AufDerSonne hat geschrieben : ↑ Do 5. Okt 2023, 19:51
Nick Nickless hat geschrieben : ↑ Do 5. Okt 2023, 12:09
Wenn alle Dinge fallen, gemäß dem Gesetz, dann fällt auch dieser Apfel hier; oder wenn er gefallen ist, dann deshalb, weil alle Dinge nach der Hypothese gesetzmäßig fallen.
Es gibt eben Beobachtung und Erklärung.
Dass alle Dinge nach unten fallen, ist eine Beobachtung.
Das Gravitationsgesetz ist dann die mathematische Erklärung, warum das so ist.
1. Nein. Das einzelne Fallen ist Beobachtung, die Gesetz des Falls ist dann die hypothetische Verallgemeinerung oder Formulierung davon, aber keine Erklärung oder Begründung. Zu sagen, dass das einzelne Fallen erklärt wird durch das allgemeine Fallen, heißt nichts als im Kreis zu gehen. Sie fallen nach dem allgemeinen Gesetz, weil sie es halb eben so tun. Fertig.
Oder alle bisherigen Raben sind schwarz, das kann ich induktiv verallgemeinern zu »Alle Raben sind schwarz«, jetzt wieder zu sagen, die bisherigen Raben sind schwarz,
weil alle Raben schwarz sind, das ist nur noch mit Worten gespielt.
2. Aus dem Gravitationsgesetz, dem Trägheitsgesetz und bestimmten einzelnen Umständen kann ich herleiten, warum ein bestimmter Körper in einer bestimmten Situation sich so und so verhält. Das habe ich eine sekundäre, anwendungsbezogene Erklärung genannt, die aber nicht zu verwechseln ist mit einer Erklärung der Voraussetzungen, eben des allgemeinen Verhaltens. Das ist ein Erklären AUS dem Gesetz, aber nicht DES Gesetzes selbst.
3. Dann gibt es allerdings noch einen weiteren Aspekt, auf den Jörn mit seinen Beispielen immer hinauswill. Ich kann nämlich versuchen, verschiedene, bislang getrennt betrachtete Phänomenbereiche, Messreihen, ganze Theorien und Gesetze, auf ein einziges allgemeines Gesetz zurückzuführen. Also z. B. Gravitation und Trägheit in einer Allg. Relativitätstheorie zusammenführen, oder Licht und Elektrizität - die ja zunächst einmal etwas ganz Verschiedenes sind - in der Quantentheorie zu vereinigen. Dann habe ich eine umfassende Theorie, aus der sich die Tatsachen und Theorien der vorher getrennten Bereiche herleiten lassen. Solches Herleiten kann man dann wieder eine »Erklärung« der besonderen Theorien nennen. Nur ist das dann halt wieder nur ein sekundäres Erklären, die jetzige primäre Theorie ist wieder nicht erklärt. Es ist, wie es, Gott hat es so gewollt, und wem es nicht gefällt, der muss auswandern. Und dann muss man außerdem noch zusehen, ob das »Erklären« hier nicht viel eher ein »Wegerklären« ist.
Man hat also zwei Theorien; diese widersprechen sich, nämlich nur unter der Maßgabe, dass beide über »dasselbe« reden, über dieselben Elektronen oder was auch immer, die sich in bestimmter Weise verhalten. Die Aufgabe ist jetzt, die beiden Befunde, Theorien, »Tatsachen«, Anfänge, zu vereinigen, und zwar so, dass beide Befunde im Resultat als Aspekte oder Erscheinungsformen ein und derselben Wirklichkeit, als Ausprägungen ein und derselben Gesetzmäßigkeit, verstanden werden können. Dazu gibt es dann verschiedene Möglichkeiten, man kann an der einen oder anderen Schraube drehen, die eine oder andere Theoretisierung modifizieren. Man die Aufgabe auch (einstweilen) für unlösbar erklären, also die Identitätsannahme aufgeben. Außerdem sind bestimmte Randbedingungen zu beachten, z. B. dass das Licht nicht Licht sein darf, sondern als eine farblos-quantitative Bewegung (von reinen Quanten wohl letztlich, der Materie ergeht es nicht besser) reformuliert werden muss, dass es eine möglichst allgemeine Regel ist, keine mit tausend Erkern und Ausnahmen, dass (wenigstens stochastisch) eindeutige Kausalität herrscht. Außerdem dass bestimmte triviale Dinge, Ablesen und Funktionieren von Messgeräten, usw. gegeben sind.
Dazu bedarf es einer großen abstraktiven Kraft, die sehr weite Bereiche zusammensehen kann, ohne sich im Detail zu verlieren, sich an einzelnen »Tatsachen« oder Phänomenbereichen festzubeißen; das ist dann die hohe Kunst der Newtons und Einsteins. Und dieses abstraktive Zusammensehen kann man auch als Gedankenexperiment bezeichnen, das eben checkt, ob die verschiedenen, weit auseinanderliegenden Aspekte so zusammengehen.
4. Das Telos der ganzen Übung, worauf diese hinarbeitet, ist dann offenbar ungefähr dies, dass Quanten sich quantitativ-regelmäßig (gemäß einer bestimmten zufälligen Formel) verändern; dass also jede Realität (Substanz, Materie, Körper, Elektron, Licht usw.), die eine Quantität
hätte (attributiv), eliminiert und in reine Quantität oder in quantitative Raumstrukturen überführt ist. Und das soll dann die Antwort darauf sein, warum die Sonne scheint? Tut sie ja gar nicht, das gewöhnliche Phänomens des Sonnenscheins ist ja nur Schein, es bewegen sich nur farblose Quanten, Raumkrümmungen, die sich vielleicht noch nicht einmal bewegen etc. Oder ist dies nicht eher die Verweigerung jeder Antwort nach der Devise: Die Quanten bewegen sich halt, wie sie sich eben bewegen? Basta. Der Raum ist halt so und so gekrümmt. Aus die Maus. Wobei dieses dann ja auch genau das ist, was man von vorne reingesteckt hat und allein als Realität anzuerkennen gesonnen war, eben nur die Natur als reines, allgemeines quantitatives Gesetz! Von daher nichts als eine große petitio principii. Niemand bestreitet, dass diese Betrachtungsweise oder diese Umwandlung der Natur möglich und von Nutzen ist, wie weit auch immer man damit kommen mag, keine »Tatsache« (im Rahmen der Nat. wiss.) spricht dagegen. Aber ist dies auch die Wahrheit der Natur? Oder hat man hier vielleicht nur eine Abstraktion hypostasiert, die ohne das, was sie ausgeschlossen hat (was aber im realen Gebrauch dieser Wiss. sehr wohl noch vorhanden ist), gar keinen oder einen nur stummelartigen Sinn mehr hat? Das ist dann die philosophische Frage, eben die Frage nach dem Unbedingten, nach dem, was zu seiner Existenz keines anderen bedarf. Also: Bedarf die Raumkrümmung noch eines anderen oder nicht? Ist sie die absolute Wirklichkeit?