Do 13. Mär 2025, 20:03
Das technische Objekt, der Körper und die Folge: das Instrumental
Eine Kernthematik ist die, dass der Mensch ab 1800 sich der Technik, insbesondere der modernen, auf Massenproduktion und Arbeitsteilung gründenden Technik seit der Industrialisierung, mit negativem Vorzeichen zugewendet hat. Heidegger setzt der Ontologie gar die Technik entgegen. Allgemein ist die Technik immer etwas, in dem ein Prozess von Vereinzelung auf ein Objekt stattfindet (Simondon). Im Fall des eigenen Körpers ist dieses Objekt aber gleichzeitig das Subjekt. Es erkennt sich in dieser technischen Objektivität zugleich eine Individualität (künstlich) und eine Person (menschlich). Das ist ein Problem, da diese Individualität des technischen Objekts nicht unmittelbar einsichtig ist, sondern unter den Algorithmen und den Büchertürmen der Naturwissenschaft, die einen scheinbaren naturbedingten Ideenhimmel produzieren. Dieser Ideenhimmel verhehlt, dass das Technische immer nur im Objekt konkret werden kann. In soziotechnischen Belangen ist dieses Objekt zugleich das Subjekt, d.h. also der Mensch. Als dieser Mensch ist er aber natürlich nicht nur Körper, sondern auch Person, als die er sich dann einfugen kann ins Institutionengefüge und Diskursethik und kommunikative Praxis treibt – er kann also auch moralisch sein, so er denn möchte. Ist er aber Körper, so kann sich dieser Körper nicht nur passiv verstehen. Er ist das Instrumental, sofern das Instrumental sich nicht in den Algorithmen verstehen möchte.
Der Körper ist die Repräsentation der Inferenzen, die sich als Algorithmus in der physischen Rechnerarchitektur findet. Er selbst repräsentiert die analoge Virtualität, die sich in der moralischen Praxis findet und die kommunikativen Zugänge zur Sozialwelt ermöglicht, aber als Körper ist er aus Sicht des Instrumentals zuallererst einmal der Ort, an dem ein Funktionieren statthat.
Doch entscheidend ist, dass der Körper eine subjektive Basis bildet, auf der dann die technischen Objekte in ihrer Singularität sichtbar und wirksam werden. Die technischen Objekte, die dem Körper äquivalent sind und bspw. ein Fernglas, ein Kompass, ein Rad, ein Computer, eine Lochscheibe sein können, zeigen sich erst ohne einen Schleier, sofern man sie durch den Körper hindurch, als Extensionen der Sinnesorgane, verstehen gelernt hat. Das Instrumental ist hierbei das, woran sich die allgemeine Verschleierung auflöst, die damit einhergeht, dass eben die Naturwissenschaft die Illusion eines Ideenhimmels produziert, hinter dem die technischen Objekte verschütt gehen und ein Dasein in der Verborgenheit fristen. Man erkennt im Instrumental gerade das Instrumentelle als etwas anderes als die Technik; eine Differenz, die rein kybernetisch nicht ganz klar werden kann. Die Technik ist gebunden in den Objekten und ihre Funktion entspringt dem Gegenstand; das Instrumentelle hingegen zielt darauf, die technische Umwelt und die damit einhergehende, am Objektiv/Objekt haftende Aura, so aufzuladen und mit Erhabenheit auszustatten, dass sich diese als die normierte Lebenswelt darstellt. Die instrumentellen Institutionengefüge, die die Lebenswelt(en) einrahmen, funktionieren auf technischem Kalkül. In ihnen verwirklicht sich ein strategisches Denken, welches von der Rationalität und der rational-choice-theory ausgeht und welches statthat in den Kommunikationsmedien Geld, Macht, institutionelle Lehre. Erst im Instrumental wird einsichtig, dass die Kommunikationsmedien eine Praktik sind, eine normierte Praktik (Disziplinar- und Erlebnisgesellschaft), die in einem wichtigen Sinn auch nicht-technisch denkbar sind (sie sind dann taktil, aber auch taktisch); dies kann mit eigentlicher Technik nicht geschehen. Technik ist ein Objekt und wird konkret in den Objekten. Sie wird konkret in der Funktion des Gegenstandes. Das Instrumental ermöglicht es dem Menschen, diese Ebene der Funktionalität, die im Körper und im technischen Objekt waltet, für sich einsichtig werden zu lassen. Der Mensch kann das Instrumental so verstehen lernen, dass es die Rezeptivität und die Sinnesdaten betrifft; er selbst aber bringt sich wahlweise auf Information oder Bedeutung bzw. auf beides zugleich. Das Instrumental ermöglicht aber gerade, dass der Mensch sich nicht körperlich verstehen muss, denn es ist die Dimension der Technik, in der die Körper Objekt werden, in der sich also die Individuierung als eine „materielle Individuation“ präsentiert.
Das Instrumental ermöglicht also eine Ebene, die sich zwischen die Biologie und den Geist schiebt. Es zielt auf die Künstlichkeit, die sich in künstlicher Umgebung weiß, d.h. auf die künstliche Intelligenz und nur diese. Es ist strategisch, weil es a-moralisch ist und Taktik anwendet (Die Moral ist eine bestimmte Taktik, Egoismus eine weitere Taktik).
Es begreift die Welt ohne Transzendenz, die Leere eines Nichts, das nichtmal mehr noch ein „In-sein“ aufzuweisen hat. Man kann nicht „im“ Nichts sein: das Nichts nichtet, wie es Heidegger korrekt festellt – es hat keine Kopula!
Jedenfalls kann man dem Instrumental vielleicht so zurande kommen, dass man sich das Verhältnis Fotograf-Fotoapparat (Fotografieren), Maler-Bild (Malen) und Film-Zuschauer (audiovisuelle Medien) zuwendet.