Realitätssinn
Bezogen auf Russell hier: viewtopic.php?p=85826#p85826
Was ist Realitätssinn?
Ich denke, er ist im Grunde nichts anderes als erfahrungsbasiertes Wahrscheinlichkeitsrechnen.
Wahrscheinlichkeiten kann man "ausrechnen". -- Das ist kein Sinn; das ist Ratio. In den letzten tausend Jahren lief wohl nie ein Tiger durch den Schwarzwald. Wenn ich da jetzt ein gelb-schwarz gestreiftes Etwas sehe, sagt mir meine Realitäts-Ratio, dass dieses Etwas auf Grund der bisherigen Nachrichtenlage kein Tiger sein kann. Aber ausgeschlossen ist es nicht, wenn ich undogmatisch wissenschaftlich denke.
Was ist Realitätssinn?
Ich denke, er ist im Grunde nichts anderes als erfahrungsbasiertes Wahrscheinlichkeitsrechnen.
Wahrscheinlichkeiten kann man "ausrechnen". -- Das ist kein Sinn; das ist Ratio. In den letzten tausend Jahren lief wohl nie ein Tiger durch den Schwarzwald. Wenn ich da jetzt ein gelb-schwarz gestreiftes Etwas sehe, sagt mir meine Realitäts-Ratio, dass dieses Etwas auf Grund der bisherigen Nachrichtenlage kein Tiger sein kann. Aber ausgeschlossen ist es nicht, wenn ich undogmatisch wissenschaftlich denke.
- Jörn Budesheim
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Ich denke, mit "wissenschaftlich" meint Quk eben sehr rational realistisch, z.B. Ockams Rasiermesser folgend (bzw. halt "erfahrungsbasiertes Wahrscheinlichkeitsrechnen"), z.B. bei dem Tiger im Schwarzwald.
In positiven Zeiten macht das ja auch Freude; in unserer aktuellen "neuen Zeit nach der Zeitenwende" dagegen nicht gerade (Putin, Trump, Rentenprobleme, Umwelt etc), da mag man sich z.T eher eine gedankliche Welt suchen, die einem mehr gefällt.
In positiven Zeiten macht das ja auch Freude; in unserer aktuellen "neuen Zeit nach der Zeitenwende" dagegen nicht gerade (Putin, Trump, Rentenprobleme, Umwelt etc), da mag man sich z.T eher eine gedankliche Welt suchen, die einem mehr gefällt.
Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.
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Wissenschaft ist die organisierte Erzeugung von naives Denken ersetzender Einsicht. Selbstverständlich gibt es immer noch erschreckend viel naives Denken, magisches, esoterisches, Aberglauben. Aber unser 'Alltagsdenken ist doch mehr oder weniger durchsetzt vom wissenschaftlichen Denken der menschlichen Geistesgeschichte. Das Denken des Mannes und der Frau auf der Straße ist durchsetzt mit zu Allgemeingut gewordenem wissenschaftlichen 'Denken.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Fr 29. Nov 2024, 07:31
Aber warum sollte ich wissenschaftlich denken?
Was nicht heißt, daß sich alles naive Denken in wissenschaftliches verwandeln muß, zumal die Wissenschaften nicht gefeit sind, großen Blödsinn zu verzapfen. Der kann sich aber nicht lange halten, Wissenschaft ist schon auch eine verläßliche Kontrollinstanz, à la longue. Und hauptsächlich beantwortet die Naturwissenschaft nicht die wichtigsten Fragen, die sich die Menschen stellen, wenn sie nicht naiv sind. Von denen viele gar nicht oder nicht definitiv beantwortet werden können.
- Jörn Budesheim
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Ein Tiger im Schwarzwald
Es raschelt. Da huschte gerade etwas Gelb-Schwarz-Gestreiftes durch die Büsche … ist schon wieder weg. Ich höre das Rascheln noch, ganz deutlich. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, das war ein Tiger. Ein Tiger im Schwarzwald! Wie idiotisch. Also: erfahrungsbasiertes Wahrscheinlichkeitsrechnen. Realität, bitte melde dich! Tiger im Schwarzwald gibt es nicht.
Es raschelt. Ein Schatten zwischen den Bäumen, und dann Stille. Ein Tier, ganz klar. Ein Wildschwein? Wildschweine sind nicht Gelb-Schwarz-Gestreift. Mein Gott, ich komme immer in die blödsinnigsten Situationen. Wo ist die Ratio, wenn man sie mal braucht? Ein Tiger! Im Schwarzwald! Bin ich eigentlich noch bei Trost?
Es raschelt. Näher jetzt. Ich höre das Knacken von Zweigen. Verdammt, was soll ich tun. Wissenschaftliches Denken, schnell! Induktion, Deduktion, Hypothesenbildung. Kann ich schnell ein Experiment machen? Ich bräuchte jetzt dringend eine Falsifikation.
Es raschelt. Hieß es nicht, ein Zirkus sei in der Stadt? Quatsch, bei uns war noch nie ein Zirkus. Wahrscheinlichkeitsrechnung, bitte bitte! Dieses Etwas kann aufgrund der bisherigen Nachrichtenlage kein Tiger sein. Aber ausgeschlossen ist es nicht, wenn ich undogmatisch wissenschaftlich denke. Ausgeschlossen ist es nicht. Nein, ist es nicht.
Ein robuster Realitätssinn ist für eine korrekte Analyse von Aussagen über Tiger im Schwarzwald und andere derartige Pseudoobjekte unerlässlich.
Es raschelt.
Es raschelt. Da huschte gerade etwas Gelb-Schwarz-Gestreiftes durch die Büsche … ist schon wieder weg. Ich höre das Rascheln noch, ganz deutlich. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, das war ein Tiger. Ein Tiger im Schwarzwald! Wie idiotisch. Also: erfahrungsbasiertes Wahrscheinlichkeitsrechnen. Realität, bitte melde dich! Tiger im Schwarzwald gibt es nicht.
Es raschelt. Ein Schatten zwischen den Bäumen, und dann Stille. Ein Tier, ganz klar. Ein Wildschwein? Wildschweine sind nicht Gelb-Schwarz-Gestreift. Mein Gott, ich komme immer in die blödsinnigsten Situationen. Wo ist die Ratio, wenn man sie mal braucht? Ein Tiger! Im Schwarzwald! Bin ich eigentlich noch bei Trost?
Es raschelt. Näher jetzt. Ich höre das Knacken von Zweigen. Verdammt, was soll ich tun. Wissenschaftliches Denken, schnell! Induktion, Deduktion, Hypothesenbildung. Kann ich schnell ein Experiment machen? Ich bräuchte jetzt dringend eine Falsifikation.
Es raschelt. Hieß es nicht, ein Zirkus sei in der Stadt? Quatsch, bei uns war noch nie ein Zirkus. Wahrscheinlichkeitsrechnung, bitte bitte! Dieses Etwas kann aufgrund der bisherigen Nachrichtenlage kein Tiger sein. Aber ausgeschlossen ist es nicht, wenn ich undogmatisch wissenschaftlich denke. Ausgeschlossen ist es nicht. Nein, ist es nicht.
Ein robuster Realitätssinn ist für eine korrekte Analyse von Aussagen über Tiger im Schwarzwald und andere derartige Pseudoobjekte unerlässlich.
Es raschelt.
Und einen weißen Arbeitskittel, und Reagenzgläser mit buntem Gesprudel drin :-)Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Fr 29. Nov 2024, 20:59Verdammt, was soll ich tun. Wissenschaftliches Denken, schnell! Induktion, Deduktion, Hypothesenbildung. Kann ich schnell ein Experiment machen? Ich bräuchte jetzt dringend eine Falsifikation.
Im Eingangskommentar meine ich mit "undogmatisch wissenschaftlich" folgende Denkeinstellung: Die Bestätigung einer These gilt nur vorläufig; die These muss überprüfbar sein und wiederholt getestet werden.
Ich persönlich denke durchaus oft undogmatisch wissenschaftlich. Hierfür muss ich mich nicht extra auf eine Shakespear-Bühne versetzen und nach Induktion und Falsifikation rufen. Sondern meine Denkschritte sind da eher nonverbal bildhaft, und sie reihen sich ultraschnell aneinander in Millisekunden. Ganz untheatralisch. Etwa so:
Gelbschwarze Erscheinung im Schwarzwald. Erste Millisekunde. Gespeicherte These: Tiger leben in Asien und in privaten Gehegen. Zweite Millisekunde. Hypothetische Ableitung: Ausgebrochener Tiger. Dritte Millisekunde. Weitere hypothetische Ableitung: Kein Tiger, sondern eine verwehte Plastiktüte. Und so weiter. Es mündet schließlich in einer Wahrscheinlichkeits-Abwägung bezüglich der Anzahl bekannter Tigergehege in der Gegend und der Anzahl Tüten, dann die Abwägung, wie viele der Tüten gelbschwarz sein könnten. Fünf Millisekunden später dann die wissenschaftliche Frage: Könnte es ein gelbes Telefonbuch sein? Sodann die rationale Widerlegung: Bücher sind zu schwer für solche rasche Bewegungen. -- Diese ganze Gedankenkette sehe ich als eine Form eines wissenschaftlichen Betriebs im Zeitraffer.
Im Gegensatz dazu folgendes nichtwissenschaftliches Denken:
Religiöses Denken: Gelbschwarze Erscheinung im Schwarzwald. Oh Gott! Der Herr gibt mir ein Zeichen!
Künstlerisches Denken: Gelbschwarze Erscheinung im Schwarzwald. Wow! Beeindruckend. Jetzt fehlt noch ein indischer Elefant, der die gefällten Tannen hier abschleppt.
Esoterisches Denken: Gelbschwarze Erscheinung im Schwarzwald. Das muss ein Tigerroboter sein, mit dem Fallschirm herabgelassen von dem Flugzeug da oben, das gerade Chemtrails in den Himmel bläst.
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Das naturwissenschaftliche Denken ist nur eine Facette unseres Denkens, keineswegs aber das Muster, nach dem wir durchgehend die Wirklichkeit verstehen, in ihr handeln, kooperieren und leben. Wissenschaftliches Denken ist im Grunde distanziert, abstrahierend und sucht nach kausalen Gesetzmäßigkeiten. Es ist dem Ideal nach ein „Blick von nirgendwo“, der uns selbst, unsere Existenz und deren Bedeutung letztlich aus der Rechnung ausklammert. Wenn man so will, ist es dem Ideal des metaphysischen Realismus verpflichtet.
Unser wirkliches Denken hingegen ist – nehmen wir mal einen großen Ausdruck – in der Regel existenziell. Das, worüber wir nachdenken, geht uns unmittelbar etwas an, weil es meistens mit uns selbst zu tun hat: mit unserem Überleben, unseren Wünschen, Ängsten und dem Sinn, in dem wir leben. Wir denken nicht generell in Zahlen und Wahrscheinlichkeiten, sondern in Bedeutungen, Zusammenhängen, Bildern, Metaphern, Geschichten und Ähnlichem. Ein Rascheln im Gebüsch ist nicht einfach ein physikalisches Phänomen, das durch eine Hypothese und Wahrscheinlichkeitsrechnung erklärt werden muss. Es ist eine mögliche Bedrohung, ein Rätsel oder vielleicht ein Abenteuer – etwas, das uns ernsthaft betrifft.
Denn wir erkennen in den Dingen eine Bedeutung, die über bloße physikalische oder chemische Eigenschaften hinausgeht. Ein Apfel ist nicht nur ein Molekülhaufen, sondern Nahrung, Genuss oder Symbol. Das menschliche Denken ist stets von Involviertheit geprägt: Wir handeln und denken als Wesen, die von der Wirklichkeit durchdrungen sind, und eben gerade nicht als neutrale Beobachter, die einen Blick von nirgendwo anstreben. Unser Denken ist dabei mit Emotionen, Werten und Bedeutungen durchwoben.
Der Realitätssinn, von dem die Rede ist, besteht meines Erachtens nicht nur aus rationalen Kalkülen, sondern aus einem Gespür für das, was wirklich von Bedeutung ist – für das, was unser Handeln und unsere Aufmerksamkeit fordert. Wissenschaftliches Denken mag ein mächtiges Werkzeug sein, aber es ist nicht identisch mit menschlichem Denken im Allgemeinen. Und das menschliche Denken, das Denken des Alltags, ist keineswegs eine naive Form des wissenschaftlichen Denkens. Vielmehr ergänzt das sogenannte naturwissenschaftliche Denken die anderen Fähigkeiten, die uns als Menschen ausmachen. Das menschliche Denken selbst geht weit darüber hinaus:
Das menschliche Denken selbst geht weit über das naturwissenschaftliche denken hinaus: Es ist lebendig, sinnerfassend und tief in der Wirklichkeit verwurzelt, transzendiert jedoch das, was der Fall ist, und kann sich in die Sphäre des Fantastischen und Möglichen erheben.
Unser wirkliches Denken hingegen ist – nehmen wir mal einen großen Ausdruck – in der Regel existenziell. Das, worüber wir nachdenken, geht uns unmittelbar etwas an, weil es meistens mit uns selbst zu tun hat: mit unserem Überleben, unseren Wünschen, Ängsten und dem Sinn, in dem wir leben. Wir denken nicht generell in Zahlen und Wahrscheinlichkeiten, sondern in Bedeutungen, Zusammenhängen, Bildern, Metaphern, Geschichten und Ähnlichem. Ein Rascheln im Gebüsch ist nicht einfach ein physikalisches Phänomen, das durch eine Hypothese und Wahrscheinlichkeitsrechnung erklärt werden muss. Es ist eine mögliche Bedrohung, ein Rätsel oder vielleicht ein Abenteuer – etwas, das uns ernsthaft betrifft.
Denn wir erkennen in den Dingen eine Bedeutung, die über bloße physikalische oder chemische Eigenschaften hinausgeht. Ein Apfel ist nicht nur ein Molekülhaufen, sondern Nahrung, Genuss oder Symbol. Das menschliche Denken ist stets von Involviertheit geprägt: Wir handeln und denken als Wesen, die von der Wirklichkeit durchdrungen sind, und eben gerade nicht als neutrale Beobachter, die einen Blick von nirgendwo anstreben. Unser Denken ist dabei mit Emotionen, Werten und Bedeutungen durchwoben.
Der Realitätssinn, von dem die Rede ist, besteht meines Erachtens nicht nur aus rationalen Kalkülen, sondern aus einem Gespür für das, was wirklich von Bedeutung ist – für das, was unser Handeln und unsere Aufmerksamkeit fordert. Wissenschaftliches Denken mag ein mächtiges Werkzeug sein, aber es ist nicht identisch mit menschlichem Denken im Allgemeinen. Und das menschliche Denken, das Denken des Alltags, ist keineswegs eine naive Form des wissenschaftlichen Denkens. Vielmehr ergänzt das sogenannte naturwissenschaftliche Denken die anderen Fähigkeiten, die uns als Menschen ausmachen. Das menschliche Denken selbst geht weit darüber hinaus:
Das menschliche Denken selbst geht weit über das naturwissenschaftliche denken hinaus: Es ist lebendig, sinnerfassend und tief in der Wirklichkeit verwurzelt, transzendiert jedoch das, was der Fall ist, und kann sich in die Sphäre des Fantastischen und Möglichen erheben.
Ist Bedeutungsgespür ein Synonym für "Realitätssinn"? Am bedeutsamsten ist doch dasjenige, was am realistischsten ist, oder?Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Sa 30. Nov 2024, 09:50Gespür für das, was wirklich von Bedeutung ist
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Um dazu noch mal Russel zurück zu kommen ...
.. sei es nun im Gegensatz zum wissenschaftliche Denken, religiös, künstlerisch oder esoterisch. Schließlich ist solcherart erzeugtes Wissen auch nur beschreibend. ...
"und … durch Beschreibung. .. wenn ich zum Beispiel Physik ..... Religion, Kunst oder Esoterik ....mache .. Das Eine ist absolut sicher, das andere ist nicht so sicher."
- "Er hat da so eine Theorie , wie Wissen zustande kommt, Er sagt, es gibt da zwei Typen von Wissen. Das Wissen durch Bekanntschaft … also wenn ich zum Beispiel Wissen durch die Bekanntschaft deiner Jacke haben will, dann schaue ich dahin . Ich fasse sie an .. das ist ,wie sie sich das anfühlt, wie das aussieht und … durch Beschreibung. .. wenn ich zum Beispiel Physik mache .. Das Eine ist absolut sicher, das andere ist nicht so sicher. 22:33"
Ich denke mal , dass das sehr gut zu dem passt , was Russel angeblich zum Wissen, durch Beschreibung ausgeführt hat . Das eine "beschreibende" Wissenschaft, im Vergleich zum "Realitätssinn" , in dem ich beispielsweise etwas anschaue oder anfühle, wortwörtlich genommen, nicht sicher ist. Sie "ersetz" nur das , was wir mit unseren Sinnen an Realität wahrnehmen. Einer ersetzenden Einsicht , die Wissenschaft zu einer organisierten Erzeugung von naives Denkens degradiert. Wo hier schon mal davon die Rede war, das Gleiche würde ich übrigens auch für das menschliche Denken annehmen.Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Fr 29. Nov 2024, 12:53Wissenschaft ist die organisierte Erzeugung von naives Denken ersetzender Einsicht.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Fr 29. Nov 2024, 07:31
Aber warum sollte ich wissenschaftlich denken?
Quk hat geschrieben : ↑Fr 29. Nov 2024, 23:34
Im Gegensatz dazu folgendes nichtwissenschaftliches Denken:
Religiöses Denken: Gelbschwarze Erscheinung im Schwarzwald. Oh Gott! Der Herr gibt mir ein Zeichen!
Künstlerisches Denken: Gelbschwarze Erscheinung im Schwarzwald. Wow! Beeindruckend. Jetzt fehlt noch ein indischer Elefant, der die gefällten Tannen hier abschleppt.
Esoterisches Denken: Gelbschwarze Erscheinung im Schwarzwald. Das muss ein Tigerroboter sein, mit dem Fallschirm herabgelassen von dem Flugzeug da oben, das gerade Chemtrails in den Himmel bläst.
.. sei es nun im Gegensatz zum wissenschaftliche Denken, religiös, künstlerisch oder esoterisch. Schließlich ist solcherart erzeugtes Wissen auch nur beschreibend. ...
"und … durch Beschreibung. .. wenn ich zum Beispiel Physik ..... Religion, Kunst oder Esoterik ....mache .. Das Eine ist absolut sicher, das andere ist nicht so sicher."
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Von Qualia (und Realitätssinn) ist an der Stelle in dem Video eigentlich gar keine Rede. Hier habe ich eine kurze Erläuterung Wissen durch Bekanntschaft inklusive zweier Zitate gefunden, es geht um direkte Wahrnehmung, was Vossenkuhl veranschaulicht hat, indem er die Jacke von Lesch berührt hat:
plato-stanford-edu.translate.goog hat geschrieben : Was ist mit „Bekanntschaft“ und „Beschreibung“ gemeint?
- Wir sagen, dass wir mit allem vertraut sind, dessen wir uns direkt bewusst sind, ohne dass ein Schlussfolgerungsprozess oder die Kenntnis von Wahrheiten dazwischengeschaltet ist. (Russell 1912: 78)
Russell charakterisiert Bekanntschaft also als eine Beziehung direkter Wahrnehmung, eine Beziehung, in der, wie Russell und einige andere es ausgedrückt haben, dem Subjekt etwas „präsentiert“ oder einfach „gegeben“ wird.
- Ich sage, dass ich mit einem Objekt vertraut bin, wenn ich eine direkte kognitive Beziehung zu diesem Objekt habe, d. h. wenn ich mir des Objekts selbst direkt bewusst bin. Wenn ich hier von einer kognitiven Beziehung spreche, meine ich nicht die Art von Beziehung, die ein Urteil ausmacht, sondern die Art, die eine Präsentation ausmacht ...(Russell 1910/11: 108)
[Es handelt] sich um eine Form des Bewusstseins, die eine echte Beziehung darstellt, eine Beziehung, die ohne ihre Relata (die verwandten Dinge oder Gegenstände) nicht zustande kommen kann.
Quelle
Das klingt mir alles viel zu oberflächlich. Die Sachen an sich bleiben da versiegelt unter der Oberfläche. Esoterisch verschlossen.
Aber ich rede davon in meiner Übersetzung. Und damit meine ich nicht die von Englisch nach Deutsch.Von Qualia (und Realitätssinn) ist an der Stelle in dem Video eigentlich gar keine Rede.
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Ich korrigiere ...
.. die Sachen an sich werden ersetzt und zwar durch die Intellektualität, der Sponteneität (s. d.) des Denkens ...Wolfgang Endemann hat geschrieben : ↑Fr 29. Nov 2024, 12:53Wissenschaft ist die organisierte Erzeugung von naives Denken ersetzender Einsicht.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Fr 29. Nov 2024, 07:31
Aber warum sollte ich wissenschaftlich denken?
.. im Unterschiede zum Sinnesempfang , durch die "Bekanntschaft" beispielsweise einer Jacke durch ansehen und anfühlen. Um dazu auf auf das o.g. Video und damit Russel zurück zu kommen. Denn wenn ich etwas versiegle, ist es mir nicht mehr zugänglich. Was aber auf Grund der Sinnesempfänglichkeit, der sinnlichen Erkenntnisfähigkeit, der Empfindungsfähigkeit, der psychische Rezeptivität (s. d.) als Quelle der Sinnesdata. bei uns nicht der Fall ist.textlog.de hat geschrieben :
Sinnlichkeit
Sinnlichkeit (sensualitas) bedeutet: 1) die Sinnesempfänglichkeit, die sinnliche Erkenntnisfähigkeit, die Empfindungsfähigkeit, psychische Rezeptivität (s. d.) als Quelle der Sinnesdata, im Unterschiede von der Intellektualität, der Sponteneität (s. d.) des Denkens. 2) das sinnliche Verhalten, die Disposition zum Sinnengenuß, sinnliche Erregbarkeit.
plato-stanford-edu.translate.goog hat geschrieben :
Was ist mit „Bekanntschaft“ und „Beschreibung“ gemeint?
- Wir sagen, dass wir mit allem vertraut sind, dessen wir uns direkt bewusst sind, ohne dass ein Schlussfolgerungsprozess oder die Kenntnis von Wahrheiten dazwischengeschaltet ist. (Russell 1912: 78)
Russell charakterisiert Bekanntschaft also als eine Beziehung direkter Wahrnehmung, eine Beziehung, in der, wie Russell und einige andere es ausgedrückt haben, dem Subjekt etwas „präsentiert“ oder einfach „gegeben“ wird.
- Ich sage, dass ich mit einem Objekt vertraut bin, wenn ich eine direkte kognitive Beziehung zu diesem Objekt habe, d. h. wenn ich mir des Objekts selbst direkt bewusst bin. Wenn ich hier von einer kognitiven Beziehung spreche, meine ich nicht die Art von Beziehung, die ein Urteil ausmacht, sondern die Art, die eine Präsentation ausmacht ...(Russell 1910/11: 108)
[Es handelt] sich um eine Form des Bewusstseins, die eine echte Beziehung darstellt, eine Beziehung, die ohne ihre Relata (die verwandten Dinge oder Gegenstände) nicht zustande kommen kann.
Quelle
Eine "Beziehung direkter Wahrnehmung" ist bei uns , wie auch bei allen anderen Lebewesen mit Sinnesorganen , der Fall. Insofern ich auch nicht von "Esoterisch verschlossen" sprechen würde. Gehe ich doch einmal davon aus , dass eine solche Fähigkeit zur Esoterik , wie auch zur Wissschaft, nur bei uns Menschen vorliegt. Da würde man übrigens im Vergleich dazu ja auch nicht , weil "versiegelt" , von "wissenschaftlich verschlossen" sprechen.
Zuletzt geändert von Timberlake am So 1. Dez 2024, 14:40, insgesamt 8-mal geändert.
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In Deiner Nichtübersetzung, Jörn, ist es nur eine "Beziehung"; was immer das sein soll, diese "Beziehung", bleibe verborgen. Beziehung halt.
Bei den Resonanzlern -- die gabs schon vor Hartmut Rosa -- heißt das Resonanzen. Was dahinter steckt, wird nicht vertieft. Resonanzen halt.
Esoteriker nennen es Schwingungen. Das seien halt einfach irgendwelche Schwingungen.
Ich habe zum Beispiel Tomaten kennengelernt; ich habe also Erfahrung mit ihnen in Sachen Form, Farbgebung, Geschmack, Geruch und ich kenne einige Thesen über sie. Darüber gibt es eine ganze Menge zu reden. Ich verschließe mich dem nicht. Ich nenne das nicht einfach bloß oberflächlich "Beziehung zu einer Tomate" oder "Resonanz oder Schwingung mit der Tomate".
Bei den Resonanzlern -- die gabs schon vor Hartmut Rosa -- heißt das Resonanzen. Was dahinter steckt, wird nicht vertieft. Resonanzen halt.
Esoteriker nennen es Schwingungen. Das seien halt einfach irgendwelche Schwingungen.
Ich habe zum Beispiel Tomaten kennengelernt; ich habe also Erfahrung mit ihnen in Sachen Form, Farbgebung, Geschmack, Geruch und ich kenne einige Thesen über sie. Darüber gibt es eine ganze Menge zu reden. Ich verschließe mich dem nicht. Ich nenne das nicht einfach bloß oberflächlich "Beziehung zu einer Tomate" oder "Resonanz oder Schwingung mit der Tomate".
Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 1. Dez 2024, 09:34Von Qualia (und Realitätssinn) ist an der Stelle in dem Video eigentlich gar keine Rede. Hier habe ich eine kurze Erläuterung Wissen durch Bekanntschaft inklusive zweier Zitate gefunden, es geht um direkte Wahrnehmung, was Vossenkuhl veranschaulicht hat, indem er die Jacke von Lesch berührt hat:
plato-stanford-edu.translate.goog hat geschrieben : Was ist mit „Bekanntschaft“ und „Beschreibung“ gemeint?
- Wir sagen, dass wir mit allem vertraut sind, dessen wir uns direkt bewusst sind, ohne dass ein Schlussfolgerungsprozess oder die Kenntnis von Wahrheiten dazwischengeschaltet ist. (Russell 1912: 78)
Russell charakterisiert Bekanntschaft also als eine Beziehung direkter Wahrnehmung, eine Beziehung, in der, wie Russell und einige andere es ausgedrückt haben, dem Subjekt etwas „präsentiert“ oder einfach „gegeben“ wird.
- Ich sage, dass ich mit einem Objekt vertraut bin, wenn ich eine direkte kognitive Beziehung zu diesem Objekt habe, d. h. wenn ich mir des Objekts selbst direkt bewusst bin. Wenn ich hier von einer kognitiven Beziehung spreche, meine ich nicht die Art von Beziehung, die ein Urteil ausmacht, sondern die Art, die eine Präsentation ausmacht ...(Russell 1910/11: 108)
[Es handelt] sich um eine Form des Bewusstseins, die eine echte Beziehung darstellt, eine Beziehung, die ohne ihre Relata (die verwandten Dinge oder Gegenstände) nicht zustande kommen kann.
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Zumindest bezüglich Russels zwei Typen von Wissen , als da wäre Wissen durch Bekanntschaft und Wissen durch Beschreibung , muss ich dich leider wieder aufs neue korrigieren . Du hast mit hilfe deiner Intelligenz die "Beschreibung" und somit das Wissen über Tomaten kennengelernt und durch die "Bekanntschaft" dessen ersetzt, was dir in der Realität über die Sinne ( Realitätssinn) an Wissen , in Form, Farbgebung, Geschmack, Geruch .. vermittelt wurde.Quk hat geschrieben : ↑So 1. Dez 2024, 21:04
Ich habe zum Beispiel Tomaten kennengelernt; ich habe also Erfahrung mit ihnen in Sachen Form, Farbgebung, Geschmack, Geruch und ich kenne einige Thesen über sie. Darüber gibt es eine ganze Menge zu reden. Ich verschließe mich dem nicht. Ich nenne das nicht einfach bloß oberflächlich "Beziehung zu einer Tomate" oder "Resonanz oder Schwingung mit der Tomate".
- "Er hat da so eine Theorie , wie Wissen zustande kommt, Er sagt, es gibt da zwei Typen von Wissen. Das Wissen durch Bekanntschaft … also wenn ich zum Beispiel Wissen durch die Bekanntschaft deiner Jacke haben will, dann schaue ich dahin . Ich fasse sie an .. das ist ,wie sie sich das anfühlt, wie das aussieht und … durch Beschreibung. .. wenn ich zum Beispiel Physik mache .. Das Eine ist absolut sicher, das andere ist nicht so sicher. 22:33"
.. insofern ich das von Wilhelm Vossenkuhl gesagte , folgendermaßen umformulieren würde .. also wenn ich Wissen durch eine Bekanntschaft , durch das Wissen einer Beschreibung ersetzen will , zum Beispiel die Beschreibung deiner Jacke , dann schaue ich dahin . Ich fasse sie an ..
Zuletzt geändert von Timberlake am So 1. Dez 2024, 23:50, insgesamt 2-mal geändert.
Nein, die Beschreibung wurde hergestellt von meiner Intelligenz.Timberlake hat geschrieben : ↑So 1. Dez 2024, 23:13Mit dem Wissen darum , hast du zum Beispiel die "Beschreibung" einer Tomate kennengelernt ...
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.. ok .. war vielleicht auch etwas missverständlich formuliert , deshalb habe ich den betreffenden Text , wie dir sicherlich nicht entgangen ist , mittlerweile nachträglich in ... "Du hast mithilfe deiner Intelligenz die "Beschreibung" und somit das Wissen über Tomaten kennengelernt und durch die "Bekanntschaft" dessen ersetzt, was dir in der Realität über die Sinne ( Realitätssinn) an Wissen , in Form, Farbgebung, Geschmack, Geruch .. vermittelt wurde" ... geändert.
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So richtig blick' ich nicht durch. Du hast oben als Kommentar zu Timerlake und dem Video von Vossenkuhl und Lesch geschrieben: "Dann ist der Realitätssinn schlichtweg der sinnliche Sinn; die Empfindungen und Qualia. Die sind natürlich unfehlbar." Was auch immer Qualia sind und ob es sie gibt, sie sind keine Beziehung. Das gilt meines Erachtens ganz unabhängig davon, ob Russell mit seiner Unterscheidung von Wissen durch Beschreibung sowie dem Wissen durch Bekanntschaft recht hat. Was der soziologische Begriff von Rosa damit zu tun hat, verstehe ich nicht. Außerdem ist es nicht richtig, dass der Begriff "Resonanz" nicht vertieft wird. Ich hab mir erst vor Kurzem, als der Begriff hier im Forum fiel, einiges im Internet dazu angeschaut, es gibt etliche Videos der Soziologie, die den Begriff erläutern und vertiefen.Quk hat geschrieben : ↑So 1. Dez 2024, 21:04In Deiner Nichtübersetzung, Jörn, ist es nur eine "Beziehung"; was immer das sein soll, diese "Beziehung", bleibe verborgen. Beziehung halt.
Bei den Resonanzlern -- die gabs schon vor Hartmut Rosa -- heißt das Resonanzen. Was dahinter steckt, wird nicht vertieft. Resonanzen halt.
Esoteriker nennen es Schwingungen. Das seien halt einfach irgendwelche Schwingungen.
Ich habe zum Beispiel Tomaten kennengelernt; ich habe also Erfahrung mit ihnen in Sachen Form, Farbgebung, Geschmack, Geruch und ich kenne einige Thesen über sie. Darüber gibt es eine ganze Menge zu reden. Ich verschließe mich dem nicht. Ich nenne das nicht einfach bloß oberflächlich "Beziehung zu einer Tomate" oder "Resonanz oder Schwingung mit der Tomate".
Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 1. Dez 2024, 09:34Von Qualia (und Realitätssinn) ist an der Stelle in dem Video eigentlich gar keine Rede. Hier habe ich eine kurze Erläuterung Wissen durch Bekanntschaft inklusive zweier Zitate gefunden, es geht um direkte Wahrnehmung, was Vossenkuhl veranschaulicht hat, indem er die Jacke von Lesch berührt hat:
plato-stanford-edu.translate.goog hat geschrieben : Was ist mit „Bekanntschaft“ und „Beschreibung“ gemeint?
- Wir sagen, dass wir mit allem vertraut sind, dessen wir uns direkt bewusst sind, ohne dass ein Schlussfolgerungsprozess oder die Kenntnis von Wahrheiten dazwischengeschaltet ist. (Russell 1912: 78)
Russell charakterisiert Bekanntschaft also als eine Beziehung direkter Wahrnehmung, eine Beziehung, in der, wie Russell und einige andere es ausgedrückt haben, dem Subjekt etwas „präsentiert“ oder einfach „gegeben“ wird.
- Ich sage, dass ich mit einem Objekt vertraut bin, wenn ich eine direkte kognitive Beziehung zu diesem Objekt habe, d. h. wenn ich mir des Objekts selbst direkt bewusst bin. Wenn ich hier von einer kognitiven Beziehung spreche, meine ich nicht die Art von Beziehung, die ein Urteil ausmacht, sondern die Art, die eine Präsentation ausmacht ...(Russell 1910/11: 108)
[Es handelt] sich um eine Form des Bewusstseins, die eine echte Beziehung darstellt, eine Beziehung, die ohne ihre Relata (die verwandten Dinge oder Gegenstände) nicht zustande kommen kann.
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