Dichterische Vernunft

Dieses Unterforum beschäftigt sich mit dem Umfang und den Grenzen der menschlichen Erkenntnisfähigkeit sowie um die speziellen Gesichtspunkte des Systems der modernen Wissenschaften.
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Quk
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Mo 7. Aug 2023, 14:58

Stefanie, eine gewisse Distanz suche ich auch, nur bei "geehrte" ist sie mir allzu groß, wenn echte Namen hinter den Finanzfachleuten stehen. Außerdem, das muss ich zugeben, ist da bei mir auch ein klitzekleiner Spieltrieb dabei; den kann ich selten total unterdrücken. Viel zu klein ist mir die Distanz, wenn mich Großkonzerne duzen. Aber langsam gewöhne ich mich auch daran; solche Schreiben sind sowieso nur maschinell gemacht.

Ich streue auch manchmal poetische Phrasen, wenn ich mit einem Handwerksbetrieb kommuniziere -- rein aus Freude am Spieltrieb und, ja, um genau dieses Gusseiserne zu vermeiden. Warum muss das Leben immer so trocken ablaufen? Sind doch alles fühlende Wesen.




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Quk
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Mo 7. Aug 2023, 15:07

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 7. Aug 2023, 13:35
Ja, es ist möglich, tote Begriff wiederzubeleben, da bin ich mir sicher, in welcher Weise auch immer.
Mit "tot" meinst Du "gusseiserne", nicht "ausgestorbene"?

Eine Weise, solche Gusseisernen wieder geschmeidig zu machen, wäre vielleicht das Pausieren. Einen Begriff viele Jahre nicht mehr benutzen, und dann wieder einführen. Wiedereinführungen passieren ziemlich oft.




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Jörn Budesheim
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Mo 7. Aug 2023, 15:16

Quk hat geschrieben :
Mo 7. Aug 2023, 15:07
Mit "tot" meinst Du "gusseiserne", nicht "ausgestorbene"?
Yepp!




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Jörn Budesheim
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Mo 7. Aug 2023, 15:22

Quk hat geschrieben :
Mo 7. Aug 2023, 15:07
Eine Weise, solche Gusseisernen wieder geschmeidig zu machen, wäre vielleicht das Pausieren. Einen Begriff viele Jahre nicht mehr benutzen, und dann wieder einführen. Wiedereinführungen passieren ziemlich oft.
Eine künstlerische Methode ist die "Verfremdung". Vertrautes wird so verwandelt, dass es (wieder) "fremd" erscheint. Und dadurch fließen die Begriffe nicht einfach durch uns durch (ins eine Ohr rein, zum anderen raus, hat meine Oma oft gesagt), wie bei einem gedankenlosen "Sehr geehrte Damen und Herren...", sondern werden uns wieder bewusst, wir nehmen sie neu/anders wahr. Ähnlich verhält es sich vielleicht mit der Pause/Wiederaufnahme. Die Pause und Wiederaufnahme kann dazu führen, dass man auf-hört.




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Quk
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Mo 7. Aug 2023, 15:32

Leuchtet mir ein.

Wie ließe sich "sehr geehrte Damen und Herren" verfremden?

So?

"Sehr geehrte Herren und Damen" -- (mal so, mal so, wegen der Gleichstellung)

"Sehr verehrte Damen und Herren"

"Sehr geehrte Frauen und Männer"

"Sehr geehrte Mitmenschen"

"Ehrenreiche Damen, Herren, Diverse"

...

Oder meinst Verfremdung auf akustische oder visuelle Weise, anstatt auf schriftliche Weise?




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Jörn Budesheim
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Mo 7. Aug 2023, 15:55

Ich meinte nichts Bestimmtes, das sollte durchaus allgemein bleiben. Als ich heute Morgen um 10:00 h meine Antwort geschrieben habe, hab ich auch über Beispiele nachgedacht, mich aber dann dagegen entschlossen, welche aufzuschreiben. Zwei von den Sachen, die du vorgeschlagen hast, gingen mir dabei auch durch den Kopf:

"Sehr geehrte Herren und Damen"
"Ehrenreiche ..." (Ich hatte kurz nach der Etymologie von "geehrte" recherchiert, das geht so ein wenig in die Richtung Pausieren/Wiederaufnehmen.)

:-)




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Stefanie
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Mo 7. Aug 2023, 23:06

Vor kurzem hatte ich den Fall, dass ich einen Standardtext umschreiben musste, weil die betreffenden Person eine diverse Person war. Kein Verwendung von Frau oder Herr nur Vorname und Nachname. Das Ergebnis war ungewöhnlich und las sich erstmal fremd. Das Fehlen von Herr und Frau hat aber was. Es ist hier unerheblich, ob die Person Frau, Mann oder divers ist. Ich überlege, es jetzt immer bei diesem Standardtext so zu schreiben. So als Anfang.

Im selben Fall stellt sich bei einem weiteren Schreiben auch die Frage der Anrede. Entweder Hallo mit Vorname und Nachname oder Sehr geehrte* Vorname Nachname. Letzteres habe ich genommen, weil es ein ernstes Thema ist.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

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Quk
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Mo 7. Aug 2023, 23:40

Also wenns um juristische Sachen geht, dann würde ich auch maximale Distanz bevorzugen, das muss ich schon sagen. Größtmögliche Neutralität. Keine Annäherung zu bestimmten Personen.




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