Einbildungskraft
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Jörn Budesheim
Die Einbildungskraft ist meines Erachtens eines unserer wichtigsten Vermögen. Sinngemäß findet man dazu im Internet: „Einbildungskraft bezeichnet die Fähigkeit, sich Dinge vorzustellen, die nicht gegenwärtig sind. Sie kann in zwei Hauptformen unterschieden werden: die reproduktive Einbildungskraft, die vergangene Sinneseindrücke reproduziert, und die produktive Einbildungskraft, die neue, kreative Vorstellungen schafft.“
Ich bin überzeugt, dass sie nahezu in jedem Moment, bewusst oder unbewusst, von größter Bedeutung ist. Der sensorische Input des Augenblicks reicht nie aus, um die Szenen, in denen wir uns bewegen, wirklich zu verstehen.
Wenn ich jetzt zum Beispiel aus dem Fenster schaue, sehe ich nicht nur Bäume und eine Häuserfront mit Balkons unter einem schwarzen Himmel. Ich sehe eine mir vertraute Szenerie, die sich mir seit Jahrzehnten in ähnlicher Weise darbietet. Ich erkenne, dass der Herbst naht, dass ein Gewitter aufziehen könnte, und vieles mehr. All das kann ich nur wahrnehmen, weil ich automatisch frühere Erfahrungen mit dem aktuellen Eindruck abgleiche.
Würde das Sehen allein auf den sensorischen Input des Moments beschränkt bleiben, wüsste ich nichts davon.
Doch es geht noch weiter: Ich weiß auch, wo ich mich befinde – und habe eine ungefähre Vorstellung davon, wo in der Stadt das Haus liegt, in dem ich wohne. Das ist vielleicht kein bewusstes, direktes Element der Wahrnehmung, aber es wirkt im Hintergrund mit und bleibt jederzeit abrufbar. Unser Weltbild spielt in jedem Moment mit hinein. Wenn ich mich in Gedanken aus dieser Szene herauszoome, befinde ich mich in Kassel, Nordhessen, Deutschland, Europa, auf der Erde, im Sonnensystem – und so weiter. Würde ich dieselbe Wahrnehmung vor 2000 Jahren machen, sähe dieser gedankliche Zoom völlig anders aus.
Ohne Einbildungskraft wüssten wir über unsere Umwelt kaum mehr als Überwachungskameras – praktisch nichts. Erst durch unsere Erfahrungen, unser Hintergrundwissen und die schöpferische Kraft der Vorstellung sind wir in der Lage, über den Moment hinauszusehen und gewissermaßen über den Dingen zu schweben.
Da es keine Erkenntnis ohne Fantasie (ich verwende die Begriffe Fantasie und Einbildungskraft synonym) gibt, habe ich diesen Faden im Bereich Erkenntnistheorie angesiedelt. Doch das muss für die Diskussion nicht leitend sein. Mir würde es schon genügen, wenn wir dem Begriff und dem Phänomen einfach gemeinsam etwas nachspüren.
Ich bin überzeugt, dass sie nahezu in jedem Moment, bewusst oder unbewusst, von größter Bedeutung ist. Der sensorische Input des Augenblicks reicht nie aus, um die Szenen, in denen wir uns bewegen, wirklich zu verstehen.
Wenn ich jetzt zum Beispiel aus dem Fenster schaue, sehe ich nicht nur Bäume und eine Häuserfront mit Balkons unter einem schwarzen Himmel. Ich sehe eine mir vertraute Szenerie, die sich mir seit Jahrzehnten in ähnlicher Weise darbietet. Ich erkenne, dass der Herbst naht, dass ein Gewitter aufziehen könnte, und vieles mehr. All das kann ich nur wahrnehmen, weil ich automatisch frühere Erfahrungen mit dem aktuellen Eindruck abgleiche.
Würde das Sehen allein auf den sensorischen Input des Moments beschränkt bleiben, wüsste ich nichts davon.
Doch es geht noch weiter: Ich weiß auch, wo ich mich befinde – und habe eine ungefähre Vorstellung davon, wo in der Stadt das Haus liegt, in dem ich wohne. Das ist vielleicht kein bewusstes, direktes Element der Wahrnehmung, aber es wirkt im Hintergrund mit und bleibt jederzeit abrufbar. Unser Weltbild spielt in jedem Moment mit hinein. Wenn ich mich in Gedanken aus dieser Szene herauszoome, befinde ich mich in Kassel, Nordhessen, Deutschland, Europa, auf der Erde, im Sonnensystem – und so weiter. Würde ich dieselbe Wahrnehmung vor 2000 Jahren machen, sähe dieser gedankliche Zoom völlig anders aus.
Ohne Einbildungskraft wüssten wir über unsere Umwelt kaum mehr als Überwachungskameras – praktisch nichts. Erst durch unsere Erfahrungen, unser Hintergrundwissen und die schöpferische Kraft der Vorstellung sind wir in der Lage, über den Moment hinauszusehen und gewissermaßen über den Dingen zu schweben.
Da es keine Erkenntnis ohne Fantasie (ich verwende die Begriffe Fantasie und Einbildungskraft synonym) gibt, habe ich diesen Faden im Bereich Erkenntnistheorie angesiedelt. Doch das muss für die Diskussion nicht leitend sein. Mir würde es schon genügen, wenn wir dem Begriff und dem Phänomen einfach gemeinsam etwas nachspüren.
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Jörn Budesheim
Einbildungskraft ermöglicht es uns, uns in andere hineinzuversetzen und mit ihnen mitzufühlen. Die Einbildungskraft ist eine Voraussetzung für ethische Handlungsfähigkeit und sozialen Zusammenhalt.
Sie erlaubt es uns auch, Geschichten zu erfinden und uns erfundene Geschichten auszumalen. Wir können uns sogar in die "innenwelt" fiktionaler Figuren hineinversetzen. Wir können solche Geschichten (weiter-)erzählen – und auch das kann ein sehr starker sozialer Klebstoff sein.
Wenn ich mich frage, „Wie hätte ich in dieser Situation handeln sollen?“ oder „Was wird wohl aus mir, wenn ich so weitermache?“, dann bewege ich mich ebenfalls in einem imaginativen Raum, den die Einbildungskraft (miter)erschafft. Ohne Einbildungskraft also auch keine Freiheit.
Auch das "Ich" hängt zu guten Teilen von der Einbildungskraft ab. Denn auch unsere Erinnerungen und Lebensgeschichten sind davon abhängig. Ohne diese imaginative Leistung gäbe es keine Biografie, keine Identität, keinen "roten Faden" ...
Philosophische Gedankenexperimente – ohne Einbildungskraft wohl kaum möglich.
Ist Zeitempfinden ohne Einbildungskraft denkbar? Dementsprechend wären wir nicht in der Lage, uns Musik anzuhören ohne Einbildungskraft!
Sie erlaubt es uns auch, Geschichten zu erfinden und uns erfundene Geschichten auszumalen. Wir können uns sogar in die "innenwelt" fiktionaler Figuren hineinversetzen. Wir können solche Geschichten (weiter-)erzählen – und auch das kann ein sehr starker sozialer Klebstoff sein.
Wenn ich mich frage, „Wie hätte ich in dieser Situation handeln sollen?“ oder „Was wird wohl aus mir, wenn ich so weitermache?“, dann bewege ich mich ebenfalls in einem imaginativen Raum, den die Einbildungskraft (miter)erschafft. Ohne Einbildungskraft also auch keine Freiheit.
Auch das "Ich" hängt zu guten Teilen von der Einbildungskraft ab. Denn auch unsere Erinnerungen und Lebensgeschichten sind davon abhängig. Ohne diese imaginative Leistung gäbe es keine Biografie, keine Identität, keinen "roten Faden" ...
Philosophische Gedankenexperimente – ohne Einbildungskraft wohl kaum möglich.
Ist Zeitempfinden ohne Einbildungskraft denkbar? Dementsprechend wären wir nicht in der Lage, uns Musik anzuhören ohne Einbildungskraft!
- Jörn P Budesheim
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Mir fehlt etwas die Fantasie, mir auszumalen, warum niemanden das Thema Fantasie (=Einbildungskraft) interessiert. Wie kommt das? Es ist in unserem Leben zentral und natürlich auch für die Philosophie ein bedeutsames Thema.
Ich wüsste nicht, worüber man da groß diskutieren könnte.
Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.
Einbildung/Vorstellung (Imagination/Phantasie) ist ein wichtiges philosophisches und psychologisches Thema, worüber man lang und breit diskutieren kann.
SEP: Imagination [Google Translate]
SEP: Mentale Bilder [Google Translate]
Es gibt beispielsweise ein 500-seitiges Routledge Handbook of Philosophy of Imagination:
"Die Vorstellungskraft nimmt seit Aristoteles einen zentralen Platz in der Philosophie ein. Nach einer Phase relativer Vernachlässigung hat das Interesse an der Vorstellungskraft in den letzten zwei Jahrzehnten jedoch explosionsartig zugenommen. Philosophen untersuchen ihre Rolle in Debatten über Geist und Kognition, Ästhetik und Ethik sowie Erkenntnistheorie, Naturwissenschaften und Mathematik.
Dieses herausragende Handbuch enthält über dreißig eigens von führenden Philosophen verfasste Kapitel, die in sechs übersichtliche Abschnitte gegliedert sind und die wichtigsten Aspekte der Philosophie der Vorstellungskraft untersuchen, darunter:
* Vorstellungskraft im historischen Kontext: Aristoteles, Descartes, Hume, Kant, Husserl und Sartre
* Was ist Vorstellungskraft? Die Beziehung zwischen Vorstellungskraft und mentaler Bildsprache; Vorstellungskraft im Gegensatz zu Wahrnehmung, Erinnerung und Traum
* Vorstellungskraft in der Ästhetik: Vorstellungskraft und unsere Auseinandersetzung mit Musik, Kunst und Fiktion; Die Probleme fiktiver Emotionen und des „imaginativen Widerstands“
* Imagination in der Philosophie des Geistes und der Kognitionswissenschaft: Vorstellungskraft und Kreativität, das Selbst, Handeln, kindliche Entwicklung und Tierkognition
* Imagination in Ethik und politischer Philosophie, einschließlich des Konzepts der „moralischen Vorstellungskraft“ und Empathie
* Imagination in der Erkenntnistheorie und Wissenschaftsphilosophie, einschließlich Lernen, Gedankenexperimenten, wissenschaftlicher Modellierung und Mathematik.
Das Routledge Handbook of Philosophy of Imagination ist eine unverzichtbare Lektüre für Studierende und Forschende der Philosophie des Geistes und der Psychologie, Ästhetik und Ethik. Es ist auch eine wertvolle Ressource für Angehörige verwandter Disziplinen wie Psychologie und Kunst." [Google Translate]
Quelle: https://www.routledge.com/The-Routledge ... uRoJRSx4Q7
"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding
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Es gibt dazu auch ein ganz aktuelles Buch von Suhrkamp:
- "Geist und Imagination: Zur Bedeutung der Vorstellungskraft für Denken und Handeln" (2024)
Ich persönlich würde sogar so weit gehen, dass unser gesamtes Empfinden von Realität, Umwelt und Innenschau eine beinah reine Konstruktion des Geistes ist, die wir als echten Einblick in die Wirklichkeit missverstehen. (gleichzeitig: Wirklichkeit - bereits eine Vorstellung)
Selbst das Gefühl, wer ich bin, ist erst einmal nichts weiter als das Modell meines Gehirns, mit dem es seinen Input mit dem aus vergangenen Konditionierungen der Kindheit zu interpretieren und daraus ein lückenloses Erleben zu erschaffen versucht.
Alles, was ich wahrnehme, und dazu zähle also auch ich selbst, inklusive das individuelle Gefühl im Körper, das sich wie “ich” anfühlt, sind in Wahrheit zu großen Teilen gedankliche Rechenleistung meiner spezifischen neuronalen Verbindungen und Wirkmechanismen.
Und all das meine ich nicht theoretisch, sondern ganz konkret. Unter dem Einfluss entsprechender Substanzen oder in tiefer Meditation, kann der Teil des Gehirns, der für dieses spezifische Modell von Selbst und Umwelt zuständig bzw. für das Empfinden davon verantwortlich ist, ausgeschaltet werden und “man ist einfach nicht mehr da”.
Welche Erfahrung ist also kein Konstrukt? Es sind ein paar sehr limitierte Sinneseindrücke, die zu einer scheinbar wirklichen Geschichte und einem Modell der Realität zusammengeführt werden, während wir nicht bemerken, dass dies der Fall ist. - Wie ein Traum, in dem man sich in einer scheinbar authentischen Welt bewegt, die in Wahrheit jedoch nichts anderes ist, als die schizophrene Leistung meines Gehirns, ein Modell zu erschaffen, das ich selbst betrachten kann, als wäre es etwas von meiner Wahrnehmung getrenntes Echtes. - eine Entität, die objektiv betrachtbar ist und über die im Diskurs mit anderen auf „realer“ Ebene bestimmt werden kann.
Nein, erst erschafft unser Geist die Vorstellung von einer soliden Realität und dann stellen wir uns vor in diesem Modell zu wirken.
Selbst wenn ich scheinbar andere Menschen vermisse und dann treffe, fühle ich mich nicht deshalb weniger allein und verstanden, weil dann da jemand ist, sondern weil mir mein Gehirn sagt, dass ich nun nicht mehr alleine bin. Es werden immens viele Botenstoffe im Gehirn verarbeitet, die überhaupt erst jenes Empfinden von Einsamkeit ausgelöst haben und mir dann als nächstes „Gesellschaft“ vorspielen.
Ich weiß nicht, ob ich mich klar genug ausdrücken konnte - ich will nicht sagen alles, aber bestimmt annähernd, so ziemlich dein gesamter Eindruck von Wirklichkeit, ist ein Konstrukt.
Gleichzeitig ist ein Universum ohne bewusste Organismen auch nicht wahrnehmbar - weshalb die Frage nach echter authentischer Wahrnehmung ohnehin hinfällig ist.
Tatsächlich macht der Umstand, dass das „Ich“ ein Modell ist, seine Erfahrung nicht weniger real. Wie bei einem Computer könnte man nun anführen, es sind in Wahrheit nur Binärcodes (Ich weiß, das ich das Gleiche quasi weiter oben mit dem Gehirn getan habe, aber das Verständnis meiner individuellen Erfahrung ist nunmal eine schizophrene oder zumindest fragmentarische Angelegenheit), die ihn ausmachen, jedoch ist die „reale“ Erfahrung das, was wir auf seinem Bildschirm sehen. Die reine Rechenleistung hat keine Bedeutung und keinen Ausdruck, was bedeutet, dass Realität schon immer eine Idee war, die durch diesen Umstand jedoch nicht weniger real ist - es ist eine Ansichtssache.
Worauf wollte ich nun hinaus..? Das alles hier ist noch viel absurder, je länger man darüber nachdenkt…
Was meinst du, wie viel Prozent unserer Realität sind konstruiert?
Selbst das Gefühl, wer ich bin, ist erst einmal nichts weiter als das Modell meines Gehirns, mit dem es seinen Input mit dem aus vergangenen Konditionierungen der Kindheit zu interpretieren und daraus ein lückenloses Erleben zu erschaffen versucht.
Alles, was ich wahrnehme, und dazu zähle also auch ich selbst, inklusive das individuelle Gefühl im Körper, das sich wie “ich” anfühlt, sind in Wahrheit zu großen Teilen gedankliche Rechenleistung meiner spezifischen neuronalen Verbindungen und Wirkmechanismen.
Und all das meine ich nicht theoretisch, sondern ganz konkret. Unter dem Einfluss entsprechender Substanzen oder in tiefer Meditation, kann der Teil des Gehirns, der für dieses spezifische Modell von Selbst und Umwelt zuständig bzw. für das Empfinden davon verantwortlich ist, ausgeschaltet werden und “man ist einfach nicht mehr da”.
Welche Erfahrung ist also kein Konstrukt? Es sind ein paar sehr limitierte Sinneseindrücke, die zu einer scheinbar wirklichen Geschichte und einem Modell der Realität zusammengeführt werden, während wir nicht bemerken, dass dies der Fall ist. - Wie ein Traum, in dem man sich in einer scheinbar authentischen Welt bewegt, die in Wahrheit jedoch nichts anderes ist, als die schizophrene Leistung meines Gehirns, ein Modell zu erschaffen, das ich selbst betrachten kann, als wäre es etwas von meiner Wahrnehmung getrenntes Echtes. - eine Entität, die objektiv betrachtbar ist und über die im Diskurs mit anderen auf „realer“ Ebene bestimmt werden kann.
Nein, erst erschafft unser Geist die Vorstellung von einer soliden Realität und dann stellen wir uns vor in diesem Modell zu wirken.
Selbst wenn ich scheinbar andere Menschen vermisse und dann treffe, fühle ich mich nicht deshalb weniger allein und verstanden, weil dann da jemand ist, sondern weil mir mein Gehirn sagt, dass ich nun nicht mehr alleine bin. Es werden immens viele Botenstoffe im Gehirn verarbeitet, die überhaupt erst jenes Empfinden von Einsamkeit ausgelöst haben und mir dann als nächstes „Gesellschaft“ vorspielen.
Ich weiß nicht, ob ich mich klar genug ausdrücken konnte - ich will nicht sagen alles, aber bestimmt annähernd, so ziemlich dein gesamter Eindruck von Wirklichkeit, ist ein Konstrukt.
Gleichzeitig ist ein Universum ohne bewusste Organismen auch nicht wahrnehmbar - weshalb die Frage nach echter authentischer Wahrnehmung ohnehin hinfällig ist.
Tatsächlich macht der Umstand, dass das „Ich“ ein Modell ist, seine Erfahrung nicht weniger real. Wie bei einem Computer könnte man nun anführen, es sind in Wahrheit nur Binärcodes (Ich weiß, das ich das Gleiche quasi weiter oben mit dem Gehirn getan habe, aber das Verständnis meiner individuellen Erfahrung ist nunmal eine schizophrene oder zumindest fragmentarische Angelegenheit), die ihn ausmachen, jedoch ist die „reale“ Erfahrung das, was wir auf seinem Bildschirm sehen. Die reine Rechenleistung hat keine Bedeutung und keinen Ausdruck, was bedeutet, dass Realität schon immer eine Idee war, die durch diesen Umstand jedoch nicht weniger real ist - es ist eine Ansichtssache.
Worauf wollte ich nun hinaus..? Das alles hier ist noch viel absurder, je länger man darüber nachdenkt…
Was meinst du, wie viel Prozent unserer Realität sind konstruiert?
- Jörn P Budesheim
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Ich würde halb im Spaß fürs Erste grob schätzen: 0 %
Allerdings hängt das natürlich davon ab, was du unter „Konstruktionen“ verstehst. Wenn wir etwas wahrnehmen, spielen natürlich immer auch körperinterne Prozesse eine Rolle, die diese Wahrnehmung – neben vielem anderen – realisieren. Wenn das für dich bereits Konstruktionen sind, dann ist das ziemlich unproblematisch, vermute ich.
Deinen Gedankengang habe ich aber eher so verstanden: dass du meinst, sehr vieles, was wir für wirklich halten, sei in Wahrheit ein inneres Modell, das unser Geist/Gehirn für uns erzeugt – und nicht die Wirklichkeit selbst. Zum Beispiel hier: „Es werden immens viele Botenstoffe im Gehirn verarbeitet, die überhaupt erst jenes Empfinden von Einsamkeit ausgelöst haben und mir dann als nächstes ‚Gesellschaft‘ vorspielen.“ Das wäre dann die Idee des Konstruktivismus, dass wir nie die Wirklichkeit haben, sondern immer nur Konstruktionen. Richtig?
Aus meiner Sicht sind die Produkte der Einbildungskraft aber gerade keine Konstruktionen in diesem Sinn, die uns etwas vorspielen, sondern unser Weg, die Wirklichkeit möglichst so zu erkennen, wie sie an sich selbst ist. So wie ich mir das vorstelle, verstellt uns die Einbildungskraft die Wirklichkeit nicht, sondern sie ist eines unserer wichtigsten Erkenntnismodule. Ein Beispiel von weiter oben: Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich nicht bloß Bäume und eine Häuserfront. Ich erkenne den beginnenden Herbst, vielleicht ein aufziehendes Gewitter, und all das nur deshalb, weil ich gegenwärtigen Eindruck und frühere Erfahrungen zusammenbringe. Genau darin zeigt sich, dass die Einbildungskraft uns nicht prinzipiell täuscht, sondern die Wahrnehmung überhaupt erst weit und sinnvoll macht. Wir können damit Dinge erkennen, die wir ohne sie nicht erkennen können.
Mich würde interessieren, ob du deine Sicht eher als eine konstruktivistische verstehst – also dass wir nie die Wirklichkeit selbst "erreichen" – oder ob du eher die "modellbildenden Prozesse" des Gehirns betonen wolltest?
Ja, ich stimme dir absolut zu: Unser Reflexionsvermögen ist vielleicht sogar der beste Sinn, den wir haben, um “Wirklichkeit” überhaupt zu verstehen. Ohne die Fähigkeit, Eindrücke mit Erfahrungen und Imagination zu verweben, hätten wir nur rohe Daten – kaum mehr als Interface aus Kamera, Mikrofon und Co.
Gleichzeitig sehe ich darin eine Schizophrenie: Wir sprechen von “der Realität”, als wäre sie ein festes Gegenüber – und merken doch, dass wir sie nur in Form unserer eigenen Konstruktionen erreichen. Denken ist unser einziger Zugang zur Welt, aber es ist nie in der Welt, die wir meinen.
Das ist für mich die paradoxe Pointe: Wir erkennen die Welt nur durch ein Modell, das wir für die Welt selbst halten. Die Wirklichkeit ist also zugleich echt und ein Gedankengebilde – und wir selbst mittendrin.
Ich glaube, wir landen hier zwangsläufig im Definitionsproblem von “Wirklichkeit”. Was soll das überhaupt sein? Ohne Beobachter gibt es keine Möglichkeit, zu eruieren, “was ist Wirklichkeit”. Alles, was wir je meinen, ist Realität – und Realität ist immer schon Beobachter-gebunden, modellhaft. “Wirklichkeit an sich” bleibt ein leerer Begriff. Für mich liegt darin das Paradoxon: Sie muss sein, sonst gäbe es nichts – und doch haben wir keinen anderen Zugriff als über unsere Konstruktion.
Gleichzeitig sehe ich darin eine Schizophrenie: Wir sprechen von “der Realität”, als wäre sie ein festes Gegenüber – und merken doch, dass wir sie nur in Form unserer eigenen Konstruktionen erreichen. Denken ist unser einziger Zugang zur Welt, aber es ist nie in der Welt, die wir meinen.
Das ist für mich die paradoxe Pointe: Wir erkennen die Welt nur durch ein Modell, das wir für die Welt selbst halten. Die Wirklichkeit ist also zugleich echt und ein Gedankengebilde – und wir selbst mittendrin.
Ich glaube, wir landen hier zwangsläufig im Definitionsproblem von “Wirklichkeit”. Was soll das überhaupt sein? Ohne Beobachter gibt es keine Möglichkeit, zu eruieren, “was ist Wirklichkeit”. Alles, was wir je meinen, ist Realität – und Realität ist immer schon Beobachter-gebunden, modellhaft. “Wirklichkeit an sich” bleibt ein leerer Begriff. Für mich liegt darin das Paradoxon: Sie muss sein, sonst gäbe es nichts – und doch haben wir keinen anderen Zugriff als über unsere Konstruktion.
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Wenn ich von der Realität spreche, dann glaube ich nicht, dass sie ein festes Gegenüber ist. Und ich sehe auch keinen Grund, sie in Anführungszeichen zu setzen. Anführungszeichen sind Distanzzeichen, aber wir sind nicht in Distanz zur Realität. Metaphern wie „Zugang zur Realität“, „die Wirklichkeit da draußen“ oder eben Realität als Gegenüber finde ich suspekt. Die Wirklichkeit ist nicht da draußen, wir sind mitten in ihr. Wir betrachten sie nicht von außen, sondern von innen als Teil davon. Die Realität ist auch nicht „fest“ nach meiner Auffassung. Sie ist vollkommen vielfältig. Ich weiß nicht, wie viele Prädikate es gibt, die auf alles zutreffen – aber „fest“ gehört wohl eher nicht dazu. Es hängt natürlich davon ab, was du mit „fest“ meinst. Manches mag vergleichsweise „fest“ sein, vieles ist es nicht. Und vieles steht quer zu diesem Prädikat. „Fest“ ist vermutlich ein Prädikat, das sinnvoll nur auf materielle Körper angewendet werden kann, oder allgemeiner auf etwas mit einem Aggregatzustand. Wendet man es auf Abstrakta oder Relationen (weil wir gerade an anderer Stelle darüber diskutieren) an, dann liegt ein Kategorienfehler vor.
- Jörn P Budesheim
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Vielleicht muss ich noch besser erklären, was ich mir unter Einbildungskraft vorstelle. Ich denke dabei grob gesagt – das soll keine Definition sein – an unsere Fähigkeit uns Dinge zu vergegenwärtigen, ohne den entsprechenden sinnlichen Input. Man kann auch stattdessen (fürs Erste) von Imagination oder Fantasie sprechen. Das kann "reproduktiv" sein, wenn man sich vorstellt, wie schön es an der See war oder "produktiv", wenn man sich was Neues ausmalt, wie schön das neue Studium sein wird zum Beispiel.
Das ist etwas anderes als unser Reflexionsvermögen, denke ich. Reflexionsvermögen ist eher unsere Fähigkeit innezuhalten und über etwas nachzudenken, vielleicht uns selber.
"Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich nicht bloß Bäume und eine Häuserfront. Ich erkenne den beginnenden Herbst, vielleicht ein aufziehendes Gewitter." Dieses Beispiel von oben passt vielleicht nicht perfekt. Ich bin mir nicht ganz sicher - müsste man diskutieren. Ich sehe das Gelb der Bäume und dabei scheint der Herbst auf ... Ich sehe den schwarzen Himmel, das ist keine neutrale Wahrnehmung und im Hintergrund (metaphorisch gesprochen) donnert es schon. Ich sehe in die Szene hinein Dinge, die nicht (vielleicht noch nicht) da sind. Die Fantasie/Imagination/Einbildungskraft ist meines Erachtens nahezu immer am Werk, insbesondere in der Wahrnehmung selbst. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass der Input nie ausreichen kann, um die jeweilige Situation zu erfassen, weil jede Situation ja in sich über sich hinausweist! Die Imagination ist ein Teil der Wahrnehmung selbst, denke ich. Aber im Wahrnehmen werden wir ihrer nicht immer gewahr – anders als wenn wir uns an die Tage am Meer vorstellen.
Die Produkte der Einbildungskraft sind für mich keine Konstruktionen, sie bringen uns (im Erfolgsfall) in Kontakt mit der Wirklichkeit. Und, ja: sie können uns auch täuschen. Mit der Möglichkeit der Täuschung müssen wir immer rechnen. Das heißt aber nicht, dass wir generell in einer Art allgemeiner Täuschung leben.
Die Anführungszeichen nutze ich nicht, um Distanz zu schaffen, sondern um zu markieren, dass wir hier über einen Begriff sprechen, der alles andere als selbstverständlich ist. Genau darin liegt doch die Schwierigkeit: Wir reden über „Realität“, als wüssten wir, was das bedeutet – aber schon im Wort steckt eine halbe Philosophie.
Wenn ich „fest“ sage, meine ich nicht die Materialität eines Steins, sondern die Tendenz, Realität wie ein fixiertes Gegenüber zu behandeln. Genau das wollte ich in Frage stellen – ob wir sie jemals so greifen können. Vielleicht war mein Wort hier zu steif, aber die Pointe bleibt: Realität ist uns nie einfach gegeben.
Deine Beschreibung von Imagination gefällt mir – nur bleibt die Frage: Wenn sie in jeder Wahrnehmung mitwirkt, warum dann überhaupt eine harte Grenze ziehen? Wäre es nicht konsequenter, Realität und Vorstellungskraft als zwei Seiten desselben Konstrukts zu sehen – Beobachter-gebunden und nie rein „an sich“?
Ein „Kategorienfehler“ wäre es, wenn ich wirklich behauptet hätte, Realität habe denselben Aggregatzustand wie ein Stein oder Zahlen lägen irgendwo herum. Mein Punkt ist ein anderer: dass wir im Denken so tun, als wäre es so – und darin liegt für mich der eigentliche Witz.
Abgesehen davon: Wenn für dich alles „Wirklichkeit“ bedeutet – wie unterscheidest du dann zwischen Wahrnehmung und Halluzination? Genau da frage ich mich, ob die Grenze zwischen Realität und Imagination nicht poröser ist, als wir es gern hätten.
Wenn ich „fest“ sage, meine ich nicht die Materialität eines Steins, sondern die Tendenz, Realität wie ein fixiertes Gegenüber zu behandeln. Genau das wollte ich in Frage stellen – ob wir sie jemals so greifen können. Vielleicht war mein Wort hier zu steif, aber die Pointe bleibt: Realität ist uns nie einfach gegeben.
Deine Beschreibung von Imagination gefällt mir – nur bleibt die Frage: Wenn sie in jeder Wahrnehmung mitwirkt, warum dann überhaupt eine harte Grenze ziehen? Wäre es nicht konsequenter, Realität und Vorstellungskraft als zwei Seiten desselben Konstrukts zu sehen – Beobachter-gebunden und nie rein „an sich“?
Ein „Kategorienfehler“ wäre es, wenn ich wirklich behauptet hätte, Realität habe denselben Aggregatzustand wie ein Stein oder Zahlen lägen irgendwo herum. Mein Punkt ist ein anderer: dass wir im Denken so tun, als wäre es so – und darin liegt für mich der eigentliche Witz.
Abgesehen davon: Wenn für dich alles „Wirklichkeit“ bedeutet – wie unterscheidest du dann zwischen Wahrnehmung und Halluzination? Genau da frage ich mich, ob die Grenze zwischen Realität und Imagination nicht poröser ist, als wir es gern hätten.
- Jörn P Budesheim
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Da wir selbst Teil der Realität sind, wissen wir - einfach in dem wir leben - was es heißt real zu sein.
Btw.: Soll ich mal einen Faden zum Thema "Konstruktivismus" aufmachen? Ich hab übrigens früher selbst diese Sicht vertreten, sogar "radikal"?
- Jörn P Budesheim
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Erläuterung für Uneingeweihte wie mich von Copit:Jörn P Budesheim hat geschrieben : ↑Fr 19. Sep 2025, 12:34Fundstück:
"WHAT WE CANNOT IMAGINE CANNOT COME INTO BEING"(bell hooks)
"Das Zitat „What we cannot imagine cannot come into being“ lässt sich als ein kraftvoller Aufruf zur Vorstellungskraft verstehen – eine Art poetische Manifestation von Futures Literacy, also der Fähigkeit, sich mögliche Zukünfte vorzustellen, um sie aktiv gestalten zu können.
• Imagination als Ursprung von Realität: Was wir uns nicht vorstellen können, können wir auch nicht erschaffen. Ideen, Innovationen, gesellschaftliche Veränderungen – sie beginnen alle mit einem Gedanken, einem Bild im Kopf.
• Grenzen des Denkens = Grenzen des Möglichen: Wenn unsere Vorstellungskraft eingeschränkt ist (z. B. durch Angst, Dogmen oder fehlende Diversität), bleiben auch unsere Handlungen und Lösungen begrenzt.
• Politische Praxis: In der Debatte um Futures Literacy wird betont, dass unsere gesellschaftlichen Narrative bestimmen, was wir für möglich halten – und damit auch, was wir tatsächlich umsetzen.
🧠 Ein philosophischer Impuls
Das Zitat erinnert an Gedanken von bell hooks oder Hannah Arendt: dass Veränderung nicht nur durch Aktion, sondern durch Denken und Vorstellen beginnt. Es ist ein Plädoyer für Mut zur Vision – und gegen die Tyrannei des Status quo.
Wenn du magst, können wir gemeinsam eine Vision entwerfen, die du bisher vielleicht nicht für möglich gehalten hast. Denn: Vorstellungskraft ist der erste Schritt zur Wirklichkeit."
Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.
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Wieso "uneingeweiht"? Weil der Text auf Englisch war??
Na ja, mir war nicht recht klar, was der Satz uns sagen soll, also von mir auf ein wenig auf das Englische zurückzuführen - nicht so wichtigJörn P Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 20. Sep 2025, 06:45Wieso "uneingeweiht"? Weil der Text auf Englisch war??
Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
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In der Einleitung („Zum Buch“) von Christoph Türckes Philosophie des Traums heißt es, dass Einbildungskraft und Sprache die beiden menschlichen Grundkräfte seien:
Ich schreibe nun seit 20 oder 30 Jahren in philosophischen Foren und kann mich nicht erinnern, dass sie je ernsthaft ein Thema war – vielleicht abgesehen von Kant-Fäden, wo sie natürlich dazugehört. Aber auch dort, so meine ich, wurde sie nie besonders hervorgehoben. Wie kommt das? Wie kann etwas, das so bestimmend für unser Leben ist, für Philosophinnen und Philosophen in Foren so wenig interessant sein?
- „Türckes Traumanalyse führt hinab bis ins Triebleben und leitet daraus die beiden menschlichen Grundkräfte, Einbildungskraft und Sprache, so her, daß sich an der Grenze von Philosophie und Psychoanalyse ganz neue Perspektiven eröffnen.“
Ich schreibe nun seit 20 oder 30 Jahren in philosophischen Foren und kann mich nicht erinnern, dass sie je ernsthaft ein Thema war – vielleicht abgesehen von Kant-Fäden, wo sie natürlich dazugehört. Aber auch dort, so meine ich, wurde sie nie besonders hervorgehoben. Wie kommt das? Wie kann etwas, das so bestimmend für unser Leben ist, für Philosophinnen und Philosophen in Foren so wenig interessant sein?
- Jörn P Budesheim
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Träumen wir immer? Vielleicht ja. Tagsüber sind unsere Träume jedoch durch dauernde sensorische Kontrollschleifen an die Wirklichkeit gekoppelt und machen sie überhaupt erst zugänglich. Denn es ist die Einbildungskraft, die uns weit über den sensorischen Input hinaus das erfassen lässt, was wirklich ist. Man könnte vielleicht sagen: tagsüber träumen wir uns in die Wirklichkeit. Nachts schließen wir die Augen, der Input entfällt und die Einbildungskraft regiert frei.
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Das mag zunächst gaga klingen. Ich habe diesen kurzen Text, den ich mir bei meinem Morgenspaziergang zurechtgelegt habe, mal der KI-Suchmaschine perplexity gegeben, hier die Antwort:
Die Grundannahme, dass Menschen ständig träumen, ist in Philosophie und Neurowissenschaften tatsächlich intensiv diskutiert, und viele Ergebnisse unterstützen eine differenzierte Form dieser Sichtweise.
Kontinuität des Träumens
Neurowissenschaftlich und philosophisch wird oft argumentiert, dass mentale Aktivität ähnlich wie im Traum auch tagsüber fortlaufend abläuft – selbst während bewusster Wahrnehmung. Psychologen sprechen von Tagträumen, inneren Bildern, Fantasien und Szenarien, die sich meist im Hintergrund bewegen und mit Wahrnehmung und Aufmerksamkeit verschmelzen. Das Konzept der "kontinuierlichen Traumproduktion" ist vor allem durch Philosophen wie Thomas Metzinger und Owen Flanagan bekannt geworden. Sie vergleichen Wachen und Träumen als Varianten eines grundlegend imaginativen Zustands, wobei Wachen durch sensorische Kontrolle beschränkt und gesteuert wird.
Kopplung an die Wirklichkeit
Die Vorstellung, dass unsere Tagträume durch „sensorische Kontrollschleifen“ an die Wirklichkeit gekoppelt sind, findet sich in Theorien über predictive processing und Imagination: Die Wahrnehmung ist dabei ein ständiger Abgleich zwischen Erwartungen, Einbildungskraft und aktuellem sensorischem Input. Die Einbildungskraft („Imagination“) erweitert die Wirklichkeit über den momentanen Input hinaus, indem sie mögliche Handlungsoptionen, alternative Szenarien oder vergangene Erfahrungen integriert. Philosophisch wird der Zugang zur Welt als „vermittelte Realität“ verstanden, in der Einbildungskraft und Wahrnehmung ineinandergreifen.
Nachts: Entfesseltes Träumen
Im Schlaf, besonders im REM-Schlaf, fällt der sensorische Input weitgehend weg, und das Gehirn generiert freie, ungehinderte Trauminhalte. Die Imagination wirkt dabei tatsächlich nahezu „entfesselt“, erlaubt irrationale, unlogische oder paradoxe Inhalte, fungiert aber weiterhin als strukturierendes Prinzip. Neurobiologisch bleibt die Traumproduktion erhalten, lediglich die Koppelung an externe Reize ist reduziert.
Philosophische Interpretation
Die Formulierung „der Meister der Träume, die Einbildungskraft“ ist eine poetische Umschreibung für die zentrale Rolle der Imagination, wie sie in der Philosophie von Kant (“Einbildungskraft als transzendentale Vermittlerin”) oder bei Sartre und contemporary philosophy (z.B. Markus Gabriel) erscheint. Imagination ist eine Basisfunktion des Denkens und Erkennens, sie ist tagsüber stärker an den Input gebunden, nachts jedoch „selbstbestimmt“.
Fazit
Die Behauptung, dass wir immer träumen und dass unsere Wahrnehmung im Wachzustand an die Realität gekoppelte „Träume“ sind, ist wissenschaftlich und philosophisch plausibel formuliert, solange Traum im Sinne von „imaginativer, innerer Weltproduktion“ verstanden wird. Die differenzierenden Kontexte zwischen Tag und Nacht sind stimmig beschrieben, offene philosophische und empirische Detailfragen bleiben jedoch bestehen.
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Quellen:
- Kritische Neurowissenschaftliche und philosophische Literatur zur Kontinuität von Traum und Imagination
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Das mag zunächst gaga klingen. Ich habe diesen kurzen Text, den ich mir bei meinem Morgenspaziergang zurechtgelegt habe, mal der KI-Suchmaschine perplexity gegeben, hier die Antwort:
Die Grundannahme, dass Menschen ständig träumen, ist in Philosophie und Neurowissenschaften tatsächlich intensiv diskutiert, und viele Ergebnisse unterstützen eine differenzierte Form dieser Sichtweise.
Kontinuität des Träumens
Neurowissenschaftlich und philosophisch wird oft argumentiert, dass mentale Aktivität ähnlich wie im Traum auch tagsüber fortlaufend abläuft – selbst während bewusster Wahrnehmung. Psychologen sprechen von Tagträumen, inneren Bildern, Fantasien und Szenarien, die sich meist im Hintergrund bewegen und mit Wahrnehmung und Aufmerksamkeit verschmelzen. Das Konzept der "kontinuierlichen Traumproduktion" ist vor allem durch Philosophen wie Thomas Metzinger und Owen Flanagan bekannt geworden. Sie vergleichen Wachen und Träumen als Varianten eines grundlegend imaginativen Zustands, wobei Wachen durch sensorische Kontrolle beschränkt und gesteuert wird.
Kopplung an die Wirklichkeit
Die Vorstellung, dass unsere Tagträume durch „sensorische Kontrollschleifen“ an die Wirklichkeit gekoppelt sind, findet sich in Theorien über predictive processing und Imagination: Die Wahrnehmung ist dabei ein ständiger Abgleich zwischen Erwartungen, Einbildungskraft und aktuellem sensorischem Input. Die Einbildungskraft („Imagination“) erweitert die Wirklichkeit über den momentanen Input hinaus, indem sie mögliche Handlungsoptionen, alternative Szenarien oder vergangene Erfahrungen integriert. Philosophisch wird der Zugang zur Welt als „vermittelte Realität“ verstanden, in der Einbildungskraft und Wahrnehmung ineinandergreifen.
Nachts: Entfesseltes Träumen
Im Schlaf, besonders im REM-Schlaf, fällt der sensorische Input weitgehend weg, und das Gehirn generiert freie, ungehinderte Trauminhalte. Die Imagination wirkt dabei tatsächlich nahezu „entfesselt“, erlaubt irrationale, unlogische oder paradoxe Inhalte, fungiert aber weiterhin als strukturierendes Prinzip. Neurobiologisch bleibt die Traumproduktion erhalten, lediglich die Koppelung an externe Reize ist reduziert.
Philosophische Interpretation
Die Formulierung „der Meister der Träume, die Einbildungskraft“ ist eine poetische Umschreibung für die zentrale Rolle der Imagination, wie sie in der Philosophie von Kant (“Einbildungskraft als transzendentale Vermittlerin”) oder bei Sartre und contemporary philosophy (z.B. Markus Gabriel) erscheint. Imagination ist eine Basisfunktion des Denkens und Erkennens, sie ist tagsüber stärker an den Input gebunden, nachts jedoch „selbstbestimmt“.
Fazit
Die Behauptung, dass wir immer träumen und dass unsere Wahrnehmung im Wachzustand an die Realität gekoppelte „Träume“ sind, ist wissenschaftlich und philosophisch plausibel formuliert, solange Traum im Sinne von „imaginativer, innerer Weltproduktion“ verstanden wird. Die differenzierenden Kontexte zwischen Tag und Nacht sind stimmig beschrieben, offene philosophische und empirische Detailfragen bleiben jedoch bestehen.
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Quellen:
- Kritische Neurowissenschaftliche und philosophische Literatur zur Kontinuität von Traum und Imagination