Das Anthropozän

Mit Beginn der 1920er Jahre bilden sich in der deutschen Philosophie die Disziplinen der Philosophischen Anthropologie und der Lebensphilosophie aus, deren Grundfragen in den 1990er Jahren eine Renaissance erleben.
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AndreaH
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So 11. Jun 2023, 00:54

Timberlake hat geschrieben :
Sa 3. Dez 2022, 22:12
@AndreaH
Woraus ich schon mal entnehme, dass das Thema Anthropozän bei dir nicht irgendwo ( wenn überhaupt) , unter ferner liefen läuft , sondern doch schon ein Anliegen ist. Ist es doch alles andere als Selbstverständlich , dass man für die Aktivitäten , in einem solchen Forum , auch nur bloß in Betracht zieht, dafür Tage frei zu nehmen .
Ich kann dieses Jahr wieder nicht daran teilnehmen. (Aber zumindest hätte ich den Termin nicht verschlafen) Auf Grund der Arbeit geht es bei mir leider nicht.
Es gibt allerdings bei einem Programmpunkt die Möglichkeit online kostenlos daran teilzunehmen.

Das Programmheft findest du hier:
https://www.klimabuendnis.at/images/dok ... A23%20.pdf

Auf Seite 7 findest du den Link zum kostenlosen online ticket falls es dich interessiert. :)
Ich arbeite zu diesem Zeitpunkt, daher kann ich mich leider nicht zuschalten. ;)




Timberlake
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Sa 2. Sep 2023, 21:03

Burkart hat geschrieben :
Fr 26. Aug 2022, 23:16
Irgendwie las ich, dass vielleicht mal wieder ein neues Thema guttäte, dieses geht mir mal wieder durch den Kopf.

Ist Philosophie nicht genau genommen die Liebe zur menschlichen Weisheit bzw. zur Weisheit der Menschen?
Würden z.B. (hinreichend intelligente) Tiere nicht z.B. andere Schwerpunkte setzen, vielleicht gar andere Erkenntnisse haben? Oder die lieben unbekannten Aliens?
Z.T. denke ich schon.
Die lieben unbekannten Aliens , wenn es sie noch gibt ..


augsburger-allgemeine.de hat geschrieben :

Ist die Frage, ob es Außerirdische gibt, wichtig für das Fortbestehen der Menschen auf der Erde?

Lesch: Wenn sich herausstellt, dass keine einzige Zivilisation eine ökologische Katastrophe auf ihrem Planeten vermeiden kann, dann finden wir keine Außerirdischen, weil alle ausgestorben sind. Wir haben innerhalb kürzester Zeit unsere Atmosphäre so sehr verändert, dass wir überdurchschnittlich hohe Temperaturen messen: Wenn Außerirdische genauso dumm sind wie wir, sind sie schon ausgestorben. Wenn es sie noch gibt, haben wir eine Chance, unsere Probleme selber zu lösen, weil es die anderen auch geschafft haben.
Nur um mal an dieser Stelle ein Kontext dieser "Philosophie", zum Anthropozän und damit zum Thema dieses Threads her zu stellen. Als solches ich "genau genommen" vielmehr von einer "Hassliebe" zur menschlichen Weisheit bzw. zur Weisheit der Menschen sprechen würde.

augsburger-allgemeine.de hat geschrieben :
Harald Lesch schildert in seinem Buch "Die unheimliche Stille", warum es Außerirdische gibt und weswegen sie uns ähnlicher sind, als wir denken.

Warum ist das Thema für die Menschheit relevant?

Lesch: Spannend ist, dass die Forschung rund um Außerirdische ein Spiegelthema ist: Wir schauen in einen kosmischen Spiegel und sehen in den Außerirdischen unsere Eigenschaften. Eine davon ist der Unterschied zwischen Entdeckern und Entdeckten. Die Entdeckten haben im Laufe der Geschichte ziemlich gelitten – wir würden uns also keinen Gefallen tun, dem Universum mitzuteilen, dass es uns gibt. Wenn wir entdeckt werden sollten, würden wir wahrscheinlich an den Entdeckern zugrunde gehen.
Ganz abgesehen davon , dass wir in Anbetracht dessen , nicht wirklich von den "lieben" Außerirdischen entdeckt werden wollen.




Timberlake
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Sa 9. Sep 2023, 22:51

Quk hat geschrieben :
Sa 9. Sep 2023, 12:58
Weitere Denkschritte:

Da es für das Leben richtig ist, Nährstoffe aufzunehmen, und es falsch ist, Gifte aufzunehmen, könnte man daraus folgern, dass dieses "richtig & falsch" sich letztendlich immer auf die Lebenserhaltung bezieht -- egal entlang welcher Warum-Kette, sei sie chemischer, sozialer oder mechanischer Art?

Meiner Ansicht nach ist es offensichtlich, dass dieses "richtig & falsch"-Prinzip objektiv in jedem Leben steckt, sogar in einer Selbstmord-Situation.

Weist diese Offensichtlichkeit womöglich auf eine Tautologie?

Das Leben erhält sich richtigerweise, weil es sich richtig erhält?

Um zu diesen "Denkschritten" nochmal auf Harald Lesch zurück zu kommen ...



Weitere Denkschritte:

Wenn es für das Leben richtig ist, Nährstoffe aufzunehmen, und es falsch ist, Gifte aufzunehmen, und man daraus folgern könnte , dass dieses "richtig & falsch" sich letztendlich immer auf die Lebenserhaltung bezieht, wie konnte es entlang einer solche Warum-Kette, sei sie chemischer, sozialer oder mechanischer Art, dazu kommen , dass sich die Menscheit abschafft .

Meiner Ansicht nach ist es offensichtlich, dass dieses "richtig & falsch"-Prinzip objektiv nicht in dem Menschen steckt.

Weist diese Offensichtlichkeit womöglich auf eine Tautologie?

Das menschliche Leben erhält sich fälschlicherweise, weil es sich falsch erhält?

  • "Was ich erzähle, ist die Geschichte der nächsten zwei Jahrhunderte. Ich beschreibe, was kommt, was nicht mehr anders kommen kann: die Heraufkunft des Nihilismus. Diese Geschichte kann jetzt schon erzählt werden: denn die Notwendigkeit selbst ist hier am Werke. Diese Zukunft redet schon in hundert Zeichen, dieses Schicksal kündigt überall sich an; für diese Musik der Zukunft sind alle Ohren bereits gespitzt. Unsre ganze europäische Kultur bewegt sich seit langem schon mit einer Tortur der Spannung, die von Jahrzehnt zu Jahrzehnt wächst, wie auf eine Katastrophe los: unruhig, gewaltsam, überstürzt: einem Strom ähnlich, der ans Ende will, der sich nicht mehr besinnt, der Furcht davor hat, sich zu besinnen.

    Der hier das Wort nimmt, hat umgekehrt nichts bisher getan als sich zu besinnen: als ein Philosoph und Einsiedler aus Instinkt, der seinen Vorteil im Abseits, im Außerhalb, in der Geduld, in der Verzögerung, in der Zurückgebliebenheit fand; als ein Wage- und Versucher-Geist, der sich schon in jedes Labyrinth der Zukunft einmal verirrt hat; als ein Wahrsagevogel-Geist, der zurückblickt, wenn er erzählt, was kommen wird; als der erste vollkommene Nihilist Europas, der aber den Nihilismus selbst schon in sich zu Ende gelebt hat, – der ihn hinter sich, unter sich, außer sich hat."
    Friedrich Nietzsche .. Aus dem Nachlaß der Achtzigerjahre




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Quk
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So 10. Sep 2023, 10:59

Timberlake hat geschrieben :
Sa 9. Sep 2023, 22:51
Wenn es für das Leben richtig ist, Nährstoffe aufzunehmen, und es falsch ist, Gifte aufzunehmen, und man daraus folgern könnte , dass dieses "richtig & falsch" sich letztendlich immer auf die Lebenserhaltung bezieht, wie konnte es [...] dazu kommen, dass sich die Menscheit abschafft?

Meiner Ansicht nach ist es offensichtlich, dass dieses "richtig & falsch"-Prinzip objektiv nicht in dem Menschen steckt.
Deinem Einwand stimme ich zu, denn es ist paradox, wenn der Mensch das Leben für richtig hält während er es fälschlicherweise vergiftet.

Ich denke, die meisten Paradoxien kann man auflösen, indem man sie entpauschalisiert und ihre Einzelteile beachtet. Rezept-Beispiele:


Man teile das Menschsein auf in Sein und Seinwollen (Paradoxieauflösung durch Trennung von Sein und Wollen). Dann kann man sagen:

Der Mensch will leben, aber aus Bequemlichkeit reden sich viele Menschen ein, das Bequeme sei nicht giftig genug für die Lebenszerstörung. Das sind sozusagen Falschparker, die wissen, dass sie falsches tun, dies aber mittels Ausreden recht-fertigen. Das "richtig & falsch"-Prinzip gibt es sehr wohl, aber es steckt demnach im Wollen und nicht im Sein. Paradox wird die Sache erst, wenn man Wollen und Sein pauschalisiert.

Falsches und richtiges gibt es also tatsächlich objektiv im Menschsein-Wollen, und diese Tatsache ist überhaupt der Antrieb der Evolution, die ja stets Falschparker abschleppt, sodass die lebensrichtigen Dinge immer in der Mehrzahl bleiben.


Oder man teile die Menschheit auf in Klügere und Dümmere (Paradoxieauflösung durch Spezifizierung der Klugheit). Dann kann man sagen:

Die Klügeren, die Gifte vermeiden, überleben besser als die Dümmeren, die wissentlich Gifte aufnehmen. Die Evolution sortiert die Dümmeren aus und lässt die Klügeren überleben, sodass die Klügeren immer in der Mehrzahl bleiben. Das heißt, die Menschheit wird im Durchschnitt immer klüger, und erkennt und vermeidet Gifte immer besser.

Das "richtig & falsch"-Prinzip gibt es sehr wohl, aber es steckt demnach eher in den klügeren Menschen als in den dümmeren. Paradox wird die Sache erst, wenn man Klügere und Dümmere pauschalisiert.


Anmerkung: Wollen, sein, klug, dumm sind Sachen, die innerhalb derselben Person minütlich und ereignisbezogen sich ändern können. Ich selbst bin auch stark davon betroffen. Mein Kommentar ist also weder überheblich gemeint noch pauschal auf igendwelche Gesamtbiografien bezogen. Womit wir damit erneut eine Paradoxieauflösung hätten: Die Trennung von "manchmal" und "immer", und von "hier" und "überall". So kommt das falsche seltener vor und an weniger Orten als das richtige. Somit überwiegt das Richtige im Durchschnitt zeitlich und räumlich.


Und wenn die Menschheit nun doch durch Dummheit ausstirbt, dann hat sie etwas falsch gemacht. Das würde abermals beweisen: Es gibt im Leben richtiges und falsches. Wenn du als Lebewesen etwas falsches tust, dann lebst du nicht mehr. Hier am Ende winkt dann auch wieder die Tautologie.




Timberlake
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So 10. Sep 2023, 13:46

Ich weiß in Anbetracht der Qualität dessen , was an Philosophie in deínem Beitrag geradezu offenkundig wird ( so zumindest meinen Meinung) gar nicht wo ich anfangen soll ..

Quk hat geschrieben :
So 10. Sep 2023, 10:59
Timberlake hat geschrieben :
Sa 9. Sep 2023, 22:51
Wenn es für das Leben richtig ist, Nährstoffe aufzunehmen, und es falsch ist, Gifte aufzunehmen, und man daraus folgern könnte , dass dieses "richtig & falsch" sich letztendlich immer auf die Lebenserhaltung bezieht, wie konnte es [...] dazu kommen, dass sich die Menscheit abschafft?

Meiner Ansicht nach ist es offensichtlich, dass dieses "richtig & falsch"-Prinzip objektiv nicht in dem Menschen steckt.
Deinem Einwand stimme ich zu, denn es ist paradox, wenn der Mensch das Leben für richtig hält während er es fälschlicherweise vergiftet.

Ich denke, die meisten Paradoxien kann man auflösen, indem man sie entpauschalisiert und ihre Einzelteile beachtet. Rezept-Beispiele:


Man teile das Menschsein auf in Sein und Seinwollen (Paradoxieauflösung durch Trennung von Sein und Wollen). Dann kann man sagen:

Der Mensch will leben, aber aus Bequemlichkeit reden sich viele Menschen ein, das Bequeme sei nicht giftig genug für die Lebenszerstörung. Das sind sozusagen Falschparker, die wissen, dass sie falsches tun, dies aber mittels Ausreden recht-fertigen. Das "richtig & falsch"-Prinzip gibt es sehr wohl, aber es steckt demnach im Wollen und nicht im Sein. Paradox wird die Sache erst, wenn man Wollen und Sein pauschalisiert.

. so beginne ich mal , weil hier von der Paradoxieauflösung durch Trennung von Sein und Wollen die Rede ist , mit einem Zitat von Schopenauer . wie könnte es auch anders sein . wenn sein Hauptwerk unter der Überschrifft steht "Die Welt als Wille und Vorstellung"


  • »Die Welt ist meine Vorstellung:« – dies ist die Wahrheit, welche in Beziehung auf jedes lebende und erkennende Wesen gilt; wiewohl der Mensch allein sie in das reflektirte abstrakte Bewußtseyn bringen kann: und thut er dies wirklich; so ist die philosophische Besonnenheit bei ihm eingetreten. Es wird ihm dann deutlich und gewiß, daß er keine Sonne kennt und keine Erde; sondern immer nur ein Auge, das eine Sonne sieht, eine Hand, die eine Erde fühlt; daß die Welt, welche ihn umgiebt, nur als Vorstellung daist, d.h. durchweg nur in Beziehung auf ein Anderes, das Vorstellende, welches er selbst ist.
    Arthur Schopenhauer ... Die Welt als Wille und Vorstellung
Nach Schopenhauer wäre es wohl eher zutreffender , zu sagen ...

  • Man teile das Menschsein auf in Vorstellung und Vorstellenwollen (Paradoxieauflösung durch Trennung von Vorstellung und Wollen)Dann kann man sagen:

    Der Mensch will leben, aber aus Bequemlichkeit reden sich viele Menschen ein, das Bequeme sei .. in iher Vorstellung ..nicht giftig genug für die Lebenszerstörung. Das sind sozusagen Falschparker, die eine Vorstellung davon haben , dass sie falsches tun, dies aber mittels Ausreden recht-fertigen. Das "richtig & falsch"-Prinzip gibt es sehr wohl, aber es steckt demnach im Wollen und nicht in der Vorstellung. Paradox wird die Sache erst, wenn man Wollen und Vorstellung pauschalisiert.


... würde ich doch schon sagen, so wie dem Menschen lt. Schopenauer deutlich und gewiß wird, daß er keine Sonne kennt und keine Erde kennt , so kennt er auch nicht das Sein. Auch dafür hat er immer nur ein Auge, dass das Sein sieht, eine Hand, die das Sein fühlt ... "daß die Welt, welche ihn umgiebt, nur als Vorstellung daist, d.h. durchweg nur in Beziehung auf ein Anderes, das Vorstellende, welches er selbst ist"


Somit , um auf das Thema dieses Threads zurück zu kommen , auch das Anthropozän nur in der menschlichen Vortstellung existiert. .."dies ist die Wahrheit, welche in Beziehung auf jedes lebende und erkennende Wesen gilt(Schopenhauer) um an dieser Stelle( ganz nebenbei ) ein Kontext zu dem herzustellen , was Markus Gabriel zur Wahrheit sagt .
Markus Gabriel hat geschrieben : Man muss zwischen dem ideologischen und dem philosophischen Begriff der Wahrheit streng unterscheiden, was eine entscheidende Wahrheit über Wahrheit ist. Der ideologische Begriff legt nahe, dass man die Wahrheit selbst dann nicht erkennen könnte, wenn es sie gäbe. Jeder hat demnach seine eigene Wahrheit, ich meine und du deine. Wer von Wahrheiten im Plural spricht, hat jedoch jeden Wahrheitsanspruch fahren gelassen und verwechselt Wahrheit mit Meinungen, die es tatsächlich nur im Plural gibt.

.
Nur kann man wirklich sagen , dass das unser Problem mit dem Anthropozähn ist. Das demach ein jeder demnach darüber seine eigene Wahrheit hat, ich meine und du deine? So das man dessen Wahrheit selbst dann nicht erkennen könnte, wenn es sie gäbe, wie es der ideologische Begriff von Wahrheit nahe legt? Gleichwohl man wohl tatsächlich zugleich jeden Wahrheitsanspruch fahren gelassen hat , wenn man von Wahrheiten zum Anthropozähn im Plural spricht. Dann würde man .. so Markus Gabriel .. diesbezüglich Wahrheit mit Meinungen verwechseln ... "die die es tatsächlich nur im Plural gibt".

.. und hätte man nicht tatsächlich, wenn man von "Wahrheiten" bzw. um auf Schopenhauer zurück zu kommen , von "Vorstellungen" zum Anthropozähn im Plural spricht , Pauschalisiert?




Timberlake
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So 10. Sep 2023, 16:55

Tishk hat geschrieben :
Mo 20. Feb 2023, 21:29
Wie sähe die Welt aus, wenn jeder einzelne Mensch ein Prophet wäre? Eine Welt, in der jeder von uns Menschen wie Jesus, Mohamed, Buddha und noch unglaublich viele andere Propheten wäre. Wie sähe diese Welt denn dann aus?

Vermutlich kommt es ganz drauf an , inwiefern sich die Prophezeiungen gleichen. Je größer die Unterschiede, um so größer auch die Unterschiede zwischen den einzelnen Menschen, wenn jeder einzelne ein Prophet wäre. Demnach würde eine Welt mit identischen Prophezeiungen und von daher identischen Propheten konsistent aussehen. Während die anderer Welt , mit unterschiedlichen Prophezeiungen und von daher unterschiedlichen Propheten eher konfus aussehen würde. Wenn also eine konsistente Welt erwünscht ist und jeder einzelne Mensch ein Prophet wäre , sollten sie sich in ihren Prophezeiungen nicht allzu unterscheiden . Weil hier vor kurzem erst erwähnt und deshalb natürlich passend zu diesem Thread .. "dazu" .. nur mal zum Vergleich. ...

  • "Was ich erzähle, ist die Geschichte der nächsten zwei Jahrhunderte. Ich beschreibe, was kommt, was nicht mehr anders kommen kann: die Heraufkunft des Nihilismus. Diese Geschichte kann jetzt schon erzählt werden: denn die Notwendigkeit selbst ist hier am Werke. Diese Zukunft redet schon in hundert Zeichen, dieses Schicksal kündigt überall sich an; für diese Musik der Zukunft sind alle Ohren bereits gespitzt. Unsre ganze europäische Kultur bewegt sich seit langem schon mit einer Tortur der Spannung, die von Jahrzehnt zu Jahrzehnt wächst, wie auf eine Katastrophe los: unruhig, gewaltsam, überstürzt: einem Strom ähnlich, der ans Ende will, der sich nicht mehr besinnt, der Furcht davor hat, sich zu besinnen.

    Der hier das Wort nimmt, hat umgekehrt nichts bisher getan als sich zu besinnen: als ein Philosoph und Einsiedler aus Instinkt, der seinen Vorteil im Abseits, im Außerhalb, in der Geduld, in der Verzögerung, in der Zurückgebliebenheit fand; als ein Wage- und Versucher-Geist, der sich schon in jedes Labyrinth der Zukunft einmal verirrt hat; als ein Wahrsagevogel-Geist, der zurückblickt, wenn er erzählt, was kommen wird; als der erste vollkommene Nihilist Europas, der aber den Nihilismus selbst schon in sich zu Ende gelebt hat, – der ihn hinter sich, unter sich, außer sich hat."
    Friedrich Nietzsche .. Aus dem Nachlaß der Achtzigerjahre




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Quk
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So 10. Sep 2023, 18:12

Hmm. Mir ist nicht klar, worauf Du hinauswillst mit der Einführung des Begriffs der "Vorstellung".

Ist das eine zusätzliche Idee in einem anderen Thema, oder eine Präzisierung des ursprünglichen, zitierten Themas?

Du schreibst: "... jeder demnach darüber seine eigene Wahrheit hat ..."

So etwas nenne ich nicht "eigene Wahrheit"; ich nenne das Vermutung, These, Theorie etc., aber nicht Wahrheit. (Auch nicht "alternativer Fakt".)

Beispiel: Auch die Aussagen oder die Vorstellungen, dass das Klima wegen Treibhausgasen wärmer wird, kann ich aufgrund meines Mangels an letzter Allwissenheit nicht als "Wahrheiten" bezeichnen, sondern muss sie als Theorien bezeichnen -- allerdings als äußerst robuste Theorien, denn die Voraussagen, die diese Theorien liefern, sind bisher alle eingetroffen, und man kann sie auch im Labor experimentell nachweisen. Die Theorien, die dieses Problem verharmlosen wollen, haben in ihren Vorhersagen bisher versagt. Deshalb halte ich es für allerhöchstwahrscheinlich, dass die Treibhausgase die Hauptursache sind; diese Vermutung halte ich von allen verschiedenen Vermutungen für die plausibelste, und deshalb will ich nach ihr mein Handeln planen. Trotzdem ist nicht endgültig sicher, ob nicht doch ein Fehler drinsteckt. Und deshalb kann ich diese Aussagen nicht "Wahrheiten" nennen, sondern -- mit wissenschaftlicher Redlichkeit -- "Vermutungen". Ich meine, wir alle hegen verschiedene, individuelle Vermutungen, nicht Wahrheiten. Von dem her müsstest Du Deinen letzten Abschnitt bezüglich "eigene Wahrheiten" umtexten, bevor ich überhaupt versuchen kann, ihn zu verstehen :-)




Timberlake
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Mo 11. Sep 2023, 00:15

Quk hat geschrieben :
So 10. Sep 2023, 18:12
Hmm. Mir ist nicht klar, worauf Du hinauswillst mit der Einführung des Begriffs der "Vorstellung".
...
. Von dem her müsstest Du Deinen letzten Abschnitt bezüglich "eigene Wahrheiten" umtexten, bevor ich überhaupt versuchen kann, ihn zu verstehen :-)
Wie aus dem Umtexten deines Beitrages meinerseits , als da wäre ..
Timberlake hat geschrieben :
So 10. Sep 2023, 13:46
Quk hat geschrieben :
So 10. Sep 2023, 10:59

Man teile das Menschsein auf in Sein und Seinwollen (Paradoxieauflösung durch Trennung von Sein und Wollen). Dann kann man sagen:
Nach Schopenhauer wäre es wohl eher zutreffender , zu sagen ...

  • Man teile das Menschsein auf in Vorstellung und Vorstellenwollen (Paradoxieauflösung durch Trennung von Vorstellung und Wollen)Dann kann man sagen:
..hervorgeht war das eigentlich nur als ein Gegenentwurf dessen gemeint , was du als das "Sein" bezeichnet hast.
Quk hat geschrieben :
So 10. Sep 2023, 18:12

Du schreibst: "... jeder demnach darüber seine eigene Wahrheit hat ..."

Ausgehend von einer solchen Vorstellung über das Anthropozäns , habe ich anschließend auf eine eigene Wahrheit über das Anthropozän geschlossen. Unterscheidet sich doch ein jeder in seiner Vorstellung vom Anthropozän. Womit die eine einzige Wahrheit, über das Anthropozän , hinfällig wird.
Quk hat geschrieben :
So 10. Sep 2023, 18:12
Beispiel: Auch die Aussagen oder die Vorstellungen, dass das Klima wegen Treibhausgasen wärmer wird, kann ich aufgrund meines Mangels an letzter Allwissenheit nicht als "Wahrheiten" bezeichnen, sondern muss sie als Theorien bezeichnen -- allerdings als äußerst robuste Theorien, denn die Voraussagen, die diese Theorien liefern, sind bisher alle eingetroffen, und man kann sie auch im Labor experimentell nachweisen.
Das gilt auch für dein Beispiel , wohlgemerkt ein Beispiel für das Anthropozän. Vor dem Hintergrund , dass jeder seine eigene Vorstellung davon hat , kann man die Erwärmung des Klimas durch Treibhausgase nicht als eine einzige“ Wahrheit bezeichnen.

Markus Gabriel hat geschrieben : Man muss zwischen dem ideologischen und dem philosophischen Begriff der Wahrheit streng unterscheiden, was eine entscheidende Wahrheit über Wahrheit ist. Der ideologische Begriff legt nahe, dass man die Wahrheit selbst dann nicht erkennen könnte, wenn es sie gäbe. Jeder hat demnach seine eigene Wahrheit, ich meine und du deine. Wer von Wahrheiten im Plural spricht, hat jedoch jeden Wahrheitsanspruch fahren gelassen und verwechselt Wahrheit mit Meinungen, die es tatsächlich nur im Plural gibt.

.
Wir sprechen hier also tatsächlich von Wahrheiten im Plural und kann deshalb , was das Anthropozän im Allgemeinen und den menschengemachten Klimawandel im Besonderen betrifft … „jeden Wahrheitsanspruch fahren lassen und verwechselt Wahrheit mit Meinungen, die es tatsächlich nur im Plural gibt.“
Das gilt um so mehr , wie die Vorstellung darüber das eigene Leben tangiert. Wenn man beispielsweise zur Abwendung des menschengemachten Klimawandel .. in " Wahrheit" , in seiner „Vorstellung“! .. auf Liebgewordenes , wie die Urlaubsreisen per Flieger , eigentlich verzichten sollte.
Markus Gabriel hat geschrieben :
Die Wahrheit im philosophischen Sinne ist leicht zu erkennen. Sie ist das, was wir kennen, wenn wir etwas erkennen. Es ist wahr, dass wir gerade diese Sätze aufschreiben. Nicht aufregend, aber wahr. Wer Wahrheit für ausgesprochen schwierig oder sogar politisch verdächtig hält, weiß nicht, wie einfach sie meistens ist.
Dabei ist diese Wahrheit im philosophischen Sinne leicht zu erkennen. Nur wollen wir sie auch erkennen ? .....

  • "Hingegen der Begriff Wille ist der einzige, unter allen möglichen, welcher seinen Ursprung nicht in der Erscheinung, nicht in bloßer anschaulicher Vorstellung hat, sondern aus dem Innern kommt, aus dem unmittelbarsten Bewußtseyn eines Jeden hervorgeht, in welchem dieser sein eigenes Individuum, seinem Wesen nach, unmittelbar, ohne alle Form, selbst ohne die von Subjekt und Objekt, erkennt und zugleich selbst ist, da hier das Erkennende und das Erkannte zusammenfallen."
    Arthur Schopenhauer .. Die Welt als Wille und Vorstellung
.. um an dieser Stelle zu dem zu kommen , was für Schopenhauer der Begriff "Wille" im Zusammenhang mit der "Vorstellung" ist . ... Die Welt als Wille und Vorstellung

Zum leichteren Verständnis habe ich mich bei den Schlüsselwörten einmal einer farblichen Hervorhebung bedient.




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Quk
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Mo 11. Sep 2023, 11:13

Warum bezeichnest Du die vielen verschiedenen "Vorstellungen" als viele verschiedene "Wahrheiten"?

Warum haben für Dich die Begriffe "Vorstellung" und "Wahrheit" die gleiche Bedeutung?

Für mich haben sie unterschiedliche Bedeutungen.

Ich habe die Vorstellung, im Mondkern sei Honig. Da ich nicht weiß, ob im Mondkern tatsächlich Honig ist, kann ich diese Vorstellung nicht als Wahrheit verkaufen. Deshalb haben meines Erachtens die Begriffe "Vorstellung" und "Wahrheit" verschiedene Bedeutungen. Eine Vorstellung kann den Tatsachen entsprechen oder auch nicht; es ist nur eine Vorstellung. Hingegen muss ein wahrer Satz zwingend wahr sein, sonst ist er falsch.

Ich kann natürlich auch über das Vorstellung-Haben an sich reden: Wenn ich jetzt tatsächlich die Vorstellung habe, im Mondkern sei Honig, kann ich folgenden wahren Satz verkaufen: "Ich habe jetzt die Vorstellung, im Mondkern sei Honig." Dieser Satz ist jetzt wahr. Nun gebe ich diese Vorstellung auf, denn ich stelle mir jetzt vor, dort wäre Senf. Nun ist der besagte Satz falsch.




Timberlake
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Mo 11. Sep 2023, 14:46

Quk hat geschrieben :
Mo 11. Sep 2023, 11:13
Warum bezeichnest Du die vielen verschiedenen "Vorstellungen" als viele verschiedene "Wahrheiten"?

Warum haben für Dich die Begriffe "Vorstellung" und "Wahrheit" die gleiche Bedeutung?

Ganz einfach weil , ohne das man sie sich Vorstellt, Wahrheiten schlechterdings nicht möglich sind. Wie wollte man sich auch die Wahrheiten zum Anthropozän vergengwärtigen , ohne das man sie sich vorstellt?
Quk hat geschrieben :
Mo 11. Sep 2023, 11:13


Für mich haben sie unterschiedliche Bedeutungen.

Ich habe die Vorstellung, im Mondkern sei Honig. Da ich nicht weiß, ob im Mondkern tatsächlich Honig ist, kann ich diese Vorstellung nicht als Wahrheit verkaufen. Deshalb haben meines Erachtens die Begriffe "Vorstellung" und "Wahrheit" verschiedene Bedeutungen. Eine Vorstellung kann den Tatsachen entsprechen oder auch nicht; es ist nur eine Vorstellung. Hingegen muss ein wahrer Satz zwingend wahr sein, sonst ist er falsch.
So muss ein wahrer Satz zwingend in einer Vorstellung wahr sein. Wie auch du die (Un-) Wahrheit , ob im Mondkern tatsächlich Honig ist , nur als Vorstellung verkaufen kannst.
  • »Die Welt ist meine Vorstellung:« – dies ist die Wahrheit, welche in Beziehung auf jedes lebende und erkennende Wesen gilt; wiewohl der Mensch allein sie in das reflektirte abstrakte Bewußtseyn bringen kann: und thut er dies wirklich; so ist die philosophische Besonnenheit bei ihm eingetreten. Es wird ihm dann deutlich und gewiß, daß er keine Sonne kennt und keine Erde; sondern immer nur ein Auge, das eine Sonne sieht, eine Hand, die eine Erde fühlt; daß die Welt, welche ihn umgiebt, nur als Vorstellung daist, d.h. durchweg nur in Beziehung auf ein Anderes, das Vorstellende, welches er selbst ist.
    Arthur Schopenhauer ... Die Welt als Wille und Vorstellung
.. na was meinst du denn wie Schopenhauer darauf kommt , dass die Welt meine Vorstellung ist ? Gehört zur Welt nicht auch die Wahrheit? Wenngleich in die Formel eingesetzt "Die Wahrheit ist meine Vorstellung:« – dies ist die Wahrheit ..." möglicherweise auf eine Tautologie hinausläuft. Ganz so wie übrigens auch "Hingegen muss ein wahrer Satz zwingend wahr sein," ;)

Vorstellung und Wahrheit mögen sich in der Bedeutung unterscheiden , funktional bilden sie allerdings , so wie von mir hier beschrieben , eine Einheit.

  • "Kampf und Einheit der Gegensätze
    Unter den Gesetzen der Dialektik wird das Gesetz von der Einheit und dem Kampf der Gegensätze als das wichtigste bezeichnet. Es beantwortet die Frage nach der Quelle, nach den Triebkräften der Bewegung, Veränderung und Entwicklung. Die Einheit und der Kampf der Gegensätze machen zusammen das Wesen des dialektischen Widerspruchs aus.
    "
Oder auch eine "Einheit der Gegensätze" ,wenn man denn diese Funktionalität aus den dialektischen Grundgesetzen oder den Hauptgesetze der Dialektik ableitet. Würde doch von daher die Frage nach der Quelle der Triebkräfte , bei der Bewegung von Vorstellungen und Wahrheiten beantwortet werden. Das sich selbige bewegen sollte doch wohl selbst außer Frage stehen.
  • Umschlag von Quantität in Qualität (und umgekehrt)
    Demnach führen auf einem bestimmten Punkt rein quantitative Änderungen zu einem Umschlag der Qualität des sich verändernden Objekts. Umgekehrt hat eine qualitative Änderung Auswirkungen auf die quantitativen Merkmale des Objekts.

    Negation der Negation
    Diesem Gesetz zufolge besteht eine Entwicklung nicht nur in einer Veränderung von Zuständen und Eigenschaften eines Systems; durch das Entstehen einer neuen Qualität (siehe die anderen beiden Grundgesetze) wird eine alte Qualität ersetzt (Negation); im Falle einer Entwicklung im Sinne der materialistischen Dialektik wird im nächsten Schritt auch die "neue Qualität" negiert, und zwar in der Weise, dass die erste Qualität auf höherer Stufe wieder hergestellt wird (Negation der Negation).

.. und zwar in dem Vorstellungen und Wahrheiten in dem sie "negiert"werden , von einer Quantität in eine Qualität umschlagen (und umgekehrt). So beispielsweise geschehen bei den "vorgestellten Wahrheiten" zum Anthropozän. Es sei denn man gehört zu dessen Leugnern .
Zuletzt geändert von Timberlake am Mo 11. Sep 2023, 15:39, insgesamt 6-mal geändert.




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Jörn Budesheim
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Mo 11. Sep 2023, 15:12

Ich hab hier im Faden zum Thema Wahrheit diese Diskussion um die Wahrheit aufgegriffen. Da kann man sie diskutieren, ohne das Thema hier zu verlassen, wenn ihr wollt.




Timberlake
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Sa 16. Sep 2023, 12:26

Quk hat geschrieben :
Sa 16. Sep 2023, 11:10
Ich bestreite die Werte nicht. Nur: Ich weiß nicht, wann, und wann nicht, Du über Werte sprichst. Das verwirrt mich. Vielleicht würde es mir helfen, wenn Du den Begriff "Werte" miteinbringst, wenn Du über "Wahrnehmung" redest. Wahrnehmungswerte, Werte-Instanz, wertende Wahrnehmung, oder was auch immer, Hauptsache die Leserschaft kann erkennen, um welches Detail es gerade geht. Das Wort "Wahrnehmung" allein ist schlichtweg zu schwach für einen derart intellektuellen Tiefgang, denke ich. (Ebenso das Wort "Fluss" im Heraklit-Faden.)

. um bezüglich dieser Verwirrung um Werte , Wahrheit , Wahrheitsideal , Lüge , Un- und Authentizität , auf das Thema Anthropozän zurück zu kommen ...
  • „Nietzsche behauptet , das die antike Kultur - und darin bestünde ihrer eigentliche Größe - eine tragische gewesen sei , die wusste ,dass sie sie und alle ihre Ideale zum Untergang verdammt seien , und trotzdem nicht in eine nihilistische Lähmung verfallen sei , die vielmehr genau aus diesem Nihilismus ein Mittel zu Stärkung gemacht habe .
    Die moderne Kultur dagegen sei gerade auf Grund ihrer Verdorbenheit durch das christliche Wahrheitsideal eine, die auf Heuchelei und Unaufrichtigkeit basiere. Sie könne sich ihre eigenen Schattenseiten, ihre eigene Widersprüchlichkeit, ihr notwendiges scheitern nicht eingestehen , obwohl all das ersichtlich sei – und gerade darum zum Scheitern verurteilt. Mit eine Wort : Sie sei eine Kultur systematischer Unauthentizät.
    Paul Stephan .. Links Nietzscheanismus Band 1 .. S. 101
… was wenn nicht eine Bezugnahme auf das Anthropozän, würde sich als Beispiel für einen Nihilismus anbieten , der , wenn man denn insbesondere auf Werte zu sprechen kommt , doch schon sehr "verwirrt" ?

Wenngleich sich heute die moderne Kultur ihre eigenen Schattenseiten, ihre eigene Widersprüchlichkeit, ihr notwendiges Scheitern vielmehr auf Grund der Heuchelei anderer, als denn christlichen Wahrheitsideale nicht eingestehen kann. Wahrheitsideale , wie man sie gelegentlich in s.g. Sonntagsreden zu hören bekommt.
Stefanie hat geschrieben :
So 10. Sep 2023, 20:44
Wenn ich, wie in der letzten Zeit, öfters über Humanismus gestolpert bin, habe ich dabei eine bestimmte Vorstellung, was gemeint ist. Dann dachte ich mir, lese doch mal nach, was genau damit gemeint ist.
Und bin dabei auf Posthumanismus und Antihumanismus gestoßen. Zum Teil wird Posthumanismus und Antihumanismus gleichgesetzt, mal nicht. Kurz, ich habe mich im Dickicht verlaufen. Allein schon solche Aussagen wie Jenseits des Menschen, oder allein das Wörtchen "Post."
Was ist gemeint mit diesen zwei Ansichten?
So wird man beispielsweise Posthumanistisches dort ganz sicher nicht zu hören bekommen. Möglicherweise kann ja ein Hinweis auf das Anthropozän auch bei der Beantwortung dieser Frage , nach den "zwei Ansichten" , hilfreich sein. Mit was , wenn nicht mit den Anthropozän , ließe sich der Antihumanismus des Posthumanismus auf den Punkt bringen?




Timberlake
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Fr 6. Okt 2023, 16:12

Eiwa hat geschrieben :
Mi 4. Okt 2023, 14:41


Ich habe mich letztens mal gefragt wie es eigentlich gelingen kann, glücklich zu sein, wenn man mit offenen Augen durch die Welt schreitet. So viele Missstände in so vielen Bereichen. Es ist ja nicht mal so, das es weit weg von uns wäre und man keine Berührungspunkte damit hätte - Klimawandel, dessen Auswirkungen z.B. sind global.

.. ganz einfach, durch Verdrängung ...
www.lokalkompass.de hat geschrieben :
Nietzsche, Freud und die Psychoanalyse

Freud hat Nietzsche als den besten Kenner der menschlichen Psyche bezeichnet. Als jenen, der die Errungenschaften seiner Psychoanalyse vorwegnahm. Entsprechend äußerte er sich dazu: „Nietzsche, den anderen Philosophen, dessen Ahnungen und Einsichten sich oft in der erstaunlichsten Weise mit den mühsamen Ergebnissen der Psycho­analyse decken“, habe er nicht gelesen, um seine „Unbefangenheit“ zu erhalten. Freud zitiert jedoch den Aphorismus aus „Jenseits von Gut und Böse“, der das Verdrängen beschreibt und auf die Existenz des „Unbewussten“ hindeutet: „Das habe ich gethan – sagt mein Gedächtnis. Das kann ich nicht gethan haben – sagt mein Stolz und bleibt unerbittlich. Endlich – giebt das Gedächtnis nach.“ Freuds Freundschaften mit C.G. Jung und Alfred Adler brachen ab, weil beide in Nietzsche den Vorwegnehmer der Psychoanalyse erkannt hatten.
ein solches Gelingen , durch Verdrängung von Missständen , glücklich zu sein , fällt naturgemäß um so leichter , wie man , wie im o.g "!Zitat eines Zitats" beschrieben , selbst zu diesen Missständen nichts getan hat. Nur wer kann das schon von sich behaupten ...

www.zdf.de hat geschrieben :
Vor allem Treibhausgas-Emissionen verantwortlich

Der Deutsche Erdüberlastungstag fällt auf den 4. Mai. In Deutschland ist die Übernutzung laut Germanwatch vor allem auf die Treibhausgas-Emissionen zurückzuführen. Doch auch der Rohstoffverbrauch müsse deutlich verringert werden, um den Planeten zu schützen.
.. dazu und zwar im Zusammenhang mit dem Missstandes eines deutsche Erdüberlastungstag , der auf den 4. Mai fällt , möge mal ein jeder selbst .. hier! ... seinen ökologischen Fußabdruck ausrechnen. . Natürlich nur, wenn der "unerbittliche Stolz" dergleichen zulässt. :|




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Jörn Budesheim
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Fr 6. Okt 2023, 16:42

Ich habe meinen Footprint schon auf den verschiedensten Seiten getestet, das Ergebnis ist immer mehr oder weniger das gleiche, mein Footprint liegt sehr deutlich unter dem deutschen Durchschnitt, aber gleichzeitig auch deutlich über dem Idealwert, den man als Einzelperson in Deutschland wohl nur in seltenen Ausnahmefällen erreichen kann.

Der Footprint ist inzwischen auch gelegentlich in die Kritik geraten, weil er Teil der Strategie ist, dem Einzelnen das "aufzubürden", was alle gemeinsam bzw. die Politik erreichen sollte. Ich kann diese Kritik nachvollziehen, sehe aber nicht, dass man nicht versuchen sollte, beides richtig zu machen.




Timberlake
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Fr 6. Okt 2023, 22:45

, .. weil andernorts gerade thematisiert , dazu eine Anmerkung vom Existentialismus bzw. Sartre ...
Wikipedia hat geschrieben :
Grundpositionen des Existentialismus

Jean-Paul Sartre
...
Als einziges Wesen, das verneinen könne, das einen Bezug zu dem Noch-Nicht oder Nicht-Mehr habe, das lügen könne, also das sagen, was nicht sei, habe der Mensch damit auch die Bürde der Freiheit und damit auch die Verantwortung. Das Hauptwerk zeigt in Analysen menschlicher Situationen, wie sich die Freiheit in allen Bezügen des Seins des Menschen aufdrängt, der Mensch vor dieser Verantwortung flieht und wie der konkrete Bezug zum Anderen ihm erst diese Verantwortung und Freiheit aufzeigt. Das Vorurteil, dass es sich bei dem Existentialismus sartrescher Prägung um einen egoistischen Individualismus handelt, kann so nicht aufrechterhalten werden. Im Gegenteil: In seinen Analysen kommt Sartre zu dem Schluss, dass menschliches Leben niemals als vereinzeltes Leben verstanden werden könne. Damit argumentiert er gegen den Solipsismus.

Methodisch geht Sartre phänomenologisch vor, indem er die oben genannten Existentiale wie Freiheit, Furcht, Angst, Liebe, Scham als Zeugen für die Freiheit des Menschen befragt. Durch diese Analysen gelangt er schließlich auch zu dem Anderen als mir gegenübertretende Freiheit und zeigt auf, dass unsere Freiheit und Verantwortung eine ontologische Entsprechung hat. Somit kann Sartre zwar keine moralischen Forderungen stellen, bejaht aber solche grundsätzlich, wenngleich sie auch von überindividuellen Bezügen abgelöst werden müssen und ihre eigentliche Entsprechung in der Verantwortlichkeit jedes Einzelnen finden.
  • „Aber wenn wirklich die Existenz der Essenz vorausgeht, so ist der Mensch verantwortlich für das, was er ist. Somit ist der erste Schritt des Existentialismus, jeden Menschen in den Besitz dessen, was er ist, zu bringen, und auf ihm die gänzliche Verantwortung für seine Existenz ruhen zu lassen. Und wenn wir sagen, dass der Mensch für sich selber verantwortlich ist, so wollen wir nicht sagen, dass der Mensch gerade eben nur für seine Individualität verantwortlich ist, sondern dass er verantwortlich ist für alle Menschen.“[




Timberlake
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Sa 9. Dez 2023, 00:55

Weil andernorts gerade davon die Rede , folgt nun mehr ein doch , nach meinem Dafürhalten, sehr bemerkenwertes Zitat von Niklas Luhmann zum Anthropozän ..


  • "Ein weiterer Punkt , das hatte ich bereits berührt und das hängt damit zusammen, dass ist die Frage der Anpassung . Die klassische Evolutionstheorie sah die Angepasstheit eines Systems als Variable, die mehr oder weniger erreicht werden könnte und das führte zu der Aussage , dass komplexere Systeme oder überlebende Systeme der Umwelt besser angepasst seien und das wiederum führte zu der Vorstellung die Umwelt delegiere angepasste Systeme. Die Umwelt hätte eine Präferenz so zu sagen für besser angepasste Systeme und die Evolution sortiere die Angebote , die systemischen Angebote im Bezug auf besserer Angepasstheit.

    Das ist für Maturana für die Biologie in zweifel gezogen worden und ich denke in der Soziologie also in der Gesellschaft haben wir vielmehr Gründe Zweifel zu haben, ob man sagen könnte die Entwicklung der Gesellschaft , von an sich trivialen Verhältnissen über Hochkultur bis zur Moderne , nehmen wir einen Weg immer besserer Angepasstheit an die Umwelt. Spätestens seit wir diese ökologische Probleme sehen und beschreiben, gehört dazu auch ein Zweifel in der Frage , ob wir wirklich an die Umwelt besser angepasst sind."
    Niklas Luhmann - Theorie der Gesellschaft 8/13 26:10 min




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Sa 9. Dez 2023, 23:45

sybok hat geschrieben :
Fr 1. Dez 2023, 12:34

In der 8. Vorlseung geht es um Evolution, dabei geht es zunächst auch gar nicht explizit um die Systemtheorie. Luhmann spricht in meiner Wahrnehmung einige interessante Aspekte an:
Evolution und deren Bezug zu einer Auffassung von Fortschritt. Evolution kann auch stagnieren oder rückläufig sein (wobei ich dieses Vokabular für etwas "gefährlich" halte, denn es inkorporiert ja schon ein Fortschrittgedanke). Luhmann stellt also den Fortschrittsgedanken in Frage, fragt, für wen, welchen Beobachter, etwa "mehr Vogelarten" ein Fortschritt sei, sagt aber, dass trotzdem Trendaussagen im Rahmen einer Evolutionstheorie möglich seien.
Ein gefährliches Vokabular, dass will ich wohl meinen , wenn man denn den Fortschrittsgedanken an den den Folgen des Anthropozän festmacht.
  • „Wir blicken über eine rasante Änderung, die nicht in der Planung erzeugt wird, sondern über Evolution geschieht, in die Zukunft.“
    (Niklas Luhmann; Einführung in die Theorie der Gesellschaft; S. 213)
Vorallem wenn man bedenkt , dass die rasante Veränderungen des Anthropozän nicht durch eine Planung erzeugt wurden, sondern über die Evolution geschehen sind.

Evolution lässt sich nicht planen!
bibliotheksturm.wordpress.com hat geschrieben :
Niklas Luhmann – Einführung in die Theorie der Gesellschaft (9) [2]


Wir blicken über eine rasante Änderung, die nicht in der Planung erzeugt wird, sondern über Evolution geschieht, in die Zukunft.“ (Niklas Luhmann; Einführung in die Theorie der Gesellschaft; S. 213)

Mir scheint, daß das Entscheidende daran die Verabschiedung ehrwürdiger Ziele ist, die für die Gesellschaft ausgegeben werden; beispielsweise das Ziel der Vernunft. Für die moderne Gesellschaft ist die Inthronisierung von Vernunft kein Ziel mehr. „Evolutionäre Errungenschaften“ sind keine Errungenschaften, welche noch vernunfttheoretisch oder moralisch begründet werden könnten. Die Vorstellung eines gesellschaftlichen Fortschritts ist damit obsolet. Evolutionäre Errungenschaften sind in der Regel nicht revidierbar, es sei denn durch Katastrophen. Man kann das sehr schön am Klimawandel sehen und an den Kommunikationen darüber in Politik, Wirtschaft und Kultur. Warum tut sich die Gesellschaft schwer damit, auf drohende ökologische Katastrophen so zu reagieren wie es die Vernunft eigentlich „gebieten“ würde? – Die Funktionssysteme haben eine je eigene Form von Rationalität ausgebildet; es fehlt sozusagen ein Regisseur, der diese Rationalitäten koordinieren könnte. Der Anspruch der Vernunft darauf kann nicht mehr als ein moralischer sein. Solche Ansprüche haben Appellcharakter, aber es sind keine evolutionären Zwänge. Die derzeitige Klimakonferenz in Dubai gibt ein beredtes Zeugnis davon davon. Die Evolutionstheorie wirkt hier desillusionierend auf alle Fortschrittsideologien.
.. weil die Funktionssysteme je eine eigene Form von Rationalität ausgebildet haben ; fehlt sozusagen ein Regisseur, der diese Rationalitäten .. geplant! ... koordinieren könnte. Ohne diesen Regisseur übernimmt die Evolution und die kann auch stagnieren oder rückläufig sein. Beispiel Artensterben. ...
  • WWF beklagt "menschengemachtes" Artensterben bei Wirbeltieren
    "Die Menschheit hat nach Angaben der Umweltorganisation WWF in den vergangenen Jahrzehnten fast 70 Prozent aller bekannten Wirbeltierbestände vernichtet. Die Ursachen für dieses massive Artensterben seien "allesamt menschengemacht", heißt es im Living-Planet-Report, den der WWF in Berlin veröffentlichte. Die Menschheit zerstöre damit ihre eigene Lebensgrundlage "mit dem Presslufthammer" und heize die "Zwillingskrise" aus Artensterben und Klimawandel weiter an."




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Do 28. Dez 2023, 23:53

Artangriel hat geschrieben :
Do 21. Dez 2023, 12:02

Der Mensch war früher Jäger und Sammler.
.. ich korrigiere , der Mensch wurde früher zum Jäger und Sammler gemacht und ganz wichtig , er ist , so zumindest offenbar nicht nur meine Meinung, von Hause aus immer ein Jäger und Sammler ....

www.welt.de hat geschrieben :
Das Gehirn des Menschen steckt noch in der Steinzeit

Das menschliche Gehirn funktioniert bei der Wahrnehmung bestimmter Signale aus der Umwelt noch genauso wie vor 20.000 Jahren. Wenn das Laub plötzlich raschelt und ein Ast laut knackt, müssen die Menschen heute nicht mehr fürchten, dass ein gefräßiger Bär durch das Gebüsch streift und das Leben bedroht. Dennoch funktioniert das menschliche Gehirn bei der Wahrnehmung bestimmter Signale aus der Umwelt noch genauso wie vor 20 000 Jahren. Das heißt, das menschliche Gehirn nimmt ein bestimmtes Geschehensmuster auf, deutet es und reagiert darauf.
Doch in der heutigen technisierten Welt sind solche Reaktionen des Gehirns nicht mehr unbedingt zeitgemäß, weil die Ereignisse oft nicht mehr in einem natürlichen Zusammenhang von Ursache und Wirkung stehen. Darum können die Deutungen der Ereignismuster zu absurdem oder irrationalem Verhalten führen.
"Gut" möglich , dass wir deshalb nicht in einer Zeit der Vernunft leben , weil in uns noch immer ein Steinzeitgehirn steckt, ..
AufDerSonne hat geschrieben :
Do 28. Dez 2023, 22:12
Auch wenn wir nicht in einer Zeit der Vernunft leben, bleibt sie das Höchste, was wir haben. Und trotzdem sind die Menschen heute auch zu wenig spirituell. Es fehlt in unserer Zeit an beidem. Vernunft und Spiritualität. Aber die Vernunft muss für intelligente Menschen immer das Ziel bleiben.
Im Sinne der "spirituellen" vier edlen Wahrheiten der buddhistischen Lehre , als da wären ...
  • 1. Da ist die edle Wahrheit über das Leiden; ( ... in Folge des Anthropozän ; Anmk. Timberlake)
    2. die edle Wahrheit über die Ursache des Leidens; ( .. durch das Anthropozän ...)
    3. die edle Wahrheit über die Beendigung des Leidens ( .. durch das Anthropozän ..)
    4. die edle Wahrheit über den Pfad der Ausübung, der zur Beendigung des Leidens führt.
.. wären wir vermutlich tatsächlich zu wenig spirituell. Bliebe eigentlich nur noch übrig , diese vier edlen Wahrheiten mit Inhalten zu füllen. Ob die allerdings dann auch "spirituell" sind , würde ich allerdings von der "rechte Ansicht" abhängig machen wollen. ...

  • Vierte edle Wahrheit (magga)
    „Und dieses ist die edle Wahrheit über den Pfad der Ausübung, der zur Beendigung von Leiden führt: genau dieser edle achtfache Pfad, rechte Ansicht, rechte Entschlossenheit, rechte Sprache, rechte Handlung, rechtes Leben, rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit, rechte Meditation.“

    – SN 56.11[6]




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So 18. Feb 2024, 01:01

Lucian Wing hat geschrieben :
Sa 17. Feb 2024, 11:33

Marquard hat das schöne Wort von den verspäteten Widerstandskämpfern geprägt. Davon, scheint mir, gibt's heute noch mehr als zu der Zeit, in der Marquard den Begriff prägte. Menschen, die sich (wie ich) nie beweisen mussten, jederzeit ihre romantische Selbstvervollkommnung (Rorty) betreiben konnten, und mit einer Inbrunst und Hingabe richten, dass man nur staunen kann.
Das ist doch mal eine klare Ansage .. "Menschen, die sich (wie ich) nie beweisen mussten" . Menschen , die , um dazu ergänzend Helmut Kohl zu Wort kommen zu lassen, ihr Glück eigentlich nur der Gnade ihrer späten Geburt verdanken. Als jemand , der sich im real existierenden Sozialismus der DDR beweisen musste, würde ich schon sagen, so wie ich seiner Zeit davon durchaus begeistert war, dass ich sehr gut die missliche Lage derjenigen nachvollziehen kann , über die man mit einer Inbrunst und Hingabe richtet , dass man nur staunen kann. Wenngleich ich sehr viel später in der DDR durchaus im Widerstand war und zwar insbesondere bezüglich dessen , was mich auch noch heute umtreibt.

Womit wir zum Thema dieses Threads angekommen wären .. dem Anthropozän. Ein Thema , bei dem man sich, wie ich meine , heute beweisen muss!

Wenn uns zukünftige Generationen fragen: "Wo war denn euer Widerstand dagegen?" , würde uns die Antwort auf diese Frage , nicht in gleicher Weise auf die Füße fallen, wie die Frage : "Wo war denn eurer Widerstand im deutschen Nationalsozialismus". bei denen , die nicht von der späten Geburt begnadet wurden? Machen wir uns nichts vor , im Hinblick darauf , also dem Anthropozän, sind wir alle zumindest "Mitläufer". Um hier diesbezüglich , also dem Vorwurf von unzulässigen Nazivergleichen, zuvor zu kommen , sei nochmals auf das Video von Harald Lesch hingewiesen ..



.. dass in Anbetracht dessen ein Vergleich mit den Nazis "unzulässig" ist , das will ich wohl meinen.




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Lucian Wing
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So 18. Feb 2024, 09:32

Timberlake hat geschrieben :
So 18. Feb 2024, 01:01
Lucian Wing hat geschrieben :
Sa 17. Feb 2024, 11:33

Marquard hat das schöne Wort von den verspäteten Widerstandskämpfern geprägt. Davon, scheint mir, gibt's heute noch mehr als zu der Zeit, in der Marquard den Begriff prägte. Menschen, die sich (wie ich) nie beweisen mussten, jederzeit ihre romantische Selbstvervollkommnung (Rorty) betreiben konnten, und mit einer Inbrunst und Hingabe richten, dass man nur staunen kann.
Das ist doch mal eine klare Ansage .. "Menschen, die sich (wie ich) nie beweisen mussten" . Menschen , die , um dazu ergänzend Helmut Kohl zu Wort kommen zu lassen, ihr Glück eigentlich nur der Gnade ihrer späten Geburt verdanken.
Ich sehe das als kontingent in Bezug auf Zeit und Ort und nicht als "Gnade" und "spät". Die permanent anklagende und permanent richtende Klasse - die Singularitäten, wie Reckwitz in Ersetzung des alten Wortes sagt - trägt diese Kontingenz als Monstranz ihrer Selbstgerechtigkeit durchs Leben und deutet sie als eigenes Verdienst um, aus dem sie wiederum ihre Legimation zum Anklagen und Richten ableitet. Es gibt unheilige Momente, da möchte man ihnen wünschen, den Beweis ihrer Vollkommenheit antreten zu müssen. Allerdings wäre ich dann räumlich gern in maximaler Entfernung.



Als ich vierzehn war, war mein Vater so unwissend. Ich konnte den alten Mann kaum in meiner Nähe ertragen. Aber mit einundzwanzig war ich verblüfft, wieviel er in sieben Jahren dazu gelernt hatte. (Mark Twain)

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