Absichten sind aber nicht dasselbe wie Handlungen. Ich bestreite ja gar nicht, dass es kollektive Absichten gibt. Ich behaupte nur, dass Handlungsvollzüge immer individuellen Personen zuzuschreiben sind. Ein Kollektiv kann nur im übertragenen Sinn handeln, nämlich so, dass einzelne Mitglieder des Kollektivs stellvertretend für es agieren. Aber bei einer solchen Stellvertretung ist genau darauf zu achten, ob sie legitim ist, ob sich das Individuum z.B. diese Stellvertretung nur anmaßt oder ob es sich dahinter versteckt, um seine persönliche Verantwortung von sich abzuwälzen.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Di 28. Mai 2019, 06:03Zwar hat jeder Spieler eine individuelle Aufgabe und damit individuelle Absichten, aber diese sind von der kollektiven Absicht "abgeleitet", wie es John Searle ausdrückt.
Und dabei sind wir beim Stichwort: Verantwortung. Denn nach meinem Verständnis sind Handlungen primär als das zu verstehen, wofür wir - als Mitglieder von Handlungs- und Verantwortungsgemeinschaften - uns gegenseitig verantwortlich machen oder synonym: was wir uns gegenseitig als unser persönliches Verdienst der Verschulden anrechnen.
Was die "Ableitung" individueller Absichten von der kollektiven Absicht angeht, wäre ich vorsichtig. Denn kollektive Absichten sind naturgemäß sehr vage. Auch lässt sich ihr Bestehen nicht wirklich überprüfen, wenn es darauf ankommt - z.B. bei einer Gerichtsverhandlung. Da kann man - mit guten Gründen - nicht einfach argumentieren: "Mich trifft keine Schuld, weil meine Absicht, den Ungläubigen x zu töten, doch nur von unserem gemeinsamen Ziel, den wahren Glauben gegen alle Ungläubigen zu verteidigen, abgeleitet war. Im Grunde wollen wir doch alle dasselbe!" Ich schätze mal, dass im Kollektiv aller Gläubigen bei weitem nicht alle so ohne weiteres mit dieser Aussage einverstanden wären.