Was ist eine Innenwelt?

Drei wichtige philosophische Schulen der Philosophie des 20. Jahrhunderts, welche die Philosophie europäischer und amerikanischer Provenienz mitgeprägt haben
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Jörn Budesheim
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Do 1. Jul 2021, 05:38

Was ist eine Innenwelt?




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Jörn Budesheim
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Do 1. Jul 2021, 05:50

Lexikon der philosophischen Argumente, Innenwelt:

Die Innenwelt wird als Gegenbegriff zur Außenwelt eines Individuums angenommen. Die Innenwelt beinhaltet die Reaktionen, Gefühle, Empfindungen, Erinnerungen des Individuums selbst auf Dinge in der Außenwelt. Die Außenwelt beinhaltet die Gegenstände, Sachverhalte bzw. Situationen, in denen sich das Individuum befindet und die von ihm als außerhalb seiner selbst erfahren werden. Als Drittes wird die Soziale Welt angenommen, die die geteilten Inhalte von Individuen in einer Gemeinschaft umfasst. Dazu gehören Sprache, Recht, Vereinbarungen, gemeinsam geschaffene und geteilte Inhalte und Kommunikation.

_____________
Anmerkung: Die obigen Begriffscharakterisierungen verstehen sich weder als Definitionen noch als erschöpfende Problemdarstellungen ...[/quote]




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Do 1. Jul 2021, 05:57

Interessant: weder in "Grundbegriffe der Philosophie" noch in "Grundbegriffe der antiken Philosophie" wird der Begriff überhaupt nur erwähnt! (Ich würde auch vermuten, dass der Begriff vergleichsweise jung ist, aber dazu habe ich bisher nichts gefunden.)




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Do 1. Jul 2021, 06:02

Wörterbuch der philosophischen Begriffe:

Innenwelt, ↑Außenwelt. innerer Sinn, bei I. Kant die Fähigkeit der ↑Seele, ihre eigenen Veränderungen, die Vorgänge in ihr wahrzunehmen, ihre eigenen Vorstellungen zum Gegenstand zu machen; bei J. Locke ↑Reflexion im Gegensatz zum äußeren Sinn (↑Sensation) genannt. Von den Kantischen Anschauungsformen ↑Raum und ↑Zeit bezieht sich die erstere nur auf den äußeren, die letztere auch auf den i. S., d. h. erstere ist Bedingung der Außenweltwahrnehmung, letztere auch der Selbstwahrnehmung.




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Do 1. Jul 2021, 06:12

Bei Wikipedia gibt es nur folgenden Eintrag:

"Innenwelt (Eigenschreibweise: innenwelt) war ein österreichisches Magazin zum Thema psychische Gesundheit mit Sitz in Wien. Es wurde im Oktober 2015 eingestellt."




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Do 1. Jul 2021, 06:12

In wiktionary, Innenwelt:

Bedeutungen:

die Gesamtheit der Vorstellungen, Gedanken und Gefühle, die das Erleben eines Menschen ausmachen

Beispiele:

„Die Unterscheidung einer sicheren Innenwelt von einer zweifelhaften Außenwelt erfordert eine Erklärung für den intentionalen Gehalt unserer mentalen Zustände, die nicht auf die Existenz äußerer Gegenstände rekurriert.“[2]

„Ich wundere mich stets aufs Neue, dass ich noch immer nicht vom Äußeren auf die Innenwelt eines Menschen schließen kann.“[3]

---------

[2]↑ Marcus Willaschek: Der mentale Zugang zur Welt. Realismus, Skeptizismus und Intentionalität. In: Philosophische Abhandlungen. Band 87, Vittorio Klostermann, 2003, ISBN 9783465032472, Seite 108 (Google Books)

[3]↑ Andreas Altmann: Gebrauchsanweisung für die Welt. 8. Auflage. Piper, München/Berlin/Zürich 2016, ISBN 978-3-492-27608-5, Seite 44. Erstauflage 2012.




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Jörn Budesheim
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So 4. Jul 2021, 20:52

Curd Volker RANZ, Sartre, Jean Paul (1947): Situationes vol. I, S. 31-36: Une Idée Fondamentale de la Phénoménologie de Husserl: L´ Intentionalité; übersetzt von und zitiert nach: Schmitz 1996, 88-89 hat geschrieben : Gegen diese Verdauungsphilosophie des Empiriokritizismus, des Neukantianismus, gegen jederlei Psychologismus bekräftigt Husserl unermüdlich, daß man die Dinge nicht im Bewußtsein auflösen kann. […] Husserl sieht im Bewußtsein ein irreduzibles Faktum, das kein physisches Bild wiedergeben kann, außer vielleicht das rasche und dunkle Bild des Platzens. […], denn das Bewußtsein hat kein ,Innen‘; es ist nichts als das Außer-sich, und diese absolute Flucht, diese Weigerung Substanz zu sein, sind das, was es als Bewußtsein konstituiert. Stellt euch eine zusammenhängende Folge von Platzungen vor, die euch von euch selbst abreißen […]; stellt euch vor, daß wir solchermaßen durch unsere Natur abgeworfen, allein gelassen sind in einer gleichgültigen, feindseligen und widersetzlichen Welt: Ihr werdet so den tiefen Sinn der Entdeckung gefaßt haben, die Husserl in dieser berühmten Sentenz ausdrückt: ,Jedes Bewußtsein ist Bewußtsein von etwas.‘ […] Diese Notwendigkeit für das Bewußtsein, als Bewußtsein einer anderen Sache als seiner selbst zu existieren, nennt Husserl ,Intentionalität‘. […] Aber für Husserl und die Phänomenologen beschränkt sich das Bewußtsein, das wird von den Dingen haben nicht auf ihre Erkenntnis. […] Diese berühmten ,subjektiven’ Reaktionen Haß, Liebe, Furcht, Sympathie, die sich in der übelriechenden Salzlake des Geistes herumtrieben: Sieh da! sie reißen sich davon ab; sie sind nichts als Weisen, die Welt zu entdecken. Es sind die Dinge selbst, die sich uns plötzlich entschleiern, als hassenswert, sympathisch, schrecklich, lieblich. […] Husserl hat den Schrecken und den Zauber in den Dingen wiederhergestellt. Sieh da! Proust sind wir los. Ledig zugleich des ,inneren Lebens‘ […]. Nicht in irgend einer Zufluchtsstätte kommt es dazu, daß wir uns entdecken: Das geschieht auf der Straßen, in der Stadt, mitten in der Masse, Sache unter Sachen, Mensch unter Menschen.




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Di 6. Jul 2021, 12:18

Hab's mal mit Innerlichkeit versucht. Lt. Wiki:
"Mit Innerlichkeit bezeichnet man in der Philosophie alle dem Subjekt zukommenden Bewusstseinsvorgänge, Gedanken und Emotionen im Unterschied zu der außer ihm befindlichen Welt, der „Außenwelt“. Auf kultureller Ebene wurde den Deutschen gerne Innerlichkeit im Sinne eines Rückzugs des Subjekts aus der Welt, aber auch als besonnene und empfindsame Gemütslage zugeschrieben. Dies drückt sich im stehenden Begriff deutsche Innerlichkeit aus."




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infinitum
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Mi 7. Jul 2021, 23:03

dazu habe ich folgendes gefunden:
Christina Thürmer-Rohr schrieb in "Der Sinn des Unterscheidens und die Gefahren des Unbegrenzten" hat geschrieben : In Arendts Sicht ist das „Innere“ nicht-differenziert, durch kein Anderes, keine Pluralität in Rahmen gehalten. Diese Position mündet in einer ziemlich pauschalen Abneigung gegen psychische Realitäten, gegen Innerlichkeit und Subjektivität sowie gegen Psychologie und Psychoanalyse. Oberflächlich gesehen ist Arendts Aversion sicher als Antwort auf die a-politische Entwicklung der Psychoanalyse und vieler in die USA emigrierter Analytiker zu verstehen, auf deren Leugnung politischer Verantwortungen und ihren Rückzug auf intrapsychische Prozesse. Der Unwille über dieses Abtauchen in die Innenwelt mag Kritiker dazu verleitet haben, unbewusste psychische Vorgänge mit ihren oft verstörenden antisozialen Wirkungen insgesamt zu unterschätzen oder vollends abzuwehren, wie Arendt es getan hat. Arendt bezieht sich wohl auf die sog. Ein-Personen-Psychologie, die die Wirklichkeit und das Andere auf Subjektives, Gefühles, Empfundenes reduziert. Und so sprach sie vom „Unsinn des Unbewussten“, vom „Trugschluss aller modernen Psychologie“, die vorgäbe zu wissen, was sie nicht wissen könne, die die eigene Sicht verabsolutiere und glaube, dass das Innere „den gleichen Standards unterworfen“ sei wie die Welt...
Was hat Arendt eigentlich mit dem „Inneren“ gemeint, dem Beginn der gezeigten Gedankenkette: Innenwelt - Einheit - Grenzenlosigkeit - Allmacht - das Böse? Auf den ersten Blick erscheint ihre Behauptung, dieses „Innere“ sei bei allen gleich, ja reichlich absurd und stimmen wohl alle darin überein, dass die komplexen Psychen überhaupt nicht als Einheitsmodell zu beschreiben sind50. M.E. aber meint Arendt, wenn sie vom „Inneren“ spricht, gar nicht die Psyche, eher jenen seelischen Dunkelraum51, jenen Anteil des Psychischen, den Freud „Trieb“ genannt hat, den „Herrn der Innenwelt“, der diese im Griff hält.



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Friederike
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Mo 16. Aug 2021, 10:32

Aus der von @Jörn zitierten Arbeit von Ranz über Sartres Rezeption der Phänomenologie von Husserl (die Übersetzung von Schmitz, aber nicht Hermann Schmitz, oder?)
C.V. Ranz hat geschrieben : [...] denn das Bewußtsein hat kein ,Innen‘; es ist nichts als das Außer-sich, und diese absolute Flucht, diese Weigerung Substanz zu sein, sind das, was es als Bewußtsein konstituiert. [...] Diese Notwendigkeit für das Bewußtsein, als Bewußtsein einer anderen Sache als seiner selbst zu existieren, nennt Husserl ,Intentionalität‘. […] Diese berühmten ,subjektiven’ Reaktionen Haß, Liebe, Furcht, Sympathie, die sich in der übelriechenden Salzlake des Geistes herumtrieben: Sieh da! sie reißen sich davon ab; sie sind nichts als Weisen, die Welt zu entdecken. Es sind die Dinge selbst, die sich uns plötzlich entschleiern, als hassenswert, sympathisch, schrecklich, lieblich.
"Bewußtsein" ist unausgedehnt, es ist kein Raum, kein Behältnis.
"Bewußtsein" ist das, was es nicht ist (nichts als das Außer-sich).
Schwierig, aber faszinierend, also schön schwierig. Die Dinge selbst bringen die Gefühle hervor?
Dann wäre "Bewußtsein" ein Antworten?
(Wenn man die räumliche Orientierung verläßt, verliere ich leicht den Halt).
"Antwort" stimmt nicht.
Vielleicht Resonanz"körper" ... Bewußtsein ist die Resonanz?




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NaWennDuMeinst
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Mo 16. Aug 2021, 13:47

Ich wollte die Antwort zuerst schreiben. Stattdessen denke ich es mir einfach nur.
Und das was ihr alle nun nicht erfahrt (weil ich es Euch nicht mitteile, es nicht öffentlich mache), das ist meine Innenwelt.
Es ist einfach meins, meins, meins und nochmal meins. Keiner von Euch hat darauf Zugriff, Niemand, nicht ein Einziger. Ausser mir.



But I, being poor, have only my dreams; I have spread my dreams under your feet;
Tread softly because you tread on my dreams.
(William Butler Yeats)

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NaWennDuMeinst
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Mo 16. Aug 2021, 14:50

Auch eine Variante:
"In der philosophischen Anthropologie wird die subjektive Seite der Eigenwelt häufig als Innenwelt beschrieben, so jedenfalls von Heidegger."

Eigenwelt in der von Martin Heidegger (1889–1976) eingeführten Bedeutung bezeichnet in der philosophischen Anthropologie die ausschließlich durch eigene Erfahrungen begründete Welt. Diese Erfahrungen sind in der Beziehung zum eigenen Selbst entstanden. Die Eigenwelt kann daher auch als subjektive oder persönliche Welt bezeichnet werden. Die Eigenwelt steht nur teilweise im Gegensatz zur Umwelt, die Menschen gemeinsam mit anderen Menschen teilen können und die daher auch als ‚Mitwelt‘ oder objektive Welt bezeichnet wird. Das ‚Mitsein‘ mit Anderen lässt das Dasein Anderer in der eigenen Welt begegnen.[1](a) Die Daseinsphilosphie Heideggers wurde insbesondere von Ludwig Binswanger (1881–1966) aufgegriffen, der sie in seiner psychotherapeutischen Praxis umzusetzen versuchte.

[...]

Die Unterscheidung zwischen Innen- und Außenbereich der Eigenwelt eines Individuums (Innenwelt und Außenwelt) hat sich auch im allgemeinen psychologischen Sprachgebrauch durchgesetzt und ist hier durch Begriffe wie Internalisierung oder Externalisierung geläufig.[4](a) Ein ähnliches begriffliches Konzept ist von Carl Gustav Jung (1875–1961) verwendet worden. Dieser spricht von Introversion und Extraversion.
Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Innenpsychologie
https://de.wikipedia.org/wiki/Eigenwelt



But I, being poor, have only my dreams; I have spread my dreams under your feet;
Tread softly because you tread on my dreams.
(William Butler Yeats)

Körper
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Sa 19. Feb 2022, 09:51

Wenn man "Innenwelt" als "Perspektive auf Objekte" in Bezug auf Reaktionen, Gefühle, Empfindungen, Erinnerungen, Vorstellungen, Ideen, Bedeutungen usw. versteht, dann ist "Innenwelt" für mich der Oberbegriff für eine Einteilung des Mentalen.
In dieser "Innenwelt" soll es auf Basis der Perspektive einen Akteur geben, der sich zwischen all den Objekten "bewegen" kann.
Der Akteur verwendet dabei das Wort "Ich" analog zu Situationen, in denen er als Handelnder in der ("Aussen"-)Welt agiert.

Ich würde "Innenwelt" mehr in Richtung der Perspektive abwandeln und eher das Wort "Innenschau" verwenden.

Diese "Innenschau" sehe ich letztlich als das zentrale Element des "phänomenalen Bewusstseins" an.

Die spannende Frage lautet "wie kommt es zu dieser Innenschau?" oder anders gefragt "wieso geht das Licht an?".




Burkart
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Sa 19. Feb 2022, 11:02

Körper hat geschrieben :
Sa 19. Feb 2022, 09:51
Die spannende Frage lautet "wie kommt es zu dieser Innenschau?" oder anders gefragt "wieso geht das Licht an?".
Durch - zu ersterem: z.T. viel - Erfahrung?



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

Körper
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Sa 19. Feb 2022, 12:20

Burkart hat geschrieben :
Sa 19. Feb 2022, 11:02
Durch - zu ersterem: z.T. viel - Erfahrung?
Erfahrung womit, mit einer "Innenwelt" oder mit einer "Aussenwelt"?

Zusätzlich würde ich fragen, ob "Erfahrung" nicht zu viel Freiheit/Eigenständigkeit/Unabhängigkeit zulässt, denn handelt es sich wirklich um "Erfahrung" oder um soetwas wie "Prägung"?




Burkart
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Sa 19. Feb 2022, 12:33

Körper hat geschrieben :
Sa 19. Feb 2022, 12:20
Burkart hat geschrieben :
Sa 19. Feb 2022, 11:02
Durch - zu ersterem: z.T. viel - Erfahrung?
Erfahrung womit, mit einer "Innenwelt" oder mit einer "Aussenwelt"?
Mit beidem. Bei Lichtschalter insbesondere mit der Außenwelt.
Zusätzlich würde ich fragen, ob "Erfahrung" nicht zu viel Freiheit/Eigenständigkeit/Unabhängigkeit zulässt,
Zu viel inwiefern?
denn handelt es sich wirklich um "Erfahrung" oder um soetwas wie "Prägung"?
Letztlich Erfahrung; Prägung sehe ich nur als eine erste Grundlage bzw. einen Aspekt an.



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

Körper
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Sa 19. Feb 2022, 17:31

Burkart hat geschrieben :
Sa 19. Feb 2022, 12:33
Zu viel inwiefern?
Naja, hast du darüber bestimmt, "eine Innenschau aufzubauen" oder hast du es bewusst miterlebt?

Ist diese "Innenschau" nicht etwas, das man dir nicht zeigen/vorführen/beibringen kann?
Ist es nicht etwas, in das du in deiner Entwicklung "hineinschlittern" musst, um überhaupt erst Situationen zu verwalten, die du als "das Machen von Erfahrung" einordnen kannst?




Burkart
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So 20. Feb 2022, 09:32

Körper hat geschrieben :
Sa 19. Feb 2022, 17:31
Burkart hat geschrieben :
Sa 19. Feb 2022, 12:33
Zu viel inwiefern?
Naja, hast du darüber bestimmt, "eine Innenschau aufzubauen" oder hast du es bewusst miterlebt?

Ist diese "Innenschau" nicht etwas, das man dir nicht zeigen/vorführen/beibringen kann?
Ist es nicht etwas, in das du in deiner Entwicklung "hineinschlittern" musst, um überhaupt erst Situationen zu verwalten, die du als "das Machen von Erfahrung" einordnen kannst?
Klar, die "Innenschau" kann einem keiner zeigen u.ä., selbst das Lernen von Äußerem kann nur gefördert, aber nicht erzwungen werden, u.a. weil es auf Innerem letztlich beruht.
Ich verstehe nur nicht, was du mit deinem "ob "Erfahrung" nicht zu viel Freiheit/Eigenständigkeit/Unabhängigkeit zulässt," sagen willst. Wer lässt was zu bzw. inwiefern? Willst du vielleicht sagen, dass wir gar nicht wirklich Freiheit/Eigenständigkeit/Unabhängigkeit haben, um wirklich(e) Erfahrungen zu machen?



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

Körper
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So 20. Feb 2022, 14:05

Burkart hat geschrieben :
So 20. Feb 2022, 09:32
Klar, die "Innenschau" kann einem keiner zeigen u.ä., selbst das Lernen von Äußerem kann nur gefördert, aber nicht erzwungen werden, u.a. weil es auf Innerem letztlich beruht.
Ich bezeichne deine Idee von "weil es auf Innerem letztlich beruht" als eine sehr, sehr mutige These.
Die Einstufung der "Innenschau" ist der Sachverhalt, mit dem quasi alles steht oder fällt. Die gesamte Phänomenologie beruht auf einer Überzeugung, analog zu deiner Aussage.
Das Motto à la "Ich kann mir über nichts sicherer sein, als über die inneren Vorgänge" spielt eine zentrale Rolle.

Wenn ein Mensch auf eine Art funktioniert, dass er keine wirkliche "Innenschau" hat, dann verändert sich das Spiel grundlegend.

Wie begründest du deine "Weil-Aussage"?
Burkart hat geschrieben :
So 20. Feb 2022, 09:32
Ich verstehe nur nicht, was du mit deinem "ob "Erfahrung" nicht zu viel Freiheit/Eigenständigkeit/Unabhängigkeit zulässt," sagen willst. Wer lässt was zu bzw. inwiefern? Willst du vielleicht sagen, dass wir gar nicht wirklich Freiheit/Eigenständigkeit/Unabhängigkeit haben, um wirklich(e) Erfahrungen zu machen?
Nun "Erfahrung zu machen" schliesst in Bezug auf die Aussenwelt die gesamten Fehlermöglichkeiten mit ein - Täuschung, falsche Interpretation, falsche Schlussfolgerung, Über-/Untertreibung usw. usf.
Vor allem schliesst es eine Phase ohne die jeweiligen Erfahrungen mit ein.

Gab es eine Zeit, in der du nicht wusstest, was Sehen ist?
Hast du schon mal gedacht, etwas zu sehen, dabei hast du es gehört?
Könntest du jetzt einen Fehler in diesen Bereichen machen?

Nichts davon war der Fall. Hier sind keinerlei Erfahrungen involviert.
Ein Mensch hat keine Vorstellungen, wie es ohne diese "Innenschau" war oder sein könnte.

Nun kommt noch hinzu, dass im Körper des Menschen eigentlich etwas anderes stattfindet, als in der "Innenschau" vorkommt.
Der menschliche Körper ist über Nervenimpulse aktiv - vermutlich millionenfach gleichzeitig detailliert erzeugte Impulse.

Was davon kommt in der "Innenschau" vor? -> Nichts.
Nun ist das Rätsel damit aber noch nicht beendet, denn was kommt denn in der "Innenschau" z.B. beim Sehen vor?
=> Ich sehe, was ich sehe, d.h. ich bin überzeugt, mir anschauen zu können, dass ich gerade anschaue und was ich gerade anschaue.
Ich betrachte meinen Vorgang.
(das ist aus meiner Sicht mit dem Begriff "Qualia" beschrieben)

Wichtig dabei ist: die "Innenschau" ist in diesem Fall ein Betrachten, es ist kein Fühlen, kein Schmecken, kein Spühren, sondern ein Betrachten. Bei der Frage "wie ist die Farbe 'Rot'", "schaue ich mir die Farbe an" (zumindest soll der Versuch in diese Richtung unternommen werden).

Das ist nun in der Gesamtheit sehr verdächtig:

=> was tatsächlich im Inneren des Körpers geschieht, ist nicht Teil der "Innenschau" (-> Nervenimpulse).

=> was der Körper nach aussen durchführt (z.B. Fernwahrnehmung über die Augen) wird in der "Innenschau" wiederholt angewandt.

Wie gross ist der Zufall, dass wir bei einem Gedankengang einen "Blickwinkel" und einen "Standpunkt" einnehmen?
Wie gross ist er bei "Beweglichkeit im Denken"?

Sind wir in der "Innenschau" mehr, als ein Körper, der sein, zur Aussenwelt entwickeltes Perspektiv-, Objekt- und Handlungs-Verständnis, nochmals durchläuft?
Mit deiner "Weil-Aussage" möchtest du das zumindest behaupten.
Wie begründest du deine "Weil-Aussage"?




Burkart
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So 20. Feb 2022, 16:44

Körper hat geschrieben :
So 20. Feb 2022, 14:05
Burkart hat geschrieben :
So 20. Feb 2022, 09:32
Klar, die "Innenschau" kann einem keiner zeigen u.ä., selbst das Lernen von Äußerem kann nur gefördert, aber nicht erzwungen werden, u.a. weil es auf Innerem letztlich beruht.
Ich bezeichne deine Idee von "weil es auf Innerem letztlich beruht" als eine sehr, sehr mutige These.
Das macht mich natürlich stutzig... sollten wir aneinander vorgeredet haben oder ich das Äußere anders interpretiert haben als du?
Ich meinte damit, dass ein Mensch auch die Außenwelt für sich lernend "erobern" muss, um mit ihr klarzukommen. Und dieses Lernen beruht auf dem Inneren des Menschen, auf dessen Basis er aufbaut, auch bzw. insbesondere die Außenwelt zu erlernen und zu begreifen/verstehen.
Insofern weiß ich jetzt nicht recht, ob ich sinnvoll auf deine weiteren Zeilen antworten kann, aber ich versuch's aus meiner Perspektive.
Die Einstufung der "Innenschau" ist der Sachverhalt, mit dem quasi alles steht oder fällt. Die gesamte Phänomenologie beruht auf einer Überzeugung, analog zu deiner Aussage.
Das Motto à la "Ich kann mir über nichts sicherer sein, als über die inneren Vorgänge" spielt eine zentrale Rolle.
Soll das so klingen wie "Ich denke, also bin ich"?
Ich weiß über meine inneren Vorgänge, z.B. was in meinen Zellen passiert, auch nicht mehr, als was in Zellen in anderen Menschen passiert.
Wenn ein Mensch auf eine Art funktioniert, dass er keine wirkliche "Innenschau" hat, dann verändert sich das Spiel grundlegend.
Tja, was genau also heißt "Innenschau"? Sich irgendwie erfühlen oder sich im Detail zu kennen?
Burkart hat geschrieben :
So 20. Feb 2022, 09:32
Ich verstehe nur nicht, was du mit deinem "ob "Erfahrung" nicht zu viel Freiheit/Eigenständigkeit/Unabhängigkeit zulässt," sagen willst. Wer lässt was zu bzw. inwiefern? Willst du vielleicht sagen, dass wir gar nicht wirklich Freiheit/Eigenständigkeit/Unabhängigkeit haben, um wirklich(e) Erfahrungen zu machen?
Nun "Erfahrung zu machen" schliesst in Bezug auf die Aussenwelt die gesamten Fehlermöglichkeiten mit ein - Täuschung, falsche Interpretation, falsche Schlussfolgerung, Über-/Untertreibung usw. usf.
Vor allem schliesst es eine Phase ohne die jeweiligen Erfahrungen mit ein.
Einverstanden.
Gab es eine Zeit, in der du nicht wusstest, was Sehen ist?
Das ist nicht so einfach zu sagen. Natürlich kann ich mich nicht daran erinnern, was war, bevor meine Augen die Außenwelt wahrnehmen konnten.
Allerdings kann man auch bewusster sehen (z.B. bewusst das Gesehene sich zu filtern o.ä.), und die Zeit davor gab es.
Hast du schon mal gedacht, etwas zu sehen, dabei hast du es gehört?
Eher selten.
Könntest du jetzt einen Fehler in diesen Bereichen machen?
Fehler inwiefern? Ich kann z.B. mit optisch auf das Falsche konzentrieren (oder auch gar nicht) und so z.B. einen Autounfall verursachen.
Nichts davon war der Fall. Hier sind keinerlei Erfahrungen involviert.
Ein Mensch hat keine Vorstellungen, wie es ohne diese "Innenschau" war oder sein könnte.
Ist für dich die Innenschau so statisch, so unveränderbar, also z.B. nichts mit dazulernen?
Nun kommt noch hinzu, dass im Körper des Menschen eigentlich etwas anderes stattfindet, als in der "Innenschau" vorkommt.
Der menschliche Körper ist über Nervenimpulse aktiv - vermutlich millionenfach gleichzeitig detailliert erzeugte Impulse.

Was davon kommt in der "Innenschau" vor? -> Nichts.
Die Innenschau ist ja wohl auch nur sowas wie das "Bewusstsein", das seine unbewussten Teile nicht kennt, ganz zu schweigen von Nervenimpulsen.
Nun ist das Rätsel damit aber noch nicht beendet, denn was kommt denn in der "Innenschau" z.B. beim Sehen vor?
=> Ich sehe, was ich sehe, d.h. ich bin überzeugt, mir anschauen zu können, dass ich gerade anschaue und was ich gerade anschaue.
Ich betrachte meinen Vorgang.
(das ist aus meiner Sicht mit dem Begriff "Qualia" beschrieben)

Wichtig dabei ist: die "Innenschau" ist in diesem Fall ein Betrachten, es ist kein Fühlen, kein Schmecken, kein Spühren, sondern ein Betrachten. Bei der Frage "wie ist die Farbe 'Rot'", "schaue ich mir die Farbe an" (zumindest soll der Versuch in diese Richtung unternommen werden).

Das ist nun in der Gesamtheit sehr verdächtig:

=> was tatsächlich im Inneren des Körpers geschieht, ist nicht Teil der "Innenschau" (-> Nervenimpulse).

=> was der Körper nach aussen durchführt (z.B. Fernwahrnehmung über die Augen) wird in der "Innenschau" wiederholt angewandt.

Wie gross ist der Zufall, dass wir bei einem Gedankengang einen "Blickwinkel" und einen "Standpunkt" einnehmen?
Wie gross ist er bei "Beweglichkeit im Denken"?

Sind wir in der "Innenschau" mehr, als ein Körper, der sein, zur Aussenwelt entwickeltes Perspektiv-, Objekt- und Handlungs-Verständnis, nochmals durchläuft?
Mit deiner "Weil-Aussage" möchtest du das zumindest behaupten.
Wie begründest du deine "Weil-Aussage"?
Mir scheint, dass ich deine Innenschau nicht recht verstehe, z.B. "was der Körper nach aussen durchführt (z.B. Fernwahrnehmung über die Augen) wird in der "Innenschau" wiederholt angewandt."
Wieso führt der Körper etwas "nach außen"? Meinst du damit die Steuerung der Augen? Das Sehen selbst ist ja nichts "nach außen"!?
Auch weiß ich nicht, worauf deine beiden Fragen abzielen:
"Wie gross ist der Zufall, dass wir bei einem Gedankengang einen "Blickwinkel" und einen "Standpunkt" einnehmen?
Wie gross ist er bei "Beweglichkeit im Denken"?"
Ganz zu schweigen von "nochmals durchlaufen".



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

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