Philosophische Reflexionen der Gefühle

Mit Beginn der 1920er Jahre bilden sich in der deutschen Philosophie die Disziplinen der Philosophischen Anthropologie und der Lebensphilosophie aus, deren Grundfragen in den 1990er Jahren eine Renaissance erleben.
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Alethos
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Fr 13. Aug 2021, 16:27

Stell dir vor, er würde „Begeisterung“ beschreiben oder ein anderes „leichtes Gefühl“, das nicht Freude ist. Würde nicht alles irgendwie damit beschrieben worden sein? Nur weil wir wissen, dass er über die Freude schreibt, können wir dem Gesagten nachfühlen, obwohl es vage und meilenweit davon entfernt ist, wie es ist, sie wirklich zu fühlen.



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Alle lächeln in derselben Sprache.

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Friederike
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Fr 13. Aug 2021, 16:36

Ich hab's !!! Das "leibliche feeling" ist zutreffend beschrieben, ja, aber es ist so, als fehlte das "innere :lol: Empfinden". Die Bedeutung der Freude, wenn man sie fühlt, die gehört zum "feeling" dazu. Worüber man sich freut, der "Gegenstand". Schmitz bezeichnet Gefühle allerdings als "Atmosphären". Und die sind ungerichtet.




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NaWennDuMeinst
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Fr 13. Aug 2021, 17:20

Ich frage mich gerade, ob sich Gefühle "hierarchisch ausdifferenzieren" lassen.
Also nehmen wir mal die Beschreibung der Freude:
[...] Das leibliche Befinden, das durch Freude angeregt wird, kann von vielerlei, sogar von gegensätzlicher Art sein. Zwar gibt es die kraftvolle, expansive, hochgespannte Art, sich zu freuen, aber auch die weiche Freude, in die man sich fallen läßt, und auch die kann dem Ergriffenen das mühelose Angehen gegen die Schwere eingeben.
Ich denke bei dem "sich fallen lassen" eher an sowas wie Zufriedenheit Ist Zufriedenheit aber nun ein eigenständiges Gefühl oder eine Art (Unterart?) der Freude?



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Jörn Budesheim
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Fr 13. Aug 2021, 18:03

Es ist vielleicht etwas voreilig, Hermann Schmitz nach der Lektüre von wenigen Zahlen schon einen fundierten Kritik zu unterwerfen :) für mich halten seine Texte fast jedes mal das ein oder andere Aha-Erlebnis bereit und außerdem bin ich beeindruckt davon, dass jemand sich (s)einem Thema ein Forscher Leben lang gewidmet hat und es nach meinem Gefühl ziemlich tief durchdrungen hat, soweit ich das erkennen kann, auch wenn man am Ende sicherlich Kritikpunkte finden wird.

Was die Sprache angeht, mag sie gewöhnungsbedürftig sein, aber ich habe nie das Gefühl, dass hier jemand zu ballverliebt ist und/oder nach dem Motto schreibt: schaut her, was für ein rhetorisches Genie ich bin.




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Jörn Budesheim
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Sa 14. Aug 2021, 07:37

ethik-heute.org hat geschrieben : Emotionen gelten in unserer scheinbar rationalen Welt als Schwächen. Die Philosophin Bennent-Vahle zeigt in ihrem Essay, wie wichtig Emotionen für ethische Werte sind: Nur wer sich eigenen Gefühlen öffnet, kann sich von Glück und Leiden anderer berühren lassen.

https://ethik-heute.org/emotionen-schwa ... -staerken/
Ich bin mehr als einverstanden, wenn es darum geht, dass Gefühle für uns wichtig sind. Aber: Gefühle sind „Öffnungen in den Wänden unseres Ichs“. An anderer Stelle heißt es, dass wir in unseren Leib eingeschlossen sind. Diese Bilder finde ich etwas seltsam. Denn letztlich sind wir demnach doch eine Art Verschlusssache, wenn auch mit Öffnungen, durch die das Ich durchblinzeln kann. Ins unreine gesprochen: Sind Körper/Leib und Ich nicht in der Offenheit?

Aber egal! Wichtig ist, den Wert der Gefühle zu schätzen. In einer gewissen Hinsicht sind Gefühle in dieser Hinsicht etwas "doppeltes". Sie sind essentiell dafür, dass Lebewesen einen Wert in sich selbst darstellen und essentiell dafür, dass wir in der Lage sind, diesen Wert wahrzunehmen.




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Friederike
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So 15. Aug 2021, 10:38

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 14. Aug 2021, 07:37
Ich bin mehr als einverstanden, wenn es darum geht, dass Gefühle für uns wichtig sind. Aber: Gefühle sind „Öffnungen in den Wänden unseres Ichs“. An anderer Stelle heißt es, dass wir in unseren Leib eingeschlossen sind. Diese Bilder finde ich etwas seltsam. Denn letztlich sind wir demnach doch eine Art Verschlusssache, wenn auch mit Öffnungen, durch die das Ich durchblinzeln kann. Ins unreine gesprochen: Sind Körper/Leib und Ich nicht in der Offenheit? Aber egal! Wichtig ist, den Wert der Gefühle zu schätzen. In einer gewissen Hinsicht sind Gefühle in dieser Hinsicht etwas "doppeltes". Sie sind essentiell dafür, dass Lebewesen einen Wert in sich selbst darstellen und essentiell dafür, dass wir in der Lage sind, diesen Wert wahrzunehmen.
Ich habe den Aufsatz flüchtig gelesen und sehe es so, daß die Autorin auf der Grundlage des Innenwelt-"Paradigmas" oder wie Schmitz es nennt, des "Innenwelt-Dogmas" argumentiert. Es ist bei ihr vorausgesetzt und das stellt sie nicht infrage. Nunja, wenn es sich um ein "Paradigma" handelt, dann bestätigt der Artikel dies nur. Die Stelle, auf die Du hinweist, zitiere ich vollständig, weil sie Körper und Leib auch nicht zu unterscheiden scheint:
Bennent-Vahle hat geschrieben : Aspekte der leiblichen Gebundenheit sind herauszuheben: Zum einen enthüllt (diese Gebundenheit) die jeweils einzigartige, perspektivisch begrenzte Mittelpunktstellung des Individuums, zum anderen offenbart sie die Eingeschlossenheit in den Leib, dessen Prozesse und Regungen nur bedingt beeinflussbar sind. Man kann seinen Leib nicht einfach ablegen oder hinter sich lassen. Damit wird die Abhängigkeit und Bedürftigkeit unserer Existenz augenfällig.
Was das "eigentliche" Thema der Autorin angeht, so muß ich den Aufsatz noch einmal gründlicher lesen.




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NaWennDuMeinst
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So 15. Aug 2021, 11:02

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 14. Aug 2021, 07:37
Wichtig ist, den Wert der Gefühle zu schätzen.
Naja, klar. Aber wieso ist es dazu nötig ein "Paradigma" aufzulösen? Das ist der Teil den ich nicht verstehe.
Der Wert meiner Gefühl wird dadurch nicht geschwächt dass ich sie für etwas Inneres halte. Im Gegenteil. Für mich ergibt sich der Wert ja aus dem Possessivpronomen, bzw der Wert drückt sich darin aus.



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Friederike
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So 15. Aug 2021, 12:21

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
So 15. Aug 2021, 11:02
Naja, klar. Aber wieso ist es dazu nötig ein "Paradigma" aufzulösen? Das ist der Teil den ich nicht verstehe. Der Wert meiner Gefühle wird dadurch nicht geschwächt dass ich sie für etwas Inneres halte. Im Gegenteil. Für mich ergibt sich der Wert ja aus dem Possessivpronomen, bzw der Wert drückt sich darin aus.
Während ich den Aufsatz von Bennent ein zweites Mal gelesen habe, ist Deine Auffassung bei mir als Frage aufgetaucht. Die Hauptunterscheidung, so wie ich sie verstehe, liegt bei meinen und deinen Gefühlen, d.h. den eigenen und den Gefühlen der anderen Menschen. Gleichzeitig legt sie das Innenwelt-"Paradigma" zugrunde. Ob und wenn ja, inwiefern die Verlagerung der Gefühle in das Innen eines jeden Menschen, ihre zentralen Aussagen, Gefühle für wichtig zu erachten und mit ihnen rational umzugehen, tangiert, darüber bin ich mir unschlüssig. Erkennen jedenfalls kann ich nicht, daß die Innenwelt-Ansicht den Wert oder die Bedeutung der Gefühle schmälert oder gar wegnimmt.




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NaWennDuMeinst
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So 15. Aug 2021, 13:06

Friederike hat geschrieben :
So 15. Aug 2021, 12:21
Erkennen jedenfalls kann ich nicht, daß die Innenwelt-Ansicht den Wert oder die Bedeutung der Gefühle schmälert oder gar wegnimmt.
Das Problem tritt auf, wenn Gefühle zur Begründung in der Welt herangezogen werden.
Offenbar gibt es da die Ansicht, dass etwas Innerliches keine Begründungskraft für andere Menschen haben kann.
"Innen" wird dann mit "komplett subjektiv" gleichgesetzt.
Deshalb sollen sie ja nach "innen" verschoben werden. "Innen" ist dann nach der Ansicht einfach sowas wie "weg", bedeutungslos, kein Fakt, nur Meinung, Glaube, oder eben Gefühl.
Das sind dann alles keine objektiven Gründe mehr.
Das Hauptproblem setzt da aber schon ganz woanders an, nämlich dass man dem Subjektiven keinen Stellenwert, keine Begründungskraft beimisst.



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Melissos
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So 25. Dez 2022, 15:53

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 16. Aug 2018, 06:21
Bild

Gibt es eine Intentionalität der Gefühle? Oder sind Gefühle bloß innere Regungen?

Was soll es heißen, dass Gefühle eine intentionale Struktur haben? Gemeint ist, das (die meisten) Gefühle nicht bloß "in uns" sind, sondern, dass sie einen "äußeren" Gegenstand haben. Sie sind "über" oder "von" (etc.) etwas. Ein paar Beispiele: Man ist neidisch auf jemanden. Man hat Mitleid mit einer Kreatur. Man freut sich mit anderen über das gelungene Essen. Man ekelt sich vor dem Kadaver. Man liebt jemanden oder etwas. Man ist dankbar für ein Lächeln. Man ist traurig über den Tod des Vaters. Man hat Hoffnung auf bessere Tage. Man fürchtet sich vor dem Chef. Man ist stolz auf den 3. Platz im Rennen ... Gefühle haben also (in aller Regel) solche Objekte in der Welt, auf die sie sich beziehen und über die sie in aller Regel Werturteile Fällen. (Wie man das ausbuchstabiert, könnte Gegenstands des Threads werden.)

Es mag Stimmungen geben, vielleicht "gegenstandslose" Angst oder Melancholie für die das nicht in der selben Form gilt. Auch das gilt es (falls es stimmt) zu beachten.
Alle Gefühle sind auf ein Objekt gerichtet: dem intentionalen Objekt der Gefühlswelt. Aber dieses Objekt muss nicht in einer Außenwelt liegen.

Gefühle sind auch nicht primär tief in uns, gar bloß im Bewusstsein versteckt. Gefühle erscheinen, wenn wir die Ontogenese des Menschen berücksichtigen, als Phänomene zunächst einmal hinsichtlich des Leibes sowie der Stimme. Kleine Kinder benötigen Jahre, um diese Gefühle so zu regulieren, so dass sie scheinbar "innerlich" ablaufen.

Gefühle und deren Objekte verlaufen also orthogonal zum Innen/Außendualismus.




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Jörn Budesheim
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So 25. Dez 2022, 16:37

Melissos hat geschrieben :
So 25. Dez 2022, 15:53
Aber dieses Objekt muss nicht in einer Außenwelt liegen.
Das ist sicher richtig. Die Beispiele, die ich oben gewählt habe, waren wesentlichen Hinblick auf das Vorurteil ausgewählt, das Gefühle sich hauptsächlich auf etwas Inneres beziehen. Was würde dir selbst als Beispiel vorschreiben?




Melissos
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So 25. Dez 2022, 17:06

Ich finde Beispiele hilfreich, in denen kleine Kinder im Alter von 2-3 Jahren Emotionen erfahren.
Sie sind noch nicht so sehr von Rollen-Bildern geprägt worden - wie z.B. 7-8 jährige Kinder oder 14-16 jährige Jugendliche.
Bei den 2-3 jährigen Kindern können wir die Gefühle leibhaftig sehen. Sie verfügen noch nicht über die Selbstkontrolle, die Gefühle im direkten Alltag zu lenken und verbergen.
Über die Jahre nimmt diese Kontrolle mehr und mehr zu. Das konnte ich bei meiner Tochter und bei meinem Sohn gut beobachten.
Schon ab 4-5 Jahren waren sie prinzipiell in der Lage, den Leib so zu kontrollieren, dass Gefühle als scheinbar bloßes "innerliches" Phänomen gedeutet werden könnte.
Beispielsweise passiert irgend etwas, aber das Kind vertraut sich nicht den Kita-Begleitern an. Es wartet vielleicht Stunden, bis die Eltern die Kita betreten. Und dann rennt es auf diese zu, die Emotionen platzen heraus und das Kind sucht Trost bei den Eltern. Die Kita-Betreuer sind überrascht und sagen, dass sie das nicht bemerkt hätten.

Gefühle als Aspekte von Emotionen sind also primär Anteil eines leiblichen Geschehens, das jedoch - wie schon Goethe anmerkte und Norbert Elias es untersuchte - sozialkulturellen Ausdrucksregeln unterworfen ist.

Zu den Objekten - dies können Trauminhalte oder auch Wünsche sein, die real nicht existieren. Es können unerfüllbare Erwartungen sein oder Erinnerungen an jahrealte Ereignisse.




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Jörn Budesheim
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Di 21. Mär 2023, 10:53

METASUBJEKT hat geschrieben :
Mo 20. Mär 2023, 20:32
Der Eindruck, eine Person sei einem überlegen und gefährlich, kann Furcht bewirken. Furcht ist eine ästhetische Empfindung. So wie Glück, Lust, Empörung, usw.
Ich verstehe Furcht etwas anders. Für mich spielt das, was du trennst, untrennbar zusammen. Zur Furcht gehört ein bestimmtes körperliches Erleben, je nach Art und Stärke der Furcht schlägt z.B. das Herz bis zu den Ohren, der Atem rast, einem wird heiß, man ist angespannt. Dieses Erleben richtet sich auf etwas, es ist intentional, in deinem Beispiel richtet es sich auf die gefährliche Person. Dieses Erleben stellt uns diese Person als Bedrohung dar. Mit anderen Worten, die Aspekte, die du "analytisch" und "ästhetisch" nennst, können zwar begrifflich unterschieden werden, aber nur als zusammengehörige Aspekte des Gesamtphänomens. Furcht kennt auch Erfüllungsbedingungen, denn wir können uns in ihr irren, schließlich ist es denkbar, dass die betreffende Person für uns völlig harmlos ist. Das Wie und das Was sind in der Furcht untrennbar miteinander verbunden.




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METASUBJEKT
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Di 21. Mär 2023, 11:37

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 21. Mär 2023, 10:53
METASUBJEKT hat geschrieben :
Mo 20. Mär 2023, 20:32
Der Eindruck, eine Person sei einem überlegen und gefährlich, kann Furcht bewirken. Furcht ist eine ästhetische Empfindung. So wie Glück, Lust, Empörung, usw.
Ich verstehe Furcht etwas anders.
Du verstehst sie nicht wirklich anders als ich. Du hast
die Situation nur präziser beschrieben als ich.

Es ist auch völlig richtig, wenn Du sagst, "..die Aspekte, die ich "analytisch"
und "ästhetisch" nenne, können zwar begrifflich unterschieden werden,
aber nur als zusammengehörige Aspekte des Gesamtphänomens"

Das sehe ich auch so.

Ich habe nur versucht, dasjenige begrifflich zu isolieren,
was eine Situation oder Begegnung, nachdem sie rational als bedrohlich
erkannt wurde, dann als unangenehm erleben läßt.

Das Erlebnis von Furcht ist eine Begleiterscheinung der
Situation, die als Bedrohung wahrgenommen wird.

Aber die Tatsache, dass die Wahrnehmung einer Bedrohung
nicht notwendiger Weise denjenigen "Furcht" empfinden läßt,
der sie erkennt, weil er sich dem vielleicht gewachsen fühlt,
macht sie zu einem eigenständigen Aspekt aber auch eine
eigenständige Funktion.




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NaWennDuMeinst
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Di 30. Mai 2023, 10:17

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 25. Dez 2022, 16:37
Melissos hat geschrieben :
So 25. Dez 2022, 15:53
Aber dieses Objekt muss nicht in einer Außenwelt liegen.
Das ist sicher richtig. Die Beispiele, die ich oben gewählt habe, waren wesentlichen Hinblick auf das Vorurteil ausgewählt, das Gefühle sich hauptsächlich auf etwas Inneres beziehen. Was würde dir selbst als Beispiel vorschreiben?
Nehmen wir mal Folgendes Beispiel:
Hans ist verliebt in Emma. Emma erwidert die Liebe nicht. Hans ist traurig und hält das Emma vor.
Emma widerum wehrt den Vorwurf nun ab, indem sie sagt Hans projeziere seine Gefühle nach aussen (auf sie) und mache damit die Aussenwelt für seine Gefühle verantwortlich.
Was passiert hier? Hat Emma recht und Hans macht die Aussenwelt für etwas als Auslöser seiner Gefühle verantwortlich, was eigentlich komplett in seiner Innenwelt vonstatten geht?
Oder trägt Emma eine Mitverantworung für Hans' Gefühle?



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Jörn Budesheim
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NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 30. Mai 2023, 10:17
Was passiert hier?
Was möchtest du mit deinem Beispiel zeigen und wie soll das funktionieren?




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NaWennDuMeinst
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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 30. Mai 2023, 19:17
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 30. Mai 2023, 10:17
Was passiert hier?
Was möchtest du mit deinem Beispiel zeigen und wie soll das funktionieren?
Ich habe mich gefragt was die Frage ob Gefühle äußere Ursachen haben (oder nicht) für die Praxis bedeutet.
In dem Szenario mit Hans und Emma haben wir ein Gefühl. Hans' Traurigkeit.
Hans sagt Emma ist die äußere Ursache für seine Traurigkeit.
Emma sagt sie sei keine Ursache für Hans' Gefühle, nur er selbst sei die Ursache.
Je nach dem wie man nun dazu steht ergeben sich doch hier unterscheidliche Ergebnisse, oder?



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Jörn Budesheim
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Mi 31. Mai 2023, 08:05

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 21. Mär 2023, 10:53
... Zur Furcht gehört ein bestimmtes körperliches Erleben, je nach Art und Stärke der Furcht schlägt z.B. das Herz bis zu den Ohren, der Atem rast, einem wird heiß, man ist angespannt. Dieses Erleben richtet sich auf etwas, es ist intentional, in deinem Beispiel richtet es sich auf die gefährliche Person. Dieses Erleben stellt uns diese Person als Bedrohung dar. ... Furcht kennt auch Erfüllungsbedingungen, denn wir können uns in ihr irren, schließlich ist es denkbar, dass die betreffende Person für uns völlig harmlos ist. Das Wie und das Was sind in der Furcht untrennbar miteinander verbunden.
Melissos hat geschrieben :
So 25. Dez 2022, 15:53
Gefühle und deren Objekte verlaufen also orthogonal zum Innen/Außendualismus.
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 30. Mai 2023, 22:26
Ich habe mich gefragt was die Frage ob Gefühle äußere Ursachen haben (oder nicht) für die Praxis bedeutet.
Auf wen oder welche Position beziehst du dich? Die Formulierung von Melissos, dass Gefühle und ihre Objekte quer zum Innen/Außen-Dualismus stehen, finde ich für den Moment eigentlich ganz gut. Denn das heißt ja gerade nicht, dass man sich nur auf "äußere Ursachen" konzentrieren sollte, um das Phänomen "Gefühle" zu verstehen. Meine Beschreibung der Angst geht in eine ähnliche Richtung. Melissos hat darüber hinaus, wenn ich den kurzen Austausch richtig in Erinnerung habe, auf die verschiedenen kulturellen und sozialen Dimensionen von Gefühlen hingewiesen.




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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 31. Mai 2023, 08:05
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 21. Mär 2023, 10:53
... Zur Furcht gehört ein bestimmtes körperliches Erleben, je nach Art und Stärke der Furcht schlägt z.B. das Herz bis zu den Ohren, der Atem rast, einem wird heiß, man ist angespannt. Dieses Erleben richtet sich auf etwas, es ist intentional, in deinem Beispiel richtet es sich auf die gefährliche Person. Dieses Erleben stellt uns diese Person als Bedrohung dar. ... Furcht kennt auch Erfüllungsbedingungen, denn wir können uns in ihr irren, schließlich ist es denkbar, dass die betreffende Person für uns völlig harmlos ist. Das Wie und das Was sind in der Furcht untrennbar miteinander verbunden.
Melissos hat geschrieben :
So 25. Dez 2022, 15:53
Gefühle und deren Objekte verlaufen also orthogonal zum Innen/Außendualismus.
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 30. Mai 2023, 22:26
Ich habe mich gefragt was die Frage ob Gefühle äußere Ursachen haben (oder nicht) für die Praxis bedeutet.
Auf wen oder welche Position beziehst du dich? Die Formulierung von Melissos, dass Gefühle und ihre Objekte quer zum Innen/Außen-Dualismus stehen, finde ich für den Moment eigentlich ganz gut. Denn das heißt ja gerade nicht, dass man sich nur auf "äußere Ursachen" konzentrieren sollte, um das Phänomen "Gefühle" zu verstehen.
Ja ok, aber was bedeuttet das in Bezug auf mein Beispiel?
Wie kann man das, was ihr hier besprecht in der Praxis anwenden/unsetzen?



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NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 30. Mai 2023, 22:26
Ich habe mich gefragt was die Frage ob Gefühle äußere Ursachen haben (oder nicht) für die Praxis bedeutet.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 31. Mai 2023, 08:05
Auf wen oder welche Position beziehst du dich? Die Formulierung von Melissos, dass Gefühle und ihre Objekte quer zum Innen/Außen-Dualismus stehen, finde ich für den Moment eigentlich ganz gut. Denn das heißt ja gerade nicht, dass man sich nur auf "äußere Ursachen" konzentrieren sollte, um das Phänomen "Gefühle" zu verstehen. Meine Beschreibung der Angst geht in eine ähnliche Richtung. Melissos hat darüber hinaus, wenn ich den kurzen Austausch richtig in Erinnerung habe, auf die verschiedenen kulturellen und sozialen Dimensionen von Gefühlen hingewiesen.
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 3. Jun 2023, 19:12
Ja ok, aber was bedeuttet das in Bezug auf mein Beispiel?
Wie kann man das, was ihr hier besprecht in der Praxis anwenden/unsetzen?
Für das Beispiel bedeutet es, dass weder Melisso noch ich eine Position vertreten, die damit zusammenhängt, das Beispiel ist kein Beispiel für unsere Sicht. "Hans sagt Emma ist die äußere Ursache für seine Traurigkeit. Emma sagt sie sei keine Ursache für Hans' Gefühle, nur er selbst sei die Ursache." Mir ist nicht klar, wofür das ein Beispiel ist. Jedenfalls nicht für die Position, die ich vertrete.

Außerdem verstehe ich weder Hans noch Emma :) Ich kann mir auch keinen Hans vorstellen, der so etwas sagt. Ich kann mir zwar natürlich jemanden vorstellen, der unglücklich ist, weil seine Liebe zurückgewiesen wird, aber das was Hans sagt, dafür habe ich keine Erklärung.




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