Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑ Mo 19. Dez 2022, 21:53
Künstlerische Intelligenz? Gibt es das? Was ist das?
Das ist eine spannende Frage.
Betrachten Sie Ihre Frage aus einer anderen Perspektive:
Fragen Sie nicht die Welt, was "Künstlerische Intelligenz"
bedeutet. Sondern erklären Sie ihr, was es bedeutet,
und warum Sie meinen, dass dieser von Ihnen verfasste Begriff
das Wissen und die Ansichten über "Kunst", bereichern
würde. Zum Beispiel weil Sie einen Aspekt entdeckt haben, der
bisher nicht explizit bemerkt wurde.
Wenn "Künstlerische Intelligenz" noch nicht im allgemeinen
oder fachspezifischen Sprachgebrauch etabliert ist, dann "Bingo".
Jeder Ausdruck, der noch nicht als Begriff etabliert ist,
ist wie eine "Wild Card". Sie können damit entsprechend
Ihren Erkenntnissen, Hypothesen oder Ansichten einen Begriff
bilden.
Und wenn der in der Welt ist, besteht die Möglichkeit,
dass er sich im Wettbewerb mit ähnlichen Begriffen behaupten
könnte und Eingang in das Sprechen über Kunst findet.
Es hängt immer davon ab, dass sich damit etwas bezeichnen
läßt, dass zuvor so noch nicht bekannt, oder erkannt worden
ist. Oder ob es ein schon bekanntes Phänomen beschreibt
für dass man zuvor nicht die richtigen Worte gefunden hat.
Ein gutes Beispiel ist: "Emotionale Intelligenz".
Dieser Ausdruck war zwar schon früher bekannt, aber seine Bedeutung
nicht gefestigt. Das wurde erst 1990 durch Salovey und Mayer erledigt,
die ihn zu einem Begriff gemacht haben.
Also ran an den PC und entwickeln Sie den Begriff selbst, anstelle
sich durch Internet und Literatur zu quälen.
Sie könnten "Künstlerische Intelligenz" zum Beispiel so erklären:
Beginnend mit der Feststellung, dass alle Kunstwerke
eines gemeinsam haben: Sie wurden in der Absicht geschaffen
eine ästhetische Wirkung zu erzielen. Es gibt natürlich noch weitere
Motive, die jedoch eher add ons darstellen. z.B. Botschaften zu vermitteln.
Anerkennung, Geld, Aufmerksamkeit, Provokation
usw. Aber nichts davon ist erreichbar wenn von dem Werk keine ästhetische Wirkung
ausgeht.
Welcher Art sie ist, hängt von der Absicht des Künstlers ab.
Und hier kommen wir auf den Punkt:
Ästhetische Wirkungen eines Werkes zielen auf Empfindungen des Betrachters
oder Rezipienten. Sie sollen nicht einfach bloß irgendwelche Empfindungen sein,
sondern solche, die der Künstler zum Ziel hat.
Zum Beispiel ein Komponist der Fröhlichkeit oder Melancholie bewirken will.
Der Maler, der eine düstere Szene darstellen will, die beunruhigend wirkt.
Und um genau diese zu treffen, benötigt der Künstler die Fähigkeit, eine Kontrolle über die
ästhetische Wirkung seiner Werke zu haben. Er spielt sozusagen auf der Klaviatur zur
Steuerung der Empfindungen des Betrachters.
Diese Fähigkeit kann man als "Künstlerische Intelligenz" bezeichen.
Sie unterscheidet sich von der "Kreativität".
Kreativität bezieht sich auf die Fähigkeit, neue Ideen und Konzepte zu entwickeln
und umzusetzen, während "Künstlerische Intelligenz" auf die Fähigkeit des Künstlers
abzielt, die ästhetische Wirkung seiner Werke zu kontrollieren und zu steuern.
Kreativität bestimmt nur, welche Mittel er für diese Manipulation der Gefühle einsetzt.
Und sie ist allein kein Garant für den Erfolg einer Wirkung. Sie kann daneben gehen.
Der Nutzen dieses Begriffs könnte deshalb sein, dass mit ihm der Vorgang der Kontrolle
von ästhetischer Wirkung besser von "Kreativität" unterschieden werden könnte.
Um dann zum Beispiel diese Kontrolle selbst zu untersuchen und zu beschreiben.