Wahrheit die 99. ...

Dieses Unterforum beschäftigt sich mit dem Umfang und den Grenzen der menschlichen Erkenntnisfähigkeit sowie um die speziellen Gesichtspunkte des Systems der modernen Wissenschaften.
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Jörn Budesheim
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Fr 3. Feb 2023, 13:21

Wir reden aneinander vorbei, befürchte ich :-)

Du schreibst: "Wahr (oder falsch) zu sein ist eine Eigenschaft von Sätzen." Das verstehe ich so: Nichts, außer Sätzen, ist wahr oder falsch. Wahr (oder falsch) zu sein ist eine Eigenschaft von Sätzen und von sonst nichts. Ist das so gemeint?




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Jörn Budesheim
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Fr 3. Feb 2023, 14:48

Ich für meinen Teil glaube nicht, dass wahr (oder falsch) zu sein ausschließlich eine Eigenschaft von Sätzen ist. Ja: Sätze können wahr, falsch, annähernd wahr oder falsch oder ohne Wahrheitswert sein. Aber das gilt auch für Meinungen schlechthin, nicht nur für solche, die in Sätzen ausgedrückt werden. Auch Tiere, die nicht so sprechen wie wir, können wahre oder falsche Meinungen haben. Außerdem glaube ich, dass es unendlich viele Tatsachen gab, lange bevor es Lebewesen mit Meinungen gab. Vor etwa 3,5 Milliarden Jahren gab es die ersten Spuren von Leben. Aber auch davor war schon vieles so und so. Die Tatsachen (dass etwas so und so war) existierten unabhängig davon, ob sie von Lebewesen erkannt wurden oder nicht.




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Lucian Wing
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Fr 3. Feb 2023, 19:21

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 3. Feb 2023, 14:48
Ich für meinen Teil glaube nicht, dass wahr (oder falsch) zu sein ausschließlich eine Eigenschaft von Sätzen ist. Ja: Sätze können wahr, falsch, annähernd wahr oder falsch oder ohne Wahrheitswert sein. Aber das gilt auch für Meinungen schlechthin, nicht nur für solche, die in Sätzen ausgedrückt werden. Auch Tiere, die nicht so sprechen wie wir, können wahre oder falsche Meinungen haben. Außerdem glaube ich, dass es unendlich viele Tatsachen gab, lange bevor es Lebewesen mit Meinungen gab. Vor etwa 3,5 Milliarden Jahren gab es die ersten Spuren von Leben. Aber auch davor war schon vieles so und so. Die Tatsachen (dass etwas so und so war) existierten unabhängig davon, ob sie von Lebewesen erkannt wurden oder nicht.
Wie soll sich denn eine Meinung anders als in Worten ausdrücken? Meinung (auch wieder ein substantiviertes Adjektiv mit all den Problemen, die man sich einhandelt) hat man, und das kann objektiv nicht widerlegt werden, wenn jemand sagt, ich habe die Meinung x. Aber wahr daran ist doch nur, dass jemand die Meinung x hat, aber nicht die Meinung als solche. Wahr wäre der Satz, in dem x ausgedrückt wird. Eine Meinung haben heißt für mich, einen sprachlichen Gedanken haben.

Vielleicht sollte man erst einmal unterscheiden zwischen zwei wesentlichen Dingen: Eine Meinung über die objektive, von unseren Meinungen nicht abhängige Welt haben, und eine Meinung haben über kulturalistische Dinge.

Wahrscheinlich ist eine der Fragen, inwiefern "knowing-how", also ein praktisches Können als "eine Meinung haben" zu bezeichnen wäre.



Als ich vierzehn war, war mein Vater so unwissend. Ich konnte den alten Mann kaum in meiner Nähe ertragen. Aber mit einundzwanzig war ich verblüfft, wieviel er in sieben Jahren dazu gelernt hatte. (Mark Twain)

VVralda777
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Sa 4. Feb 2023, 04:00

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 3. Feb 2023, 09:11
Es kann doch auch Wahrheiten über die Zukunft geben: Die Sonne wird nur noch fünf Milliarden Jahre leuchten :-)
Das, was gewesen, ist das, was sein wird; und das, was geschehen, ist das, was geschehen wird.
Und es ist gar nichts Neues unter der Sonne.




VVralda777
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Sa 4. Feb 2023, 06:55

Lucian Wing hat geschrieben :
Fr 3. Feb 2023, 11:52
VVralda777 hat geschrieben :
Fr 3. Feb 2023, 01:21
Wahrheit, was ist die Wahrheit?

Die Wahrheit ist etwas das bereits geschähen ist und woran sich nichts mehr ändern kann.
Das kommt darauf an. Ian McEwan lässt in seinem Roman "Menschen wie ich" eine Figur Folgendes sagen:
Die als Dekonstruktion bekannte akademische Bewegung hatte die Sozialgeschichte »im Sturm erobert«. ... Da sie an einer traditionellen Universität studiert hatte, die auf altmodische Art narrative Berichte über die Vergangenheit produzierte, musste sie ein neues Vokabular lernen, eine neue Art zu denken. ... Als gegeben anzunehmen, dass überhaupt etwas geschehen war, gehörte sich nicht mehr. Es galt allein, historische Dokumente zu berücksichtigen, den sich ändernden wissenschaftlichen Zugang zu diesen Texten und unser eigenes, sich änderndes Verhältnis zu diesen jeweiligen Zugängen, die allesamt durch ihren Zusammenhang mit Macht und Wohlstand, mit Rasse, Klasse, Geschlecht und sexueller Orientierung definiert waren.
Wahr (oder falsch) zu sein ist eine Eigenschaft von Sätzen. Wo das Adjektiv zum Substantiv wird, beginnt der Glaubenskrieg.
Der Unterschied zwischen Gott und einem Historiker: Gott kann die Vergangenheit nicht ändern. Samuel Butler




VVralda777
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Sa 4. Feb 2023, 07:12

Lucian Wing hat geschrieben :
Fr 3. Feb 2023, 13:10
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 3. Feb 2023, 12:45
"Wahr (oder falsch) zu sein ist eine Eigenschaft von Sätzen" verstehe ich so: Nur Sätze können wahr oder falsch sein. Das Problem dabei ist, dass nach dieser Ausdrucksweise nur dann etwas der Fall, bzw. wahr sein kann, wenn es Sätze gibt. Demnach war nichts der Fall, bevor es Sätze gab.
Nein, der Umkehrschluss kann aus dem Gedanken, dass die Beschaffenheit der Welt darüber entscheidet, ob eine in einem Satz ausgedrückte Theorie wahr oder falsch ist, m.E. nicht gezogen werden. Der Gedanke der Objektivität beinhaltet doch genau das, dass die Beschaffenheit der Welt nicht von unseren Theorien darüber abhängig ist, sondern unsere Theorien, die wir nur in Sätzen ausdrücken können, von der Beschaffenheit.
Wenn jemand der Meinung ist, es gibt keinen Gott, dann kann ich diese Meinung sehr gut verstehen. Denn was derjenige unter dem Begriff Gott zu verstehen meint, daran würde ich auch niemals glauben.




Timberlake
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So 12. Feb 2023, 00:05

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 29. Apr 2020, 07:09

Eine weitere Bedingungen des Miteinandersprechens ist der Umstand, dass wir sehr viele Wahrheiten kennen und miteinander teilen.


Die Wahrheiten der Historiker können damit wohl eher nicht gemeint sein ....
VVralda777 hat geschrieben :
Sa 4. Feb 2023, 06:55

Der Unterschied zwischen Gott und einem Historiker: Gott kann die Vergangenheit nicht ändern. Samuel Butler




VVralda777
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So 12. Feb 2023, 02:31

Timberlake hat geschrieben :
So 12. Feb 2023, 00:05
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 29. Apr 2020, 07:09

Eine weitere Bedingungen des Miteinandersprechens ist der Umstand, dass wir sehr viele Wahrheiten kennen und miteinander teilen.


Die Wahrheiten der Historiker können damit wohl eher nicht gemeint sein ....
VVralda777 hat geschrieben :
Sa 4. Feb 2023, 06:55

Der Unterschied zwischen Gott und einem Historiker: Gott kann die Vergangenheit nicht ändern. Samuel Butler
Vielleicht teilen wir nur viele Lügen miteinander und der Umstand ist das die meisten sie für wahr halten.




Timberlake
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So 12. Feb 2023, 14:42

VVralda777 hat geschrieben :
So 12. Feb 2023, 02:31
Timberlake hat geschrieben :
So 12. Feb 2023, 00:05
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 29. Apr 2020, 07:09

Eine weitere Bedingungen des Miteinandersprechens ist der Umstand, dass wir sehr viele Wahrheiten kennen und miteinander teilen.


Die Wahrheiten der Historiker können damit wohl eher nicht gemeint sein ....
VVralda777 hat geschrieben :
Sa 4. Feb 2023, 06:55

Der Unterschied zwischen Gott und einem Historiker: Gott kann die Vergangenheit nicht ändern. Samuel Butler
Vielleicht teilen wir nur viele Lügen miteinander und der Umstand ist das die meisten sie für wahr halten.
Möglicherweise ...

  • Eine zweifelhafte Behauptung muß recht häufig wiederholt werden, dann schwächt sich der Zweifel immer etwas ab und findet Leute, die selbst nicht denken, aber annehmen, mit soviel Sicherheit und Beharrlichkeit könne Unwahres nicht behauptet oder gedruckt werden.
    Otto Fürst von Bismarck
.. zumal , wenn man denn tatsächlich davon ausgeht, dass "die meisten" .. "selbst nicht denken" ..

  • Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen, nachdem sie die Natur längst von fremder Leitung frei gesprochen (naturaliter maiorennes), dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben; und warum es anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. Es ist so bequem, unmündig zu sein. Habe ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die Diät beurteilt, u.s.w.: so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen. Ich habe nicht nötig zu denken, wenn ich nur bezahlen kann; andere werden das verdrießliche Geschäft schon für mich übernehmen.
    Immanuel Kant .. Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?
.. wie auch , wenn man denn tatsächlich davon ausgeht, dass "die meisten" .. "faul und feige" .. sind.




VVralda777
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Mo 13. Feb 2023, 04:48

Timberlake hat geschrieben :
So 12. Feb 2023, 14:42
Möglicherweise ...

Eine zweifelhafte Behauptung muß recht häufig wiederholt werden, dann schwächt sich der Zweifel immer etwas ab und findet Leute, die selbst nicht denken, aber annehmen, mit soviel Sicherheit und Beharrlichkeit könne Unwahres nicht behauptet oder gedruckt werden.
Otto Fürst von Bismarck
.. zumal , wenn man denn tatsächlich davon ausgeht, dass "die meisten" .. "selbst nicht denken" ..

Faulheit und Feigheit sind die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen, nachdem sie die Natur längst von fremder Leitung frei gesprochen (naturaliter maiorennes), dennoch gerne zeitlebens unmündig bleiben; und warum es anderen so leicht wird, sich zu deren Vormündern aufzuwerfen. Es ist so bequem, unmündig zu sein. Habe ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die Diät beurteilt, u.s.w.: so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen. Ich habe nicht nötig zu denken, wenn ich nur bezahlen kann; andere werden das verdrießliche Geschäft schon für mich übernehmen.
Immanuel Kant .. Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?
.. wie auch , wenn man denn tatsächlich davon ausgeht, dass "die meisten" .. "faul und feige" .. sind.
Ja, psychologisch ist es bei den Menschen so, eben beim aller größten Teil, das Bewusstsein für Zugehörigkeit überwiegt dem Verstand. Es geht nicht darum ob etwas richtig oder gut ist, sondern nur ob es mit der Masse konform ist. Eine Meinung wird geteilt und behauptet, nicht weil man etwas von der Sache wirklich versteht, es ist die Sympatie und das Vertrauen, bzw es ist das Bedürfnis nach Anerkennung oder einer Norm zu entsprechen. Um der Gemeinschaft anzugehören und das Verständnis untereinander zu finden. Dunnig- Kruger lässt grüßen.

Nahezu das gesamte Wissen der Menschen beruht nicht auf ihrer eigenen Erkenntnis, die Informationen wurden übernommen und akzeptiert. Ich meine auch das selbstständiges Denken für die meisten keine Option ist, ja, Faulheit und Feigheit hört sich sehr plausibel an. Ein hoher Umfang an Informationen wird zugunsten eines ruhigen Gewissens einfach ignoriert, nur was den Rahmen des kollektiven Bewusstseins entspricht ist von Interesse. Es ist nicht bequem, unmündig zu sein, sondern das Zeichen von tiefer Abhängigkeit und blindem Vertrauen, damit ist es schwach, unmündig zu sein. Ich meine die Schwäche der Menschen ist es welche die Faulheit und Feigheit fördert und damit das denken anderen überlässt.




Timberlake
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Fr 17. Feb 2023, 02:03

VVralda777 hat geschrieben :
Mo 13. Feb 2023, 04:48


Ja, psychologisch ist es bei den Menschen so, eben beim aller größten Teil, das Bewusstsein für Zugehörigkeit überwiegt dem Verstand. Es geht nicht darum ob etwas richtig oder gut ist, sondern nur ob es mit der Masse konform ist.
Was ja denn wohl darauf hinaus läuft , dass die Wahrheit "Massen" relativ ist ...

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 29. Apr 2020, 07:09

Ich will es gleich zugeben: ich war it's not me. Damals habe ich in fester Überzeugung die Ansicht vertreten, dass Wahrheit prinzipiell sprachrelativ ist. Wahrheit ist in dieser Sicht also nicht absolut, sondern relativ.
Bin mal gespannt , ob @Jörn bereit ist , auch diese Ansicht zu vertreten.

Alethos hat geschrieben :
Fr 1. Mai 2020, 19:24
Wenn Gabriel behauptet, dass zu existieren bedeute, in einem bestimmten (Frege-)Sinn zu existieren, dann knüpft er die Existenzaussage an die lokale Ordnung, in welcher dieses Existierende vorkommt. Die Bundeskanzlerin kommt nicht vor in der Ordnung der Frühlingsblumen, sie kommt auch nicht vor in der Reihe der natürlichen Zahlen, sondern im politischen Institutionengefüge der BRD.
Wie dem auch sei . die Bundeskanzlerin kommt im politischen Institutionengefüge der BRD vor und hat sich als solches vorallem an deren lokale Ordnung , deren Masse und deren Wahrheiten zu orientieren.

Beispiel
  • Exportüberschuss und Wachstum
    Deutschland wird 2018 nach Berechnungen des Ifo Instituts voraussichtlich einen Leistungsbilanzüberschuss von 264 Mrd. Euro oder 7,8 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aufweisen.1 Damit nimmt es zum dritten Mal in Folge weltweit den Spitzenplatz ein. Wie zu erwarten, löst diese Meldung unterschiedliche Reaktionen aus: Für die Bundesregierung ist dies ein Ausweis der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, für die europäischen Partnerländer ein Anzeichen dafür, dass Deutschland der Gewinner der Währungsunion ist, und für den Internationalen Währungsfonds und die Europäische Zentralbank (EZB) ein Anlass zur Kritik wegen der damit einhergehenden Verschuldung der korrespondierenden Defizitländer. Es mehren sich aber auch in Deutschland Stimmen, welche die Sinnhaftigkeit der hohen Exportüberschüsse in Zweifel ziehen
"Richtig und gut" sind die deutschen Leistungsbilanzüberschüsse für die damit korrespondierenden Defizitländer sicherlich nicht.




VVralda777
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Fr 17. Feb 2023, 10:16

Timberlake hat geschrieben :
Fr 17. Feb 2023, 02:03
Was ja denn wohl darauf hinaus läuft , dass die Wahrheit "Massen" relativ ist ...
Noch niemals sah ich einen Menschen, der wirklich die Wahrheit sucht. Jeder, der sich auf den Weg gemacht hatte, fand früher oder später, was ihm Wohlbefinden gewährte. Und dann dann gab er die weitere Suche auf.
Mark Twain




Burkart
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Fr 17. Feb 2023, 12:48

VVralda777 hat geschrieben :
Fr 17. Feb 2023, 10:16
Timberlake hat geschrieben :
Fr 17. Feb 2023, 02:03
Was ja denn wohl darauf hinaus läuft , dass die Wahrheit "Massen" relativ ist ...
Noch niemals sah ich einen Menschen, der wirklich die Wahrheit sucht. Jeder, der sich auf den Weg gemacht hatte, fand früher oder später, was ihm Wohlbefinden gewährte. Und dann dann gab er die weitere Suche auf.
Mark Twain
Und was ist mit Jesus? Mahatma Gandhi? Generell Leute, sie sich für andere geopfert haben?
Ich suche auch eher nach Wahrheit als nach Bequemlichkeit.
Ist das nicht auch eher eine Tendenz von (einigen?) Philosophen?



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

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Jörn Budesheim
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Fr 17. Feb 2023, 14:35

Mark Twain hat geschrieben : Noch niemals sah ich einen Menschen, der wirklich die Wahrheit sucht. Jeder, der sich auf den Weg gemacht hatte, fand früher oder später, was ihm Wohlbefinden gewährte. Und dann gab er die weitere Suche auf.
Ich glaube, dass es viele Menschen gibt, die ständig auf der Suche sind, weil sie darin ihren Lebenssinn finden.




VVralda777
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Burkart hat geschrieben :
Fr 17. Feb 2023, 12:48
Und was ist mit Jesus? Mahatma Gandhi? Generell Leute, sie sich für andere geopfert haben?
Ich suche auch eher nach Wahrheit als nach Bequemlichkeit.
Ist das nicht auch eher eine Tendenz von (einigen?) Philosophen?
https://youtu.be/_w1HiZSU0PE




Timberlake
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Mo 20. Feb 2023, 03:02

VVralda777 hat geschrieben :
Fr 17. Feb 2023, 10:16


Noch niemals sah ich einen Menschen, der wirklich die Wahrheit sucht. Jeder, der sich auf den Weg gemacht hatte, fand früher oder später, was ihm Wohlbefinden gewährte. Und dann dann gab er die weitere Suche auf.
Mark Twain
Wenn Mark Twain noch niemals einen solchen Menschen sah, der wirklich die Wahrheit sucht, dann kannte er wohl noch nicht Nietzsche ..

  • Der Wille zur Wahrheit, der uns noch zu manchem Wagnisse verführen wird, jene berühmte Wahrhaftigkeit, von der alle Philosophen bisher mit Ehrerbietung geredet haben: was für Fragen hat dieser Wille zur Wahrheit uns schon vorgelegt! Welche wunderlichen schlimmen fragwürdigen Fragen! Das ist bereits eine lange Geschichte – und doch scheint es, daß sie kaum eben angefangen hat? Was Wunder, wenn wir endlich einmal mißtrauisch werden, die Geduld verlieren, uns ungeduldig umdrehn?
    ..
    „Man darf nämlich zweifeln, erstens, ob es Gegensätze überhaupt giebt, und zweitens, ob jene volksthümlichen Werthschätzungen und Werth-Gegensätze, auf welche die Metaphysiker ihr Siegel gedrückt haben, nicht vielleicht nur Vordergrunds-Schätzungen sind, nur vorläufige Perspektiven, vielleicht noch dazu aus einem Winkel heraus, vielleicht von Unten hinauf, Frosch-Perspektiven gleichsam, um einen Ausdruck zu borgen, der den Malern geläufig ist? Bei allem Werthe, der dem Wahren, dem Wahrhaftigen, dem Selbstlosen zukommen mag: es wäre möglich, dass dem Scheine, dem Willen zur Täuschung, dem Eigennutz und der Begierde ein für alles Leben höherer und grundsätzlicherer Werth zugeschrieben werden müsste. Es wäre sogar noch möglich, dass was den Werth jener guten und verehrten Dinge ausmacht, gerade darin bestünde, mit jenen schlimmen, scheinbar entgegengesetzten Dingen auf verfängliche Weise verwandt, verknüpft, verhäkelt, vielleicht gar wesensgleich zu sein. Vielleicht! — Aber wer ist Willens, sich um solche gefährliche Vielleichts zu kümmern! Man muss dazu schon die Ankunft einer neuen Gattung von Philosophen abwarten, solcher, die irgend welchen anderen umgekehrten Geschmack und Hang haben als die bisherigen, — Philosophen des gefährlichen Vielleicht in jedem Verstande. — Und allen Ernstes gesprochen: ich sehe solche neue Philosophen heraufkommen.“
    Friedrich Nietzsche .. Jenseits von Gut und Böse
Bei dem , was Nietzsche bei der Suche nach der Wahrheit fand , wird jedenfalls ganz sicher kein Wohlbefinden gewährt. Ganz im Gegenteil .




Timberlake
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Mo 20. Feb 2023, 04:18

Burkart hat geschrieben :
Fr 17. Feb 2023, 12:48
VVralda777 hat geschrieben :
Fr 17. Feb 2023, 10:16
Timberlake hat geschrieben :
Fr 17. Feb 2023, 02:03
Was ja denn wohl darauf hinaus läuft , dass die Wahrheit "Massen" relativ ist ...
Noch niemals sah ich einen Menschen, der wirklich die Wahrheit sucht. Jeder, der sich auf den Weg gemacht hatte, fand früher oder später, was ihm Wohlbefinden gewährte. Und dann dann gab er die weitere Suche auf.
Mark Twain
Und was ist mit Jesus? Mahatma Gandhi? Generell Leute, sie sich für andere geopfert haben?
Wenn man Nietzsche glauben schenken darf , sollte man , ganz im Sinne der "neuen Gattung von Philosophen" , bei solchen Leuten doppelt mißtrauisch werden ...

  • Es hilft nichts: man muß die Gefühle der Hingebung, der Aufopferung für den Nächsten, die ganze Selbstentäußerungs-Moral erbarmungslos zur Rede stellen und vor Gericht führen: ebenso wie die Ästhetik der »interesselosen Anschauung«, unter welcher sich die Entmännlichung der Kunst verführerisch genug heute ein gutes Gewissen zu schaffen sucht. Es ist viel zu viel Zauber und Zucker in jenen Gefühlen des »für andere«, des »nicht für mich«, als daß man nicht nötig hätte, hier doppelt mißtrauisch zu werden und zu fragen: »sind es nicht vielleicht – Verführungen?« – Daß sie gefallen – dem, der sie hat, und dem, der ihre Früchte genießt, auch dem bloßen Zuschauer – dies gibt noch kein Argument für sie ab, sondern fordert gerade zur Vorsicht auf. Seien wir also vorsichtig!
    Friedrich Nietzsche .. Jenseits von Gut und Böse




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Jörn Budesheim
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Do 23. Feb 2023, 19:03



Lustiger Anfang und dann eine interessante Mischung aus einigen konkurrierenden Wahrheitstheorien.




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