Lichtgeschwindigkeit

Dieses Unterforum beschäftigt sich mit dem Umfang und den Grenzen der menschlichen Erkenntnisfähigkeit sowie um die speziellen Gesichtspunkte des Systems der modernen Wissenschaften.
Benutzeravatar
Quk
Beiträge: 3581
Registriert: So 23. Jul 2023, 15:35

Mo 6. Jan 2025, 14:43

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mo 6. Jan 2025, 13:14
Mathematik verstehen heißt, den Unterschied von inhaltlicher und formaler Wahrheit verstehen.
Na gut, so betrachtet verstehe ich den Unterschied. -- Auslöser dieser Diskussion war Dein Einwand gegen meine Verwendung des Ausdrucks "es gibt" im Zusammenhang mit einer mit Inhalt ausgefüllten mathematischen Formalität. Da kann ich nicht einsehen, auf diesen Ausdruck zu verzichten. Beispielsweise will ich mir auch folgendes erlauben, sagen zu können: Es gibt einen Formalismus. Sogar der fachphilosophische Referenzen konsultierende Consul unterstützte diese Erlaubnis. Wollen wir Höchst-Autoritäten fixieren in einer lebendigen Sprache?




Benutzeravatar
Quk
Beiträge: 3581
Registriert: So 23. Jul 2023, 15:35

Mo 6. Jan 2025, 14:54

Timberlake hat geschrieben :
Mo 6. Jan 2025, 14:32
Interessant, bliebe eigentlich "nur" noch zu klären, wie denn die Wesen es bewerkstelligen, auf diese Geschwindigkeit beschleunigen. Unter Einschluss der Lichtgeschwindigkeit jedenfalls nicht.
Das ist ja das Problem. Das geht nicht. Wir Unterlichtler werden nie so schnell, und jene Überlichtler werden nie so langsam. Wir können uns nicht kontaktieren. Wir können uns das Leben der Überlichtler nicht vorstellen, und sie können unser Leben sich nicht vorstellen. Das ganze ist ein theoretisches, mathematisches Modell. Ich hatte diese Überlichtler-Sache nur erwähnt, weil Heinrich behauptete, es würde der Relativitätstheorie widersprechen. Es ist kein Widerspruch. Es ist theoretisch möglich. Lediglich der Kontakt ist unmöglich.




Timberlake
Beiträge: 2094
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

Mo 6. Jan 2025, 15:12

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mo 6. Jan 2025, 13:14


Mathematik verstehen heißt, den Unterschied von inhaltlicher und formaler Wahrheit verstehen.

Wenn Mathematik verstehen heißt, den Unterschied von inhaltlicher und formaler Wahrheit verstehen, so muss man wohl konstatieren, dass wir ..deshalb!... die inhaltliche Wahrheit! .. der Lichtgeschwindigkeit nicht verstehen! ... Oder?
Quk hat geschrieben :
Mo 6. Jan 2025, 14:54
Timberlake hat geschrieben :
Mo 6. Jan 2025, 14:32
Interessant, bliebe eigentlich "nur" noch zu klären, wie denn die Wesen es bewerkstelligen, auf diese Geschwindigkeit beschleunigen. Unter Einschluss der Lichtgeschwindigkeit jedenfalls nicht.
Das ist ja das Problem. Das geht nicht. Wir Unterlichtler werden nie so schnell, und jene Überlichtler werden nie so langsam. Wir können uns nicht kontaktieren. Wir können uns das Leben der Überlichtler nicht vorstellen, und sie können unser Leben sich nicht vorstellen. Das ganze ist ein theoretisches, mathematisches Modell. Ich hatte diese Überlichtler-Sache nur erwähnt, weil Heinrich behauptete, es würde der Relativitätstheorie widersprechen. Es ist kein Widerspruch. Es ist theoretisch möglich. Lediglich der Kontakt ist unmöglich.

So wie wir übrigens wir dann auch den Inhalt der formalen Wahrheit der Überlichtler, wie umgekehrt die Überlichtler nicht die unsere verstehen können. Wenngleich beiderseits mit der formalen Wahrheit der Lichtgeschwindigkeit sehr wohl um zugehen wissen. Gehe ich doch einmal davon aus , dass auch für die Überlichtler die Lichtgeschwindigkeit formal eine konstante Größe darstellt. Der Unterschied besteht lediglich darin , dass wir diese Größe nicht überschreiten und sie nicht unterschreiten können. So einfach ist das. Von daher wäre tatsächlich jeder Kontakt ausgeschlossen. Wie übrigens auch ein Kontakt zu denjenigen, für die die zehn Dimensionen der Stringtheorie so real sind, wie für uns die vier Dimensionen. Gut möglich, dass die von daher die Lichtgeschwindigkeit sowohl von inhaltlicher, wie auch von formaler Wahrheit verstehen können. Will sagen , sie können dessen "Unendlichkeiten" vermutlich sowohl inhaltlich, wie auch formal verstehen.




Benutzeravatar
Consul
Beiträge: 822
Registriert: Mo 29. Apr 2024, 00:13

Mo 6. Jan 2025, 17:25

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mo 6. Jan 2025, 13:07
Das verstehe ich nicht. Es gibt ja schon den Quantor Ǝ!xE(x) (es gibt genau ein x mit der Eigenschaft E) in der normalen Prädikatelogik. Du möchtest anscheinend in der formalen Aussage ƎxE(x) die formale Variable zu einer real interpretierbaren machen, Dein E!x soll nicht heißen, es gibt genau ein x mit E(x), sondern ƎxE(x) soll beschränkt werden auf ƎxE(x)˄Ɛ(x), wobei Ɛ die Eigenschaft ist, mindestens in einem x real interpretierbar zu sein.
Mit "E!" als Existenzprädikat bedeutet "E!a" einfach "a existiert".
Die Formel "∃xE!x" bedeutet "Es existiert mindestens ein x, das existiert" = "Einiges Existierende existiert". Da der Quantifikationsbereich der klassischen Prädikatenlogik ausschließlich Existierendes enthält, wäre die Formel "AxE!x" ("Alles existiert") darin wahr, wenn das Existenzprädikat Teil ihres Vokabulars wäre (was nicht der Fall ist).

Das Existenzprädikat wird in der Freien Logik (free logic) verwendet:
"To distinguish terms that denote members of [the domain of quantification] D from those that do not, free logic often employs the one-place “existence” predicate, ‘E!’ (sometimes written simply as ‘E’). For any singular term t, E!t is true if t denotes a member of D, false otherwise. ‘E!’ may be either taken as primitive or (in bivalent free logic with identity) defined as follows: E!t =df ∃x(x=t)"

Free Logic: https://plato.stanford.edu/entries/logic-free/



"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding

Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 26789
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Mo 6. Jan 2025, 17:44

Consul hat geschrieben :
Mo 6. Jan 2025, 17:25
Mit "E!" als Existenzprädikat bedeutet "E!a" einfach "a existiert".
Das ist allerdings trivial, da es ohnehin gilt. Dass *a* existiert, weiß ich spätestens in dem Moment, in dem ich es notiere. Damit es etwas gehaltvoller wird, müssten wir jedoch klären, in welchem Bereich oder Kontext *a* existiert.

Nehmen wir als Beispiel den Begriff „Atom“. Man könnte annehmen, dass Atome im Bereich der Raumzeit existieren. Man könnte jedoch auch der Auffassung sein, dass sie lediglich als theoretische Entitäten existieren – als Konstrukte, die es uns erlauben, mithilfe der Theorie bestimmte Phänomene vorherzusagen. In beiden Fällen existieren Atome, entweder als Objekte der Raumzeit oder als Objekte innerhalb einer Theorie. Der Unterschied ist meines Erachtens erheblich.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 26789
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Mo 6. Jan 2025, 18:16

Wenn ich mir bei Sonnenschein den wolkenlosen Himmel anschaue, habe ich es dann mit einer blauen Wahrheit zu tun? Wohl kaum. Der Unterschied zwischen formaler und inhaltlicher Wahrheit leuchtet mir nicht ein. Es ist wahr, dass der Himmel blau ist, es ist wahr das a = a ist und es ist wahr, dass der Mond nicht aus grünem Käse ist. Der Wahrheitsbegriff ist hier jedes Mal derselbe, nur die Gegenstände unterscheiden sich.




Timberlake
Beiträge: 2094
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

Mo 6. Jan 2025, 21:48

Mit Verlaub ...
Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mo 6. Jan 2025, 13:14


Mathematik verstehen heißt, den Unterschied von inhaltlicher und formaler Wahrheit verstehen.

.. Wolfgang Endemann bezog sich , wie hier ersichtlich, dabei auf die Mathematik . Das sich an Hand dessen und der Lichtgeschwindigkeit ( um auf das Thema dieses Threads zurück zu kommen) sehr woll ein Unterschied ausmachen lässt, wurde von mir hinlänglich . wie ich finde , im Beitrag 86945 beschrieben.
Zuletzt geändert von Timberlake am Mo 6. Jan 2025, 22:05, insgesamt 2-mal geändert.




Benutzeravatar
Consul
Beiträge: 822
Registriert: Mo 29. Apr 2024, 00:13

Mo 6. Jan 2025, 21:57

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 6. Jan 2025, 17:44
Consul hat geschrieben :
Mo 6. Jan 2025, 17:25
Mit "E!" als Existenzprädikat bedeutet "E!a" einfach "a existiert".
Das ist allerdings trivial, da es ohnehin gilt. Dass *a* existiert, weiß ich spätestens in dem Moment, in dem ich es notiere. Damit es etwas gehaltvoller wird, müssten wir jedoch klären, in welchem Bereich oder Kontext *a* existiert.

Nehmen wir als Beispiel den Begriff „Atom“. Man könnte annehmen, dass Atome im Bereich der Raumzeit existieren. Man könnte jedoch auch der Auffassung sein, dass sie lediglich als theoretische Entitäten existieren – als Konstrukte, die es uns erlauben, mithilfe der Theorie bestimmte Phänomene vorherzusagen. In beiden Fällen existieren Atome, entweder als Objekte der Raumzeit oder als Objekte innerhalb einer Theorie. Der Unterschied ist meines Erachtens erheblich.
Eine "theoretische Entität" ist etwas, das laut einer bestimmten Theorie existiert. Wenn diese jedoch falsch ist, dann existiert die von ihr postulierte Entität gar nicht und nirgends—auch nicht "innerhalb der Theorie".

Ich gehe von einem absoluten Existenzbegriff und einem absoluten Quantifikationsbereich aus.
Wenn der Quantifikationsbereich absolut ist und sowohl existente als auch nichtexistente intentionale Objekte umfasst—und somit nicht jeder individuellen Konstante a, b, c… etwas Existentes innerhalb des Quantifikationsbereichs zugeordnet ist—, dann ist E!a ("a existiert") keine triviale logische Wahrheit, weil AxE!x ("Alles existiert") in einem solchen System falsch ist.
"Classical logic requires each singular term to denote an object in the domain of quantification—which is usually understood as the set of “existing” objects. Free logic does not. Free logic is therefore useful for analyzing discourse containing singular terms that either are or might be empty. A term is empty if it either has no referent or refers to an object outside the domain."
——————
"Die klassische Logik verlangt, dass jeder singuläre Term ein Objekt im Quantifizierungsbereich bezeichnet – was normalerweise als die Menge der „existierenden“ Objekte verstanden wird. Die freie Logik tut dies nicht. Die freie Logik ist daher nützlich für die Analyse von Diskursen mit einzelnen Termen, die entweder leer sind oder leer sein könnten. Ein Term ist leer, wenn er entweder keinen Referenten hat oder auf ein Objekt außerhalb des Bereichs verweist."
[Übersetzt von Google Translate]

Free Logic: https://plato.stanford.edu/entries/logic-free/
Zuletzt geändert von Consul am Mo 6. Jan 2025, 22:06, insgesamt 2-mal geändert.



"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding

Timberlake
Beiträge: 2094
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

Mo 6. Jan 2025, 22:04

.. und was bitteschön hat das mit der Lichtgeschwindigkeit und dem zufolge mit der Überschrifft dieses Threads zu tun?
Consul hat geschrieben :
Mo 6. Jan 2025, 21:57

Ich gehe von einem absoluten Existenzbegriff und einem absoluten Quantifikationsbereich aus.
(Obgleich ich darauf, nach meinen bisherigen Erfahrungen, nicht wirklich eine Antwort darauf erwarte) Wenn du davon ausgehst , dann doch sicherlich auch bei der Lichtgeschwindigkeit ... oder?
nationalgeographic.de hat geschrieben :
Einsteins Relativitätstheorie in 4 einfachen Schritten


Einsteins Offenbarung war, dass Beobachter in relativer Bewegung Zeit anders wahrnehmen. Es ist also absolut möglich, dass zwei Ereignisse aus der Sicht eines Beobachters gleichzeitig stattfinden, für einen anderen Beobachter aber nacheinander passieren. Und beide Beobachter hätten recht.

Einstein verdeutlichte diesen Punkt später mit einem weiteren Gedankenexperiment. Man stelle sich vor, dass wieder ein Beobachter an Zuggleisen steht, als ein Zug vorbeifährt. Aber dieses Mal werden beide Enden des Zuges von einem Blitz getroffen, gerade als der Mittelpunkt des Zugs am Beobachter vorbeizieht. Weil beide Blitze die gleiche Entfernung zum Beobachter haben, erreicht ihr Licht dessen Augen auch im selben Moment. Er sagt also korrekterweise, dass beide Blitze gleichzeitig eingeschlagen haben.

Derweil sitzt ein zweiter Beobachter genau in der Mitte des Zuges. Aus dessen Perspektive muss das Licht beider Blitze ebenfalls die gleiche Entfernung zurücklegen. Allerdings bewegt sich der Zug. Das Licht vom hinteren Blitz muss deshalb also ein Stück weiter reisen, um aufzuholen, und wird den zweiten Beobachter deshalb ein bisschen später erreichen als das Licht des vorderen Blitzes. Da die Lichtstrahlen ihn also zu unterschiedlichen Zeiten erreicht haben, muss er daraus schließen, dass die Blitze nicht gleichzeitig eingeschlagen haben.

Kurz gesagt: Einstein begriff, dass Gleichzeitigkeit relativ ist. Sobald man das akzeptiert, sind alle seltsamen Effekte, die wir heute mit Relativität assoziieren, nur eine Frage der simplen Mathematik.
Zumindest wenn diese simple Mathematik , bezüglich der Lichtgeschwindigkeit , eine Kombination von Zahlen, Variablen und Rechenzeichen ist und somit als ( singulärer) Term ein Objekt im Quantifizierungsbereich bezeichnet.
"Classical logic requires each singular term to denote an object in the domain of quantification—which is usually understood as the set of “existing” objects. Free logic does not. Free logic is therefore useful for analyzing discourse containing singular terms that either are or might be empty. A term is empty if it either has no referent or refers to an object outside the domain."
——————
"Die klassische Logik verlangt, dass jeder singuläre Term ein Objekt im Quantifizierungsbereich bezeichnet – was normalerweise als die Menge der „existierenden“ Objekte verstanden wird. Die freie Logik tut dies nicht. Die freie Logik ist daher nützlich für die Analyse von Diskursen mit einzelnen Termen, die entweder leer sind oder leer sein könnten. Ein Term ist leer, wenn er entweder keinen Referenten hat oder auf ein Objekt außerhalb des Bereichs verweist."
[Übersetzt von Google Translate]

Free Logic: https://plato.stanford.edu/entries/logic-free/
Zuletzt geändert von Timberlake am Mo 6. Jan 2025, 22:52, insgesamt 6-mal geändert.




Benutzeravatar
Consul
Beiträge: 822
Registriert: Mo 29. Apr 2024, 00:13

Mo 6. Jan 2025, 22:39

Timberlake hat geschrieben :
Mo 6. Jan 2025, 22:04
.. und was bitteschön hat das mit der Lichtgeschwindigkeit und dem zufolge mit der Überschrifft dieses Threads zu tun?
Ich weiß, ich habe mich einer Themaabweichung schuldig gemacht—die ich hiermit beende.



"Wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst." – Juliane Werding

Timberlake
Beiträge: 2094
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

Mo 6. Jan 2025, 22:48

Aber nicht doch , habe ich dir doch , wie im Beitrag 86956 ersichtlich, noch nachträglich, wie ich meine, eine Brücke gebaut.




Benutzeravatar
Quk
Beiträge: 3581
Registriert: So 23. Jul 2023, 15:35

Di 7. Jan 2025, 00:55

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 6. Jan 2025, 18:16
Wenn ich mir bei Sonnenschein den wolkenlosen Himmel anschaue, habe ich es dann mit einer blauen Wahrheit zu tun? Wohl kaum. Der Unterschied zwischen formaler und inhaltlicher Wahrheit leuchtet mir nicht ein.
Ich bin da nicht so streng. In Gesprächen drücke ich der Wahrheit durchaus auch mal ein Etikett auf, etwa "die grausige Wahrheit" oder "die sonnige Wahrheit". Regnet es? Nein. Der Himmel ist vollkommen blau. Tatsächlich. Das ist die blanke, blaue Wahrheit. Ist das zu poetisch? Gibt es überhaupt poesiefreie Sprache? Selbst mathematische Schriften können poetisch sein, oder? Wenn das stimmt, dann ist das die pure, poetische Wahrheit. Wenn der Keks süß schmeckt, so ist dies die süße Wahrheit. Wenn das Formale perfekt ist, ist das die formale Wahrheit. Das Leben wird teurer. Das ist die traurige Wahrheit. Natürlich ist die Wahrheit an sich nicht traurig. Sie ist ja kein fühlendes Wesen. Eine traurige Botschaft soll auch nicht heißen, dass die Botschaft weint, sondern dass die Botschaftsempfänger traurig werden. Bei einer traurigen Wahrheit werden die Wahrheitserkenner traurig. Bei einer blauen Wahrheit sehen die Wahrheitserkenner blau. -- Mir ist klar, dass man den Wahrheitsbegriff abstrahieren kann, um ihn als Universal-Variable zu notieren. Aber ich gebe den Abstraktionen gerne einen Inhalt. Ich liebe Inhalte. Was nützen mir alle Formalien, wenn ich sie nie fülle?




Wolfgang Endemann
Beiträge: 1108
Registriert: Di 23. Apr 2024, 14:30

Di 7. Jan 2025, 11:08

Timberlake hat geschrieben :
Mo 6. Jan 2025, 15:12
Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mo 6. Jan 2025, 13:14


Mathematik verstehen heißt, den Unterschied von inhaltlicher und formaler Wahrheit verstehen.

Wenn Mathematik verstehen heißt, den Unterschied von inhaltlicher und formaler Wahrheit verstehen, so muss man wohl konstatieren, dass wir ..deshalb!... die inhaltliche Wahrheit! .. der Lichtgeschwindigkeit nicht verstehen! ... Oder?
Nicht ganz. Mein Satz "Mathematik verstehen heißt, den Unterschied von inhaltlicher und formaler Wahrheit verstehen" bedeutet nicht, daß ich Nichtmathematisches nicht verstehen kann, sondern nur, daß ich Mathematik nicht verstehe, wenn ich sie als Quelle realen Wissens betrachte, wenn ich glaube, sie sagt mir, wie die Welt ist. "Einen mathematischen Satz verstehen" heißt erst einmal zu verstehen, was er bedeutet, also die strukturale Aussage zu verstehen. Mathematische Sätze müssen formal wahr sein, das sind sie, wenn es einen Beweis im mathematischen Formalismus gibt. Verstehen in einem tieferen Sinn heißt dann, den mathematischen Beweis kennen und verstanden zu haben. "Die Mathematik verstehen" heißt nun, die formale Wahrheit alles dessen verstehen, was die Mathematik beweisen kann. Und das ist unter allen Umstanden wahr, in jeder möglichen Welt. Das bedeutet aber mitnichten, daß ein solch wahrer Satz in unserer Welt irgendeine Bedeutung für deren Verfaßtheit hat und so ein sinnvoller Satz der Wirklichkeit ist. Inhaltliches Verstehen ist ein Verstehen dessen, was ist. Formal wahr heißt denknotwendig, inhaltlich wahr heißt in der Wirklichkeit tatsächlich gegeben sein.

Im Fall der Lichtgeschwindigkeit: In der Euklidschen Modellierung der Welt ist Geschwindigkeit definiert als v=s:t, da kann v alle Werte annehmen, Geschwindigkeiten addieren sich linear. In dieser Mathematik ist es überhaupt kein Problem, sich schneller als Lichtgeschwindigkeit zu bewegen, man muß nur auf einem Lichtstrahl aufsitzen und dann eine Eigengeschwindigkeit draufsetzen, zB ein Lichtsignal aussenden, das hätte in Bewegungsrichtung die doppelte Lichtgeschwindigkeit, in Gegenrichtung wäre es ein stehender Lichtpunkt, würde von diesem Lichtsignal ein Signal ausgesendet, würde es nie bei einem Beobachter ankommen (spätestens hier müssen uns Zweifel kommen, ob das ein geeignetes Modell unserer Welt ist). Eine euklidische Welt ist denkbar, und alle Aussagen in ihr sind wahr. Aber die Welt ist nicht euklidisch, in ihr ist die Lichtgeschwindigkeit konstant und gleichzeitig die schnellste Wirkgeschwindigkeit. Daher wählt man zur Beschreibung einen nichteuklidschen Formalismus mit einer speziellen Metrik, der in sich, dh mathematisch wahr (konsistent) ist, aber eine Höchstgeschwindigkeit enthält, c, und einen Beschreibungsraum, in dem die Raum-Zeit-Koordinaten nicht linear unabhängig sind. Dieses mathematische Modell muß man als mathematisches Gebilde verstehen, und dann können wir darüberhinaus verstehen, daß es tatsächlich vorliegt, nicht nur eine mathematische Wahrheit, sondern auch eine reale Erkenntnis liefert.




Wolfgang Endemann
Beiträge: 1108
Registriert: Di 23. Apr 2024, 14:30

Di 7. Jan 2025, 11:14

Consul hat geschrieben :
Mo 6. Jan 2025, 17:25


Das Existenzprädikat wird in der Freien Logik (free logic) verwendet:
Man lernt nie aus. Die "Freie Logik" kannte ich noch nicht. Aber ich habe schon verstanden, was Du mit "∃xE!x" meinst, nur den Sinn dieser Erweiterung der Logik verstehe ich nicht, im Unterschied zu den nichtklassischen, mehrwertigen, modalen, Quanten- usw Logiken, die die klassische in der Regel enthalten, nur spezifischere Aussagen gestatten, oder die klassische Logik wie im Intuitionismus einschränken.
Ich sagte ja, das kann man machen, aber ich sehe nicht, welche Vorteile gegenüber den Nachteilen eine solche Logik einbringen könnte. Vorstellen kann ich mir eine Kodifizierung von Zustandskonfigurationen, in denen es genau auf diese Differenz von realisiert sein oder nicht realisiert sein ankommt, also als eine ganz spezielle Logik für einen ganz speziellen Bereich. Aber als praktikable allgemeine Logik: nein.

Zur stanford-Definition:
Der Ausdruck <"Es existiert mindestens ein x, das existiert" = "Einiges Existierende existiert"> kommt mir reichlich schräg vor. Er ist doch nur sinnvoll, wenn möglicherweise einiges nicht existiert (ansonsten wäre er tautologisch). Dann würde die Aussage Ǝx besagen: es existiert auch einiges, das nicht existiert. Für sich genommen ist das reiner Blödsinn.
Wenn wir im mathematischen System bleiben, macht es keinen Unterschied, ob ich sage Ǝx oder ƎxƐx, ich verwende Ɛx wie Dein E!x, Ǝx bedeutet schon, daß es mindestens ein x gibt. Und es läßt sich auch eindeutig sagen, daß es genau oder höchstens ein x gibt.
Ǝ!xF(x) :↔ ƎxF(x)˄Ʌy(F(y)→y=x) (es gibt genau ein x)
Mit Ǝ¡x als "es gibt höchstens ein x: Ǝ¡xF(x) :↔ Ʌy(F(y)→y=x)
Damit gilt Ǝ!xF(x) ↔ ƎxF(x) ˄ Ǝ¡xF(x).
Sinn macht ein Ɛx oder E!x nur, wenn es sich von Ǝx unterscheidet, also nicht beides sich auf den Formalismus bezieht, sondern nur Ǝx, das bezieht sich auf die Bereichsmenge aller Terme x im System, darum schreibe ich ja ein anderes E, Ɛ. Das heißt. daß wir ein Formalismus-"es gibt" und ein anderes "es gibt" haben, zB eine Ontologie des Denkens und eine der unmittelbaren Wirklichkeit, eine der Abbilder und eine der Urbilder, Sein im Formalismus und Sein in der Wirklichkeit.

Das sollte erklären, warum ich mit der stanford-Definition nichts anfangen kann. Denn in
E!t := Ǝx(x=t) ist t doch ein syntaktisch korrekt gebildeter Term des Formalismus, oder nicht? Dann gilt allerdings:
E!t ↔ Ǝt, da Ʌx(x=x), also t=t. Wenn dagegen t kein Term des Formalismus ist, kann man unterscheiden zwischen im Formalismus oder außerhalb des Formalismus existieren. Wenn man den Formalismus als Abbild der Wirklichkeit versteht, dann ist eine Bijektion möglich wie eine Injektion oder eine Surjektion.
Sollte Dein Kommentar #86955 darauf eine Antwort sein?




Timberlake
Beiträge: 2094
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

Di 7. Jan 2025, 13:02

Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Di 7. Jan 2025, 11:08
Timberlake hat geschrieben :
Mo 6. Jan 2025, 15:12
Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Mo 6. Jan 2025, 13:14


Mathematik verstehen heißt, den Unterschied von inhaltlicher und formaler Wahrheit verstehen.

Wenn Mathematik verstehen heißt, den Unterschied von inhaltlicher und formaler Wahrheit verstehen, so muss man wohl konstatieren, dass wir ..deshalb!... die inhaltliche Wahrheit! .. der Lichtgeschwindigkeit nicht verstehen! ... Oder?
Nicht ganz. Mein Satz "Mathematik verstehen heißt, den Unterschied von inhaltlicher und formaler Wahrheit verstehen" bedeutet nicht, daß ich Nichtmathematisches nicht verstehen kann, sondern nur, daß ich Mathematik nicht verstehe, wenn ich sie als Quelle realen Wissens betrachte, wenn ich glaube, sie sagt mir, wie die Welt ist.
Das liest sich für mich so. als ob ich Mathematik .. inhaltlicher! .. Form, ganz grundsätzlich und generell nicht verstehen kann und zwar wenn ich sie als Quelle realen Wissens betrachte. Ich kann sie nur als Quelle nicht realen Wissens in .. formaler! .. Form verstehen. Um dergleichen, also Mathematik .. inhaltlicher! .. Form, im Sinne der Dialektik und somit dem Denken in Gegensätzen , um zu formulieren.
Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Di 7. Jan 2025, 11:08
Im Fall der Lichtgeschwindigkeit: In der Euklidschen Modellierung der Welt ist Geschwindigkeit definiert als v=s:t, da kann v alle Werte annehmen, Geschwindigkeiten addieren sich linear. In dieser Mathematik ist es überhaupt kein Problem, sich schneller als Lichtgeschwindigkeit zu bewegen, man muß nur auf einem Lichtstrahl aufsitzen und dann eine Eigengeschwindigkeit draufsetzen, zB ein Lichtsignal aussenden, das hätte in Bewegungsrichtung die doppelte Lichtgeschwindigkeit, in Gegenrichtung wäre es ein stehender Lichtpunkt, würde von diesem Lichtsignal ein Signal ausgesendet, würde es nie bei einem Beobachter ankommen (spätestens hier müssen uns Zweifel kommen, ob das ein geeignetes Modell unserer Welt ist). Eine euklidische Welt ist denkbar, und alle Aussagen in ihr sind wahr. Aber die Welt ist nicht euklidisch, in ihr ist die Lichtgeschwindigkeit konstant und gleichzeitig die schnellste Wirkgeschwindigkeit. Daher wählt man zur Beschreibung einen nichteuklidschen Formalismus mit einer speziellen Metrik, der in sich, dh mathematisch wahr (konsistent) ist, aber eine Höchstgeschwindigkeit enthält, c, und einen Beschreibungsraum, in dem die Raum-Zeit-Koordinaten nicht linear unabhängig sind. Dieses mathematische Modell muß man als mathematisches Gebilde verstehen, und dann können wir darüberhinaus verstehen, daß es tatsächlich vorliegt, nicht nur eine mathematische Wahrheit, sondern auch eine reale Erkenntnis liefert.
Das hieße, dass sowohl in der euklidschen Modellierung der Welt , wo die Geschwindigkeit als v=s:t alle Werte annehmen kann , wie auch in der nicht neuklidschen Modellierung der Welt und somit der Welt der Lichtgeschwindigkeit , wo der Wert der Geschwindigkeit begrenzt ist , wir die Mathematik nur in Form einer formalen , nicht jedoch in inhalterlicher Form verstehen können. Es also von daher keinen Unterschied zwischen einer euklidschen und einer nicht neuklidschen Modellierung der Welt gibt. Vor dem Hintergrund, das beide Welten letzendlich auf Unendlichkeiten hinauslaufen allerdings wiederum "inhaltlich" verständlich.
"Classical logic requires each singular term to denote an object in the domain of quantification—which is usually understood as the set of “existing” objects. Free logic does not. Free logic is therefore useful for analyzing discourse containing singular terms that either are or might be empty. A term is empty if it either has no referent or refers to an object outside the domain."
——————
"Die klassische Logik verlangt, dass jeder singuläre Term ein Objekt im Quantifizierungsbereich bezeichnet – was normalerweise als die Menge der „existierenden“ Objekte verstanden wird. Die freie Logik tut dies nicht. Die freie Logik ist daher nützlich für die Analyse von Diskursen mit einzelnen Termen, die entweder leer sind oder leer sein könnten. Ein Term ist leer, wenn er entweder keinen Referenten hat oder auf ein Objekt außerhalb des Bereichs verweist."
[Übersetzt von Google Translate]

Free Logic: https://plato.stanford.edu/entries/logic-free/

Das würde dann übrigens auch für die klassische und die frei Logik gelten. Auch dessen Mathematik kann ich, wenn ich sie als Quelle realen Wissens betrachte, wenn ich glaube, sie sagt mir, , wie die Welt ist, nicht in inhaltlicher Form , sondern nur jenseits dessen , in formaler Form verstehen. Wobei mich allerdings schon interessieren würde, ob man denn ganz grundsätzlich und generell ggf. die euklidschen Modellierung der Welt der klassischen Logik und die nicht euklidschen Modellierung der Welt und somit die Lichtgeschwindigkeit der frei Logik zu ordnen könnte.
Wolfgang Endemann hat geschrieben :
Di 7. Jan 2025, 11:14

Zur stanford-Definition:
Der Ausdruck <"Es existiert mindestens ein x, das existiert" = "Einiges Existierende existiert"> kommt mir reichlich schräg vor. Er ist doch nur sinnvoll, wenn möglicherweise einiges nicht existiert (ansonsten wäre er tautologisch). Dann würde die Aussage Ǝx besagen: es existiert auch einiges, das nicht existiert. Für sich genommen ist das reiner Blödsinn.
Wenn wir im mathematischen System bleiben, macht es keinen Unterschied, ob ich sage Ǝx oder ƎxƐx, ich verwende Ɛx wie Dein E!x, Ǝx bedeutet schon, daß es mindestens ein x gibt. Und es läßt sich auch eindeutig sagen, daß es genau oder höchstens ein x gibt.
Ǝ!xF(x) :↔ ƎxF(x)˄Ʌy(F(y)→y=x) (es gibt genau ein x)
Mit Ǝ¡x als "es gibt höchstens ein x: Ǝ¡xF(x) :↔ Ʌy(F(y)→y=x)
Damit gilt Ǝ!xF(x) ↔ ƎxF(x) ˄ Ǝ¡xF(x).
Nur um einmal an dieser Stelle, das Problem mit der klassische und der freien Logik von daher zu beschreiben und nicht , wie hier vorgeführt, in einer "idealen Sprache" , derer nur die wenigsten mächtig sind. Zu denen ich mich übrigens selbst leider nicht zählen kann.
Zuletzt geändert von Timberlake am Di 7. Jan 2025, 13:50, insgesamt 4-mal geändert.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 26789
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Di 7. Jan 2025, 13:27

Quk hat geschrieben :
Di 7. Jan 2025, 00:55
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 6. Jan 2025, 18:16
Wenn ich mir bei Sonnenschein den wolkenlosen Himmel anschaue, habe ich es dann mit einer blauen Wahrheit zu tun? Wohl kaum. Der Unterschied zwischen formaler und inhaltlicher Wahrheit leuchtet mir nicht ein.
Ich bin da nicht so streng. In Gesprächen drücke ich der Wahrheit durchaus auch mal ein Etikett auf, etwa "die grausige Wahrheit" oder "die sonnige Wahrheit". Regnet es? Nein. Der Himmel ist vollkommen blau. Tatsächlich. Das ist die blanke, blaue Wahrheit. Ist das zu poetisch? Gibt es überhaupt poesiefreie Sprache? Selbst mathematische Schriften können poetisch sein, oder? Wenn das stimmt, dann ist das die pure, poetische Wahrheit. Wenn der Keks süß schmeckt, so ist dies die süße Wahrheit. Wenn das Formale perfekt ist, ist das die formale Wahrheit. Das Leben wird teurer. Das ist die traurige Wahrheit. Natürlich ist die Wahrheit an sich nicht traurig. Sie ist ja kein fühlendes Wesen. Eine traurige Botschaft soll auch nicht heißen, dass die Botschaft weint, sondern dass die Botschaftsempfänger traurig werden. Bei einer traurigen Wahrheit werden die Wahrheitserkenner traurig. Bei einer blauen Wahrheit sehen die Wahrheitserkenner blau. -- Mir ist klar, dass man den Wahrheitsbegriff abstrahieren kann, um ihn als Universal-Variable zu notieren. Aber ich gebe den Abstraktionen gerne einen Inhalt. Ich liebe Inhalte. Was nützen mir alle Formalien, wenn ich sie nie fülle?
Ich hab kein Problem, wenn jemand zum Beispiel von der nackten Wahrheit spricht oder der grausigen Wahrheit, solange klar bleibt, dass damit kein kategorialer Unterschied gemeint ist und deutlich bleibt, dass wir nur einen Wahrheitsbegriff haben. Dass 750 + 750 = 1500 sind, mag eine grausige Wahrheit sein, wenn es dabei um eine Rückzahlung geht, aber es ist eben einfach wahr :-)




Timberlake
Beiträge: 2094
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

Di 7. Jan 2025, 13:58

Quk hat geschrieben :
Di 7. Jan 2025, 00:55
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 6. Jan 2025, 18:16
Wenn ich mir bei Sonnenschein den wolkenlosen Himmel anschaue, habe ich es dann mit einer blauen Wahrheit zu tun? Wohl kaum. Der Unterschied zwischen formaler und inhaltlicher Wahrheit leuchtet mir nicht ein.
Ich bin da nicht so streng. In Gesprächen drücke ich der Wahrheit durchaus auch mal ein Etikett auf, etwa "die grausige Wahrheit" oder "die sonnige Wahrheit". Regnet es? Nein. Der Himmel ist vollkommen blau. Tatsächlich. Das ist die blanke, blaue Wahrheit. Ist das zu poetisch? Gibt es überhaupt poesiefreie Sprache? Selbst mathematische Schriften können poetisch sein, oder? Wenn das stimmt, dann ist das die pure, poetische Wahrheit.
Bei den mathematische Schriften , die pure, poetische Wahrheiten beschreiben , würde ich jedenfalls Einsteins Gedankenexperimente zur Lichtgeschwindigkeit an den vordersten Plätzen verorten ..
nationalgeographic.de hat geschrieben :
Einsteins Relativitätstheorie in 4 einfachen Schritten


Einsteins Offenbarung war, dass Beobachter in relativer Bewegung Zeit anders wahrnehmen. Es ist also absolut möglich, dass zwei Ereignisse aus der Sicht eines Beobachters gleichzeitig stattfinden, für einen anderen Beobachter aber nacheinander passieren. Und beide Beobachter hätten recht.

Einstein verdeutlichte diesen Punkt später mit einem weiteren Gedankenexperiment. Man stelle sich vor, dass wieder ein Beobachter an Zuggleisen steht, als ein Zug vorbeifährt. Aber dieses Mal werden beide Enden des Zuges von einem Blitz getroffen, gerade als der Mittelpunkt des Zugs am Beobachter vorbeizieht. Weil beide Blitze die gleiche Entfernung zum Beobachter haben, erreicht ihr Licht dessen Augen auch im selben Moment. Er sagt also korrekterweise, dass beide Blitze gleichzeitig eingeschlagen haben.

Derweil sitzt ein zweiter Beobachter genau in der Mitte des Zuges. Aus dessen Perspektive muss das Licht beider Blitze ebenfalls die gleiche Entfernung zurücklegen. Allerdings bewegt sich der Zug. Das Licht vom hinteren Blitz muss deshalb also ein Stück weiter reisen, um aufzuholen, und wird den zweiten Beobachter deshalb ein bisschen später erreichen als das Licht des vorderen Blitzes. Da die Lichtstrahlen ihn also zu unterschiedlichen Zeiten erreicht haben, muss er daraus schließen, dass die Blitze nicht gleichzeitig eingeschlagen haben.

Kurz gesagt: Einstein begriff, dass Gleichzeitigkeit relativ ist. Sobald man das akzeptiert, sind alle seltsamen Effekte, die wir heute mit Relativität assoziieren, nur eine Frage der simplen Mathematik.
Auch und insbesondere weil diese Schrift uns mit der traurigen Wahrheit konfrontiert , dass das Star Treck Universum , in dem sich Raumschiffe mit Überlichtgeschwindigkeit fortbewegen, in etwa so real sind wie Grimms Märchen.




Benutzeravatar
Quk
Beiträge: 3581
Registriert: So 23. Jul 2023, 15:35

Di 7. Jan 2025, 14:13

Timberlake hat geschrieben :
Di 7. Jan 2025, 13:58
... dass das Star Treck Universum , in dem sich Raumschiffe mit Überlichtgeschwindigkeit fortbewegen, in etwa so real sind wie Grimms Märchen.
Deine Bemerkung klingt wie eine Beschwerde. "Star Trek" ist ein Märchen. Und das ist gut so. Science Fiction ist nicht Science Reality.

Leonard Nimoy, der den Spock spielte, sagte einmal so ungefähr: "Es geht nicht ums Beamen und um Warpantrieb, das ist alles nur Theaterkulisse; es geht um gute Ideen."




Timberlake
Beiträge: 2094
Registriert: Mo 16. Mai 2022, 01:29
Wohnort: Shangrila 2.0

Di 7. Jan 2025, 22:20

Wenn gleich in den "guten Ideen" möglicherweise durchaus vergleichbar, würde ich da schon unterscheiden wollen, zwischen der Theaterkulisse in Grimms Märchen und der des "Star Trek" Universum. Würde doch niemand auch nur ernsthaft in Erwägung ziehen, dass das Hexenhäuschen aus Lebkuchen in dem Märchen Hänsel und Gretel, real sein könnte. Dazu nur mal zum Vergleich …
forschung-und-wissen.de hat geschrieben :
Wie in Star Trek
Physiker erzeugen erstmals echte Warp-Blase

Der Traum vom interstellaren und intergalaktischen Reisen wird nicht zuletzt durch die Lichtgeschwindigkeit als Höchstgeschwindigkeit begrenzt. Die Raumschiffe der Science-Fiction-Serie Star Trek nutzen den Warpflug, um die physikalischen Gesetze nicht zu brechen, aber mit einem Trick zu umgehen. In der Theorie ist dieser sogenannte Warpantrieb tatsächlich möglich und US-Physiker haben nun erstmals eine echte Warp-Blase im Miniaturformat erzeugen können, welche alle notwendigen Eigenschaften erfüllt.
Houston (U.S.A.). Dr. Harold White und sein Team vom Limitless Space Institute (LSI) betonen gegenüber der Fachpresse, wie beispielsweise im renommierten wissenschaftlichen Fachjournal European Physical Journal: „Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, will ich das ganz klar sagen, unsere Entdeckung ist kein Analog-Modell zur Vorstellung einer Warp-Blase. Es handelt sich um eine echte, wenn auch extrem winzige und sehr schwache Warp-Blase.“ Damit ist es Physikern erstmals gelungen eine echte Warp-Blase zu erzeugen, welche vielleicht den Grundstein für eine revolutionäre Antriebstechnik in der Raumfahrt legen wird.




Benutzeravatar
HeinrichUnverzagt
Beiträge: 28
Registriert: Sa 13. Jul 2024, 01:51
Wohnort: Baunatal und Berlin
Kontaktdaten:

Sa 11. Jan 2025, 01:07

Quk hat geschrieben :
So 5. Jan 2025, 12:47
HeinrichUnverzagt hat geschrieben :
So 5. Jan 2025, 02:33
Dass nichts schneller ist als das Licht, ist nur eine Theorie. Quasi eine Gewissheit, jedoch hat Gewissheit nichts mit Wahrheit zu tun. Raum und Zeit zu verquicken ist meines Erachtens sowieso unzulässig. Hat schon William Sidis erkannt. Einsteins Relativitätstheorie ist übrigens auch nur eine Theorie, Allein schon, dass er Vergangenheit und Zukunft eine gewisse "Gleichzeitigkeit" zugesteht, zeugt m. E. von einer falschen Vorstellung von Zeit. Ich behaupte (als Vermutung), dass es keine Vergangenheit gibt.
Ja, die Relativitätstheorie ist eine Theorie. Deshalb heißt sie Relativitätstheorie und nicht Relativitätsdogma. In der Wissenschaft geht es um Theorien, nicht um Dogmen. Wogegen argumentierst Du? Argumentierst Du gegen einen vermeintlichen Dogmatismus in der Wissenschaft? Ein Dogmatiker ist kein Wissenschaftler. -- Du erachtest das Raumzeitmodell als unzulässig. Argumente gegen das Raumzeitmodell sind in der Wissenschaft und in der Philosophie immer willkommen, aber ich denke, Du musst das genau begründen und erläutern. Die Relativitätstheorie ist sehr robust. Was genau wird bei den alltäglichen empirischen Belegen und in den Formeln falsch gemacht, Deines Erachtens?

Übrigens erlaubt die Relativitätstheorie durchaus Geschwindigkeiten schneller als das Licht. Theoretisch könnte es Wesen geben, die schneller sind als das Licht und sogar unendlich schnell sein könnten. Nur: Sie können niemals so langsam werden wie das Licht. Denn bei Lichtgeschwindigkeit wäre ihre Masse unendlich groß, und das ist theoretisch unmöglich. Wir hier können uns nicht auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigen, und die Anderen können sich nicht auf Lichtgeschwindigkeit bremsen. Das ist eine Barriere, die nicht überschritten werden kann, weder von oben noch von unten. Das heißt nicht, dass es kein Oben geben kann.

Vergangenheit ist ein Abschnitt der Zeit, würde ich sagen. Wenn es, wie Du behauptest, keine Vergangenheit gibt, dann gibt es auch keine Zeit. Zeit ist eine Dimension. Ich denke, Du kannst diese Dimension statt "Zeit" auch "Perlenkette" nennen oder "Tunneltiefe" oder sonstwie. Die Zeit verstehen, heißt, wissen was eine Größe ist. Es gibt auch Größen namens Breite, Länge, Tiefe. In diesen Dimensionen gibt es ebenfalls Abschnitte. Sind diese Größen Deines Erachtens ebenfalls unzulässig? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum unzulässig nur in der Zeit und nicht im Raum?

Du sagst, Einstein würde der Vergangenheit und der Zukunft eine gewisse "Gleichzeitigkeit" zugestehen. Das tut Einstein eben nicht. Im Gegenteil.

Verwechselst Du Einstein mit Newton?
Für mich ist Zeit keine Dimension sondern ein Konzept. Ersonnen von einer biologischen Ausstülpung materiellen Seins. Nämlich dem beobachtenden Menschen, sich seiner Selbst und seiner Endlichkeit bewusst geworden. Um damit umzugehen ersann er als Struktur die Zeit. Auf sich regelmäßig wiederholenden, irdischen Geschehnissen basierend.
Um Zeit als Dimension- beispielsweise um mit ihr das Vierdimensionale Universum zu beweisen-In Anspruch zu nehmen, müsste jede ihrer beobachtbaren Eigenschaften physikalisch beeinflussbar sein.
Unbestreitbar haben wir physikalisch keinerlei Einfluss auf die Vergangenheit. Sie existiert nur ideell, als Erinnerung, als sprachliches Mittel. Ihr Einfluss ist, wenn überhaupt, nur mittelbar. Ihre Einbeziehung in welche Modelle auch immer, finde ich unzulässig. Würde tatsächlich eine Vergangenheit „noch“ existieren, es wäre eine Katastrophe für uns. Würde ein determiniertes Universum mit allen defätistischen Konsequenzen bedingen. Nein Danke, auch wenn es alle Befürworter eines weiteren Hitler-Attentates per Zeitreise frustriert.
Die Gegenwart, neulich von einer Wissenschaftlerin öffentlichkeitswirksam auf 3 Sekunden erkannt (versucht mal, das Umfallen eines gefüllten Glases rückgängig zu machen, das müsste nämlich bei einer Dauer von 3 Sekunden einfach sein), sehe ich sinnbildlich anders. Als das permanente Abreiten der Welle der/zur Entropie. Eine immerwährende Vorstufe der Zukunft. Nie statisch, aber intuitiv beeinflussbar.
Die Zukunft. Nach eigenem Erleben sich in einer „Entfernung“ von 5-10 Sekunden bildend. Wie auch immer, ob aus Protoplasma oder sonstigem, uns sich nicht erschließendem Grundstoff, sie kann noch nicht im Moment empfundener Gegenwart existieren. Dann wäre sie, zwangsläufig determiniert.
Das meinte ich, was mich an der Relativitätstheorie stört. Die gemessene Gleichzeitigkeit von Vergangenheit und Zukunft ist nicht möglich. Alles drumherum an so logisch erscheinenden Beweisen sehe ich als Beugung rationaler Erkenntnisse.
Überhaupt gefallen mir die meisten Erklärungen zur Zeit nicht, erst recht die damit betriebenen Beweisführungen zu universellen Theorien. Sie führen nur in Sackgassen. Da nutzt es auch nicht mal ein Higgs-Boson zu ersinnen um endlich mal Recht zu haben …
Vor etwa zwei oder drei Jahren gab es eine Scobel-Sendung zum Thema Zeit. Ich liebe Scobel, oft sehr anstrengend. Doch es hat mich schon enttäuscht, wie helle Köpfe so naiv und trivial an das Thema herangegangen sind. Ich finde, das Wesen der "Zeit" wird sich nie mathematisch oder formelbewehrt ergründen lassen. Nur philosophisch. Mit dem ganzen Rechenwerk bleibt Ihr immer auf der Erde und setzt Euch Grenzen. Sucht lieber den Umweg, der das Undenkbare durch Zufall denkbar macht.
Und noch ein Nachtrag: Mache mir natürlich auch Gedanken zu gewissen Theorien. Die Zeitdilatation könnte ja nach meinen Gedanken dazu führen, dass eine Raumschiffsbesatzung in unmittelbarer Vergangenheit ankommt. Was heißen könnte, dass da nichts mehr ist, Vergangenheit ist nicht mehr existent. Was, wenn es eine universelle mittlere Gegenwart als Naturgesetzlichkeit gäbe? die gewisse Schwankungen in der Zeit nivelliert?




Antworten