Ein Philosoph sieht rot!

Im Zuge der philosophischen und Debatten der letzten 30 Jahre sind Theorien des Schönen und philosophisch inspirierte Theorien medialer Erfahrungen zunehmend in den Vordergrund gerückt.
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Jörn Budesheim
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So 4. Feb 2018, 18:04

Stefanie hat geschrieben :
So 4. Feb 2018, 17:53
Fehlschlüssen
Den Titel als Teil der Arbeit zu verstehen ist doch kein intentionaler Fehlschluss, finde ich - eher im Gegenteil. Der Titel gehört zur objektiven "Struktur" der Arbeit selbst, denke ich.




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Stefanie
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So 4. Feb 2018, 18:16

Die Crux ist doch die, einerseits sind vor allem die Erklärungen notwendig, damit die Theorie funktioniert, andererseits verhindern sie doch, dass sich die Betrachtenden eine selbständige eigene Meinung bilden können, die von dem abweichen kann, was als Erklärung vorgegeben wird. Oder?



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
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Jörn Budesheim
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So 4. Feb 2018, 18:18

Das verstehe ich nicht?!




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Stefanie
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So 4. Feb 2018, 19:12

Mir fallen gerade keine anderen Worte ein, um besser zu beschreiben, was ich meine. Zeichnen kann ich es leider auch nicht.



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Jörn Budesheim
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Di 6. Feb 2018, 19:29

Alethos hat geschrieben :
Sa 3. Feb 2018, 18:47
Die Quadrate verformen sich zu einer Leinwand, es wachsen ihnen Tischbeine und es entwickelt sich ein Fensterrahmen um sie:
Vielleicht gibt es ja auch Genies der Betrachtung :-)




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Friederike
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Mi 7. Feb 2018, 19:13

Stefanie hat geschrieben :
So 4. Feb 2018, 17:53
Meine Verwirrtheit beruht darauf, dass ich all das, was ich schon gelesen habe, was hier im Forum schon geschrieben wurde, damit verknüpfen möchte...
Jetzt doch den Titel miteinbeziehen, doch vorgegebene Interpretationen berücksichtigen, und wie war das mit den Fehlschlüssen? Mir fehlt zudem manchmal quasi die "Erlaubnis" intuitiv etwas erfassen zu können. (Dürfen)
Ich lese Deine Äußerung erst heute und daher meine verzögerte Nachfrage. @Stefanie, Du sprichst von der inneren Erlaubnis? Der Erlaubnis, die Du Dir selber gibst. Ist das richtig? Und es geht um das intuitive Erfassen der Idee des Gedankenexperimentes?




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Jörn Budesheim
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Do 8. Feb 2018, 06:42

Hallo Friederike und Stefanie

Ich glaube, Stefanie bezieht sich auf den sogenannten intentionalen Fehlschluss, den wir an anderer Stelle besprochen haben. (Richtig?) Susan Sontag hat den zentralen Aspekt dieses Fehlschlusses sinngemäß folgendermaßen zusammengefasst: Man muss die persönlichen Absichten des Künstlers nicht kennen, das Werk sagt alles. Wie das jetzt mit den Titeln der Kunstwerke zusammenhängt, ist mir jedoch nicht ganz klar. Ich vermute mal, dass du Stefanie den Titel den persönlichen Absichten des Künstlers zuschlägst und die Betrachtung des Titels daher als intentionalen Fehlschluss siehst?!

Deine Redeweise von der "Erlaubnis" würde ich so interpretieren: Die Theorie des internationalen Fehlschlusses erteilt nach deinem Gefühl gewissermaßen das Verbot sich auf die Absichten des Künstlers zu beziehen bei der Interpretation des Werkes. Sicher bin ich mir natürlich nicht, denn nach dieser Theorie ist es ja nicht verboten, sich auf die Absichten zu beziehen, sondern falsch. Das ist vielleicht der Grund für deine Anführungszeichen bei "Erlaubnis"?!

Kompliziert wird es durch zwei zusätzliche Aspekte. Erstens: manche Künstler verbinden mit ihren Arbeiten ja Absichten. Und im Alltag ist es regelmäßig so, dass wir Äußerungen nicht richtig verstehen, wenn wir die Absichten, die damit verbunden sind, nicht in Rechnung stellen. Und zweitens glaube ich nicht, dass es Kunst geben könnte, würden die Wesen, die sie produzieren nicht Absichten haben können. Aber das spricht nicht gegen die Theorie vom intentionalen Fehlschluss, finde ich.




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Friederike
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Do 8. Feb 2018, 12:49

Danke von mir für Dein Einspringen @Jörn. Falls Du Stefanies Überlegungen auch nur annähernd zutreffend erfaßt hast, dann habe ich mich auf entferntesten Abwegen befunden 8-) - wovon ich gerne glaube, daß es so ist.




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Stefanie
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Do 8. Feb 2018, 22:19

Ach je, da habe ich ja was angerichtet. ( -:

Weil sich bei mir der Eindruck aufdrängt, dass beim Betrachten eines Kunstwerkes im Hintergrund immer eine Kunsttheorie mitläuft, oder diese Fehlschlüsse, wollte ich die Erlaubnis, einfach ein Kunstwerk rein intuitiv zu betrachten, ohne diese theoretischen Hintergründe, also einfach anschauen, und entweder es gefällt, wird als schön empfunden, oder eben nicht.



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Alethos
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Fr 9. Feb 2018, 23:45

Der "intentionale Fehlschluss" bedeutet doch, wenn ich ihn richtig interpretiere, dass ein Werk nicht vom Künstler her gedacht oder betrachtet werden kann. Das Werk selbst hat eine Intention, die nicht zwangsläufig die des Künstlers sein muss. Das Werk trägt sozusagen seine eigene Bedeutung und ist in diesem Sinne intentional eigenwillig :)

Aber das heisst ja nicht, dass der Künstler dem Werk keine Hinweise einprägen könnte, in deren Richtung man denken kann. Ein Text unter einem roten Quadrat kann ein solches starkes Zeichen sein und dann stark, wenn es integral zum Werk gehört. Ohne diese Wegweiser, ohne diese Texte wäre das Werk ein ganz anderes und unter Umständen gar keines.

Man darf und muss gelegentlich auch die bezweckte Wirkung wirken lassen, das Spiel mitspielen, die Fährte verfolgen etc., die der Künstler intendiert. Aber dieses Mitgehen und Mitspielen geschieht am Objekt selbst und nicht an der Intention des Künstlers. Freilich schliessen sich beide (Intention und Werk) nicht aus, sondern überschneiden sich womöglich sogar, nur eben vielleicht weniger oft, als man vielleicht denken würde. Das will der intentionale Fehlschluss sagen, vermute ich.



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Jörn Budesheim
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Sa 10. Feb 2018, 05:42

Machen wir vielleicht mal ein weiteres Gedankenexperiment nach der Art von Arthur C Danto. Wir stellen uns vor, ein Künstler hätte eine bestimmte Intention und es und es würde ihm gelingenen, diese Intention perfekt ins Werk zu setzen. Jetzt stellen wir uns das Gegenteil vor, nämlich einen weiteren Künstler, der ebenso eine bestimmte Intention hatte, dem es aber überhaupt nicht gelingt, diese Intention ins Werk setzen. Beide Künstler sind seit langem verstorben und diese Werke sind verschollen.

Eines Tages findet man sie durch einen Zufall, dessen genaue Beschaffenheit uns für das Gedankenexperiment nicht zu interessieren braucht, auf einem Dachboden, so wie wir das manchmal in der Zeitung lesen. Die beiden Arbeiten kommen schließlich in eine Galerie. Und der Witz dabei ist, dass sie beide vollkommen identisch aussehen. Das heißt wir können nicht entscheiden, ob wir das Werk vor uns haben, dass die Intention erfüllte oder das andere.

Nehmen wir des Weiteren an, man könnte die Bedeutung eines Werkes auf irgendeine Art und Weise zusammenfassen, nennen wir diese Zusammenfassung X. Dann würden beide Arbeiten X bedeuten und zwar völlig unabhängig davon, ob dies der Intention des Künstlers entspricht oder nicht. (So verstehe ich die Idee vom intentionalen Fehlschluss.)

Wenn wir das Werk interpretieren, dann kommen wir auf die richtige Spur, wenn wir uns in Richtung X bewegen. Und zwar ganz offensichtlich völlig unabhängig davon, was der Künstler für eine Intention hatte. Denn voraussetzungen gemäß waren die beiden Intentionen ja komplett unterschiedlich.

Der Witz dabei ist, dass wir in dem einen Fall die Intention des Künstlers vollkommen erfassen, indem wir X erfassen, während wir in dem anderen Fall die Intention des Künstlers vollkommen verfehlen, indem X erfassen. Das heißt, wir werden keineswegs Opfer des intentionalen Fehlschlusses, wenn wir die Absichten des Künstlers erfassen.




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Jörn Budesheim
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Sa 10. Feb 2018, 06:00

Noch mal sinngemäß Susan Sontag. Sie sagt, man muss die persönlichen Absichten des Künstlers nicht kennen. Sein Werk sagt alles. Das ist nach meinem Verständnis eine perfekte Zusammenfassung des intentionalen Fehlschluss. Und das besagt zugleich, dass der berühmte Slogan "was will uns der Künstler damit sagen?" schlicht und ergreifend falsch ist, richtig ist hingegen zu fragen, was uns das Werk tatsächlich sagt, bzw zeigt. Ich denke, das ist auch das, was Alethos weiter oben ausdrücken wollte. Odrr?




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Friederike
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Sa 10. Feb 2018, 09:25

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 06:00
Noch mal sinngemäß Susan Sontag. Sie sagt, man muss die persönlichen Absichten des Künstlers nicht kennen. Sein Werk sagt alles. Das ist nach meinem Verständnis eine perfekte Zusammenfassung des intentionalen Fehlschluss. Und das besagt zugleich, dass der berühmte Slogan "was will uns der Künstler damit sagen?" schlicht und ergreifend falsch ist, richtig ist hingegen zu fragen, was uns das Werk tatsächlich sagt bzw zeigt. [...]
Ich verlinke hier noch einmal den Artikel aus der "Süddeutschen", aus dem Du am 26.1. im "Kaffeestübchen" im Zusammenhang mit der Gomringer-Gedicht-Debatte zitiert hattest. Dort wird eine Werk-Interpretation, die den Künstler in den Blick nimmt, "Hermeneutischer Intentionalismus" genannt (R. Müller, Lit. Wissenschaftler). Damit ist allerdings mehr als ein Rekurrieren auf die vermeintlichen Absichten der Künstlerin gemeint. Es geht bei dieser Interpretationsweise darum, sich dem Verstehen eines Werkes im Rahmen anderer Arbeiten, Vorgehensweisen, Themenstellungen und Methoden des jeweiligen Künstlers zu nähern. Das scheint mir sinnvoller als die Verkürzung auf mögliche persönliche Absichten. Das ist nicht gegen Dich oder S. Sonntag gerichtet. Mich hatte nur damals, als ich den Artikel las, diese Interpretationsmethode, die sich auf den Kunstschaffenden konzentriert und insofern eine Erweiterung des "Intentionalismus" darstellt, fasziniert.




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Alethos
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Sa 10. Feb 2018, 10:09

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 06:00
Noch mal sinngemäß Susan Sontag. Sie sagt, man muss die persönlichen Absichten des Künstlers nicht kennen. Sein Werk sagt alles. Das ist nach meinem Verständnis eine perfekte Zusammenfassung des intentionalen Fehlschluss. Und das besagt zugleich, dass der berühmte Slogan "was will uns der Künstler damit sagen?" schlicht und ergreifend falsch ist, richtig ist hingegen zu fragen, was uns das Werk tatsächlich sagt, bzw zeigt. Ich denke, das ist auch das, was Alethos weiter oben ausdrücken wollte. Odrr?
Ja, das war, was ich ausdrücken wollte. Das Werk spricht für sich selbst und trägt in sich die Wegweiser zur eigenen Bedeutung.
Das Werk verweist, was seine Bedeutung angeht, auf sich selbst und nicht auf den Künstler.

Der Künstler kann z.B. Texte unter ein rotes Quadrat schreiben und diese Texte 'gängeln' dann unser Sinne und Einbildungskräfte in bestimmte Richtungen. Aber damit erfassen wir auch lediglich die Struktur des Werkes, seine Oberfläche, sein Wesen. Hier der Intention des Künstlers, zwischen Bild und Text eine Einheit zu bilden, nicht zu folgen, würde bedeuten, nicht das Werk zu erfassen, sondern etwas anderes.



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Friederike
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Sa 10. Feb 2018, 11:14

Und wieder zurück zu Dantos Gallerie: Was stellt man mit einem Werk an, das unter- oder übertitelt ist mit "Werk ohne Titel" oder "Irgendeine rote Fläche"? Ist das Bild bzw. in diesem Fall das rote Quadrat freigegeben zur vollständig freien Assoziation? Nein, denke ich, weil beide Titel, selbst wenn sie den Titel negieren, doch wieder Affirmationen darstellen. Wie ich rote Quadrate mit dem einen oder dem anderen Titel interpretieren würde ... vielleicht so: RezipientInnen oder BetrachterInnen kommen um Interpretation nicht herum. Es geht nicht anders. Reine Wahrnehmung, wovon und in welcher Situation auch immer, gibt es nicht.




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Alethos
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Sa 10. Feb 2018, 13:32

Das stimmt wohl. Aber wenn Wahrnehmung immer Bedeutung impliziert, müssen wir klären, was einen alltäglichen Gegenstand von einem Kunstgegenstand unterscheidet. Denn ich schaue auf meine Klobrille und habe nicht nur eine sinnliche Perzeption, sondern erfasse die Bedeutung des Gegenstandes, aber deshalb ist meine Klobrille nicht ein Kunstgegenstand. Was also muss noch hinzukommen, damit aus einem handelsüblichen Gegenstand ein künstlerischer wird?



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Sa 10. Feb 2018, 18:30

Alethos hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 13:32
Das stimmt wohl. Aber wenn Wahrnehmung immer Bedeutung impliziert, müssen wir klären, was einen alltäglichen Gegenstand von einem Kunstgegenstand unterscheidet. Denn ich schaue auf meine Klobrille und habe nicht nur eine sinnliche Perzeption, sondern erfasse die Bedeutung des Gegenstandes, aber deshalb ist meine Klobrille nicht ein Kunstgegenstand. Was also muss noch hinzukommen, damit aus einem handelsüblichen Gegenstand ein künstlerischer wird?
Ja, das ist die Gretchenfrage, spätestens von der Zeit an, in der alltägliche Gebrauchsgegenstände Kunstobjekte wurden ... oder müßte man sagen, im Rahmen der Kunst präsentiert wurden, oder zu Kunstobjekten erklärt/deklariert wurden oder den Status von Kunstobjekten erhielten, oder die Bedeutung "Kunstgegenstand" ihnen angeklebt wurde? Es ist vertrackt und spannend, finde ich. Auf jeden Fall werden dieser Art Gegenstände aus ihrer quasi natürlichen Umgebung, der Lebenswelt, in der sie normalerweise gebraucht werden, herausgenommen und in eine Umgebung, die "Kunst" heißt hineingestellt.




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Sa 10. Feb 2018, 21:59

Friederike hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 18:30
Ja, das ist die Gretchenfrage, spätestens von der Zeit an, in der alltägliche Gebrauchsgegenstände Kunstobjekte wurden ... oder müßte man sagen, im Rahmen der Kunst präsentiert wurden, oder zu Kunstobjekten erklärt/deklariert wurden oder den Status von Kunstobjekten erhielten, oder die Bedeutung "Kunstgegenstand" ihnen angeklebt wurde? Es ist vertrackt und spannend, finde ich. Auf jeden Fall werden dieser Art Gegenstände aus ihrer quasi natürlichen Umgebung, der Lebenswelt, in der sie normalerweise gebraucht werden, herausgenommen und in eine Umgebung, die "Kunst" heißt hineingestellt.
Ja, ich finde diese Frage auch faszinierend. Ein Gegenstand, der im Kunstmuseum steht, muss ja eindeutig ein Kunstgegenstand sein. Hier adelt die Umgebung den Gegenstand zum Kunstgegenstand. :)

Aber wenn ein Mensch einen Hydranten unter vielen, die alle rot sind, blau bemalt, wird er dann auch zum Künstler und der Hydrant zum Kunstobjekt? Ich vermute, ja. Kunstobjekte tanzen doch in gewissem Sinne aus der Reihe. Sie brechen die 'glatte Oberfläche der Wirklichkeit' auf, sie stören die einfache Ruhe des Alltäglichen und setzen Kontrapunkte in einem Monotonismus. So gesehen kann jeder von uns ein Künstler sein, wenn er oder sie den Mut aufbringt, ein wenig Unordnung in die Welt zu bringen?



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So 11. Feb 2018, 05:38

Friederike hat geschrieben :
Sa 10. Feb 2018, 09:25
Mich hatte nur damals, als ich den Artikel las, diese Interpretationsmethode, die sich auf den Kunstschaffenden konzentriert und insofern eine Erweiterung des "Intentionalismus" darstellt, fasziniert.
So wie du es beschreibst, würde ich es nicht als Erweiterung des Intentionalismus bezeichnen wollen. Man ist ohnehin selten mit einzelnen Arbeiten von Künstlern konfrontiert, in der Regel sieht man Werkgruppen oder auch Entwicklungen. Hat nicht ohnehin jedes Ding unüberschaubar viele Eigenschaften und steht in unüberschaubar vielen Kontexten? Durch einen Mehrzahl von Arbeiten können z.b. Gemeinsamkeiten dieser Arbeiten in den Blick geraten und man erkennt eher die relevanten Aspekte.

Dazu ein Beispiel. Vor Jahren war ich einmal auf einer Kunstmesse hier in der Region. In der Regel gehe ich dabei folgendermaßen vor. Zunächst laufe ich relativ schnell durch die Gesamtschau, um mir einen ungefähren Überblick zu verschaffen. Danach folgen langsame Runden, bei denen ich mich länger auf einzelne Arbeiten einlasse.

Ich erinnere mich daran, dass bei einer bestimmten Koje eine Einzelarbeit so präsentiert war, dass sie sofort ins Auge stechen musste. Dieses Bild habe ich bei der ersten Runde relativ schnell in eine bestimmte Kategorie, sagen wir mal eine nicht besonders schmeichelhafte, eingeordnet. Bei der zweiten Runde wäre ich beinahe an diesem Stand vorbei gegangen, wären mir nicht ein paar andere Arbeiten aufgefallen. Nachdem ich mir diese Arbeiten eingehend angeschaut hatte, änderte sich im Lichte dieser Betrachtung auch meine Einschätzung der ersten Arbeit und sie gefiel mir zunehmd. Der Werkzusammenhang erlaubte mir sozusagen, die richtigen SinnFelder in den Blick zu nehmen.




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Alethos
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So 11. Feb 2018, 09:12

Zeigt aber dein Beispiel nicht eindrücklich, dass die Schönheit, der Wert oder die Bedeutung eines Werks teilweise im Auge des Betrachters liegt?



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