Die schöne Sprache

Im Zuge der philosophischen und Debatten der letzten 30 Jahre sind Theorien des Schönen und philosophisch inspirierte Theorien medialer Erfahrungen zunehmend in den Vordergrund gerückt.
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Quk
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Sa 28. Sep 2024, 15:23

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 28. Sep 2024, 15:21
Quk hat geschrieben :
Sa 28. Sep 2024, 15:10
Das meine ich auch.
Aber dann kann dieser Satz nicht wahr sein: "Schön ist dasjenige, was Wohlgefühl auslöst." Denn vor dem Lernprozess haben in dir andere Dinge Wohlgefühle ausgelöst als nach dem Lernprozess.
Ob die Wohlgefühle so oder sind, vorher oder nachher, ändert nichts an der Tatsache, das sie existieren und meine Handlungen beeinflussen.

Die Lust, etwas neues zu lernen, oder etwas vermeintlich hässliches als etwas neues und schönes kennenlernen zu wollen, ist ja eine Lust, also ein Gefühl, und schon das fühlt sich ja schöner an, als wenn ich das Umlernen gegen meinen Willen unterließe.




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Quk
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Sa 28. Sep 2024, 15:30

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 28. Sep 2024, 14:36
Ich möchte allerdings jetzt nicht unbedingt die xte Diskussion zum Thema Objektivität der Schönheit. Spannender fände ich, wenn wir die Schönheit der Sprache und natürlich auch ihr Gegenstück die Hässlichkeit erforschen.
Schönheit und Hässlichkeit der Sprache wird nach meiner Auffassung bestimmt durch das persönliche Lebensgefühl der Leserin oder des Zuhörers. Wenn ich zum Beispiel ein Rebellionsgefühl in mir verspüre gegen jegliche Perfektion, werde ich einen hingesudelten, mit Fehlern übersäten Text schön finden. Dies kann ich weiter differenzieren: Wenn dieses beispielhafte Perfektions-Thema jedoch ein spezielles, mir wichtiges Alltags-Anliegen betrifft, so würde ich mir doch mehr Respekt wünschen, welcher sich durch mehr Schreibsorgfalt ausdrücken würde. Da wäre die Schreibsorgfalt wieder etwas schönes. Wenn es aber etwas von mir abgelehntes betrifft, so wäre die Sudelei wiederum das schönere.




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Jörn Budesheim
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Sa 28. Sep 2024, 15:35

Wenn du den Subjektivismus für wahr hältst, dann können wir nicht über das Thema reden, das mich interessiert. Weil du der Meinung bist, dass das, worüber ich reden will, gar nicht existiert. Dann sind die Voraussetzungen nicht gegeben. Ich bin der Meinung, dass es Texte gibt, die schön sind, und Texte, die nicht schön sind, unabhängig davon, was eine einzelne Person darüber denkt. Mit anderen Worten: Jemand kann sich irren, wenn er einen Text für schön oder hässlich hält.

Ich bin auch der Ansicht, dass gewisse Stilregeln, wie sie z.B von Wolf Schneider und anderen veröffentlicht werden, objektiv wahr sein können.




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Quk
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Sa 28. Sep 2024, 16:32

Den Sachverhalt, den ich beschreibe, kann man ja insgesamt auch objektivieren. Wenn das nicht geht, dann ist diese Diskussion auch in objektiver Hinsicht sinnlos, weil ja alle Diskutanten hier Subjekte sind.

Sobald die Schönheit objektiv beschrieben wird von jemandem, macht dieser durch seine persönliche Auffassung selbige Objektivität wieder zunichte.

Hat diese Diskussion in Deinem "objektiven" Sinn überhaupt eine Chance auf Fruchtbarkeit?

Auch Wolfgangs Versuche, das "Schöne in der Musik" als eine menschenunabhängige objektive Schönheit zu beschreiben, sind meiner Ansicht nach seinem Ziel keinen Millimeter vorangekommen. Sie sind noch nicht einmal aus den Startlöchern gekommen. Dieser Faden hier wird wahrscheinlich in ähnlicherweise nur auf der Stelle treten.

Ich halte mich gerne raus.

Aus dem Hamsterrad :-)




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Jörn Budesheim
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Sa 28. Sep 2024, 16:43

Quk hat geschrieben :
Sa 28. Sep 2024, 16:32
... weil ja alle Diskutanten hier Subjekte sind.
Aber vielleicht sind ja nicht alle Subjektivisten. Ich gebe da die Hoffnung noch nicht auf.




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Quk
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Sa 28. Sep 2024, 17:17

Ich frage jetzt als Forenbeobachter:

Kannst Du ein fiktives Beispiel geben -- ausschnittsweise --, wie die Diskussion hier idealerweise in Deinem Sinne verlaufen könnte?

Fritz: "..."
Erna: "..."
Paul: "..."
Erna: "..."




Wolfgang Endemann
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Sa 28. Sep 2024, 18:22

Quk hat geschrieben :
Sa 28. Sep 2024, 14:08
Schön ist dasjenige, was Wohlgefühl auslöst.
Das ist richtig, das "interesselose Wohlgefallen", so heißt es glaube ich bei Kant. Nur muß man bedenken, daß auch die Gefühle nichts konstantes sind. Für mich ist übrigens die Tatsache, daß Gefühle im menschlichen Dasein eine wichtigere Rolle spielen als die rationale Kognition, der Grund, das Lernen der Gefühle für wichtiger zu halten als das rationale Lernen. Das ist viel schwieriger zu erreichen, aber ohne daß wir lernen, (inzwischen) dysfunktionale Gefühle zu depotenzieren und durch konstruktive, das Zusammenleben stärkende Gefühle zu ersetzen oder vielmehr zu überlagern, denn auch die negativen, zerstörerischen Gefühle haben eine gewisse Berechtigung, sollten nicht ganz aufgegeben werden, das geht ohnehin nicht; ohne diese Veränderung unseres Gefühlshaushalts kommen wir als Gesellschaft/Menschheit nicht weiter. Hier gehe ich mal mit Jörn konform, man kann lernen, das Wahre, das Gute und das Schöne, wobei sich der Grad der Objektivität deutlich unterscheidet. Das Lernen ist in unterschiedlichen Graden Assimilation und Akkomodation.

Weit davon entfernt, sich nach Belieben verändern zu können, können wir doch im Rahmen unseres natürlichen Potenzials uns selbstbestimmen, lernen, uns durch Lernen zu verändern. Und das tun wir beständig, einer der erfreulichsten Aspekte unserer Kultur ist die Ästhetisierung unserer Lebenswelt. Sicher - wir leben im Hamsterrad, aber es wird immer bunter und variationsreicher. Unsere Körper, unsere materiellen Fesseln sind auch die Quellen unserer Freiheit.




Wolfgang Endemann
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Sa 28. Sep 2024, 18:27

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 28. Sep 2024, 14:22


Diese Stilregeln sind durchaus Regeln der Schönheit, und es ist kein Zufall, dass sie auch Regeln der Verständlichkeit sind. Offenbar besteht ein Zusammenhang zwischen diesen beiden Aspekten der Sprache, denn das Verstehen gibt den Wörtern ihren Sinn.
Nix offenbar. Für Dich offenbar, ich sehe mehr Kontrast als Parallelität zwischen diesen Aspekten. Du artikulierst hier nur Dein persönliches Verständnis vom Kunstschönen.
Ich würde sagen, im Normalfall ist das Sprechen in Protokollsätzen häßlich, der Endmonolog von Molly Bloom sehr schön.




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Jörn Budesheim
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Sa 28. Sep 2024, 19:02

Quk hat geschrieben :
Sa 28. Sep 2024, 17:17
Ich frage jetzt als Forenbeobachter:

Kannst Du ein fiktives Beispiel geben -- ausschnittsweise --, wie die Diskussion hier idealerweise in Deinem Sinne verlaufen könnte?

Fritz: "..."
Erna: "..."
Paul: "..."
Erna: "..."
Wenn ich einen Thread eröffne, gebe ich normalerweise kein Drehbuch vor, wie die Diskussion verlaufen soll.

Man könnte über viele verschiedene Themen sprechen, zum Beispiel darüber, warum überhaupt Sprache schön oder hässlich ist – zumindest, wenn man so denkt wie ich und glaubt, dass es sich so verhält. Könnte man nicht stattdessen annehmen, dass es ausreicht, wenn Sprache lediglich informativ ist? In der Philosophie wird Sprache oft analysiert, wobei der poetische Aspekt nicht unbedingt im Vordergrund steht. Vielmehr geht es um den Gehalt, der sich, so wird angenommen, auch in ganz anderer Form ausdrücken ließe.

Das Schöne an der Sprache umfasst Aspekte, die auf den ersten Blick sehr unterschiedlich erscheinen. Ein Satz kann schlicht und elegant formuliert sein, was etwas anderes ist als seine Materialität, die für Reim und Rhythmus genutzt werden kann. „Poesie ist ein ständiges Zögern zwischen Klang und Sinn“ (Paul Valéry). Wie tief dringt der Klang in den Sinn ein – und umgekehrt?

Man könnte auch darüber diskutieren, welche unterschiedlichen Schönheitskonzepte in verschiedenen literarischen Gattungen an sich gelten.

Es gibt viele weitere Dinge, über die man sprechen könnte. Ich glaube nicht, dass es aus der Mode gekommen ist, über die objektive Schönheit der Sprache nachzudenken. Nur hier im Forum scheint das eben nicht der Fall zu sein.

Für den Subjektivisten sind erstaunlicherweise gerade die Dinge inexistent, die für uns als Subjekte von ganz besonderer Bedeutung sind. Das ist eine ziemlich seltsame Volte.




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Quk
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Sa 28. Sep 2024, 19:25

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 28. Sep 2024, 14:22
Diese Stilregeln sind durchaus Regeln der Schönheit, und es ist kein Zufall, dass sie auch Regeln der Verständlichkeit sind. Offenbar besteht ein Zusammenhang zwischen diesen beiden Aspekten der Sprache, denn das Verstehen gibt den Wörtern ihren Sinn.
Verstehe ich Dich richtig? Schön ist die Verständigung dann, wenn sie verständlich ist? Schön ist die Nuss dann, wenn sie nussig ist?

Die Verständlichkeit gibt der Verständigung Sinn und macht sie damit schön? Die Nussigkeit gibt der Nuss Sinn und macht sie damit schön?




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Quk
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Sa 28. Sep 2024, 19:44

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 28. Sep 2024, 19:02
Man könnte über viele verschiedene Themen sprechen, zum Beispiel darüber, warum überhaupt Sprache schön oder hässlich ist – zumindest, wenn man so denkt wie ich und glaubt, dass es sich so verhält. Könnte man nicht stattdessen annehmen, dass es ausreicht, wenn Sprache lediglich informativ ist? In der Philosophie wird Sprache oft analysiert, wobei der poetische Aspekt nicht unbedingt im Vordergrund steht. Vielmehr geht es um den Gehalt, der sich, so wird angenommen, auch in ganz anderer Form ausdrücken ließe.

Das Schöne an der Sprache umfasst Aspekte, die auf den ersten Blick sehr unterschiedlich erscheinen. Ein Satz kann schlicht und elegant formuliert sein, was etwas anderes ist als seine Materialität, die für Reim und Rhythmus genutzt werden kann. „Poesie ist ein ständiges Zögern zwischen Klang und Sinn“ (Paul Valéry). Wie tief dringt der Klang in den Sinn ein – und umgekehrt?

Man könnte auch darüber diskutieren, welche unterschiedlichen Schönheitskonzepte in verschiedenen literarischen Gattungen an sich gelten.

Es gibt viele weitere Dinge, über die man sprechen könnte. Ich glaube nicht, dass es aus der Mode gekommen ist, über die objektive Schönheit der Sprache nachzudenken. Nur hier im Forum scheint das eben nicht der Fall zu sein.

Für den Subjektivisten sind erstaunlicherweise gerade die Dinge inexistent, die für uns als Subjekte von ganz besonderer Bedeutung sind. Das ist eine ziemlich seltsame Volte.
Das klingt alles sinnvoll, und dem kann ich gut folgen. -- Nur: Warum sollten diese in der Diskussion entdeckten, vermeintlich "objektiven" Schönheits-Aspekte und -konzepte ausgerechnet objektiv sein und nicht subjektiv? Jörn und Wolfgang, was ist der ausschlaggebende Faktor, der aus einer Anschauung eine objektive Anschauung macht und keine subjektive? Ich bin weder Subjektivist noch Objektivist; die Unterscheidung erscheint mir sinnlos in diesem Zusammenhang. Die Unterscheidung ändert nichts am diskutierten Schönen. Was wird durch die Unterscheidung gewonnen? Ist der Gedanke an etwas Objektives und Universales so eine Art Glaubens-Anker, der das unruhige Leben stabilisieren soll? Ich frage ohne Wertung.




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Jörn Budesheim
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Sa 28. Sep 2024, 19:47

Wenn man, wie alle Subjektivisten nicht glaubt, dass Sprache objektiv schön oder hässlich sein kann, dann hat es keinen Sinn danach zu fragen, warum sie denn objektiv schön oder hässlich sein kann.




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Quk
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Sa 28. Sep 2024, 19:51

Ich bitte um Aufklärung. Sei mein Lehrer. Lass mich an Deinem Glauben teilhaben. Wie kann ich teilhaben?




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Jörn Budesheim
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Sa 28. Sep 2024, 19:54

Wir hatten viel zu viele Diskussionen darüber. Ich will über "die schöne Sprache" sprechen und wenn sich niemand findet, der glaubt, dass es sowas gibt, und darüber reden will, dann habe ich halt Pech gehabt.




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Jörn Budesheim
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Sa 28. Sep 2024, 20:31

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 28. Sep 2024, 12:17
Vor vielen, vielen Jahren hatte ich einmal den Job, Texte von Akademikern in schönes Deutsch zu übersetzen.
Hier habe ich mal einen Satz, wie er mir damals oft begegnet ist, in Form einer Karikatur rekonstruiert:

Die Durchführung der Begehung der städtischen, öffentlichen Grünanlagen erfolgte bei jahreszeitlich bedingten, durchaus angenehmen Herbsttemperaturen gegen 17 Uhr in Begleitung meiner angetrauten Ehegattin Lilith.

Hier mein erster großteils misslungener Versuch, das in schönes Deutsch zu übertragen: Lilith und ich schlenderten durch den Park. Vor uns lagen auf dem Weg die ersten Kastanienblätter, die im Licht der tiefstehenden Herbstsonne leuchteten.

Die Karikatur zu schreiben war viel spaßiger und leichter, das habe ich übrigens während der Samstags-Einkäufe in Gedanken durchgespielt und dann zu Hause in den Rechner getippt, das mache ich relativ häufig. Ich habe auf Facebook viele Freunde und Freundinnen, die professionell schreiben und da kam ich auf die Idee, um Hilfe zu bitten. Die Verbesserung kam prompt: Lilith und ich schlenderten durch den Park. Auf dem Weg leuchteten die ersten Kastanienblätter in der Herbstsonne.




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Stefanie
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Sa 28. Sep 2024, 21:25

Jetzt bin ich verwirrt.
Die Regeln aus dem Startbeitrag habe ich bislang nur auf Sachtexte, wissenschaftliche Arbeiten bezogen, einschließlich sowas wie Zeitungsartikel.
Die sollen jetzt aber nicht in der Literatur verwendet werden oder?

In was für einen Text soll denn dieser Satz mit dem Herbstspaziergang stehen? Tagebucheintrag, Kurzgeschichte, Reisebericht, Roman oder in einem wissenschaftlichen Text?



Der, die, das.
Wer, wie, was?
Wieso, weshalb, warum?
Wer nicht fragt bleibt dumm!
(Sesamstraße)

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Jörn Budesheim
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Sa 28. Sep 2024, 21:34

Das ist für unterschiedliche Genres unterschiedliche "Regeln" geben kann, hatte ich ja wiederholt erläutert. Im Startbeitrag gibt es im übrigen gar keine Regeln. Stattdessen:

Warum auch immer es in der Sprache geht, Schönheit spielt dabei eine bedeutende Rolle, denke ich. Was macht Sprache schön, was macht sie hässlich? Das untersucht die Rhetorik. Welche Bedeutung haben die Regeln der Rhetorik für die Philosophie?

Damit man sich darunter etwas vorstellen kann, habe ich mehr weniger frei Schnauze ein paar Beispiele für gängige Regeln in den zweiten Beitrag gepackt, manche haben so etwas ja vielleicht noch nicht gesehen.




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Jörn Budesheim
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So 29. Sep 2024, 07:48

In einem Text über die Schönheit der deutschen Sprache, den ich heute Morgen gefunden habe, wird gleich zu Beginn festgestellt, dass allgemein Konsens darüber zu bestehen scheint, dass die romanischen Sprachen, allen voran das Italienische, schöner klingen als die germanischen Sprachen, insbesondere das Deutsche.

Doch wie klingt die deutsche Sprache wirklich? Zur Veranschaulichung bietet der Text einige Anekdoten. So soll Kaiser Karl V. mit Gott Spanisch gesprochen haben, mit Frauen Italienisch, mit Männern Französisch – aber Deutsch, so heißt es, sprach er nur mit seinem Pferd. Eine ähnliche Einordnung fand ich bei einer Google-Suche: „Englisch ist die Sprache der Geschäfte, Französisch die Sprache der Kunst, Italienisch die Sprache der Liebe – und Deutsch? Deutsch ist die Sprache, um Hunde zu kommandieren.“

Eine weitere Anekdote aus demselben Text erzählt von einem Streitgespräch, in dem der spanische Rechtsgelehrte Pedro Ruiz de Moros die deutsche Sprache als so dröhnend und laut beschrieb, dass Gott Adam und Eva in dieser Sprache aus dem Paradies vertrieben haben müsse. Der deutsche Gesandte Johannes Lange widersprach nicht, sondern entgegnete schlagfertig, dass Eva Adam auf Spanisch verführt habe.

Dass ich diese Auszüge wiedergebe, bedeutet nicht, dass ich sie gutheiße. Angesichts der Tatsache, dass es laut Google etwa 7000 Sprachen auf der Welt gibt, scheint es ein gewagtes Unterfangen zu sein, eine Rangliste der Sprachen nach ihrer Schönheit und ihrem Charakter aufzustellen. Die obigen Bemerkungen sind letztlich eurozentrisch, was im Text auch zugegeben wird, und lassen die Vielfalt und Schönheit anderer Sprachen außer Acht. Was man aber vielleicht sagen kann, ist, dass wohl jede Sprache ihre eigene Musikalität und Schönheit hat.




Wolfgang Endemann
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So 29. Sep 2024, 10:08

Da muß etwas dransein, auch ich liebe die italienische Sprache, schon immer, nicht erst, seit ich einen italienischen Schwiegersohn habe (der wie alle Italiener mit einem entzückenden Akzent deutsch spricht). Für mich ist das herausstechende die Eleganz, die gleichzeitige Weichheit und Klarheit. Das ist das "Naturschöne" einer zweiten Natur.
Das ist selbstverständlich etwas ganz anderes als die Schönheit, in die die Sprachkünstler ihre jeweilige Muttersprache verwandeln. Da wird dann auch das Deutsche, das durchaus andere Vorzüge hat, sich keineswegs vor anderen Sprachen verstecken braucht, aber eben nicht mit "natürlicher" Schönheit aufwarten kann, zu etwas außergewöhnlich Schönem, bei so unterschiedlichen Künstlern wie Brecht und George.




Pragmatix
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Registriert: Mo 16. Sep 2024, 22:01

So 29. Sep 2024, 11:57

Wie ein schöner Satz entsteht, hat Judith Macheiner in „Übersetzen“ mal vorgeführt. Zweites Bild zuerst.
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