch verstandenes Vorwissen.
.. erst mit dem "Vorwissen ", was ein Zahn , ein Arzt und ein Besuch überhaupt erst ist , kann ich mit einer Schilderung meines Besuchs beim Zahnarzt beginnen.
  • "Betrachte die Herde, die an dir vorüberweidet: sie weiß nicht, was Gestern, was Heute ist, springt umher, frißt, ruht, verdaut, springt wieder, und so vom Morgen bis zur Nacht und von Tage zu Tage, kurz angebunden mit ihrer Lust und Unlust, nämlich an den Pflock des Augenblicks, und deshalb weder schwermütig noch überdrüssig. Dies zu sehen geht dem Menschen hart ein, weil er seines Menschentums sich vor dem Tiere brüstet und doch nach seinem Glücke eifersüchtig hinblickt – denn das will er allein, gleich dem Tiere weder überdrüssig noch unter Schmerzen leben, und will es doch vergebens, weil er es nicht will wie das Tier. Der Mensch fragt wohl einmal das Tier: warum redest du mir nicht von deinem Glücke und siehst mich nur an? Das Tier will auch antworten und sagen: das kommt daher, daß ich immer gleich vergesse, was ich sagen wollte – da vergaß es aber auch schon diese Antwort und schwieg: so daß der Mensch sich darob verwunderte.
    Er wunderte sich aber auch über sich selbst, das Vergessen nicht lernen zu können und immerfort am Vergangenen zu hängen: mag er noch so weit , noch so schnell laufen, die Kette läuft mit. "
    Nietzsche .. Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben
.. dieses "Vorwissen " ist übrigens jene Kette , die .. so Nietzsche .. mit läuft. Eine Kette , über die besagte Herde .. "angebunden mit ihrer Lust und Unlust, nämlich an den Pflock des Augenblicks" .. als solches ganz sicher nicht verfügt.
METASUBJEKT hat geschrieben :
Sa 8. Apr 2023, 14:40

Deshalb gibt es unter anderem den oft ungeliebten Sprachunterricht mit Analysen und Interpretationen von Texten, und allgemeinen logischen Prinzipien, um dem Nachwuchs eine Art Blindenstock des Text- und Sprachverständnisses auf ihren Lebensweg mitzugegeben.
Vorausgesetzt natürlich , dass meine Analysen und Interpretationen dieses Textes von Nietzsche zutrifft. Es sei dir allerdings unbenommen , ganz nach "belieben" , mit einer anderen , möglicherweise sogar entgegensetzen Analyse und Interpretation zu glänzen. ;)

P.S.

Möglicherweise hat die Tatsache, dass man hier so ganz und gar nicht auf das Zitat von Nietzsche eingehen mag , damit zu tun , dass solche Analysen und Interpretationen nicht nur beim Nachwuchs unbeliebt sind.
Zuletzt geändert von Timberlake am Sa 8. Apr 2023, 16:33, insgesamt 5-mal geändert.




Timberlake
Beiträge: 1675
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

Sa 8. Apr 2023, 16:12

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 7. Apr 2023, 18:30
METASUBJEKT hat geschrieben :
Fr 7. Apr 2023, 15:05
"Denken" ist Gedächtnisaktivität.
Denken hat - zumindest manchmal - etwas mit Logik zu tun. Ist Logik eine Gedächtnisleistung?

... Denken hat - zumindest manchmal - auch etwas mit jener .. hier beschriebenen Kette . .. zu tun. Ist diese Kette eine Gedächtnisleistung?




Benutzeravatar
METASUBJEKT
Beiträge: 70
Registriert: Di 23. Feb 2021, 14:57

Sa 8. Apr 2023, 19:07

Timberlake hat geschrieben :
Sa 8. Apr 2023, 15:52

Vorausgesetzt natürlich , dass meine Analysen und Interpretationen dieses Textes von Nietzsche zutrifft. Es sei dir allerdings unbenommen , ganz nach "belieben" , mit einer anderen , möglicherweise sogar entgegensetzen Analyse und Interpretation zu glänzen. ;)

P.S.

Möglicherweise hat die Tatsache, dass man hier so ganz und gar nicht auf das Zitat von Nietzsche eingehen mag , damit zu tun , dass solche Analysen und Interpretationen nicht nur beim Nachwuchs unbeliebt sind.
Auf ein derartiges Zitat, zumal von Nietzsche, geht man nur ein, wenn man auch den Zusammenhang kennt. Und dann wird man feststellen, dass es am Thema dieses Thread vorbei geht, und so nicht der Mühe lohnt, darauf einzugehen. Laß Hegel & Co besser aussen vor. Du riskierst nur, Dich damit zu blamieren.

Nietzsche hat sich in dem Zitat nicht zu dem vermeintlichen Dualismus von Geist und Materie geäussert und auch nicht zum Wesen und zur Funktion des Gedächtnisses als ein Organ, mit dem man denkt. Oder in welcher Beziehung es zum Geist steht.
Er sprach über etwas ganz anderes.

In "Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben" untersucht er, wie das Wissen über die Vergangenheit und der Umgang mit Geschichte das Leben der Menschen beeinflussen. Und mit dieser "Kette" meint er nur, dass man diese Historie immer mit sich schleppen muß, ohne ihr entgehen zu können.

Nietzsche will darauf hinweisen, dass die Beschäftigung mit der Vergangenheit sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben kann. Man kann aus ihr lernen, sie kann aber auch belasten. Und er fragt sich auch, ob Tiere glücklicher sind, weil sie keine Historie ihres Daseins angelegt haben. Somit können sie unbelastet von Ihrer Vergangenheit im Hier und Jetzt leben.

Was er hiermit thematisiert, könnte man zugespitzt und ironisch als eine Warnung vor möglichen "Posttraumatischen Belastungsstörungen" auslegen, wenn man mehr in der Vergangenheit lebt als in der Gegenwart.




Timberlake
Beiträge: 1675
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

So 9. Apr 2023, 20:31

METASUBJEKT hat geschrieben :
Sa 8. Apr 2023, 19:07

Nietzsche will darauf hinweisen, dass die Beschäftigung mit der Vergangenheit sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben kann. Man kann aus ihr lernen, sie kann aber auch belasten. Und er fragt sich auch, ob Tiere glücklicher sind, weil sie keine Historie ihres Daseins angelegt haben. Somit können sie unbelastet von Ihrer Vergangenheit im Hier und Jetzt leben.

Was er hiermit thematisiert, könnte man zugespitzt und ironisch als eine Warnung vor möglichen "Posttraumatischen Belastungsstörungen" auslegen, wenn man mehr in der Vergangenheit lebt als in der Gegenwart.
Wohlgemerkt "Posttraumatischen Belastungsstörungen" , die sich zweifelsohne sowohl auf den Geist und die Materie auswirken und was ist doch gleich das Thema dieses Threads ? ;)




Benutzeravatar
METASUBJEKT
Beiträge: 70
Registriert: Di 23. Feb 2021, 14:57

Mo 10. Apr 2023, 01:11

Timberlake hat geschrieben :
So 9. Apr 2023, 20:31
METASUBJEKT hat geschrieben :
Sa 8. Apr 2023, 19:07

Nietzsche will darauf hinweisen, dass die Beschäftigung mit der Vergangenheit sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben kann. Man kann aus ihr lernen, sie kann aber auch belasten. Und er fragt sich auch, ob Tiere glücklicher sind, weil sie keine Historie ihres Daseins angelegt haben. Somit können sie unbelastet von Ihrer Vergangenheit im Hier und Jetzt leben.

Was er hiermit thematisiert, könnte man zugespitzt und ironisch als eine Warnung vor möglichen "Posttraumatischen Belastungsstörungen" auslegen, wenn man mehr in der Vergangenheit lebt als in der Gegenwart.
Wohlgemerkt "Posttraumatischen Belastungsstörungen" , die sich zweifelsohne sowohl auf den Geist und die Materie auswirken und was ist doch gleich das Thema dieses Threads ? ;)
Ja, tatsächlich: "Posttraumatischen Belastungsstörungen" . Bzw. ein von seinen Erinnerungen gestörter Geist.
Das passt auch ein bisschen zur Besorgnis im Zitat Nietzsches.

Und ausserdem hatte auch Nietzsche Geist und Körper. Das ist wichtig. Hier geht es ja um Geist und Körper.
Irgendwie jedenfalls. Das bringt uns in dieser Diskussion schon ein Stückchen weiter.

Sorry, hatte ich glatt übersehen.




Antworten