Was ist eine Innenwelt?

Drei wichtige philosophische Schulen der Philosophie des 20. Jahrhunderts, welche die Philosophie europäischer und amerikanischer Provenienz mitgeprägt haben
Körper
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Di 22. Feb 2022, 12:09

Burkart hat geschrieben :
So 20. Feb 2022, 16:44
Tja, was genau also heißt "Innenschau"? Sich irgendwie erfühlen oder sich im Detail zu kennen?
Spontan würde ich es als "Einblick in die inneren/mentalen Aktivitäten" beschreiben.

Das ist quasi die Überzeugung "mental etwas zu machen" und dies in so einer Art "Weltsicht auf Objekte" zu verwalten.
Der Charakter dieser Überzeugung ist "phänomenal", denn man scheint Probleme zu haben, diese "Objekte" in die sonstige Welt zu integrieren.
Philosophen generieren hierfür Ontologien im Überfluss.

Wenn wir uns eine "Vorstellung von irgendetwas machen", dann läuft das unter dem Gesichtspunkt einer Begegnung/Darstellung ab, sodass wir eine Perspektive "darauf" einnehmen.
Auch unsere Überzeugung, dass wir uns gerade eine Vorstellung machen und dass dies "so und so aussieht", ist wieder "eine Positionierung (zu unserer nahen Vergangenheit)" die wir wieder "bildhaft/objekthaft vor uns haben können".
Burkart hat geschrieben :
So 20. Feb 2022, 16:44
Ist für dich die Innenschau so statisch, so unveränderbar, also z.B. nichts mit dazulernen?
Wenn du bei meinen letzten Sätzen genau hinschaust, dann wird dir auffallen, dass wir nie das Prinzip wechseln.
Wir sind immer "ein handelnder Akteur gegenüber eine objekthaften Umwelt", es geht quasi immer um "Begegnung".

Das ist für unseren Zweck ein sagenhaft gutes Werkzeug, aber wenn man den handelnden Akteur "Mensch" genau analysiert, dann stellt man eine andere Aktivität fest (-> Nervenimpulse).
Diese (Nerven-)Aktivität stellt sich als grundlegend notwendig für jegliche Handlung heraus. Greift man hier ein, dann verliert der Mensch jegliche Überzeugung à la "Innenschau" und weiss danach noch nicht einmal, dass Zeit vergangen ist.

Das Lernen, dass du ansprichst, würde den Bereich "Phänomene bis Nervenimpulse" betreffen.
Dieses Lernen findet keinen Millimeter statt.
Alles andere (z.B. "meine Grenzen kennenlernen") ist immer nur das Einsetzen des Werkzeugs.

Es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass wir hier irgendeine Art von Hoheit haben - es sieht sehr danach aus, dass wir in unseren grundlegenden Reaktionsmöglichkeiten festgelegt sind.
Diese Festlegung hat mit der Überzeugung "eines sich bewegenden/handelnden/positionierenden Akteurs in einer objekthaften Umwelt" zu tun.
Die Suche, um für diese Konstellation den Ausgangspunkt zu finden, sollte nicht allzu lange dauern... -> "eine Innenwelt" ist es nicht.
Burkart hat geschrieben :
So 20. Feb 2022, 16:44
Die Innenschau ist ja wohl auch nur sowas wie das "Bewusstsein", das seine unbewussten Teile nicht kennt, ganz zu schweigen von Nervenimpulsen.
Das ist aus meiner Sicht eine sehr problematische Aussage, denn wieso wird "das Bewusstsein" hier in der Stellung eines Akteurs verwendet?
Geht es bei "Bewusstsein" nicht schon vom Begriff her um irgendeinen Akteur, der "bewusst ist", also in seiner Reaktion, die Zusammenhänge in Bezug auf sich und seine Stellung in der Umwelt verwaltet?

Hältst du "Bewusstsein" für den "eigentlichen Kern des Menschen" oder geht es irgendwie in diese Richtung?

Interessant ist ja, dass du so eine Art "Übersetzer" einführen können möchtest: "die unbewussten Teile".
Fällt dir auf, dass "die unbewussten Teile" exakt so vorliegen sollen, wie der Körper (über seine Sinnesorgane) keinen Zugang hat?
Über die Sinne (z.B. Sehen) zwängt es sich uns nicht auf, dass wir aus Zellen bestehen.
Zum Inneren unseres Kopfes haben wir keinen Zugang und wir können noch nicht einmal einschätzen, wieviel Energie uns die aktuelle Kopfleistung kostet. "Na sowas, das ging aber leicht" ist oftmals eine "gehirntechnische Heldentat".
Burkart hat geschrieben :
So 20. Feb 2022, 16:44
Mir scheint, dass ich deine Innenschau nicht recht verstehe, z.B. "was der Körper nach aussen durchführt (z.B. Fernwahrnehmung über die Augen) wird in der "Innenschau" wiederholt angewandt."
Wieso führt der Körper etwas "nach außen"? Meinst du damit die Steuerung der Augen? Das Sehen selbst ist ja nichts "nach außen"!?
In welche Richtung zeigen die Augen?
-> nach aussen
Das ist ein Kontakt zur Umwelt und man kommt hierbei nicht an Perspektive, also Standpunkt und Blickwinkel vorbei.
Selbst beim "Tasten" und "Riehen" zeigt die Richtung vom Körper aus in die Umwelt.
Burkart hat geschrieben :
So 20. Feb 2022, 16:44
Soll das so klingen wie "Ich denke, also bin ich"?
Kann sein.
Dieses von mir genannte Motto begegnet mir häufig, wenn ich nach Begründungen frage.
Ich vertrete es nicht - wie du bestimmt gemerkt hast.

In deiner Antwort habe ich nur wenig Begründung entdeckt.




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Jörn Budesheim
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Di 22. Feb 2022, 16:36

Körper hat geschrieben :
Di 22. Feb 2022, 12:09
Wenn du bei meinen letzten Sätzen genau hinschaust, dann wird dir auffallen, dass wir nie das Prinzip wechseln.
Wir sind immer "ein handelnder Akteur gegenüber eine objekthaften Umwelt"
Mein Leben scheint da irgendwie anders getaktet zu sein. Gerade sitze ich am Rechner und schreibe eine Antwort in einem Philosophie-Forum. Sind die Antwort und die Gedanken, auf der sie beruht, Objekte? Wenn ich mich frage, was hier mit "Objekt" gemeint sein könnte, ist diese Frage dann ein Objekt? Und vor allem: befindet sich die Frage in einer objekthaften Umwelt? Haben Fragen tatsächlich einen Ort, letztlich sogar so etwas wie ein Gewicht?

Ein gewisser Wittgenstein hat folgendes geschrieben: „Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge.“ Das scheint mir schon ein besseres Verständnis zu bieten als eine "naive Einzelding-Ontologie" wie Markus Gabriel das nennt.




Burkart
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Di 22. Feb 2022, 23:39

Körper hat geschrieben :
Di 22. Feb 2022, 12:09
Burkart hat geschrieben :
So 20. Feb 2022, 16:44
Ist für dich die Innenschau so statisch, so unveränderbar, also z.B. nichts mit dazulernen?
Wenn du bei meinen letzten Sätzen genau hinschaust, dann wird dir auffallen, dass wir nie das Prinzip wechseln.
Wir sind immer "ein handelnder Akteur gegenüber eine objekthaften Umwelt", es geht quasi immer um "Begegnung".
Was ist bei der Innenschau für dich die "objekthafte Umwelt"? Begegnung von wem mit wem oder was?
Das ist für unseren Zweck ein sagenhaft gutes Werkzeug, aber wenn man den handelnden Akteur "Mensch" genau analysiert, dann stellt man eine andere Aktivität fest (-> Nervenimpulse).
"Andere" als was?
Diese (Nerven-)Aktivität stellt sich als grundlegend notwendig für jegliche Handlung heraus. Greift man hier ein, dann verliert der Mensch jegliche Überzeugung à la "Innenschau" und weiss danach noch nicht einmal, dass Zeit vergangen ist.

Das Lernen, dass du ansprichst, würde den Bereich "Phänomene bis Nervenimpulse" betreffen.
Dieses Lernen findet keinen Millimeter statt.
Das mag auf den Körper zutreffen, aber unser Gehirn (das Ich) kann doch lernen, z.B. auch auf Nervenimpulse mal oder oder auch anders zu reagieren. Wenn der Magen knurrt, können wir ihm mit Essen schnell nachgeben, wir können ihn aber auch bewusst ignorieren.
Burkart hat geschrieben :
So 20. Feb 2022, 16:44
Die Innenschau ist ja wohl auch nur sowas wie das "Bewusstsein", das seine unbewussten Teile nicht kennt, ganz zu schweigen von Nervenimpulsen.
Das ist aus meiner Sicht eine sehr problematische Aussage, denn wieso wird "das Bewusstsein" hier in der Stellung eines Akteurs verwendet?
Geht es bei "Bewusstsein" nicht schon vom Begriff her um irgendeinen Akteur, der "bewusst ist", also in seiner Reaktion, die Zusammenhänge in Bezug auf sich und seine Stellung in der Umwelt verwaltet?
Ich denke hier nicht in Akteuren bzw. kann mit dem Begriff nicht viel anfangen. Vielmehr gehe ich davon aus, dass wir ein Bewusstsein haben, dass auf Unter- und Unbewusstsein aufbaut...
Hältst du "Bewusstsein" für den "eigentlichen Kern des Menschen" oder geht es irgendwie in diese Richtung?
... womit das Bewusstsein nicht der Kern, aber sozusagen die für uns "sichtbare" Spitze (des Eisberges quasi), halt der bewusste Teil unseres Inneren ist.
Interessant ist ja, dass du so eine Art "Übersetzer" einführen können möchtest: "die unbewussten Teile".
Fällt dir auf, dass "die unbewussten Teile" exakt so vorliegen sollen, wie der Körper (über seine Sinnesorgane) keinen Zugang hat?
Über die Sinne (z.B. Sehen) zwängt es sich uns nicht auf, dass wir aus Zellen bestehen.
Deinen letzten Satz sehe ich auch so.
Zum Inneren unseres Kopfes haben wir keinen Zugang
Dafür haben wir halt unser Bewusstsein als "Spitze des Eisberges".
Burkart hat geschrieben :
So 20. Feb 2022, 16:44
Mir scheint, dass ich deine Innenschau nicht recht verstehe, z.B. "was der Körper nach aussen durchführt (z.B. Fernwahrnehmung über die Augen) wird in der "Innenschau" wiederholt angewandt."
Wieso führt der Körper etwas "nach außen"? Meinst du damit die Steuerung der Augen? Das Sehen selbst ist ja nichts "nach außen"!?
In welche Richtung zeigen die Augen?
-> nach aussen
Für mich "zeigen" Augen nicht (sie können ja von sich aus das Außen nicht beeinflussen), für mich sind die Fenster nach innen.
Das ist ein Kontakt zur Umwelt und man kommt hierbei nicht an Perspektive, also Standpunkt und Blickwinkel vorbei.
Selbst beim "Tasten" und "Riehen" zeigt die Richtung vom Körper aus in die Umwelt.
Beim Tasten haben wir immerhin noch Einfluss auf die Umwelt, das Riechen sehe ich wie das Sehen als ein Fenster an, um Umwelt-Aspekte wahrnehmen zu können.
Burkart hat geschrieben :
So 20. Feb 2022, 16:44
Soll das so klingen wie "Ich denke, also bin ich"?
Kann sein.
Dieses von mir genannte Motto begegnet mir häufig, wenn ich nach Begründungen frage.
Ich vertrete es nicht - wie du bestimmt gemerkt hast.
Ehrlich gesagt nicht, soo tief habe ich mich darin dann wohl nicht hineinbegeben.
In deiner Antwort habe ich nur wenig Begründung entdeckt.
Welche Begründung worauf nochmal genau? Bitte formuliere in deinen Worten, woran du welche Begründung wünscht. (Mir scheint dir hier etwas erheblich wichtiger als mir zu sein.)



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Mi 23. Feb 2022, 14:44

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 22. Feb 2022, 16:36
Ein gewisser Wittgenstein hat folgendes geschrieben: „Die Welt ist die Gesamtheit der Tatsachen, nicht der Dinge.“ Das scheint mir schon ein besseres Verständnis zu bieten als eine "naive Einzelding-Ontologie" wie Markus Gabriel das nennt.
Ja, nur dass für die Gaby und ihre SFO auch keine Tatsachen Tatsachen sind. Ab da wird es dann völlig absurd. Finde ich.



But I, being poor, have only my dreams; I have spread my dreams under your feet;
Tread softly because you tread on my dreams.
(William Butler Yeats)

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