Was ist eigentlich ein Gesicht?

Mit dem Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt sich in der Philosophie der Zweig der analytischen Philosophie, deren Grundlagen u.a. auch die Philosophie des Geistes (mind) betreffen
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Jörn Budesheim
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So 2. Jun 2019, 21:48

Ich werde einen Teufel tun und den Strukturalismus verteidigen!

Allerdings gibt es sicherlich viele (Macht-)Strukturen, die Einfluss auf uns haben, die wir (jeder einzelne) natürlich nicht selbst erschaffen, sondern vorgefunden haben. Außerdem entwickeln solche Strukturen oftmals eine Eigendynamik, die nicht komplett zu kontrollieren sind - zumindest nicht ohne weiteres.

Wovon ich aber - ganz ohne Strukturalismus - ausgehe ist, dass die Zeichnung auf dem Gesicht sicherlich zur Identität der Person gehört.




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Jörn Budesheim
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So 30. Jun 2019, 13:30



vielleicht interessiert es jemanden, ich selbst kann das Video leider nicht gucken, weil ich bei der Art und Weise von Alexander Kluge Beklemmung bekomme :(




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Stefanie
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Mo 1. Jul 2019, 21:59

Ach, auf das Buch und den Autor/Professor wird in dem Austellungskatalog Bezug genommen, das habe ich aber noch nicht gelesen. Der Professor ist mein Problem, ein Entertainer ist er nicht, um es mal so zusagen.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
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Jörn Budesheim
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Ich habe mir nur 5 Minuten anschauen können, das ist wirklich eine Qual. Aber das Thema ist natürlich wichtig, vielleicht finde ich irgendwo mal einen Text.




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Jörn Budesheim
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Mi 18. Sep 2019, 08:44

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Gelegentlich zeichne ich meine "Freunde" aus der virtuellen Welt. Dies ist eine junge Dame aus instagram (was die drei Icons unten links kenntlich machen), die ich aber gar nicht kenne.

Bei dem Wort Freund schwanke ich. Es hat mittlerweile eine weitere Bedeutung bekommen, denn ein Facebook Freund ist natürlich nicht per se ein Freund im traditionellen Sinne. Obwohl sich dort auch Freundschaften eigene Art entwickeln können.




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Jörn Budesheim
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Was ich immer wieder erstaunlich finde ist, dass unsere Fähigkeit Gesichter zu erkennen und zu lesen so ausgeprägt ist, dass selbst ein paar Striche uns schon ein Gesicht präsentieren können... Zwei oder drei krickl und man hat das Gefühl das Papier schaut einen an :)

Die Informationen und Gefühle oder was auch immer, die von einem Gesicht ausgestrahlt werden, lassen sich wohl so "algorithmisieren", dass auch Maschinen sie "lesen" können. In einem Vortrag hat Markus Gabriel erzählt, dass es mittlerweile Prototypen gibt, die Gesichter so gut lesen können, dass man hofft, ihre Weiterentwicklungen z.b. in Verhandlungsprozessen einsetzen zu können. Die Software liest dann das Gesicht des Gegenübers und gibt entsprechende Tipps, z.b. "er ist kurz vor der Entscheidung" tue dies oder jenes!

(Wenn man bedenkt, welche Bedeutungsfülle von einem Gesicht und einem Körper überhaupt ausgehen, muss man eigentlich staunen, dass sich das Paradigma, Gefühle und Gedanken etc. seien wesentlich etwas Inneres so lange hat halten können.)




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Alethos
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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 24. Sep 2019, 05:23
Was ich immer wieder erstaunlich finde ist, dass unsere Fähigkeit Gesichter zu erkennen und zu lesen so ausgeprägt ist
Da staune ich auch. Es ist ganz so, als ob alles unser Erkennen auf ein Gegenüber ausgerichtet wäre (was sozialpsychologisch wohl fundiert sein mag). Schon in den kleinsten Figuren von Wolken oder bei einer angedeuteten Ähnlichkeit eines Steins mit etwas Menschlichem oder Lebendigem scheint das Bekannte durch. Es ist, als ob im Erkennen ein Bedürfnis nach dem Lebendigen mitschwingen würde.



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Jörn Budesheim
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So 27. Okt 2019, 12:54

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Das Gesicht hat keinen Ort: du bist Adam. Mache ein Gesicht! (Mach mit!) Es ist irgendwie, dieses Gesicht zu machen. Nenne das deine Binnensicht.

Du bist Eva. Eva sieht Adam. Sie sieht die Außenseite der Innenseite. Sie "vervollständigt" das Gesicht. (Ich sehe was, was du nicht siehst.) Aber weder Adam noch Eva haben das Gesicht als Ganzes, weil sich dies in keiner Perspektive zeigt.

Aber wir kommen dennoch ins Gesicht hinein, weil wir nämlich die Innenperspektive nachspüren. Als Gegengeschenk sehen wir unser eigenes außen im Gegenüber. Daher ist der Ort des Ges-ich-t zwischen dir und mir.




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Stefanie
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So 27. Okt 2019, 20:37

Ich habe nur einen Hauch von Ahnung, was gemeint ist, und diesen Hauch kann ich noch nicht mal beschreiben.



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Jörn Budesheim
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So 27. Okt 2019, 21:00

Ein Gesicht ist auf verschiedene Arten und Weisen gegeben. Aus der Innen- und aus der Außenperspektive. Nur diese beiden komplementären Perspektiven gemeinsam machen das Gesicht.




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Stefanie
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So 27. Okt 2019, 21:25

Dann lag ich mit meiner Ahnung, dass es in diese Richtung geht, nicht so falsch...wie sehen wir unser eigenes außen im Gegenüber?



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Alethos
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Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 27. Okt 2019, 12:54
Du bist Eva. Eva sieht Adam. Sie sieht die Außenseite der Innenseite. Sie "vervollständigt" das Gesicht. (Ich sehe was, was du nicht siehst.) Aber weder Adam noch Eva haben das Gesicht als Ganzes, weil sich dies in keiner Perspektive zeigt.

Aber wir kommen dennoch ins Gesicht hinein, weil wir nämlich die Innenperspektive nachspüren. Als Gegengeschenk sehen wir unser eigenes außen im Gegenüber. Daher ist der Ort des Ges-ich-t zwischen dir und mir.
Schön formuliert. Es ist immer auch ein vervollständigender Blick, wenn wir in ein Gesicht sehen. Aber es handelt sich dabei nicht nur um ein "Nachspüren der Innenperspektive", wenn ich dich richtig verstehe, weil das Gesicht nicht bloss eine Maske ist, die das 'Innere' zeigt, sondern das Gesicht ist gleichsam Ausdruck der 'Innerlichkeit des Miteinanders' in einem vollständig geteilten Aussen, das man einander je ist. Einander zugewendet, in der reinen Draufsicht auf das gegenüber liegende Gesicht, spannt sich zwischen zwei Menschen eine 'Intimität des ganz äusserlich gewordenen Miteinanders' auf. Gesichter sprechen sozusagen eine Sprache, die viel deutlicher und klarer und unmittelbarer sein kann, als die literarische oder deskriptive Umschreibung für ein Gefühls es fassen kann. Gesichter sprechen für sich selbst eine Sprache, die gar keine Übersetzung braucht, weil sie auch keine Übersetzung ist: Sie ist faziale Wirklichkeit.

Und ganz interessant ist, dass wir Gesichter nur in der Zweisamkeit wahrnehmen können. Wir sehen nie zwei oder mehr Gesichter auf einmal, wir können uns in der Art, wie Gesichter sich aufeinander 'einzulassen fähig sind', immer nur auf eines auf einmal beziehen. Gesichter sind keine Massenware, sie treten nie in undefinierbaren Gruppen auf, sonden als ganz Distinktes.



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Mo 4. Nov 2019, 22:57

Gesichter sind vertraut und doch sehr sonderbar. Ist eine Nase nicht unglaublich drollig? Oder ein Auge? Wimpern?
Lippen? Augenbrauen?

Wenn man sich das Komposit eines Gesichts einmal als lokales Forschungsprojekt vergegenwärtigt, dann muss man schmunzeln. Und sich manchmal auch wundern, weil ein jedes Teilstück in ihm irgendwie unförmig ist. Die Relationen, das Zueinander der Teile eines Gesichts ergeben erst die Heimat für das Sehen.



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Der Kopf ist nicht im Kopf, er ist außer sich.




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Alethos
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Mo 23. Dez 2019, 21:14

Es ist schon merkwürdig, so ein Kopf: Viel zu klein eigentlich für einen weiten Geist.

Und wenn man dem Anderen sanft über den Schädel fährt, da spürt man auch keine Berge noch Blumen noch die sanfte Wärme dieser hellen Wiese am Sonntagmorgen im Mai. Man kann auch das Ohr dran halten an diese Glocke aus Kalk und hört keine Vögel zwitschern, obwohl sie da sind. Darum ist eigentlich nicht der verrückt, der einen Vogel hat!

Wenigstens hat der Schädel ein Gesicht, dann muss auch jemand zuhause sein.



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Alethos hat geschrieben :
Mo 23. Dez 2019, 21:14
Wenigstens hat der Schädel ein Gesicht, dann muss auch jemand zuhause sein.
Genau, das Gesicht sagt uns, dass da jemand zu Hause ist. Deswegen ist nach meiner Ansicht das Gesicht auch nicht einfach der vordere Teil des Kopfes. Das Gesicht ist etwas, was in der Begegnung entsteht. Im gegenseitigen Erleben. Es ist doch interessant, dass man, es sei denn man schaut dauernd in den Spiegel, in normalen Alltagssituationen nie das eigene "Gesicht" (den vorderen Teil des Kopfes), aber immer das Gesicht des Gegenübers sieht.

Man selbst ist unentwegt Mimik und Ausdruck, wird ihrer aber nur gleichsam "von innen" gewahr, während man die Mimik des anderen stets "von außen" im verinnerlichen Blick hat.




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Di 24. Dez 2019, 11:48

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 24. Dez 2019, 07:24
Es ist doch interessant, dass man, es sei denn man schaut dauernd in den Spiegel, in normalen Alltagssituationen nie das eigene "Gesicht" (den vorderen Teil des Kopfes), aber immer das Gesicht des Gegenübers sieht.
Und doch 'sieht' man sich manchmal im Anderen wieder, weil sich der eigene Gesichtsausdruck (dessen man i.d.R. nur 'von ihnen' gewahr wird) im Gegenüber spiegelt. Dann lächelt das andere Gesicht zurück, es verzerrt sich oder wird traurig, geformt durch das Ausstrahlen des eigenen Gesichtsausdrucks in das Gesicht des Anderen.

Das ist eine Form von Sympathie, da die zugewendeten Gesichtszüge in Einklang stehen zu wollen scheinen und ständig den Ausgleich suchen, den Einklang oder den Missklang, in jedem Fall aber bilden sie eine mimische Symbiose, die das aufeinander Bezogensein von zwei Innenwelten an der Schnittstelle des bi-fazialen Nullpunkts anzeigen. Es ist an diesem Nullpunkt, das etwas Neues zwischen den beiden Gesichtern, zwischen den beiden Menschen, entsteht, eine Art empathischen Grossraums, in welchem sich der Einzelne im Anderen durch ein Miteinander (auch durch ein Gegeneinander) sich seiner vergewissert. Ein Spiel von actio/reactio, das nicht auf den 'Gesichterinnenraum' beschränkt bleibt, sondern pantomimische Ganzkörpergrösse entfalten kann.



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Di 24. Dez 2019, 12:29

Dass beide Gesprächspartner sich im je anderen spiegeln und auf diese Weise zu einem "Gesichtsraum" gehören, in dem sie einen Pol bilden, sehe ich so ähnlich :)




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Jörn Budesheim
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Mi 25. Dez 2019, 12:06

Wie fühlt sich (d)ein Gesicht von innen an? Wenn du Lust hast: Einfach die Augen schließen und aufschreiben, was du spürst.

(Und hier posten)




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