subjektiv, objektiv

Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt sich in der Philosophie der Zweig der analytischen Philosophie, deren Grundlagen u.a. auch die Philosophie des Geistes (mind) betreffen
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NaWennDuMeinst
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Sa 25. Jul 2020, 13:17

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 13:08
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 12:25
Das Bild würde dann bei jedem Betrachter immer die Empfindung "Das ist schön" auslösen.
Schelling, Philosophie der Kunst hat geschrieben : Für den, der es in der Kunst nicht zur freien, zugleich leidenden und thätigen, fortgerissenen und überlegten Beschauung bringt, sind alle Wirkungen der Kunst bloße Naturwirkungen; er selbst verhält sich dabei als Naturwesen, und hat die Kunst als Kunst wahrhaft nie erfahren und erkannt.
Aus dem was du oben schreibst folgt übrigens, dass die Erde nicht rund ist. Denn sonst müssten sie bei jedem Betrachter immer die Empfindung "das ist rund" auslösen.
Ok. Schönheit und Nicht-Schönheit sind also Eigenschaften die den Gegenständen unabhängig vom Betrachter zukommen.
Wie kann ich das messen?
Ich weiß was Du sagen wirst: Gar nicht. Ich muss das einfach glauben.
Mache ich aber nicht, weil ich das für falsch halte. Und nun? Wer hat jetzt Recht und wie können wir das für jeden nachvollziehbar zeigen?



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Alethos
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Sa 25. Jul 2020, 14:00

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 12:25
Alethos hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 11:04
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 03:58
Aber verstehst Du nicht, dass
"Das Bild ist schön"
ein anderes Urteil ist als
"Das Bild ist für ihn schön"?
Das ist eine völlig andere Aussage.
Nein, ich halte das für ein und dieselbe Aussage.
Ok, hier gehen unsere Vorstellungen offenbar stark auseinander.
Wenn ein psychisch kranker Mensch annimmt wir alle seien getarnte Ausserirdische die ihn fangen und verspeisen wollen, dann gibt es für mich einen Unterschied zwischen dem wie er die Welt wahrnimmt und wie sie wirklich ist.
Aus "Für ihn bist Du ein menschfressendes, ausserirdisches Monster" kann ich nicht "Du bist ein menschfressendes, ausserirdisches Monster" machen.
Aus ontologischer Perspektive ist das in der Wahnvorstellung Imaginierte nicht weniger wirklich als die Tatsache, dass Menschen keine getarnten Aliens sind. Diese Wahnvorstellung kommt nämlich in der Welt vor, wenn auch bloss im Bereich des (wahnhaften) Gedankens. Das möchte ich zur Sicherung der Existenzgleichberechtigung von Phänomenen betreffend ihren ontologischen Status einfach nochmal gesagt haben. Die Wahnvorstellung betrifft keine Scheinwirklichkeit, sondern die volle Wirklichkeit. Deshalb kann man sie als Wahn-Vorstellung klassifizieren, weil sie eine Existenz behauptet für einen Bereich, für den es nicht legitim ist, diese Existenzbehauptung aufzustellen. Das heisst aber nicht, dass es menschenfressende Aliens gar nirgends und überhaupt nicht geben würde, z.B. in Romanen oder eben in der Wahnvorstellung.

Aber nochmal, ich würde nicht behaupten wollen, dass wir durch unsere Urteile den Dingen Eigenschaften zusprechen können, die sie nicht haben, ausser die, die sie wegen des Umstands des Beurteiltwerdens haben (Der von mir beurteilte Stein hat die Eigenschaft des Beurteiltwerdens durch die Beurteilung: Er ist ein beurteilter [=Eigenschaft] Stein).

Es ist also nicht so, dass ich behaupten würde, ein Gegenstand würde objektiv schön, wenn jemand ihn für schön hält, wenn objektiv hier verstanden wird in dem Sinne, dass ihn jedermann für schön halten müsste. Niemand muss einen Gegenstand für schön halten, bloss, weil ein anderer ihn für schön hält. Er muss
lediglich anerkennen, dass der Gegenstand auch schön ist, weil er schliesslich in einer bestimmten Situation zum
Urteil gereichte: "Das ist schön!"

Aber letzteres Urteil rührt gerade nicht von einer subjektiven Einschätzung her, weil etwa die Schönheit nicht am Gegenstand oder nur an der Bewertung vorkommen würde, sondern es rührt vom Umstand her, dass ein so und so objektiv verfasstes Wesen (ein Betrachter) mit einem so und so verfasstem Gegenstand (dem Betrachteten) zusammenspielte.

Der Gegenstand wir demnach "objektiv schön" genannt werden müssen, insofern er unter den Prämissen einer so und so gearteten Konstellation als schön betrachtet wird.

Darum glaube ich auch, dass man sich bezüglich der Schönheit nicht irren kann. Man kann jemandem nicht sagen, dass er falsch liegt, wenn er den schönen Gegenstand für hässlich hält, denn obwohl er ein objektiv schöner Gegenstand ist, kann er zugleich ein objektiv hässlicher Gegenstand sein und es gibt hier keine privilegierte, natürliche Perspektive, unter der allein sich das Schönsein oder Nichtschlnsein beurteilen liesse.
Er ist deshalb zugleich hässlich und schön und zwar objektiv gesehen gleichberechtigt hässlich und schön.

Mein Objektivitätsverständnis besagt also, dass als objektiv gelten kann, wo wir die Dinge zu uns sprechen lassen, es heisst nicht, dass wir alles behaupten können, damit es wahr sei. Denn dann würden wir ja übereinkommen können, dass x wahr ist, damit es wahr wäre, aber wir können uns noch so sehr darüber einig sein, dass das Bild schön ist oder der Elefant fliegen kann: Es wird nicht wahrer werden, wenn es nicht schon wahr ist ohne unsere Einigung. Und die Schönheit eines Gegenstands war und ist wahr, sobald sie jemand empfindet, und empfinden tut er sie, weil sie von ihm abstrahlt in sein Empfinden.

Ich meine, dass die Objektivität unserer Urteile daher rührt, dass wir zu den Dingen, wie sie sind, in ein Verhältnis phänomenaler Durchdringung geraten. Dabei sind wir an die Wirklichkeit der Dinge gebunden, und zu ihrer Wirklichkeit zählt auch, durch uns so und so rezipierte Gegenstände zu sein.
Dass wir einen Stein vor uns haben und uns über ihn als Stein, über seine Form und Farbe, über seine Struktur und Geschichte unterhalten können, das hat zur Voraussetzung die Wirklichkeit dieses Steins. Aber es wäre falsch zu glauben, objektive Aussagen über den Stein lägen nur vor, wenn wir alles weglassen, was wir als Betrachter in ihn hineinlegen.
So wie der Stein auf der Wiese liegt, den daneben liegenden Stein berührt, und wie das alles zu seiner Wirklichkeit hinzuzählt, berühren auch unsere Gedanken diesen Stein und so bilden all diese Umstände die infiniten Sachverhalte diesen Stein betreffend.

Objektivität so zu fassen, als müsste sie hergestellt werden frei von subjektiven, relationalen Momenten ist eine irrige Vorstellung und eine nicht realisierbare Tatsache noch dazu. Alle unsere Begriffe zur Erfassung von Wirklichkeit, alle unsere über die Sinne gehabten Eindrücke: Das ist mitgeprägt von unserem Sosein als Menschen.
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 12:25
Wenn Jemand ein Bild schön findet, dann findet er ja genau das Bild schön und nicht irgend ein anderes das irgendwie anders gestaltet ist. Insofern ist die Gestalt des Bildes "mitverantwortlich" dafür, dass der Betrachter es schön findet.
Allerdings bedeutet das mMn nicht, dass das Schöne irgendwie aus dem Bild kommen würde, dass das Schöne eine Eigenschaft des Bildes wäre. Denn wenn das der Fall wäre, müsste ja alle Betrachter zu dem selben Schluß kommen: Das Bild würde dann bei jedem Betrachter immer die Empfindung "Das ist schön" auslösen.
Warum sollte das so sein? Wenn dort ein Kreis mit gleichbleibendem Radius an der Tafel steht, und du ihn von der Seite betrachtest, steht dort einfach kein Kreis mit gleichbleibendem Radius. Die Perspektive ist völlig real, die ergibt, dass einmal r=r und einmal r ≠r.

Und warum sollte es so sein, dass ein Farbenblinder Rot sehen muss, wo er gegeben seine Verfassung Grün sieht? Er muss nicht dasselbe sehen, bloss, weil dort am Gegenstand eine scheinbar eindeutige Eigenschaft vorfindlich ist. Eigenschaften sind eben nicht eindeutig in dem
Sinne, dass sie einzig deutlich sind, sie sind eindeutig nur, insofern sie dasjenige Eine am Gegenstand sind, das deutlich gemacht wird.

Auch die Naturwissenschaften operieren nicht mit Eindeutigkeit, sondern mit Rezeptionen und mit Messungen. Dass eine Messung reproduzierbar ist, dass eine Eigenschaft immer und immer wieder auftritt, unabhängig davon, ob wir das so empfinden wollen oder nicht, macht doch das Urteil über diese Eigenschaft nicht zu einem objektiveren Urteil. Auch in den Wissenschaften sind Ergebnisse und Voraussagen nur möglich unter der Annahme gleichbleibender Versuchsanordnungen - ceteris paribus. Und nur unter der Annahme, dass die Bedingungen gleich bleiben, unter denen ein Mensch etwas als gelb sieht, sieht er auch gelb.

Der Mensch ist also nicht weniger objektiv als eine naturwissenschaftliche Versuchsanordnung, er ist bloss keine starre, immer gleichbleibende Angelegenheit.



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Jörn Budesheim
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NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 13:17
Ich muss das einfach glauben.
Nein, du musst es nicht glauben, aus diesen Gründen argumentieren wir ja. Du hast argumentiert, dass Schönheit in jedem "ausgelöst" werden müsste, wenn sie objektiv wäre. Und dagegen habe ich zwei Argumente vorgetragen.

Aber letztlich reicht argumentieren natürlich nicht. Niemand wird z.b. den Wert des Tanzens ermessen können, der nie tanzt. Das lässt sich nicht im Buch nachschlagen. Den Wert der Kunst erfährt man nur im Umgang mit ihr.




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Sa 25. Jul 2020, 14:27

Alethos hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 14:00
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 12:25
Alethos hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 11:04


Nein, ich halte das für ein und dieselbe Aussage.
Ok, hier gehen unsere Vorstellungen offenbar stark auseinander.
Wenn ein psychisch kranker Mensch annimmt wir alle seien getarnte Ausserirdische die ihn fangen und verspeisen wollen, dann gibt es für mich einen Unterschied zwischen dem wie er die Welt wahrnimmt und wie sie wirklich ist.
Aus "Für ihn bist Du ein menschfressendes, ausserirdisches Monster" kann ich nicht "Du bist ein menschfressendes, ausserirdisches Monster" machen.
Aus ontologischer Perspektive ist das in der Wahnvorstellung Imaginierte nicht weniger wirklich als die Tatsache, dass Menschen keine getarnten Aliens sind. Diese Wahnvorstellung kommt nämlich in der Welt vor, wenn auch bloss im Bereich des (wahnhaften) Gedankens. Das möchte ich zur Sicherung der Existenzgleichberechtigung von Phänomenen betreffend ihren ontologischen Status einfach nochmal gesagt haben.
Ja. Es ist aber nicht egal ALS WAS etwas in der Welt vorkommt. Von einem Brot in einem Buch wirst Du nicht satt.
Und vor einem bloß phantasiertem, menschenfressenden Alien musst Du auch nicht wegrennen.

Aber lass mal. Mir wird das alles irgendwie zu schräg. Das ist mir hier zu viel Spekulation, zu viel Durcheinandergemische, zu viel Halbwahres und Ungereimtes.
Ich wünsche Euch weiterhin viel Erfolg und danke, dass ihr Euren Glauben mit mir geteilt habt.
:-)



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Sa 25. Jul 2020, 14:31

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 14:18
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 13:17
Ich muss das einfach glauben.
Nein, du musst es nicht glauben, aus diesen Gründen argumentieren wir ja. Du hast argumentiert, dass Schönheit in jedem "ausgelöst" werden müsste, wenn sie objektiv wäre. Und dagegen habe ich zwei Argumente vorgetragen.
Ja. Ist anerkannt. Aber letztlich ist das egal, weil nur ein Nebenschauplatz. Die eigentliche Frage war immer und ist immer noch wie ich wissen kann (nicht glauben, das ist ein wichtiger Unterschied) dass Schönheit und Nicht-Schönheit vom Betrachter unabhängige Eigenschaften eines Objekts sind.
Aber letztlich reicht argumentieren natürlich nicht. Niemand wird z.b. den Wert des Tanzens ermessen können, der nie tanzt. Das lässt sich nicht im Buch nachschlagen. Den Wert der Kunst erfährt man nur im Umgang mit ihr.
Ich bestreite den Wert von Kunst nicht. Im Gegenteil: Ich glaube sogar, dass sie ihren Wert gerade dadurch erhält, dass die Subjekte sie frei von irgendwelchen Zwängen genießen und ihre ganz eigene, subjektive Meinung dazu entwickeln können, die ihnen auch niemand streitig machen kann. Gewisse objektive Zwänge haben mMn in der Kunst nichts verloren.
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am Sa 25. Jul 2020, 14:57, insgesamt 4-mal geändert.



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Alethos
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Sa 25. Jul 2020, 14:36

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 12:58
2 m vor mir liegt auf dem Boden ein blaues Buch. Der Gegenstand der Erkenntnis ist das Buch und der Gehalt ist, dass es blau ist. Wir haben hier also das Urteil, dass das Buch blau ist.

Diese Erkenntnis ist jemandes Erkenntnis, nämlich im vorliegenden Fall meine, aber sie ist nicht an meine Person gebunden. Daraus, dass das Subjekt der Erkenntnis und der Vorgang der Erkenntnis an bestimmte Subjekte gebunden sind, folgt jedoch nicht, dass der Gegenstand der Erkenntnis und der Gehalt der Erkenntnis subjektiv sind. Der Vorgang der Erkenntnis mag in einer gewissen Hinsicht subjektiv sein, jedoch folgt daraus nicht, dass auch der Gehalt der Erkenntnis auch subjektiv ist. Wer auch immer das Buch betrachtet und die entsprechenden sensorischen Voraussetzungen mitbringt, kann erkennen, dass das Buch blau ist.
Ich habe aber auch nicht behaupten wollen, dass das Urteil subjektiv ist (im Sinne davon, dass es nur für diese Person gilt), sondern ich habe gesagt, dass es subjektiv ist, insofern die Erkenntnis daran gebunden ist, diese "entsprechenden sensorischen Voraussetzungen" mitzubringen. Ich habe hinzugefügt, dass das Urteil über dieses Buch und dass es blau ist, objektiv ist. Und zwar nicht insofern, als es für jedes Lebewesen gelten muss, sondern nur unter der Voraussetung entsprechend sensorischer und begrifflicher Konstitutionen gilt.

Das ermöglicht andere, denn menschliche, Erkenntnisformen zu integrieren. Unter der Annahme, dass alle Lebewesen dieselben Voraussetzungen mitbringen, ist ein einziges Urteil betreffend diesen Gegenstand objektiv richtig: "Es ist ein Buch und es ist blau". Nur bringen eben nicht alle Lebensformen dieselben Voraussetzungen mit - aus der Subjektivität des Menschseins gilt das als Buch und Blau, unter der Subjektivität
des Bieneseins gilt das als beliebiges Objekt und Grün.

Nun habe ich aber gleichzeitig gesagt, dass uns die Welt und die Gegenstände in ihr nicht von einer gemeinsam gegebenen natürlichen Perspektive zugänglich sind, sondern es gibt eine sinnlich strukturierte Phänomenologie, die wir nicht teilen können. Schon allein das Menschsein garantiert keine Homogenität unseres Erlebens und Wahrnehmens. Das hindert uns jedoch nicht daran, das Buch als Buch und sein Blausein als solches zu erkennen. Wir kommen zu objektiven Schlüssen über diesen Gegenstand, weil er Gegenstand unserer Gedanken und unserer Urteile ist. Es ist der Gegenstand der unseren Urteilen den Gehalt gibt, weshalb sie objektive Urteile sind.

Aber sie sind nicht exklusive Urteile, insofern wir in Rechnung haben müssen, dass es andere Erkenntnisvoraussetzungen gibt: Es gibt kein ceteris paribus als nur auf der begrifflichen Ebene, nicht in der Phänomenologie. Darum ist die Wahrheit, wie wir sie verstehen, ein pragmatisches Konzept, weil wir uns auf den Teil der Wirklichkeit fokussieren, bei dem wir über geteilte Voraussetzungen verfügen (menschlicher Erkenntnisspparat). Unter anderen Voraussetzungen (nicht-menschlicher Erkenntnisapparat) können wir die Wahrheitswerte unserer Urteile nicht mehr anwenden.


Ich meine, dass wir die Welt nicht bloss aus der anthropozentrischen Perspektive betrachten dürfen, sondern ihre Erkennbarkeit gerade unter realistischen Prämissen für alle Wesen in ihrer jeweiligen Spezifität offen lassen müssen.


Nochmal: Wenn Peter ein Bild schön findet, ist es schön und es bleibt auch schön, wenn Hans es hässlich findet. Es ist real schön und real hässlich, unabhängig von den Meinungen des anderen. Das ist kein Antirealismus, denn die Schönheit wird als real am Objekt selbst vorkommend beschrieben. Nur ist die Schönheit ja überhaupt nicht, wenn sie einfach so ins Universum abstrahlt,
wie das Gelb nicht ist, wenn die Spektralwelle des Lichts ungeschaut
ins Universum abstrahlt. Es braucht einen Betrachter, es braucht einen Resonanzkörper und es ist enrscheiden für die Urteile, wie dieser ausgestaltet ist.

Ich verstehe ästhetischen Realismus also nicht wie du als ästhetischen Universalimus, bei dem gilt, dass zu jeder Zeit für alle das Gleiche über einen Gegenstand als wahr gilt. Das macht mE meine Position aber nicht zu einer antirealistischen, du kannst das gerne weiter behaupten, wenn du magst :)



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Sa 25. Jul 2020, 14:46

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 14:31
Die eigentliche Frage ist wie ich wissen kann (nicht glauben, das ist ein wichtiger Unterschied) dass Schönheit und Nicht-Schönheit vom Betrachter unabhängige Eigenschaften eines Objekts sind.
Nach meiner Auffassung sind die eben gerade nicht vom Betrachter unabhängige Eigenschaften, sondern durch das Zusammenspiel mit dem Betrachter real und objektiv vorkommende Eigenschaften.

Und betreffend die Existenz menschenfressender Aliens: Die gibt es natürlich nicht unter den fleischlichen Naturdingen :) Nicht, dass du glaubst, ich würde das glauben.



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Sa 25. Jul 2020, 14:52

Alethos hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 14:46
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 14:31
Die eigentliche Frage ist wie ich wissen kann (nicht glauben, das ist ein wichtiger Unterschied) dass Schönheit und Nicht-Schönheit vom Betrachter unabhängige Eigenschaften eines Objekts sind.
Nach meiner Auffassung sind die eben gerade nicht vom Betrachter unabhängige Eigenschaften, sondern durch das Zusammenspiel mit dem Betrachter real und objektiv vorkommende Eigenschaften.
Nach meiner Auffassung ist Schönheit eine subjektive (also vom Subjekt abhängige) Empfindung. Für mich gilt: Schönheit liegt im Auge des Betrachters.
Und ich habe hier - ausser Glaubensbekenntnissen - nichts gelesen, das meine Meinung dazu nachhaltig zu ändern in der Lage wäre.
Sorry.
Und betreffend die Existenz menschenfressender Aliens: Die gibt es natürlich nicht unter den fleischlichen Naturdingen :) Nicht, dass du glaubst, ich würde das glauben.
Na dann sind wir uns ja wenigstens über das "Sinnfeld" einig über das wir reden.
Dann muss ich heute Abend wenigstens nicht ganz frustriert ins Bett gehen.



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Sa 25. Jul 2020, 14:59

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 14:52
Na dann sind wir uns ja wenigstens über das "Sinnfeld" einig über das wir reden.
Dann muss ich heute Abend wenigstens nicht ganz frustriert ins Bett gehen.
Wenigstens ist deine Frustration nicht allein anhängig von einem subjektiven Moment, sondern teilweise wenigstens von meinem Teil, den ich in diese Einigung trage. :)



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NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 14:31
Ich bestreite den Wert von Kunst nicht. Im Gegenteil: Ich glaube sogar, dass sie ihren Wert gerade dadurch erhält, dass die Subjekte sie frei von irgendwelchen Zwängen genießen und ihre ganz eigene, subjektive Meinung dazu entwickeln können, die ihnen auch niemand streitig machen kann.
Dem stimme ich durchaus zu. In der Kunst erfahren wir als uns als Mensch und als freie Wesen und das macht sicherlich einen großen Teil ihres Wertes aus. Das ist jedoch eine Erfahrung, die man Werk macht. Und das Werk selbst, kann einem die Erfahrungen, die man gemacht hat, streitig machen.

Ich habe das schon oft erlebt. Bilder, für die man sich im ersten Moment begeistert und die man ganz toll findet, können nach einer gewissen Zeit und nach wiederholter Betrachtung plötzlich fad und abgeschmackt wirken. Manchmal passiert das, wenn die Arbeit nach einer bestimmten Masche gemacht sind, die man langsam durchschaut und deren Wirkungen dann verpufft, weil das Geheimnis verschwindet.

Andersrum habe ich es auch schon oft erlebt. Arbeiten, die einen zunächst kalt lassen, stellen sich nach einer gewissen Zeit als tief und vielschichtig heraus. Manchmal hilft ein Anstoß von außen, irgendeine Bemerkung, die jemand macht, vielleicht ein kurzer Text, den man liest, sodass man sich selbst richtig auf die Arbeit einstellen kann und sie entdeckt.




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Alethos hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 14:59
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 14:52
Na dann sind wir uns ja wenigstens über das "Sinnfeld" einig über das wir reden.
Dann muss ich heute Abend wenigstens nicht ganz frustriert ins Bett gehen.
Wenigstens ist deine Frustration nicht allein anhängig von einem subjektiven Moment, sondern teilweise wenigstens von meinem Teil, den ich in diese Einigung trage. :)
Dem kann ich zustimmen. Ich kann aber nicht mehr zustimmen wenn Du sagen würdest (und genau das sagst Du meiner Ansicht nach analog über die Schönheit), dass meine Frustration eine Eigenschaft Deiner Texte wäre.
Das fände ich - ehrlich gesagt - ziemlich absurd.



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Alethos hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 14:36
Nun habe ich aber gleichzeitig gesagt, dass uns die Welt und die Gegenstände in ihr nicht von einer gemeinsam gegebenen natürlichen Perspektive zugänglich sind, sondern es gibt eine sinnlich strukturierte Phänomenologie, die wir nicht teilen können.
Was meinst du damit?




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NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 15:04
Alethos hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 14:59
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 14:52
Na dann sind wir uns ja wenigstens über das "Sinnfeld" einig über das wir reden.
Dann muss ich heute Abend wenigstens nicht ganz frustriert ins Bett gehen.
Wenigstens ist deine Frustration nicht allein anhängig von einem subjektiven Moment, sondern teilweise wenigstens von meinem Teil, den ich in diese Einigung trage. :)
Dem kann ich zustimmen. Ich kann aber nicht mehr zustimmen wenn Du sagen würdest (und genau das sagst Du meiner Ansicht nach analog über die Schönheit), dass meine Frustration eine Eigenschaft Deiner Texte wäre.
Das fände ich - ehrlich gesagt - ziemlich absurd.
Aber es wäre absurd zu sagen, dass deine Frustration nichts mit den Eigenschaften meines Textes zu tun hätte. Und dafür
plädiere ich: Dass das ästhetische Urteil in einer Konfiguration zwischen dem beurteilten Gegenstand und dem Beurteilenden begründet liegt. Nicht im Auge des Betrachtes, nicht als universale Eigennschaft am Gegenstand - sondern in einem lebendigen, objektiven Verhältnis beider zueinander.



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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 15:43
Alethos hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 14:36
Nun habe ich aber gleichzeitig gesagt, dass uns die Welt und die Gegenstände in ihr nicht von einer gemeinsam gegebenen natürlichen Perspektive zugänglich sind, sondern es gibt eine sinnlich strukturierte Phänomenologie, die wir nicht teilen können.
Was meinst du damit?
Dass wir beide gebunden sind an die feinen Nuancen unseres jeweiligen Erkenntnisapparats und unserer Positionen in Zeit und Raum. Darüber schauen wir aber weg, wenn wir uns über Gegenstände unterhalten, was wir können, weil sie uns über Begriffe vermittelt sind.



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Sa 25. Jul 2020, 16:01

Alethos hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 15:46
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 15:04
Alethos hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 14:59


Wenigstens ist deine Frustration nicht allein anhängig von einem subjektiven Moment, sondern teilweise wenigstens von meinem Teil, den ich in diese Einigung trage. :)
Dem kann ich zustimmen. Ich kann aber nicht mehr zustimmen wenn Du sagen würdest (und genau das sagst Du meiner Ansicht nach analog über die Schönheit), dass meine Frustration eine Eigenschaft Deiner Texte wäre.
Das fände ich - ehrlich gesagt - ziemlich absurd.
Aber es wäre absurd zu sagen, dass deine Frustration nichts mit den Eigenschaften meines Textes zu tun hätte.
Natürlich haben Deine Texte etwas mit meiner Frustration zu tun. Sie sind ja der Auslöser dafür (wobei der Auslöser auch intern liegen kann, aber das ist eine andere Situation).
Nur: Daraus, dass eine Beziehung zwischen Deinen Texten und meiner Frustration besteht, folgt nicht, dass meine Frustration eine Eigenschaft Deiner Texte wäre.

Ich versuche das ein letztes Mal anhand eines anderen Beispiels.
Wenn ich Dir jetzt auf den Arm schlage (oder Du mir, ist ja egal), dann ist der Schlag der Auslöser Deiner Schmerzempfindung. Es gibt einen klaren kausalen Zusammenhang zwischen meinem Schlag und Deinem Schmerz. Deshalb ist doch aber nicht Dein Schmerz eine meiner Eigenschaften.
Es könnte vielleicht eine Eigenschaft von mir sein, dass ich bei Anderen Schmerzempfindungen auslöse (wenn ich zum Beispiel ein notorischer Schläger wäre), aber der ausgelöste Schmerz ist deshalb nicht meinen Eigenschaften zuzuordnen.
Nehmen wir an, nach einem Tag hast Du an der Stelle wo ich Dich geboxt habe einen blauen Fleck.
Auch hier bin ich (und mein Schlag) der Auslöser, der Verursacher Deines Blutergusses.
Aber wie kann man nun auf die Idee kommen zu behaupten, der Bluterguss sei eine Eigenschaft von mir ?
Ich habe geschaut: Nö, ich habe keinen blauen Fleck. Blauer Fleck ist keine Eigenschaft von mir. Wieso auch? Den blauen Fleck hast DU ja.
Also: Dass man eine kausale Beziehung herstellt, zwischen einem Objekt und einer durch dieses Objekt ausgelösten Schönheitsempfindung ist für mich nachvollziehbar.
Aber nicht, dass man dann, weil es diese Beziehung gibt, dem Objekt die Schönheit als Eigenschaft zurechnet.
Ich finde das eine folgt einfach nicht aus dem anderen.

Und dafür plädiere ich: Dass das ästhetische Urteil in einer Konfiguration zwischen dem beurteilten Gegenstand und dem Beurteilenden begründet liegt. Nicht im Auge des Betrachtes, nicht als universale Eigennschaft am Gegenstand - sondern in einem lebendigen, objektiven Verhältnis beider zueinander.
Es gibt eine Beziehung zwischen dem Objekt der Betrachtung und dem Betrachter. Ok.
Aber aus dieser Beziehung kann - finde ich - nicht abgeleitet werden, dass das, was immer das Objekt im Betrachter auslöst, objektiver Teil des Objektes wäre.
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am Sa 25. Jul 2020, 16:31, insgesamt 1-mal geändert.



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Sa 25. Jul 2020, 16:20

Mir ist gerade noch ein anderes Beispiel eingefallen.
Nehmen wir an ein Besucher reißt in einer Galerie ein Bild von der Aufhängung und reißt es in Fetzen.
Später darauf angesprochen, was ihn da geritten hat, sagt der Mann:
Das Bild hat die objektive Eigenschaft zerstört zu werden. Und das habe ich dann getan.

Würdet ihr das als Erklärung so hinnehmen? Also ich nicht. Ich würde dem Mann sagen, dass er offensichtlich vollkommen plemplem ist und seine subjektiven Empfindungen mit den objektiven Eigenschaften des Bildes verwechselt hat.



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Sa 25. Jul 2020, 16:35

Die Betrachtung eines Kunstwerkes und die Betrachtung eines Gegenstandes sind ja ziemlich verschieden. Das macht die Diskussion etwas unübersichtlich. Außerdem sind das Naturschöne und das Kunstschöne auch verschieden. Zudem steht der ästhetische Wert einer Arbeit nicht zwingend in seiner Schönheit.

Jetzt rede ich nicht über Kunstbetrachtung, da liegen die Dinge noch mal etwas anders, als ich sie jetzt beschreibe. Wenn ich sage, dass da hinten ein gelber Schwamm liegt, dann kann man das in einer abstrakten Rekonstruktion vielleicht als Relation fassen. Damit könnte ich leben. Es gibt allerdings dabei ein ernstes Problem: unsere lebendige Erfahrungen wird übergangen! Man akzeptiert zwar in dieser Sprache, gegebenenfalls die Quale gelb. Aber das ist ja nicht alles: Ich erlebe ja auch die sekundären Merkmale, wie man sie manchmal nennt, als Eigenschaften der Dinge der objektiven Welt. Und das ist auch die Art und Weise wie wir sozial damit umgehen und darüber reden.

David Lauer beschreibt das in seiner Erläuterung von McDowells Sicht sehr schön. Der Text passt ja wunderbar hier her, da er auch noch einen kleinen Fingerzeig zum Begriff der Objektivität enthält:

"Wenn McDowell von objektiven Tatsachen spricht, die uns in der Wahrnehmung gegenwärtig sind, so spricht er von allen Beschaffenheiten der Welt, die wir als Beschaffenheiten der von uns unterschiedenen und unabhängigen Dinge erfahren. Es sind aber gerade die irreduzibel an die Perspektive eines erlebenden Wesens gebundenen Qualitäten – darunter beispielsweise Farben, aber auch ästhetische und moralische Qualitäten – , die in der Wahrnehmung als von uns unabhängige Beschaffenheiten der Welt erfahren werden. Sie sind in McDowells Sinne keinen Deut weniger objektiv als Ausdehnung und Masse der Dinge. In diesem Sinne ist es kein Widerspruch zu sagen, dass uns die Welt häufig als objektiv undeutlich, neblig und vage begegnet, ebenso wie uns Dinge und Sachverhalte in der Welt als objektiv begehrenswert oder abstoßend, schön oder hässlich, bewundernswert oder gemein begegnen. „Objektiv“ sind solche Eigenschaften in dem Sinne, dass wir sie nicht als „subjektive Zutat“ zu einer an sich wert- und motivationsfreien Welt, sondern als in der Welt selbst – und nicht in uns – instantiiert begreifen. Natürlich kann nur ein Lebewesen, das für die fraglichen sekundären Qualitäten sensibel bzw. empfänglich ist, diese in der Welt entdecken. Man könnte sekundäre Qualitäten definieren als Eigenschaften, die man einem Gegenstand nicht zuschreiben kann – beziehungsweise: deren Prädikation von einem Gegenstand man nicht verstehen kann – wenn der Zuschreibende bzw. der Verstehende nicht ein Wesen mit einer leiblichen Sensitivität ist, die ihn für die fragliche sinnliche Qualität des betreffenden Gegenstandes empfänglich macht. Eine sekundäre Qualität dieser Art kann nicht vollumfänglich begriffen werden von einem Wesen, das die entsprechende Sensitivität nicht besitzt. Dass aber die Welt manche ihrer Eigenschaften nur bestimmten Lebewesen enthüllt, nicht jedoch anderen, steht nicht im Widerspruch zu der These, dass diese Eigenschaften den Dingen objektiv zukommen und ihr Vorhandensein auch dann eine Tatsache wäre, d.h.: von entsprechenden Lebewesen würde entdeckt werden können, wenn es entsprechende Wesen eines Tages nicht mehr geben würde oder nie gegeben hätte."




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Alethos
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Sa 25. Jul 2020, 16:38

Ich stelle mir eine Situation vor, in der mir NWDM sagt, dass er das eine Bild super schön findet und ich ihm sage: "Es ist aber hässlich!" Er erklärt mir seine Gründe und ich sage: "Ja, es stimmt. Du hast recht. So gesehen ist es wirklich schön!"

Ich möchte in einer Welt leben, in der Gründe Geltung entfalten, auch für andere, dieses oder jenes zu glauben, zu meinen und zu denken. Das wäre eine Welt, in der man offen ist für den objektiven Gehalt von Gründen, wo man neugierig ist, den Dingen auf ihren Grund zu gehen. Das wäre vermutlich eine Welt, in der Ambivalenzen aufgehoben sind und nicht in die Eindimensionalität einer Subjektivität oder Objektivität gedrängt werden.



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Jörn Budesheim
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Sa 25. Jul 2020, 16:51

Der Begriff Relation, auch wenn ich damit sympathisiere, hat noch ein anderes Manko. Er kann ein einseitig gedeutet werden als "individuelle Relation". Platt gesagt, als Relation zwischen mir und dem gelben Schwamm. Aber das ist zu kurz gegriffen. Angenommen ich wäre völlig farbenblind. Dann hätte ich vielleicht ein Grauerlebnis, das würde aber nichts daran ändern, dass der Schwamm in Wahrheit gelb ist!




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Alethos
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Sa 25. Jul 2020, 17:01

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 25. Jul 2020, 16:51
Der Begriff Relation, auch wenn ich damit sympathisiere, hat noch ein anderes Manko. Er kann ein einseitig gedeutet werden als "individuelle Relation". Platt gesagt, als Relation zwischen mir und dem gelben Schwamm. Aber das ist zu kurz gegriffen. Angenommen ich wäre völlig farbenblind. Dann hätte ich vielleicht ein Grauerlebnis, das würde aber nichts daran ändern, dass der Schwamm in Wahrheit gelb ist!
In Wahrheit? In welcher Wahrheit denn, der der Biene?



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