40 shades of consciousness

Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt sich in der Philosophie der Zweig der analytischen Philosophie, deren Grundlagen u.a. auch die Philosophie des Geistes (mind) betreffen
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Consul
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Mi 16. Okt 2024, 00:20

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 15. Okt 2024, 10:10
Consul hat geschrieben :
Di 15. Okt 2024, 01:14
Durch soziale Interaktion und Kommunikation mit anderen Menschen gelangt man zu dem Schluss, dass jene wie man selbst Bewusstsein besitzen.
Das war eigentlich nicht mein Punkt. Es ging mir darum, dass Bewusstsein nicht etwas "rein" Privates ist, sondern auch soziale Dimensionen hat.
Worin bestehen diese? Ein "Wolfskind" kann sich aufgrund des fehlenden sozialen Kontaktes geistig nicht normal entwickeln, aber es besitzt nichtsdestoweniger ein privates phänomenales Bewusstsein.
Bewusstsein ist immer das Bewusstsein eines Individuums und niemals eines Kollektivs von Individuen.
(Wir könnten allerdings über denkbare Science-Fiction-Szenarien einer Verschmelzung zweier getrennter Bewusstseinsfelder in zwei Personen durch eine neurotechnologische Verbindung und Vereinigung diskutieren. Zum Beispiel: https://pacific-rim.fandom.com/de/wiki/Drift)
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 15. Okt 2024, 10:10
Ich will es noch mal skizzieren: Wenn ein kleines Kind, einen Vogel zwitschern hört, welches Wissen hat es dann? Darum ging es ja: "das Wissen, dass wir Bewusstseine (bewusste Geiste) haben" (Consul). Weiß es, dass der Vogel zwitschert, ja vermutlich. Weiß es, dass es ein Bewusstsein davon hatte? Sicher nicht in dieser expliziten Form. Aber wie? Es geht ja hier um eine bestimmte Form von "Selbstbewusstsein", also Bewusstsein des eigenen Bewusstseins.
Wenn ein Kind vermöge seiner Höreindrücke weiß, dass da ein Vogel zwitschert, dann muss es auch irgendwie wissen, dass es Höreindrücke hat, weil es sich sonst nicht um bewusstes Hören von etwas handeln würde. Letzteres (introspektives/apperzeptives) Wissen muss sich aber nicht explizit in gedachten Aussagesätzen der inneren Sprache äußern wie "Ich erlebe gerade Hörempfindungen (der Art X)".



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Consul
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Mi 16. Okt 2024, 02:10

RoloTomasi hat geschrieben :
Di 15. Okt 2024, 12:19
@Consul: Ich habe Probleme mit Deiner Betonung von "innerer" Erfahrung. Ich kann mit den Worten innen/außen (oder auch Introspektion und Extrospektion) in Bezug auf das Bewusstsein keinen Sinn verbinden. Wörtlich genommen verstehe ich diese Redeweise natürlich schon; nämlich dann, wenn man die Haut des Körpers als eine Innen-Außen-Grenze auffasst: ein Auto z.B. ist dann außen (nicht zu meinem Körper gehörend), die Leber oder das Gehirn sind dann innen (zu meinem Körper gehörend). Aber das kannst Du ja wohl mit Innen oder Außen nicht meinen, oder?

Ich glaube, man kann die Begriffe 'innen' und 'außen' im Kontext der Bewusstseinstheorie ganz weglassen. Denn gerade Bewusstsein ist doch das Phänomen, welches diesen Gegensatz neutralisiert. Sehr einfach gesagt: Das Auto steht vor der Tür, aber es steht doch nicht 'vor' dem Bewusstsein. Und das Gehirn ist in meinem Körper, aber es ist ja nicht 'in' meinem Bewusstsein. Sobald wir von etwas sprechen, von dem wir Bewusstsein haben, werden Innen und Außen zu bloßen Metaphern. Diese Begriffe machen, jedenfalls für mich, nur Sinn in Bezug auf die Einteilung physischer Dinge in Bezug auf ihre Lage innerhalb oder außerhalb meines Körpers. Bewusstseinstheoretisch braucht man sie nicht, da das Bewusstsein ja alles auf seine Ebene zieht - eben auf die des bewussten Seins.
Wenn ich mir einer Türe perzeptiv bewusst bin, d.h. sie wahrnehme, dann ist die Türe als Wahrnehmungsgegenstand "da draußen" (außerhalb meines Gehirns/Körpers) nicht Teil meines Wahrnehmungsinhaltes "hier drinnen" (innerhalb meines Gehirns/Körpers). Die Türe ist "da draußen" ("transzendent"), auch wenn ihre sinnliche Erscheinung in mir (in Gestalt bestimmter Farbflächeneindrücke) "hier drinnen" ("immanent") ist.

Außerdem, wie bereits erläutert:
"Mit "innerer Wahrnehmung" ist die Wahrnehmung des Inneren des eigenen Körpers oder Geistes mittels nach innen gerichteter (introvertierter) Sinne gemeint; und entsprechend ist mit "äußerer Wahrnehmung" die Wahrnehmung des Äußeren des eigenen Körpers, oder die Wahrnehmung anderer Körper oder sonstiger äußerer Dinge mittels nach außen gerichteter (extrovertierter) Sinne gemeint (z.B. Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten)."
—Consul: https://www.dialogos-philosophie.de/vie ... 226#p84226
Beide Arten von Wahrnehmung—die äußere und die innere—finden freilich gleichermaßen im Innenraum des Körpers/Gehirns statt.

Es gibt aber über die wörtliche räumliche Unterscheidung von innen und außen hinaus einen besonderen psychologischen/phänomenologischen Begriff von Innerlichkeit als Verborgenheit (im Körper) vor der äußeren Wahrnehmung. Sowohl das Gehirn als auch das Gemüt (subjektive Bewusstseinsfeld) befinden sich im Körperinneren; aber auf CT-Scans kommt nur das Gehirn zum Vorschein und nicht das Gemüt.

(Reduktive Materialisten werden einwenden, dass Gemütsvorgänge nichts weiter als Gehirnvorgänge sind, und folglich sehr wohl von außen wahrgenommen werden können. Mag sein; doch selbst wenn sie recht haben, lässt sich kein mit einem Gemütsvorgang identischer Gehirnvorgang von außen als subjektiver Gemütsvorgang wahrnehmen, sondern nur als objektiver Gehirnvorgang. Denn es bleibt eine der Außenwahrnehmung verborgende, unzugängliche Innenseite des Bewusstseins.)
RoloTomasi hat geschrieben :
Di 15. Okt 2024, 12:19
Das Bewusstsein ist ja kein Behälter oder (innerer oder äußerer) Raum, in die irgendwelche Inhalte reinkommen; es gibt keine ‚Perzepte außen‘, die dann noch ‚innen apperzipiert‘ werden. Dass dem so ist, steckt ja auch genau in Deiner Auffassung, dass es - verkürzt gesagt - kein Bewusstsein ohne Bewusstsein gibt.…
…kein (phänomenales) Bewusstsein ohne (introspektives/apperzeptives) Bewusstsein des (phänomenalen) Bewusstseins.
RoloTomasi hat geschrieben :
Di 15. Okt 2024, 12:19
Das ist sehr gut nachvollziehbar: Denn es hat ja eben gar keinen Sinn zu sagen, dass z.B. Schmerz zunächst rein körperlich (‚perzipiert‘) ist, und dann ins Bewusstsein eintritt und apperzipiert ist - Schmerz ist immer schon Bewusstsein und damit nichts Körperliches (sei es nun Äußeres oder Inneres). Ich habe Schmerzen, mein Körper nicht. Du schreibst ja auch, dass es keine subjektiven Erlebnisse gibt, die von ihrem Subjekt überhaupt nicht innerlich wahrgenommen, bemerkt oder beachtet werden. Das ist aus meiner Sicht ganz zutreffend, nur dass das Wort 'innerlich' dabei eben überflüssig ist; man kann es einfach durch 'bewusst' ersetzen. Du scheinst aber auf der 'Innerlichkeit' (z.B. von Schmerzbewusstsein im Gegensatz z.B. Autobewusstsein) zu bestehen - und das heißt für mich: Du scheinst das Subjekt des Bewusstseins irgendwie als eine Art (geistiges?!) Erfahrungsorgan aufzufassen - also wie ein Etwas an der Körpergrenze, das sich mal nach Innen (in den Körper hinein), mal nach außen (in die räumliche Umgebung des Körpers) drehen kann. Aber das ist ja dann ganz von einem Jenseits des Bewusstseins her konzipiert, und führt streng genommen vom Thema Bewusstsein weg. Denn das Subjekt des Bewusstseins ist ja selbst gar nicht irgendwo lokalisiert oder lokalisierbar, so dass man auch nicht sinnvoll sagen kann, dass es seinerseits 'außen' oder 'innen' ist. (Außen oder innen von was eigentlich sollte das Subjekt des Bewusstseins sein?)
Jede Art von Empfindung, Gefühl, Stimmung, Gedanke oder Vorstellung nenne ich einen Inhalt des Bewusstseins(zustandes). Dass es sich hierbei nicht wörtlich um ein räumliches Verhältnis von Behälter und Inhalt handelt, ist klar.

Wenn ich von der inneren/innerlichen Wahrnehmung oder dem inneren/innerlichen Bewusstsein des phänomenalen Bewusstseins spreche, dann dient dies der Betonung, dass Bewusstseinsinhalte nur durch Introspektion (direkt) wahrnehmbar sind.

Das introspektive Bewusstsein (Wahrnehmen) eines Schmerzes und das extrospektive Bewusstsein (Wahrnehmen) eines Autos sind, wie gesagt, gleichermaßen körperinterne Ereignisse oder Zustände.
RoloTomasi hat geschrieben :
Di 15. Okt 2024, 12:19
Bezüglich genau dieses Subjekts des Bewusstseins habe ich noch eine Frage an Dich. Du schreibst bei Erlebnissen ja von 'ihrem Subjekt': Kannst Du vielleicht noch ein paar Gedanken zu diesem Subjekt posten? Wer oder was ist für Dich das Subjekt? Und wie verhält es sich zu 'seinen Objekten'? Mich interessiert einfach, was es aus Deiner Sicht mit dem ‚Akteur‘ der sogenannten 'intentionalen Akte' oder Erlebnisse auf sich hat. Und mich würde auch interessieren, ob dieser Akteur gemäß Deiner Vorstellungswelt bzw. in Deiner Terminologie eher zu irgendeinem Innen oder zum Außen gehört?
Ein phänomenologisches Subjekt ist für mich als Materialist ein physisches Objekt mit (der Fähigkeit zu) phänomenalem Bewusstsein. Mein Standpunkt ist der Animalismus, d.h. dass alle (natürlichen) phänomenologischen Subjekte tierische Lebewesen (Tiere) mit Gehirnen sind. Ich bin als bewusstes Tier ein Teil der physischen Außenwelt mit einem psychischen Innenleben (das aus reduktiv-materialistischer Sicht ein Teil meines neurophysiologischen Innenlebens ist).

Animalism: https://plato.stanford.edu/entries/animalism/



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Consul
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Mi 16. Okt 2024, 02:29

Colin McGinn schreibt zum Thema geistig-seelische Innerlichkeit:
"The twentieth century set its face against the inner. Psychology and philosophy rejected the idea that mental states are special inner occurrences, sealed off from outside observation, private, known only to their possessor. Thus we have behaviorism (reductive and eliminative, Ryle and Watson), functionalism, Wittgenstein's 'outer criteria,' Quine's rejection of the 'museum myth,' and materialism in its several varieties. These doctrines make the mind a public thing, not something hidden inside—the mind is not something accessible only to the person whose mind it is. Some theorists accept a diluted form of 'first-person authority' or 'privileged access,' allowing for some sort of epistemic asymmetry between subject and observer; others simply abandon such notions, holding that others can know my mind as well as I can. What is rejected is the idea that it is of the essence of the mind to be inner and private. For if that were so, the study of mind would be radically different from other studies of nature: we could only study the mind, as it is in itself, from an introspective point of view; there could be no objective third-person study of mind. That would make psychology radically discontinuous with the rest of science, which deals with what is public and outer. We could only integrate the mind into our general conception of nature if we abandoned the notion of its essential innerness. The mind must be a public thing or be no thing at all. The idea of a thing whose existence and nature is purely inward would separate the mind from the rest of nature, rendering it sui generis and unapproachable (save from the inside)." (p. 57)

"Our concept of mind is the concept of an inner reality that may or may not disclose itself; indeed, for each of us it is the fundamental reality—the one that is closest to us and that matters the most. We believe unshakably in the reality of the inner. But if that belief is correct, the mind is not as other things, and is not a potential subject for objective science. The mind is not something that exists in the public objective space to which all observers have access. At most we can study it from a first-person point of view, introspectively, possibly sharing our findings with others similarly situated.

We thus face a stark choice: we either give up the idea of the inner or we accept that the mind cannot be studied as other things in nature are. All the theories popular in the twentieth century give up on the inner; they make the mind something public and outer. This is obvious for behaviorist theories (including functionalism), but it is also true of materialist theories: these theories too render the mind accessible from a third-person perspective—the observer of the brain. If pain is C-fiber firing, then looking at C-fiber firing is looking at pain—that is what you are seeing when you peer into a brain. Such theories do indeed prepare the mind for objective scientific study, by conceiving it in outer terms, and by downplaying or denying its essential innerness. But I think they do violence to the mind in so conceiving it: the mind really is ontologically and epistemologically an inner thing. This is evident to common sense, but it is perfectly true that acknowledging it results in the collapse of the scientific model (as commonly understood). If the mind is constitutionally an inner thing, then it cannot be studied as if it were an outer thing. Of course, we can allow that the inner mind has outer symptoms—effects, manifestations. Behavior and brain can signal the presence of an inner state. But the state itself is an essentially hidden reality, lurking behind those outer symptoms. It is not present in its symptoms. So we are not studying the thing itself when we study its symptoms. We may be studying the embodiment of the mind, but we are not studying the mind. The mind is inherently an inner thing, while its symptoms are inherently outer things.

I therefore think that the twentieth century in its flight from the inner proceeded from the right premises, but it reached the wrong conclusion. The correct premise was: the innerness of the mind cannot be reconciled with a naturalistic, homogeneous, seamless world of publicly accessible entities. But the right conclusion is not that innerness must be denied; it is that we do not live in such a homogeneous seamless world. The introspectionists in psychology were basically correct: the mind must be studied by a special method appropriate to its special nature, namely introspection. That doesn't mean we cannot include behavior and the brain in our general study of the mind, since the mind does have these associations; but it does mean that the essential innerness of the mind requires us to approach it from a first-person point of view, if we are to catch it naked, so to speak. We must accept that the mind (especially consciousness) is inner and face up to the consequences of that admission. Thoughts, sensations, and emotions are in their nature inner processes—private entities to which the subject has privileged access. To possess such a mental state is to undergo a modification in one's private space—that is, in the self, the subject of awareness. The metaphor of the theater is quite unapt to capture this fact, since theaters are precisely public objects in public space. The privacy of the mental is sui generis, not to be compared to private rooms or beetles in boxes or processes buried in the bowels—for these are all in precisely the opposite category. The sense in which the mind is inner is not the sense in which one object can be inside another object, or internal to it: these are spatial concepts. The innerness of the mind is a matter of the inherent nature of the mind, not its relation to something else. It would be quite wrong to say that the mind is 'hidden within the body.' If it were, we could, in principle, dig it out and take a look at it. No, the mind is necessarily private—inner by nature. It is the part of nature that nature does not reveal to the rest of nature—except the part that is that mind itself. Creatures have evolved that instantiate states directly known only to themselves; others can only surmise, knowing that they may be quite wrong. The mind is such that certainty about it is possible only from its own perspective.

How does this bear on the mind-body problem? As follows: no solution to that problem can dispense with the innerness of the mind. Whatever is the correct theory must do justice to that innerness. The standard theories all fail this simple requirement—notably behaviorism and materialism. Nor can computational theories do what is necessary, since they too render the mind less than inner. Computers don't have inner states in the intended sense. So reductions that don't preserve innerness will fail as theories of the mind. We must add innerness to the list of properties of consciousness that make it problematic. Perhaps, indeed, we should put it at the top of the list, because the innerness property is about the most robust property consciousness possesses. We can argue about what-it's-like and qualia and the phenomenal, but it is surely a datum that consciousness is inner—though it is a datum that has been routinely denied. We have both an inner life and an outer life—a life of the mind and a life of the body. The question is how that is possible. How can an inner life arise from an outer life? How can the inner emerge from the non-inner? How does the public produce the private (neurons are public, thoughts are not)? If this problem looks daunting, that indicates that we are on the right track. The problem is diamond-hard. Not for nothing did the twentieth century set its face against the inner.

I would like to see a concerted effort to articulate more clearly what the innerness of the mind consists in. There is an epistemological question and an ontological question: what kind of knowledge do we have of our inner states, and what is the ontology of these states? What is it to be inner, and what is involved in first-person knowledge of the ontologically inner? These questions have been avoided, I suspect, because they pose such a threat to our general scientific world-view. It really is not clear how the project of an integrated scientific worldview is possible once the essential innerness of the mental is accepted. We seem confronted by an inner-outer dualism. There is something irreducibly 'queer' in things. The mind refuses to fall into line with the rest of nature, despite being part of nature." (pp. 59-61)

"This is what I mean by ontological innerness: the ontological ground of the asymmetric epistemology of the mind. (Here I am trying to formulate the innerness of the mind as dramatically as possible, not shying away from it; of course, there are ways in which the mind can be known to others, because it can be inferred. Inner ontology is quite compatible with the possibility of inferential knowledge.)" (p. 58)

(McGinn, Colin. "The Reality of the Inner." In Philosophical Provocations: 55 Short Essays, 57-61. Cambridge, MA: MIT Press, 2017.)

————————————

"Das zwanzigste Jahrhundert hat sich gegen das Innere gestellt. Psychologie und Philosophie lehnten die Idee ab, dass mentale Zustände besondere innere Ereignisse sind, die vor äußerer Beobachtung abgeschirmt, privat und nur ihrem Besitzer bekannt sind. So haben wir Behaviorismus (reduktiv und eliminativ, Ryle und Watson), Funktionalismus, Wittgensteins „äußere Kriterien“, Quines Ablehnung des „Museumsmythos“ und Materialismus in seinen verschiedenen Varianten. Diese Lehren machen den Geist zu einer öffentlichen Sache, nicht zu etwas, das im Inneren verborgen ist – der Geist ist nicht etwas, das nur der Person zugänglich ist, deren Geist er ist. Einige Theoretiker akzeptieren eine verwässerte Form der „Autorität erster Person“ oder des „privilegierten Zugangs“, die eine Art epistemische Asymmetrie zwischen Subjekt und Beobachter zulässt; andere geben solche Vorstellungen einfach auf und vertreten die Ansicht, dass andere meinen Geist genauso gut kennen können wie ich. Was abgelehnt wird, ist die Idee, dass es zum Wesen des Geistes gehört, innerlich und privat zu sein. Denn wenn das so wäre, wäre das Studium des Geistes radikal anders als andere Naturstudien: Wir könnten den Geist nur so studieren, wie er in selbst, aus introspektiver Sicht; es könnte keine objektive Untersuchung des Geistes durch eine dritte Person geben. Das würde die Psychologie radikal von der übrigen Wissenschaft ablösen, die sich mit dem Öffentlichen und Äußeren beschäftigt. Wir könnten den Geist nur dann in unsere allgemeine Vorstellung von der Natur integrieren, wenn wir die Vorstellung seiner wesentlichen Innerlichkeit aufgeben würden. Der Geist muss entweder ein öffentliches Ding sein oder überhaupt kein Ding. Die Vorstellung eines Dings, dessen Existenz und Natur rein innerlich ist, würde den Geist vom Rest der Natur trennen und ihn sui generis und unzugänglich machen (außer von innen)." (S. 57)

"Unser Konzept des Geistes ist das Konzept einer inneren Realität, die sich offenbaren kann oder nicht; tatsächlich ist es für jeden von uns die grundlegende Realität – diejenige, die uns am nächsten ist und die am meisten zählt. Wir glauben unerschütterlich an die Realität des Inneren. Aber wenn dieser Glaube richtig ist, ist der Geist nicht wie andere Dinge und kein potenzielles Subjekt für objektive Wissenschaft. Der Geist ist nicht etwas, das im öffentlichen objektiven Raum existiert, zu dem alle Beobachter Zugang haben. Wir können es allenfalls aus der Ich-Perspektive studieren, introspektiv, und unsere Erkenntnisse möglicherweise mit anderen in ähnlicher Lage teilen.

Wir stehen also vor einer harten Entscheidung: Entweder wir geben die Idee des Inneren auf oder wir akzeptieren, dass der Geist nicht wie andere Dinge in der Natur studiert werden kann. Alle im 20. Jahrhundert populären Theorien geben das Innere auf; sie machen den Geist zu etwas Öffentlichem und Äußerem. Das ist für behavioristische Theorien (einschließlich des Funktionalismus) offensichtlich, aber es gilt auch für materialistische Theorien: Auch diese Theorien machen den Geist aus der Perspektive einer dritten Person zugänglich – des Beobachters des Gehirns. Wenn Schmerz die Aktivierung von C-Fasern ist, dann ist die Betrachtung der Aktivierung von C-Fasern die Betrachtung von Schmerz – das ist es, was Sie sehen, wenn Sie in ein Gehirn blicken. Solche Theorien bereiten den Geist tatsächlich auf objektive wissenschaftliche Studien vor, indem sie ihn in äußeren Begriffen begreifen und seine wesentliche Innerlichkeit herunterspielen oder leugnen. Aber ich denke, sie tun dem Geist Gewalt an, indem sie ihn so begreifen: Der Geist ist ontologisch und epistemologisch wirklich eine innere Sache. Dies ist für den gesunden Menschenverstand offensichtlich, aber es ist vollkommen richtig, dass die Anerkennung dieser Tatsache zum Zusammenbruch des wissenschaftlichen Modells (wie es allgemein verstanden wird) führt. Wenn der Geist von Natur aus eine innere Sache ist, kann er nicht untersucht werden, als wäre er eine äußere Sache. Natürlich können wir zugeben, dass der innere Geist äußere Symptome hat – Wirkungen, Manifestationen. Verhalten und Gehirn können das Vorhandensein eines inneren Zustands signalisieren. Aber der Zustand selbst ist eine im Wesentlichen verborgene Realität, die hinter diesen äußeren Symptomen lauert. Er ist in seinen Symptomen nicht vorhanden. Wir untersuchen also nicht die Sache selbst, wenn wir ihre Symptome untersuchen. Wir untersuchen vielleicht die Verkörperung des Geistes, aber wir untersuchen nicht den Geist. Der Geist ist von Natur aus eine innere Sache, während seine Symptome von Natur aus äußere Dinge sind.

Ich denke daher, dass das 20. Jahrhundert bei seiner Flucht vor dem Inneren von den richtigen Prämissen ausging, aber zu der falschen Schlussfolgerung gelangte. Die richtige Prämisse war: Die Innerlichkeit des Geistes kann nicht mit einer naturalistischen, homogenen, nahtlosen Welt öffentlich zugänglicher Entitäten in Einklang gebracht werden. Die richtige Schlussfolgerung ist jedoch nicht, dass die Innerlichkeit verleugnet werden muss, sondern dass wir nicht in einer derart homogenen, nahtlosen Welt leben. Die Introspektionisten in der Psychologie hatten im Grunde recht: Der Geist muss mit einer speziellen Methode untersucht werden, die seiner besonderen Natur angemessen ist, nämlich der Introspektion. Das bedeutet nicht, dass wir Verhalten und Gehirn nicht in unsere allgemeine Untersuchung des Geistes einbeziehen können, da der Geist diese Assoziationen hat; es bedeutet jedoch, dass die wesentliche Innerlichkeit des Geistes erfordert, dass wir uns ihm aus der Ich-Perspektive nähern, wenn wir ihn sozusagen nackt erwischen wollen. Wir müssen akzeptieren, dass der Geist (insbesondere das Bewusstsein) innerlich ist, und uns den Konsequenzen dieses Eingeständnisses stellen. Gedanken, Empfindungen und Emotionen sind innerlich. Ihrer Natur nach sind es innere Prozesse – private Entitäten, zu denen das Subjekt privilegierten Zugang hat. Einen solchen mentalen Zustand zu besitzen bedeutet, eine Veränderung in seinem privaten Raum zu erfahren – das heißt in dem Selbst, dem Subjekt des Bewusstseins. Die Metapher des Theaters ist ziemlich ungeeignet, um diese Tatsache zu erfassen, da Theater genau genommen öffentliche Objekte im öffentlichen Raum sind. Die Privatsphäre des Mentalen ist einzigartig und nicht mit privaten Räumen oder Käfern in Kisten oder in den Eingeweiden vergrabenen Prozessen zu vergleichen – denn diese gehören alle in die genau entgegengesetzte Kategorie. Der Sinn, in dem der Geist innerlich ist, ist nicht der Sinn, in dem ein Objekt in einem anderen Objekt oder in seinem Inneren sein kann: Dies sind räumliche Konzepte. Die Innerlichkeit des Geistes ist eine Frage der inhärenten Natur des Geistes, nicht seiner Beziehung zu etwas anderem. Es wäre völlig falsch zu sagen, dass der Geist „im Körper verborgen“ ist. Wenn das so wäre, könnten wir ihn im Prinzip ausgraben und uns ansehen. Nein, der Geist ist notwendigerweise privat – von Natur aus innerlich. Es ist der Teil der Natur, den die Natur dem Rest der Natur nicht offenbart – außer dem Teil, der der Geist selbst ist. Es haben sich Lebewesen entwickelt, die Zustände verkörpern, die nur ihnen selbst direkt bekannt sind; andere können nur Vermutungen anstellen, wohl wissend, dass sie sich dabei möglicherweise irren. Der Geist ist so beschaffen, dass Gewissheit über ihn nur aus seiner eigenen Perspektive möglich ist.

Wie hat dies mit dem Leib-Seele-Problem zu tun? Wie folgt: Keine Lösung dieses Problems kann auf die Innerlichkeit des Geistes verzichten. Was auch immer die richtige Theorie ist, sie muss dieser Innerlichkeit gerecht werden. Die Standardtheorien erfüllen diese einfache Anforderung alle nicht – insbesondere der Behaviorismus und der Materialismus. Auch Computertheorien können nicht das Notwendige leisten, da auch sie den Geist weniger als innerlich darstellen. Computer haben keine inneren Zustände im beabsichtigten Sinne. Daher werden Reduktionen, die die Innerlichkeit nicht bewahren, als Theorien des Geistes scheitern. Wir müssen die Innerlichkeit der Liste der Eigenschaften des Bewusstseins hinzufügen, die es problematisch machen. Vielleicht sollten wir sie sogar an die Spitze der Liste setzen, denn die Eigenschaft der Innerlichkeit ist die robusteste Eigenschaft, die das Bewusstsein besitzt. Wir können darüber streiten, wie es ist, über Qualia und das Phänomenale, aber es ist sicher eine Tatsache, dass das Bewusstsein innerlich ist – obwohl dies eine Tatsache ist, die routinemäßig geleugnet wird. Wir haben sowohl ein inneres als auch ein äußeres Leben – ein Leben des Geistes und ein Leben des Körpers. Die Frage ist, wie das möglich ist. Wie kann ein inneres Leben aus einem äußeren Leben entstehen? Wie kann das Innere aus dem Nicht-Inneren entstehen? Wie erzeugt das Öffentliche das Private (Neuronen sind öffentlich, Gedanken nicht)? Wenn dieses Problem entmutigend aussieht, zeigt das, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Das Problem ist diamantenhart. Nicht umsonst hat sich das 20. Jahrhundert dem Inneren entgegengestellt.

Ich würde gerne eine konzertierte Anstrengung sehen, um klarer zu artikulieren, worin die Innerlichkeit des Geistes besteht. Es gibt eine erkenntnistheoretische und eine ontologische Frage: Welche Art von Wissen haben wir über unsere inneren Zustände und wie sieht die Ontologie dieser Zustände aus? Was bedeutet es, innerlich zu sein, und was beinhaltet die Erkenntnis des ontologisch Inneren aus erster Hand? Ich vermute, diese Fragen wurden vermieden, weil sie eine solche Bedrohung für unser allgemeines wissenschaftliches Weltbild darstellen. Es ist wirklich nicht klar, wie das Projekt eines integrierten wissenschaftlichen Weltbildes möglich ist, wenn die wesentliche Innerlichkeit des Mentalen einmal akzeptiert ist. Wir scheinen mit einem Innen-Außen-Dualismus konfrontiert zu sein. Es gibt etwas unwiderruflich „Seltsames“ in den Dingen. Der Geist weigert sich, sich dem Rest der Natur anzupassen, obwohl er Teil der Natur ist." (S. 59-61)

"Das ist es, was ich mit ontologischer Innerlichkeit meine: die ontologische Grundlage der asymmetrischen Epistemologie des Geistes. (Hier versuche ich, die Innerlichkeit des Geistes so dramatisch wie möglich zu formulieren, ohne davor zurückzuschrecken; natürlich gibt es Möglichkeiten, wie der Geist anderen bekannt gemacht werden kann, weil man auf ihn schließen kann. Die innere Ontologie ist durchaus mit der Möglichkeit des schlussfolgernden Wissens vereinbar.)" (S. 58)
[Übersetzt von Google Translate]

(McGinn, Colin. "The Reality of the Inner." In Philosophical Provocations: 55 Short Essays, 57-61. Cambridge, MA: MIT Press, 2017.)



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Mi 16. Okt 2024, 08:28

Consul hat geschrieben :
Mi 16. Okt 2024, 00:20
Bewusstsein ist immer das Bewusstsein eines Individuums und niemals eines Kollektivs von Individuen.
Ich behaupte auch nicht, dass das Bewusstsein, das Bewusstsein eines Kollektivs ist oder etwas in der Art. Ich sage stattdessen, dass das Bewusstsein auch viele soziale Dimensionen hat. Wir sind in jeder Faser soziale Wesen, denke ich. Das ist eine der Voraussetzungen unserer Individualität. Und das sollte sich auch in unserem Erleben niederschlagen.
Lisa Feldman Barrett, Siebeneinhalb Lektionen über das Gehirn hat geschrieben : In den 1960er-Jahren untersagte die rumänische Regierung Abtreibungen sowie den Gebrauch der meisten Verhütungsmittel. Der damalige Präsident, Nicolae Ceausescu, wollte die Geburtenrate steigern. Mehr Einwohner sollten mehr wirtschaftliche Macht und folglich auch mehr Macht in der Welt bringen. Das neue Gesetz führte tatsächlich zu einem massiven Anstieg der Geburtenrate, doch es wurden mehr Kinder geboren, als manche Familien ernähren konnten. Die Folge? Hunderttausende Kinder wuchsen in Waisenhäusern auf. Viele dieser Kinder wurden entsetzlich misshandelt. Die sozialen Bedürfnisse speziell jener Kinder, die für unsere Lektion hier am wichtigsten sind, wurden völlig missachtet.

In manchen Waisenhäusern standen die Betten der Kleinen in langen Reihen. Niemand kümmerte sich um die Babys, sie erfuhren keinerlei Ansprache, Krankenschwestern und -pfleger kamen, fütterten sie, wechselten ihre Windeln und legten sie zurück ins Bettchen. Das war’s. Niemand nahm die Kinder in den Arm, spielte oder redete mit ihnen, sang ihnen etwas vor oder bemühte sich, ihre Aufmerksamkeit auf dies oder das zu lenken. Sie wurden anscheinend nicht körperlich misshandelt, nur einfach ignoriert.

Die Konsequenz dieser sozialen Vernachlässigung war, dass die Kinder aus den rumänischen Waisenhäusern durchweg geistig behindert sind. Sie hatten Probleme beim Spracherwerb. Sie konnten sich kaum konzentrieren und wurden von jeder Kleinigkeit abgelenkt, vermutlich weil nie jemand mit ihnen die gelenkte Aufmerksamkeit geübt hatte. Ihr Gehirn entwickelte die Fähigkeit, das Scheinwerferlicht zu fokussieren, erst gar nicht. Sie hatten auch Probleme mit der Selbstkontrolle. Neben den geistigen Einschränkungen und Verhaltensstörungen war ihr Körper verkümmert, vermutlich weil niemand ihr Körperkonto je aufgefüllt hat. Ihr Gehirn lernte also nicht, dieses Budget sinnvoll zu verwalten.

Kleine Gehirne verschalten sich, indem sie auf ihre Umwelt reagieren. Und wenn es in dieser Umwelt an wichtigen Faktoren für eine gesunde Körperbuchführung fehlt, dann werden wichtige
Natürlich hatten diese Kinder, wie auch Wolfskinder ein phänomenales Bewusstsein, keine Frage. Aber solches Bewusstsein ist halt zum Glück nicht die Norm. Mich interessiert, wie unser Bewusstsein normalerweise verfasst ist.

"Normalerweise" - das Wort kannst du unmittelbar, ohne Anstrengung erfassen. Warum? Aufgrund vieler verschiedener sozialer Tatsachen, es gibt Sprache, Schrift, Schulen, die sie lehren etc. Sie haben unser Bewusstsein in eine bestimmte Form gebracht, sodass du jetzt diese Pixel als ein bedeutsames Wort erlebst. Das gehört doch auch zu den phänomenalen Tatsachen. Solche Dinge sollte man nicht unter den Tisch fallen lassen. Wenn wir etwas in der Perspektive der ersten Person erleben, dann sind die anderen immer mit im Spiel, schätze ich. Unsere Subjektivität wird damit nicht infrage gestellt.




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Thomas
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Mi 16. Okt 2024, 10:04

@Consul: Deine Antwort war für mich sehr hilfreich, um Deine Position zu verstehen. Vor allem zwei Bemerkungen von Dir haben mir geholfen:

1. "Ein phänomenologisches Subjekt ist für mich als Materialist ein physisches Objekt mit (der Fähigkeit zu) phänomenalem Bewusstsein. Mein Standpunkt ist der Animalismus, d.h. dass alle (natürlichen) phänomenologischen Subjekte tierische Lebewesen (Tiere) mit Gehirnen sind. Ich bin als bewusstes Tier ein Teil der physischen Außenwelt mit einem psychischen Innenleben (das aus reduktiv-materialistischer Sicht ein Teil meines neurophysiologischen Innenlebens ist)".


Das ist eine klare Positionierung, die ich einfach so stehen lassen kann. Wenn Du Dich als Materialist und Animalist verstehst, dann bekommen Deine Ausführungen zum Thema 'Bewusstsein' für mich sofort einen nachvollziehbaren Sinn. Dann ist alles, was Du zu unserem Thema schreibst, stimmig und konsequent gedacht und modelliert.

2. "Wenn ich mir einer Türe perzeptiv bewusst bin, d.h. sie wahrnehme, dann ist die Türe als Wahrnehmungsgegenstand "da draußen" (außerhalb meines Gehirns/Körpers) nicht Teil meines Wahrnehmungsinhaltes "hier drinnen" (innerhalb meines Gehirns/Körpers). Die Türe ist "da draußen" ("transzendent"), auch wenn ihre sinnliche Erscheinung in mir (in Gestalt bestimmter Farbflächeneindrücke) "hier drinnen" ("immanent") ist."

Das ist auch eine sehr klare Darstellung Deiner Position. Die Repräsentationstheorie des Bewusstseins hat ja eine lange Tradition, man findet sie schon bei John Locke, aber selbst noch in der älteren Phänomenologie bei Husserl (den Du ja auch schon mal zitiert hast). Jetzt verstehe ich auch besser, warum Du gar nicht mit einem Subjekt im Sinne der Subjekt- oder auch der Leibphilosophie argumentieren musst. Der Körper/das Gehirn reicht ja in Deiner Konzeption als Wahrnehmungssubjekt und Wahrnehmungsobjekt vollkommen aus. Du sagst ja auch: "Ein phänomenologisches Subjekt ist für mich als Materialist ein physisches Objekt mit (der Fähigkeit zu) phänomenalem Bewusstsein". Das ist ebenfalls konsequent gedacht: ein physisches Objekt wie das Gehirn kann aus dieser Sicht durchaus Subjekt sein, sofern es nur die Fähigkeit zu Bewusstsein hat.

Ich selbst habe eine ganz andere Position, aber die will ich jetzt nicht noch einmal runterbeten oder weiter ausführen, denn sie ist ja wahrscheinlich schon im Umriss klar geworden. Wenn ich auf die Diskussionen zu diesem Thema zurückblicke, glaube ich eher nicht, dass wir zu einer Annäherung zu kommen. Die Prämissen, mit denen wir an das Thema herangehen, sind dafür einfach zu verschieden. Aber das ist aus meiner Sicht kein Problem - die geistigen Welten von Menschen sind eben sehr unterschiedlich - und schon die Theoriesprachen verhalten sich zueinander oft wie Fremdsprachen. Mir selbst kommt es vor allem auf das Verstehen von anderen oder fremden Positionen an; und das ist nicht immer ganz leicht. Es ist mir aber nicht zuletzt dank Deiner letzten Ausführungen jetzt deutlich besser gelungen, Deinen Standpunkt nachzuvollziehen.




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Mi 16. Okt 2024, 14:42

RoloTomasi hat geschrieben :
Di 15. Okt 2024, 23:00
Würdest Du sagen, dass Du ein Körper bist?
Ja klar, was denn sonst?

Aber damit es nicht untergeht, du solltest auf meinen letzten Beitrag eingehen, denn das Subjekt ist zentral wichtig für tierisch/menschliches Bewusstsein.




Körper
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Mi 16. Okt 2024, 14:47

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Di 15. Okt 2024, 22:36
Man kann den Geist nicht von seinem Körper bzw seiner Verkörperung lösen.
Aus meiner Sicht ist das eine Ausrede, mit der man sich das Scheitern eines Wunsches nicht eingestehen will.
Was ist für dich der Anlass, nicht der Körper (als Subjekt) sein zu wollen?

Dir ist sicherlich bekannt, dass deine Aussage so oder so ähnlich auch von (populären) Religionen mitgetragen wird bzw. dass sie die "Körperdominanz" zu erklären versuchen, ohne dass sie den Körper das Subjekt sein lassen wollen.

Wieso ist es für dich ein sinnvoller Schritt, eine Aufteilung ("Körper/Geist") zu behaupten, wenn du dich dann vor einer Unerklärbarkeit siehst?

Du springst ja quasi absichtlich in die Problematik hinein, dass der behauptete "Geist" (was immer das sein soll) nicht weiss, wie man den Körper steuert.
Das ist doch ein Boxschlag, der den "Körper/Geist"-Wunsch sofort und endgültig auf die Bretter schickt.
Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Di 15. Okt 2024, 22:36
Das ICH bezeichnet die bewußte Einheit von Körper und Geist.
"Das Ich" ist eigentlich nur ein Formulierungs-/Bedeutungsfehler, denn das Wort "Ich" hat einen Gültigkeitsbereich (der Aktive bezieht sich in seiner Handlung auf sich selbst).
Die Selbst-Referenzierung "ich" ist ein Vorgang, der einen festgelegten Ausgangspunkt und ein festgelegtes Ziel hat - das kann man nicht verdrehen, ohne dass es peinlich wird.
Mit "das Ich" wechselt man zu einer Perspektive, die explizit nicht durch "Ich" ausgedrückt wird - das ist ein Konflikt.




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Thomas
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Körper hat geschrieben :
Mi 16. Okt 2024, 14:42
RoloTomasi hat geschrieben :
Di 15. Okt 2024, 23:00
Würdest Du sagen, dass Du ein Körper bist?
Ja klar, was denn sonst?
Na das ist ja mal ein super klare Antwort - vielen Dank! Also heute habe ich hier wirklich Glück: Erst habe ich Consuls Position durch seine Hinweise verstanden, und jetzt kommt auch noch diese Klarheit von Dir. Mehr geht eigentlich nicht. :)

Ich sehe das Thema Bewusstsein ganz anders als Du, aber das ist ja kein Problem: Wir haben eben Auffassungen, die kaum etwas miteinander gemeinsam haben. Wie ich schon im Antwortpost auf Consul geschrieben habe, ist mir vor allem wichtig zu verstehen, was ein anderer überhaupt meint...und bei vielem von Dir hatte ich eher Schwierigkeiten, es zu verstehen. Aber die eindeutige Antwort heute hat mir enorm weitergeholfen.




Wolfgang Endemann
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Körper hat geschrieben :
Mi 16. Okt 2024, 14:47

Was ist für dich der Anlass, nicht der Körper (als Subjekt) sein zu wollen?
Nein, ich lehne den Körper in keinster Weise ab. Ein Denken, das sich nicht der körperlichen (und sozialen) Bedingungen des Denkens bewußt ist, ist ein naives, dummes Denken.
Wenn man die kategoriale Andersartigkeit von Denken und unmittelbarem Sein verstanden hat und Materialist ist, ergibt sich zwingend die Frage, wie das möglich ist. Darauf kennen wir noch keine Antwort, ob es eine befriedigende, die Problematik vollkommen auflösende gibt, ist unklar. Wenn man kein Materialist oder Empirist oder Pragmatiker ist, stellt sich die Frage womöglich nicht. Das sind für mich allerdings noch viel weniger konsistent vertretbare Positionen.
Um genauer zu sein: der Geist weiß, wie/wo/inwiefern man den Körper steuern kann, er weiß sogar, wie es evolutiv dazu kommen konnte. Es bleibt nur ein unerklärlicher Rest, wie das funktionieren kann (unterschiedliche Gedanken unterscheiden sich nicht extensional), und vielleicht ist das überhaupt eine unsinnige Frage. Die Frage "warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?", oder "warum gibt es feste Stoffe/Aggregatzustände?", alles unsinnige Fragen, die nach dem Geist könnte eine der ersten, oder eine der zweiten Art von sinnlos sein.

<"Das Ich" ist eigentlich nur ein Formulierungs-/Bedeutungsfehler, denn das Wort "Ich" hat einen Gültigkeitsbereich (der Aktive bezieht sich in seiner Handlung auf sich selbst).> - Nur in Deinem System, alles als konkrete Handlungs- oder Verhaltenstatsache zu sehen. In diesem Konzept gibt es überhaupt keine Möglichkeit, zu (Allgemein-)Begriffen zu kommen, und damit ist das ausgeschlossen, was man allgemein unter Erkenntnis versteht. Dann braucht man auch kein Ich, das Aussagen macht, die Erkenntnis formulieren, also zu einem hohen Grad wahr sind bzw sein können.




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RoloTomasi hat geschrieben :
Di 15. Okt 2024, 23:00
Ich bin ein Körper?
Die Frage ging zwar nicht an mich, ich beantworte sie aber dennoch: ich bin kein Körper, ich habe einen. Darauf wurde oben ja schon hingewiesen. Ich bin eine Person.

Der Begriff der Person steht, obwohl er in der deutschen Alltagssprache wenig Verwendung findet, für etwas, das in unserer Lebenswelt allgegenwärtig und von herausragender Bedeutung ist. Menschen, zumindest in einer modernen Gesellschaft, führen ihr Leben im Lichte von mehr oder weniger selbst gewählten Wertvorstellungen und mehr oder weniger expliziten Lebensentwürfen. Wir alle versuchen, unsere Existenz als Menschen in einer sozialen Umwelt als ein individuelles Leben zu gestalten, in dem sich manifestiert, wer wir sind und wer wir sein wollen. Die in unserer Kultur dominante Leitvorstellung besteht darin, das Leben als eigene Biografie zu führen, eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln und in diesem Bemühen von anderen Personen als autonome Person respektiert zu werden. (Michael Quante)

Unsere Fähigkeit, unser Leben im Lichte von Vorstellungen zu führen, wer wir sind und wer wir sein wollen, macht uns zu freien, geistigen Lebewesen.




Körper
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Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mi 16. Okt 2024, 18:33
Wenn man die kategoriale Andersartigkeit von Denken und unmittelbarem Sein verstanden hat
Naja, dann hast du ja schonmal nirgendwo "den Denker" verstanden, sondern möchtest nur das Denken zum Ausrufen einer Kategorie verwenden.

Wie hast du abgeklärt, ob da überhaupt eine Kategorie ist?
Gar nicht?
Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mi 16. Okt 2024, 18:33
Um genauer zu sein: der Geist weiß, wie/wo/inwiefern man den Körper steuern kann
Nein, du musst nur den Arm seitlich heben und mit dem Finger einen horizontalen Kreis nachfahren. Die Ansteuerung der Muskelstränge zur flüssigen Bewältigung dieser Bewegung benötigt eine sensationell gute Abstimmung der Nervenimpulse und du kennst keinen einzigen davon.
Du kannst keinen dieser Impulse auch nur feststellen.
Dass du etwas bist, das den Körper steuert, darf man als enormes Gerücht einstufen.
Der Einzige, der nichts von den Impulsen wissen muss, ist der Körper - egal was du stattdessen sein möchtest, du benötigst dann eine Übersetzung in nervöse Impulse, und zwar nicht an den "Motoneuronen", also nicht am Übergang zur Muskulatur, sondern "keine Ahnung wo im Nervensystem der Einfluss stattfinden soll".
Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mi 16. Okt 2024, 18:33
Dann braucht man auch kein Ich, das Aussagen macht
Du bist jetzt sehr weit über jegliches Ziel hinausgeschossen.
Es ging nur um die Formulierung "das Ich", also die Objektivisierung der "Referenzierung des Handelnden auf sich selbst".
Das Wort "ich" darf schlicht nicht als "das Ich" verwendet werden.




Wolfgang Endemann
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Mi 16. Okt 2024, 23:52

"Gar nicht?"
Wie gesagt: in Deinem Verständnis gar nicht.

"Dass du etwas bist, das den Körper steuert, darf man als enormes Gerücht einstufen."
Wenn Du damit sagen willst, daß die bewußte Steuerung des Körpers nur einen sehr geringen Anteil gegenüber der Selbststeuerung ausmacht, hast Du recht, da habe ich allerdings auch nichts gegenteiliges behauptet. Und die bewußte Steuerung läuft wie die Steuerung einer hochkomplizierten Maschine durch einen technischen Laien - er kann sie steuern, ohne von den Mechanismen die leiseste Ahnung zu haben. Übrigens hat der Körper selbst keine Ahnung, wie seine Selbststeuerung funktioniert, es ist eine ohne Einsicht evolutiv ausgebildete Funktion. Das nur zur irrigen Meinung, daß der Körper denken kann, er ist eine biofunktional selbstorganisierte "Maschine", daher reden wir nicht mehr von Maschine, sondern von einem, zurückhaltend formuliert, "Quasisubjekt", einem Subjekt an-sich, insofern es seinen Grund in sich hat. Hat dieses Subjekt Bewußtsein, Selbstbewußtsein, kann es sich auch selbst steuern, wird zum Subjekt an-und-für-sich; das ist der Grund, warum in der Natur Bewußtsein entstand, ohne die Fähigkeit der Selbststeuerung wäre Bewußtsein dysfunktional und daher niemals evolutiv entstanden. Aber warum erzähle ich Dir das? Das ist aus Deiner Warte Unsinn, da werde ich Dich nicht umstimmen können.
"Das Wort "ich" darf schlicht nicht als "das Ich" verwendet werden"
Hier wäre interessant zu wissen, ob Jörn Dir da zu folgen vermag. Er beschwert sich ja über einen übertriebenen Psychologismus, wo ich oft zustimmen kann, aber daß er die psychologische Ichinstanz kategorisch ablehnt, wage ich zu bezweifeln. Ich verwende hier eine soziologische Ichinstanz, die noch weniger Angriffsfläche für Kritik bietet, aber ich verstehe, daß für Dich auch für "das Ich" kein Platz ist.




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Consul
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Do 17. Okt 2024, 01:59

RoloTomasi hat geschrieben :
Mi 16. Okt 2024, 10:04
2. "Wenn ich mir einer Türe perzeptiv bewusst bin, d.h. sie wahrnehme, dann ist die Türe als Wahrnehmungsgegenstand "da draußen" (außerhalb meines Gehirns/Körpers) nicht Teil meines Wahrnehmungsinhaltes "hier drinnen" (innerhalb meines Gehirns/Körpers). Die Türe ist "da draußen" ("transzendent"), auch wenn ihre sinnliche Erscheinung in mir (in Gestalt bestimmter Farbflächeneindrücke) "hier drinnen" ("immanent") ist."

Das ist auch eine sehr klare Darstellung Deiner Position. Die Repräsentationstheorie des Bewusstseins hat ja eine lange Tradition, man findet sie schon bei John Locke, aber selbst noch in der älteren Phänomenologie bei Husserl (den Du ja auch schon mal zitiert hast).
Meine Wahrnehmungstheorie ist eher eine Präsentationstheorie als eine Repräsentationstheorie: Die Gegenstände der Sinneswahrnehmung werden dem Subjekt durch deren jeweilige Inhalte (Sinneseindrücke, Sinneserscheinungen) präsentiert. Wenn ich eine Türe sehe, dann sehe ich keine geistige "Türidee", die die Türe repräsentiert, sondern die Türe selbst.



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Do 17. Okt 2024, 07:56

Consul hat geschrieben :
Mi 16. Okt 2024, 02:10
Beide Arten von Wahrnehmung—die äußere und die innere—finden freilich gleichermaßen im Innenraum des Körpers/Gehirns statt.
Consul hat geschrieben :
Do 17. Okt 2024, 01:59
Wenn ich eine Türe sehe, dann sehe ich keine geistige "Türidee", die die Türe repräsentiert, sondern die Türe selbst.
Wie passt das zusammen? Wenn du die Türe selbst siehst, wie soll dann die Wahrnehmung im Innenraum des Körpers/Gehirns stattfinden? Denn wenn es die Türe selbst ist, die du wahrnimmst, dann müsste sie doch von der Wahrnehmung "umfasst" sein, oder?




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Do 17. Okt 2024, 11:50

Die Diskussion um die Frage "Was ist eine Person" hab ich hierher verschoben > https://www.dialogos-philosophie.de/vie ... hp?p=84463




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Thomas
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Do 17. Okt 2024, 13:14

@Consul: Ich sehe auch die Schwierigkeit, auf die Jörn im Post oben hinweist.

Du hattest ja weiter vorher geschrieben: "Die Türe ist "da draußen" ("transzendent"), auch wenn ihre sinnliche Erscheinung in mir (in Gestalt bestimmter Farbflächeneindrücke) "hier drinnen" ("immanent") ist." Da stellt sich mir die Frage: Wieso brauchst Du, wenn Du doch die Tür siehst, irgendwelche Eindrücke oder Sinnesdaten als Vermittler? Diese Sinnesdaten sind ja nicht selbst etwas bewusst Wahrgenommenes, denn Du siehst ja die Tür selbst, nicht ihre Erscheinungen (oder Repräsentanten) in dir. Man braucht das Konzept der Eindrücke oder Sinnesdaten im Grunde nur dann, wenn man die Tür, die ja nach deinen Worten 'draußen' ist, irgendwie ins Innere des Körpers/Gehirns hineinziehen will - die Tür selbst kommt als physisches Ding dummerweise nicht in den Körper rein, wohl aber - wie Du sagst - ihre "Erscheinung" in Gestalt bestimmter Eindrücke. Die Frage ist aber, warum du neben der Tür 'draußen' überhaupt noch irgendwelche inneren Objekte (Sinneseindrücke) als Vermittler hinzusetzt - warum du also neben der gesehenen Tür 'draußen' noch Eindrücke als deren Erscheinung 'drinnen' annimmst. Du könnest doch auch einfach sagen: Was erscheint, ist die Tür. (Das ist ja auch der schlichte phänomenologische Tatbestand, wenn jemand eine Tür sieht.)

Ich will damit sagen: Von Sinnesdaten (Farbflächeneindrücken...) kann in der Wahrnehmung gar nicht die Rede sein; sie gehören, was auch immer sie sein sollen, jedenfalls gar nicht zum bewusst Wahrgenommenen. Sinnesdaten werden aus meiner Sicht zum Wahrnehmungsgeschehen bloß hinzugedacht, um ein bestimmtes theoretisches Modell des Bewusstseins aufrechterhalten zu können: Sie sind eigens zu diesem Zweck erdachte, theoretische Entitäten, die verständlich machen sollen, wie die äußere körperliche Dingwelt mit der inneren Körperwelt zusammenhängen soll. Man braucht Sinneseindrücke nur, wenn man sich fragt: Wie kommt die Welt da draußen in den Körper/das Gehirn da drinnen. (Ich selbst würde gerade sagen: gar nicht!) Aber das Bewusstsein ist doch nicht wie ein Computer, der von außen Daten erhält und diese dann im Innern zu irgendetwas Gegenständlichem verarbeitet. In der Wahrnehmung ist die Tür das dem Bewusstsein Gegebene; sie wahrzunehmen heißt nicht, Tür-Daten aufzunehmen und sie zum Tür-Gegenstand zu verarbeiten. Das wäre ja auch merkwürdig, denn die Tür ist ja schon - in deinen Worten 'außen' - da! Nichts an einer wahrgenommenen Tür legt im Geringsten die Vermutung nahe, dass sie sich irgendeinem Prozess der Datenaufnahme und -verarbeitung verdankt.




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Jedenfalls sollte man Wahrnehmung nicht so beschreiben, als wären wir alle „depersonalisiert“ (oder wie auch immer man es nennen möchte). Ich schaue nach rechts und sehe einen Tisch. Die Wahrnehmung handelt zwar nicht von mir, sondern vom Tisch, gleichzeitig „weiß“ ich jedoch in jedem Moment, dass es sich um meine eigene Wahrnehmung handelt. Bei Wahrnehmungstheorien, die das Wahrnehmen so behandeln, als wären wir eine Camera Obscura auf zwei Beinen, kommt dieser äußerst erstaunliche Aspekt in der Regel zu kurz. Es gibt vielleicht Krankheiten, bei denen Menschen die Dinge teilnahmslos wahrnehmen, als liefe ein Film ohne Zuschauer, der nichts bedeutet.




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Do 17. Okt 2024, 17:38

RoloTomasi hat geschrieben :
Do 17. Okt 2024, 13:14
Sinnesdaten werden aus meiner Sicht zum Wahrnehmungsgeschehen bloß hinzugedacht, um ein bestimmtes theoretisches Modell des Bewusstseins aufrechterhalten zu können: Sie sind eigens zu diesem Zweck erdachte, theoretische Entitäten, die verständlich machen sollen, wie die äußere körperliche Dingwelt mit der inneren Körperwelt zusammenhängen soll. Man braucht Sinneseindrücke nur, wenn man sich fragt: Wie kommt die Welt da draußen in den Körper/das Gehirn da drinnen. (Ich selbst würde gerade sagen: gar nicht!)
???
Das hört sich so an, als würdest du weder das Nervensystem noch den Körper sonderlich benötigen.

Hol mich mal ab, um was geht es hier?
RoloTomasi hat geschrieben :
Do 17. Okt 2024, 13:14
In der Wahrnehmung ist die Tür das dem Bewusstsein Gegebene
Von wem/was "gegeben" und woher stammt dabei "die Tür"?

Wenn man vom Sehen einer Tür überzeugt ist, dann steht der Körper vor einer Tür und nimmt eine Perspektive darauf ein.
Nirgendwo kommt dabei das Verständnis "dem Bewusstsein ist eine Tür gegeben" vor.




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Do 17. Okt 2024, 18:07

RoloTomasi hat geschrieben :
Do 17. Okt 2024, 13:14
Sinnesdaten werden aus meiner Sicht zum Wahrnehmungsgeschehen bloß hinzugedacht, um ein bestimmtes theoretisches Modell des Bewusstseins aufrechterhalten zu können: Sie sind eigens zu diesem Zweck erdachte, theoretische Entitäten, die verständlich machen sollen, wie die äußere körperliche Dingwelt mit der inneren Körperwelt zusammenhängen soll. Man braucht Sinneseindrücke nur, wenn man sich fragt: Wie kommt die Welt da draußen in den Körper/das Gehirn da drinnen. (Ich selbst würde gerade sagen: gar nicht!)
Ja, das ist ein guter Punkt. Das wäre dann auch etwas, was die phänomenologische Methode motivieren könnte, bevor man die Phänomene beiseite schiebt und durch theoretische Entitäten ersetzt: lass uns mal schauen, was das Schauen eigentlich ist.




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@Körper: Wieder muss ich versuchen, Dich zu verstehen. Und ich versuche es diesmal mit einer Frage: Wie stehst Du zu dem Post von Consul, auf den ich mich bezogen habe. Ich meine vor allem folgenden Gedanken von Consul:

"Wenn ich mir einer Türe perzeptiv bewusst bin, d.h. sie wahrnehme, dann ist die Türe als Wahrnehmungsgegenstand "da draußen" (außerhalb meines Gehirns/Körpers) nicht Teil meines Wahrnehmungsinhaltes "hier drinnen" (innerhalb meines Gehirns/Körpers). Die Türe ist "da draußen" ("transzendent"), auch wenn ihre sinnliche Erscheinung in mir (in Gestalt bestimmter Farbflächeneindrücke) "hier drinnen" ("immanent") ist."

Siehst Du das auch so? Kannst Du das so unterschreiben?




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