Indigenialität

Mit Beginn der 1920er Jahre bilden sich in der deutschen Philosophie die Disziplinen der Philosophischen Anthropologie und der Lebensphilosophie aus, deren Grundfragen in den 1990er Jahren eine Renaissance erleben.
Burkart
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Sa 10. Dez 2022, 13:03

Groot hat geschrieben :
Sa 10. Dez 2022, 12:48
Was meint AT/NT?
Altes/Neues Testament? Ich bin gespannt 🤐



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

Groot
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Sa 10. Dez 2022, 13:27

ahasver hat geschrieben :
Do 8. Dez 2022, 17:50
Heute stehen die Axiome der abendländischen Kultur zur Verhandlung.
1. Axiom

Die Welt ist Rohstoff. Die Welt ist so gut wie tot. Materie an sich ist tot. Und selbst die allermeisten Lebensformen sind sich ihrer selbst unbewußt oder -zB nach Descartes- rein mechanistische gefühllose Gebilde.

Mensch und "Umwelt" stehen sich feindlich gegenüber. Die Natur muss benutzt, ausgebeutet werden, damit Kultur entstehen kann. Nackte Natur bedeutet nichts, hat uns nichts zu sagen. Wir stehen einer fremden, gefährlichen in weiten Teilen unverstandenen toten Welt gegenüber.
Umweltschutz ist Menschenschutz. Umweltschutz ist aus Nützlichkeitserwägungen erforderlich.

Physik ist die Wissenschaft von den toten Dingen.

Es gibt Naturgesetze. Die toten Dinge -und alles besteht aus toten Dingen, letzten Endes sogar der Mensch selbst- gehorchen blind diesen diktatorischen, absoluten Gesetzen.

Im Prinzip gibt es keine Freiheit. Nicht einmal die Gedanken sind frei, wollen uns die Herren Neurologen weismachen.

Wir sind in diese Welt geworfen. Eben erst geboren sind wir schon so gut wie tot. Dem blinden Schicksal zum Fraß vorgeworfen. Wir müssen um unser bißchen Überleben kämpfen, den Kampf ums Dasein.

Letzteres führt schon zum


2. Axiom

Homo homini lupus
Ich finde, dass in der abendländischen Kultur vielmehr der Geist der Ahnen den Tod in sich trägt, als es die Materie tut. Die Materie hat soviel Bewegung in sich, dass sie aus meiner soziologistischen Warte unmöglich tot ist. Sie ist auch nicht lebendig, aber notwendig durch Lebendigkeit hindurch erkannt und in modellierende Formiertheit gebracht. Sie ist etwas, das er-messen, also gemessen wird. Aber sie ist m.e. unmöglich mit dem Prädikat "tot" zu beschreiben.

Ich würde das anders sehen und sagen, dass sich die meisten nicht dem grotesken Schauspiel bewusst sind, in dem sich das Subjekt über seine eigenen Grenzen hinausreißt und dabei den Prozess der Zivilisierung (und damit die Zivilisation im Grunde in ihrer reellen Pro-zession (Prozess-ion, so denke ich an dieser Stelle Physikalismus)) in einen Einzelmenschen hineinlegt. Denn die Historie gründet sich in Gott; hinterfragt wird aber nicht Historie und Physik gleichwertig, sondern die Geschichte steckt zurück und was bleibt ist nicht etwa nur Gott als große Unbekannte, sondern auch die vielen Einzelheiten einer Physik, die zu einer Unbekannten gemacht werden, deren Mächtigkeit höher scheint als die, die durch die Einzelheiten bspw. eines Soziologismus (funktionale Strukturiertheit)....liegt der Unterschied von Physikalismus und Soziologismus darin, dass der Soziologismus meint, man könne die physische Welt nicht atomisieren; während der Physikalist meint, man könne die Totalität der Sozialwelt nicht "quantisieren"? Im Ergebnis blickt der Soziologist dann auf ein bekanntes Wesen Natur, aber ein unbekanntes Wesen Gesellschaft und der Physikalist auf ein bekanntes Wesen Gesellschaft, aber ein unbekanntes Wesen Natur.

Ist nicht zwischen Gehirn und Natur ein überindividueller Geist zuhanden, der für sich aber noch nicht ins an-sich eines absoluten Geistes vorgestoßen ist? Der das garnicht kann, da seine Prinzipien weltliche bleiben. Denn es umgibt den Menschen eine objektiv-geistige, intersubjektiv-strukturale Sphäre von Normativität. (Diese ist verstehbar durch die Sprachlichkeit hindurch bzw. in einem Wechselspiel von Sprache bzw. Technik und Tätigkeit bzw. Hand--lung.) Aber diese Normativität kann nun ganz und gar Rechtspositiv sein, d.h. ganz ohne Transzendenz. Wie erklärst du das dann? Da gibt es keinen absoluten Geist dann.
Jedenfalls ist diese Normativität die positive Seite von dem, wo sich die frankfurter Schule negativ darauf konzentriert, ein juridisches Subjekt von der Unmoral einer durchkapitalisierten, instrumentalisierten und instrumentellen Welt zu unterscheiden. Mit Habermas gelangt man zu ihr mittels "idealer Sprechsituation", man kann diese Normativität aber auch mittels Parsons verstehen...oder einfach transzendental; wobei das Transzendentale gerade die "Handlung" zerstört und die Hand verstümmelt zurücklässt bzw. "auf heile Welt" macht.
Wenn man letzterem folgt, dann wird die Handlung zur Möglichkeit sich zu verhalten, als wäre Etiquette obligatorisch. Man fragt dann schlicht nicht mehr, woher die Norm kommt, sondern akzeptiert die vorgefundene Sitte -- und befreit sich damit von ein jedweder moralischen Verantwortung und Bürde. Man fragt dann vielmehr, wie man zu irgendeiner Art Normativität überhaupt durchstoßen kann, sofern man dies ganz ohne Mythos betreiben möchte (d.h. kybernetisch und nicht morphologisch).
Hierin zeigt sich dann die Freiheit, die man hat. Als Freies sich losgesagt vom Willen, von der Pflicht zu diesem und jenem, vom Zwang der Herrschaftsform. Während die Franfkurter hier den Kant und den Hegel walten sehen, sieht Habermas den zwanglosen Diskurs. Sieht er noch nicht den Kant und den Hegel, sondern - als Analyse des objektiven Geistes - den Foucault, den Derrida, den Luhmann; welche gemeinsam auf Habermas verweisen, durch den hindurch die materialistische Individualität des Soziologismus eine Schleuse findet, hinein in die Individualität, die die christliche Religion fordert (in die Individualität, die die Welt atomisiert und die Zivilisation ganz und gar in die Mentalität hineinzieht....weil - o-ton Thomas Mann -, "Goethe, Nietzsche, Wagner, Schopenhauer"), wenn sie die Gemeinschaft nicht instrumentalisiert und darum Zwecke nicht an der Gesellschaft erkennen möchte, sondern im Wesen, d.h. dann aber, im Geist, nicht in der Schrift und Sprache und den Ampelschaltungen.




Groot
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Sa 10. Dez 2022, 13:38

Aufklärung ist die populäre Gestalt der Reflexion, letztlich verabsolutierte Reflexion ins Ich, Irrationalismus.
Ja, es wird ihr nämlich die Moral zugeschustert. Selbst dort, wo eigentlich schon die Sittlichkeit zu finden wäre, bringt die irrational gewendete Aufklärung noch die Moral aufs Feld. Dann aber, dann verliert sich die Einheit. Und der skeptische Verstand wird dann zu dem, worin sich die Jugend identifiziert, statt der schon passrichtigen Vernunft. Weil der Mythos problematisiert wird - und die Überzeugtheit der Aufklärung, Destruktion sei Endziel (und dann komme der neue Mensch, der sich am Horizont schon ankündige) dann verabsolutiert wird. In dieser Verabsolutierung zerstört dann aber die Aufklärung ihr eigentliches Wurzelgeflecht, weil die Freiheitliche Position, in der der Renaissancehumanismus den Menschen sehen möchte; die ist auf lange Zeit unter den Notwendigkeiten verschütt, die das Sein uns schickt. Geschicktheit Heideggers, so seit grad bewusst, ist eigentlich noch garnicht Freiheit in dem Sinne eines Goethe oder Hegel; es ist die Freiheit bloßen Kants und damit entweder Pflicht oder die Listigkeit frankfurterischen, kritischen Denkens, die auch das Maß an Freiheit eines Goethes verfehlen.




ahasver
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Sa 10. Dez 2022, 14:58

Groot hat geschrieben :
Sa 10. Dez 2022, 13:27
Die Materie hat soviel Bewegung in sich, dass sie aus meiner soziologistischen Warte unmöglich tot ist. Sie ist auch nicht lebendig,...
Was heißt, "die Materie hat Bewegung in sich"?

Und du sagst Materie sei weder tot noch lebendig. Sondern?



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ahasver
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Sa 10. Dez 2022, 15:30

Nick Nickless hat geschrieben :
Sa 10. Dez 2022, 11:25
Nein, der Einfachheit halber können wir nicht mit dem Tempolimit, also dem Pseudo-Konkreten, anfangen,
Für mich ist die Tempolimitproblematik sehr konkret und sehr aktuell. Und sie ist ein bundesdeutscher Hinweis auf das Scheitern von Indigenialität.

Ist die irrationale Verliebtheit ins Automobil, die bis in die psychische Abhängigkeit führt, nicht ein Hinweis auf die nekrophile (im Frommschen Sinne) Grundhaltung der Gegenindigenialität?

Wieviel Anteil am Geschwindigkeitsrausch hat ein noch unbewußtes Bedürfnis nach Flucht? Hier und Jetzt wird als zu überwindender Zustand empfunden. Nichts wie weg und zwar so schnell wie möglich. Und kaum angekommen wird aus dem, was gerade eben noch erstrebenswertes Ziel war, schon wieder das unerträgliche Hier und Jetzt. Also nix wie weg. Ganz anders der Indigene, der einfach so vor seiner Hütte sitzt. Und das manchmal stundenlang. Vielleicht die herumtollenden Kinder beobachtend.

Und versuche mal den Zustand des im Auto Sitzens tiefenpsychologisch zu deuten. Er bedeutet: isoliert sein, gepanzert sein, in Sicherheit (wovor?) sein. Aber Herr über 200 und mehr PS. Knapp vor allmächtig zu sein.

Ich bin überzeugt, dass die Welt deutbar ist wie ein Traum. Vielleicht wird die Problematik der Gegenindigenialität nirgends so deutlich wie im Automobil.



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Groot
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Sa 10. Dez 2022, 15:42

Materie ist sichtbar und messbar. Aber sie ist nicht anthropomorph, sondern widersetzt sich dem Geist. Die Bewegung in der Materie ist etwas drittes. Lebendig und Tod sind beides Formen, die dem Menschen angehören. Aber Materie gehört dem Menschen nicht an. Es ist Energie, die gemessen wird und modelliert wird zu Atomen (ganz reale Atome!) und quantentheoretischen bzw. physikaltheoretischen Modellen. Es ist schlich ein Stoff, bzw. der Stoff, in dem jede konkrete Form und ihr materialer Anteil sich reduzieren lassen auf die Funktionsweise eines Atoms; die also unterhalb der Atomschwelle ist.
Materie ist in-sich bewegt, weil ich denke, dass die Materie in jedem Moment eher neu erscheint, um dann bewegt zu werden; statt so, dass diese von A nach B bewegt wird. Materie wird sozusagen durch unseren Geist hindurch in Bewegung erkannt, weil wir Modelle nutzen und physikaltheoretisch arbeiten können; aber die Materie selbst trägt die Bewegung in-sich fort. Nur können wir dieses Fort-tragen einmal virtuell und imaginär, formal lesen - und einmal so, dass es eben ein epistemisches Modell ist, durch das hindurch sich die jeweils aufs neue aktualisierte Gegenwart so formalisiert darstellt, dass wir das Voranschreiten der Materie mittels Modellen zu einem Strom werden lassen können, der so stabil ist (so viel Macht aufwendet um Eigenkraft zu simulieren), dass mittels diesem zwei Momente am Sein aneinander gekoppelt im Großen und ineinander verschränkt im Kleinen, also aneinander gebunden werden können, dass man daraus bestimmte Verallgemeinerungen bzgl. des Universums treffen können mag. Aber die Bewegung in der Materie, die zeigt sich nicht in der Bindung, sondern in der Differenz zwischen zwei zeitlichen Zuständen, die einem stets aufs neue erscheinen und einfach so passieren (sowohl geschehen, als auch hindurchtreten).




Groot
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Sa 10. Dez 2022, 15:55

Und versuche mal den Zustand des im Auto Sitzens tiefenpsychologisch zu deuten. Er bedeutet: isoliert sein, gepanzert sein, in Sicherheit (wovor?) sein. Aber Herr über 200 und mehr PS. Knapp vor allmächtig zu sein.
ich habe kürzlich das Wort Konzise gelernt. Konzise Einstellungen sind abstrakt-funktionale Einstellungen und finden sich bspw. in Kaufhäusern oder Flughäfen; der Bahnhof ist zweischneidig, weil der Bahnhof die bürgerliche Epoche geprägt hat und darum für den Historiker im Nachhinein zu einem Idyll verklärt werden muss -- es finden sich darin nämlich bestimmte psychologische Archetypen, als auch handlungs- und kommunikationstheoretische Idealtypen.
Im Gegenbild dazu hatte er die diffusen Beziehungen, die im Park, dem heimischen Haus oder am Arbeitsblatt stattfinden. Ich fand "diffus" ein bisschen unpassend, aber diese sind charakterisiert durch warme und interaktionsreiche Beziehungen, mit denen sich ein Mensch intrinsisch verbindet und an dem Erinnerungen hängen.
Ist das Auto eher ersteres oder eher letzteres?

Ahasver, du bist doch großer Heideggerianer. Wenn du Muße findest, kannst du ja mal den kurzen Text von mir zu Heidegger, Gestell und Sprache durchlesen. Vielleicht finden wir dadurch einen Zugang für die gegenseitige Perspektive.
Dateianhänge
Heidegger HA1.pdf
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Timberlake
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Sa 10. Dez 2022, 16:42

Nick Nickless hat geschrieben :
Sa 10. Dez 2022, 11:25


Axiome sind übrigens Setzungen, aus pragmatischen, ästhetischen oder welchen Gründen auch immer, vielleicht auch bloße Willkür, so wie die Werte, Regeln und dergleichen; man hat die abendländische Kultur damit bereits in Reflexionsdenken übersetzt.

..
.. und in was "setzt" sich deiner Meinung nach das Axiom "Indigenialität" ?
ahasver hat geschrieben :
Di 29. Nov 2022, 12:55
Den Titel "INDIGENIALITÄT" hab ich Andreas Weber geklaut, der unter diesem Titel ein sehr lesenswertes Büchlein geschrieben hat. Ich werde ihn im weiteren Verlauf dieses Themas sicher noch oft zitieren. Vielleicht beginn ich jetzt gleich mit 2 Zitaten:
Wir sind alle Wilde.
Indigenialität heißt, sich als aktiven Teil eines sinnvollen Ganzen zu verstehen und so zu handeln, dass die eigene Lebensqualität die des Ganzen steigert.
... sich als aktiven Teil eines sinnvollen Ganzen zu verstehen und so zu handeln, dass die eigene Lebensqualität die des Ganzen steigert , würde ich gemessen an der Wirklichkeit des Ganzen , bestenfalls als eine Setzung aus ästhetischen Grund verstehen wollen.
Nick Nickless hat geschrieben :
Sa 10. Dez 2022, 11:25

Spengler hat man natürlich verdammt; mitsamt der philosophisch-religiös-künstlerischen Offenbarung des Geheimnisses, soweit man sie nicht auf ein museales Podest gestellt hat, - um auf diese Weise die Blindheit und Barbarei als Resultat der Aufklärung, die der Meister selbst verkündet hatte, denn auch wirklich zu vollziehen.
Aus eben diesem ästhetischen Grund hat man übrigens auch Spengler verdammt -

  • Der Untergang des Abendlandes.

    Umrisse einer Morphologie der Weltgeschichte ist das kulturphilosophische Hauptwerk von Oswald Spengler.
    Der morphologische Ansatz geht auf Spenglers Rezeption Goethes zurück. Seit dem 19. Jahrhundert wurden Lebewesen (Pflanzen) unter der Optik dynamischer Einheiten aufgefasst. Ein so aufgefasstes morphologisches Verständnis erschließt sich an der Erkenntnis lebendig sich entwickelnder Formen (nach Goethe), speziell in der Annahme, sie durchliefen Phasen der Jugend, der Reifung, des Alterns und des Absterbens. Spengler überträgt die Morphologie als Methode der Naturerkenntnis auf die Erkenntnis der Geschichte. Die „Welt als Geschichte“ erschließe sich erst in der Erfassung ihrer biologischen Wesenheit.
Ein Axiom, wonach sich die „Welt als Geschichte“ , erst in der Erfassung ihrer biologischen Wesenheit erschließt , verträgt sich natürlich mit einer Spezies, die sich im ästhetischen Sinne , als Krönung der Schöpfung versteht gar nicht.




ahasver
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So 11. Dez 2022, 09:47

Timberlake hat geschrieben :
Sa 10. Dez 2022, 16:42
... sich als aktiven Teil eines sinnvollen Ganzen zu verstehen und so zu handeln, dass die eigene Lebensqualität die des Ganzen steigert , würde ich gemessen an der Wirklichkeit des Ganzen , bestenfalls als eine Setzung aus ästhetischen Grund verstehen wollen.
Timberlake, was meinst du mit der "Wirklichkeit des Ganzen"?



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ahasver
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So 11. Dez 2022, 10:00

Groot hat geschrieben :
Sa 10. Dez 2022, 15:42
Materie ist sichtbar und messbar. Aber sie ist nicht anthropomorph, sondern widersetzt sich dem Geist. Die Bewegung in der Materie ist etwas drittes. Lebendig und Tod sind beides Formen, die dem Menschen angehören. Aber Materie gehört dem Menschen nicht an. Es ist Energie, die gemessen wird und modelliert wird zu Atomen (ganz reale Atome!) und quantentheoretischen bzw. physikaltheoretischen Modellen. Es ist schlich ein Stoff, bzw. der Stoff, in dem jede konkrete Form und ihr materialer Anteil sich reduzieren lassen auf die Funktionsweise eines Atoms; die also unterhalb der Atomschwelle ist.
Materie ist in-sich bewegt, weil ich denke, dass die Materie in jedem Moment eher neu erscheint, um dann bewegt zu werden; statt so, dass diese von A nach B bewegt wird. Materie wird sozusagen durch unseren Geist hindurch in Bewegung erkannt, weil wir Modelle nutzen und physikaltheoretisch arbeiten können; aber die Materie selbst trägt die Bewegung in-sich fort. Nur können wir dieses Fort-tragen einmal virtuell und imaginär, formal lesen - und einmal so, dass es eben ein epistemisches Modell ist, durch das hindurch sich die jeweils aufs neue aktualisierte Gegenwart so formalisiert darstellt, dass wir das Voranschreiten der Materie mittels Modellen zu einem Strom werden lassen können, der so stabil ist (so viel Macht aufwendet um Eigenkraft zu simulieren), dass mittels diesem zwei Momente am Sein aneinander gekoppelt im Großen und ineinander verschränkt im Kleinen, also aneinander gebunden werden können, dass man daraus bestimmte Verallgemeinerungen bzgl. des Universums treffen können mag. Aber die Bewegung in der Materie, die zeigt sich nicht in der Bindung, sondern in der Differenz zwischen zwei zeitlichen Zuständen, die einem stets aufs neue erscheinen und einfach so passieren (sowohl geschehen, als auch hindurchtreten).
Guten Morgen Groot,
hier hast du deine Sicht der Dinge, also der Materie geschildert. Mir gehts aber darum wie die Gegenindigenialität Materie definierte. Und warum sie das genau so tat, wie sie es getan hat. Mir gehts um die Genealogie des Begriffs >Materie<.
Es wäre spannend zu verfolgen wie sich der Materiebegriff der Gegenindigenialität vor mehr als 10 000 Jahren zu bilden begann und wie er sich bis zu dem des 19 Jhdt entwickelt hat. Im 20 Jhdt begann dann die Auflösung dieses Materiebegriffs.
Um die ersten Anfänge zu untersuchen, könnten wir uns die ältesten Mythen zu Gemüte führen. Ab den Zeiten der alten Griechen wirds dann einfacher. Wir lesen die Werke Heraklids bis zu denen des Aristoteles.
Noch was am Rande: von Heidegger schwafle ich ab und an, hab aber keine Ahnung. Versatzstücke seines Heideggerns -wie zB es weltet- benutze ich einfach weil sie mir in meinen Kram passen. Wie Heidegger sie verstanden haben will, weiß ich nicht.
Zuletzt geändert von ahasver am So 11. Dez 2022, 10:45, insgesamt 2-mal geändert.



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ahasver
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So 11. Dez 2022, 10:21

Schon vor 1,5 Millionen Jahren begann unsere Vorfahren sogenannte Faustkeile herzustellen. Warum und wozu ist uns heute ein Rätsel. Waren es Werkzeuge? Waffen? Kultgegenstände?

Damals gab es noch keine Sprache (wie wir sie kennen). Ich bilde mir aber ein mich in das Welterleben jener Menschen ein klein bißchen einfühlen zu können. Meiner Privatmeinung nach haben sie bereits gedacht, haben sie schon Begriffe gebildet. Aber statt sprachähnliche Gedanken zu bilden haben sie mit dem ganzen Körper gedacht und hauptsächlich wohl mit den Händen. Nicht alle Handlungen waren spontan. Manchmal hat man, bevor man tatsächlich einen Stein aufhob, diesen erst genau betrachtet, dann in der Vorstellung oder "im Geiste" mit den Händen aufgenommen und "bearbeitet". Zugleich mit dem geistigen Vorstellen einer Tätigkeit bewegten sie ihre Hände. Wie mit den Händen gedacht wird, kann man heutzutage noch beobachten, wenn zB Südländer heiß diskutieren.
Aufgrund dieser "geistigen Tätigkeit" ließ man den Stein dann liegen oder nahm ihn tatsächlich auf um zB einen Faustkeil herzustellen.

Hier haben wir meines Erachtens die Wurzeln des Materiebegriffs vor uns. Natürlich in indigenen Gesellschaften. Es dauerte noch 1,2 Millionen Jahre bis die ersten Homosapiens auf der Weltbühne erschienen und sich daran machten die Faustkeilkultur zu überwinden. 100 000 Jahre später hat niemand mehr Faustkeile hergestellt. Und dann, so vor etwa 40 000 Jahren begannen die Homo sapiens zu sprechen. Begriffe, vorsprachliche Begriffe also, hatten sie -Meines Erachtens- schon zuvor gebildet. Hauptsächlich mit Hilfe ihrer Hände.



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Groot
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So 11. Dez 2022, 20:33

ahasver hat geschrieben :
So 11. Dez 2022, 10:00

Guten Morgen Groot,
hier hast du deine Sicht der Dinge, also der Materie geschildert. Mir gehts aber darum wie die Gegenindigenialität Materie definierte. Und warum sie das genau so tat, wie sie es getan hat. Mir gehts um die Genealogie des Begriffs >Materie<.
Es wäre spannend zu verfolgen wie sich der Materiebegriff der Gegenindigenialität vor mehr als 10 000 Jahren zu bilden begann und wie er sich bis zu dem des 19 Jhdt entwickelt hat. Im 20 Jhdt begann dann die Auflösung dieses Materiebegriffs.
Um die ersten Anfänge zu untersuchen, könnten wir uns die ältesten Mythen zu Gemüte führen. Ab den Zeiten der alten Griechen wirds dann einfacher. Wir lesen die Werke Heraklids bis zu denen des Aristoteles.
Noch was am Rande: von Heidegger schwafle ich ab und an, hab aber keine Ahnung. Versatzstücke seines Heideggerns -wie zB es weltet- benutze ich einfach weil sie mir in meinen Kram passen. Wie Heidegger sie verstanden haben will, weiß ich nicht.
Wieso beginnt die Auflösung des Materiebegriffes? Ist nicht vielmehr alles so, dass die Materie als Kontinuum den Raum definiert, der dann einen physikalischen und einen (sehr viel größeren) nicht-physikalischen Teil hat? Also sämtliche Wissenschaften haben sich doch darauf eingestellt, dass die Physik eine objektive Zeit bringt; die momentan aber von der Physik relativistisch betrachtet wird.

Der Materiebegriff, in der Strenge, wie ihn die Physik satzt, ist m.e. verantwortlich für die ganze "irrlichternde" franz. Philosophie, die einem den neuen Menschen bringen will...welch lächerliches Anliegen, wenn der naturwissenschaftliche Mensch sich noch nicht einmal seiner bürgerlichen Maskerade entledigen möchte; es bereitet ihm Unbehagen, die Wahrheit vor die er oder sie dann gestellt würde. Jedenfalls orientiert sich m.e. die Sprachphilosophie, wie auch der Strukturalismus der Kontinentalphilosophie - wenn auch ersteres mehr als letzteres - sehr an der Physik. Einmal aus innerem Interesse...der Sprachanalyst ist wohl eher Formallogiker und Naturwissenschaftlich motiviert; während der Kontinentalphilosoph wohl die Materie so "schwach" zu greifen weiß, wie es sich im Gelde plattgedrückt zu Ausdruck bringen kann auf der beurkundeten Edelmetallmünze.

Du möchtest wissen, wie aus Bildern Modelle für Physikalische Phänomene, also physikaltheoretische Theorien entstehen können oder weshalb das Interesse? Weil dazwischen liegt ja mal mindestens Kardinal Berkeley und Hume :D Wieso die Materie von vor 10000 Jahren, wenn alle relevanten Momente an ihr jüngeren Datums datieren?

Entscheidend an Materie ist ihr Atomismus. Die Vorstellung einer Monade ist m.e. eine Analogie auf Atomkern und dessen Innenseite Quanten (Mit Außenseite 1. Kristallgitter (material) 2. Moleküle (förmlich). Als schaut man nirgendwo hin, außer auf die 200km/h. Nicht nach links, nicht nach rechts, nur darauf die 250km/h zu erreichen. Und um 300km/h zu schaffen haben wir sogar die absoluten Größen abgeschafft, um deren Absolutheit an einer einzigen - der Gravitation - ablesen und relativieren zu können.
Es ist wie der Angelt, der angelt nicht um der Lust und Freue willen, sondern, um von der Frau wegzukommen und seine Ruhe zu haben. Nur scheint die Ruhe für den Physiker erst bei 300km/h aufzukommen :P

Aber der Punkt ist doch, dass die Quantenebene ja nicht nur durch die mathematischen Formalismus hindurch erkennbar ist. (Außer erstmalig im Sinne einer Entdeckung für die Öffentlichkeit durch einen der rudimentäre Mathekenntnisse haben muss) Ich würde meinen, dass ich mir eine Vorstellung von Quanten machen kann, weil ich mich viel damit beschäftigt habe, was imaginär ist an der Literatur und dem Kino, was virtuell am Computer und Smartphone und wie Modallogik damit zusammenhängt. Daheraus ist mir ein Licht aufgegangen bei der Quantentheorie; Zizek deutet: Das Photon ist reines Potential. Es wirkt nur imaginär, nicht real; es hat nämlich keine Ruhemasse.

Materie und Geist. Wieso gibt es nicht ein Drittes namens Zivilisation? Denn der Geist beinhaltet sonst zweierlei (Psyche und Geschichte), manchmal sogar dreierlei (Psyche, Historie, Sprache); sofern wir der Materie nichts als Geist entgegenbringen wollen.




ahasver
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Mo 12. Dez 2022, 09:11

Guten Morgen,
ich will den Schwerpunkt in diesem Thread nicht auf moderne Physik legen. Aber da Groot nun mal nach der "Auflösung des Materiebegriffs" gefragt hat, stell ich 3 kleine Videos zum Thema vor:

https://www.youtube.com/watch?v=rT6ekqvt42k

https://www.youtube.com/watch?v=i9HgolTQlrE

Im folgenden Video genügen die ersten 4 min.

https://www.youtube.com/watch?v=BZYoNTyhBFs

Beginnen würde ich aber gerne in der Frühgeschichte der Menscheit mit Lucy (homo habilis) und homo erectus, die Steine in die Hand nahmen um diese zu "bearbeiten", zu verändern.
Diesem Steinebehauen, behaupte ich, lag noch kein Materiebegriff zugrunde. Man hat nur aus herumliegenden Steinen etwas optimalere Steine gemacht. Stein blieb Stein.

Ganz anders siehts aus, wenn wir die ersten Töpfer (homo sapiens, 2 Millionen Jahre später) betrachten. Aus amorphem Lehm (Ton) formen sie Töpfe. Durch Brennen verwandeln sie den Lehm, die amorphe, formbare Materie in feste, geformte Materie.

Bis zu Aristoteles ist es jetzt nur noch ein klitzekleiner Schritt für die Menschheit.



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Henk
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Mo 12. Dez 2022, 11:21

Der Dalai Lama:
„Auf der tiefsten Ebene können wir zwischen Geist und Materie nicht unterscheiden. Materie in ihrer feinsten Form ist Prana, eine Lebenskraft, die vom Bewusstsein nicht trennbar ist. Diese beiden sind Aspekte einer unteilbaren Realität. Prana ist der Aspekt von Mobilität, Dynamik und Zusammenhalt, während Bewusstsein der Aspekt der Erkenntnis und die Fähigkeit zum reflektierenden Denken ist.“

zitiert in Evan Thompson „Waking, Dreaming, Being: Self and Consciousness in Neuroscience, Meditation …“
https://www.blomeyer.berlin/2018/07/29/ ... nd-matter/




Groot
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Mo 12. Dez 2022, 17:10

Ich würde dort von innen schauen. Bis dorthin haben wir einen Materiebegriff, ab dort wird es sozusagen zu den Bedingungen, die die moderne Physik dort dem Raum beimischt aber auch zu den Bedingungen, die mir selbst auf dieser Stufe zukommen. Mein Geist, wenn man es so sagen möchte, analysiert dann meine Körperlichkeit auf Ebene der Genetik, des Organischen und viszeral motiviert. Viszeral = "die Eingeweide betreffend"
Das mit dem Übergang von Horde zu Stamm würde, von Homo Habilis zu Homo Sapiens. Da würde ich zuvor erstmal jede Menge Sozialontologie sehen, um dann solche Fragen, wie die von dir, zu anthropologischen Fragen (d.h. Kulturunabhängigen!) machen zu können. Ich würde an ähnlicher Stelle, die du dort ansprichst, eher darauf rekurrieren, dass mit Ur und Uruk erstmalig Schriftkultur entstand, als Kulmunationspunkt einer ersten (nennen wir es für den Moment) "mythischen Explosion", durch die "kognitive Expansion" entstand. Aber erst der Sprung von Mythos zu Logos, welcher durch die Sophisten in Gang gebracht wurde, schafft ja wirklich die Voraussetzungen, in denen ein Homo Sapiens auftauchen kann. Eine Alternative Betrachtung wäre hier die Frage nach Totemtreligion und die Entstehung erster Religionen aus den familiären Mythen heraus.

Wieso möchtest du denn den Materiebegriff zu so früher Zeit analysieren? Was zeigt sich darin für dich? Bewusstseinsbegabte Dauer? Weil die Frage ist, ob Materie ein Begriff der Kultur oder der Zivilisation ist -- wenn sie nicht uns als eines "Wir alle" entgegensteht, dann steht sie als Kultur entgegen und affiziert den Einzelnen.

Ich würde dort, wo du "amorphe Materie" siehst, direkt Sein bzw. das Eine sehen. Materie ist in meiner Anschauung stets und immer amorph; denn die Modelle bauen kein "1 zu 1 Gehäuse", keine exakte Blaupause, sondern verweisen stets nur darauf, dass ein Energieniveau gemessen wird, welches wir so deuten, dass es vom Modell beschrieben ist. Materie ist stets und immer amorph, weil ihr Wesen "er-messen" wird - so, wie das Photon ganz und gar morphologisch ist und die Krone der Einsichtnahme im Physikalismus; aber als solches eben nur reines Potential, reine Imagination oder virtuell für einen Supercomputer.
Man könnte vielleicht sagen, dass Licht nur modellhaft gequantelt ist...in der Homo habilis Epoche aber erscheint das Licht einfach als Helligkeit, nicht als zigtrillionen Energiequanten die den Raum nicht dunkel erscheinen lassen.

Übrigens ist der Text zu Heidegger auch nicht unmittelbar nur Heidegger - zumal man ja sieht, dass du verstehst was er sagt. Da brauchst du keine Bescheidenheit vortäuschen :D




ahasver
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Di 13. Dez 2022, 08:51

Groot hat geschrieben :
Mo 12. Dez 2022, 17:10
Ich würde dort von innen schauen. Bis dorthin haben wir einen Materiebegriff, ab dort wird es sozusagen zu den Bedingungen, die die moderne Physik dort dem Raum beimischt aber auch zu den Bedingungen, die mir selbst auf dieser Stufe zukommen.
Guten Morgen Groot,

wo ist "dort"?



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ahasver
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Di 13. Dez 2022, 09:34

Wieso möchtest du denn den Materiebegriff zu so früher Zeit analysieren?
Mich interessiert seine Herkunft. Mich treibt die Frage nach der Herkunft dieses nekrophilen Begriffs um. Vermutlich sind erste Anfänge schon bei den frühen Bauern, die ja auch Töpferware herstellten, zu finden. Dagegen spricht, dass diese ersten Ackerbauer und Viehzüchter sich fast ausschließlich mit Lebendigem beschäftigten. Allerdings stellten sie auch Artefakte wie zB Gerätschaften aus Ton her. Ebenfalls begann damals ein neues Verhältnis der Menschen zur Zeit. Und nicht zu vergessen, man erfand die Arbeit. Hinweise auf all diese Problematik müßte man in den neu entstehenden Religionen finden. Was wissen wir über die Religionen der ersten Ackerbauern und Viehzüchter?

Dann, so etwa vor 5000 Jahren entstand etwas ganz Neues: Städte

Wieder passten sich die Religionen den neu entstehenden Strukturen an. Arbeit wurde zur alles beherrschenden Tätigkeit. Und hier in den Städten sehe ich den eigentlichen Ursprungsort des Begriffs Materie. Hier gärte die Maische, der ein toxischer Geist entwich, der die nachfolgenden Jahrhunderte vergiftete.
Apropos toxischer Geist. Wir dürfen gut begründet annehmen, dass die Jäger ihre Jagdgründe verließen und sesshaft wurden um Bier zu brauen. Ob das der Hauptgrund war sei dahingestellt.



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Jörn Budesheim
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Di 13. Dez 2022, 11:59

ahasver hat geschrieben :
Di 13. Dez 2022, 09:34
Mich interessiert seine Herkunft.
Die etymologische Herkunft des Wortes kennen wahrscheinlich die Meisten. Falls nicht: "Das Wort Materie ist etymologisch aus den lateinischen Ausdrücken 'mater' (= Mutter) und 'matrix' (= Gebärmutter) entstanden ..."




ahasver
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Di 13. Dez 2022, 12:19

Mich treibt die Frage nach der Herkunft dieses nekrophilen Begriffs um. Vermutlich sind erste Anfänge schon bei den frühen Bauern, die ja auch Töpferware herstellten, zu finden. Dagegen spricht, dass diese ersten Ackerbauer und Viehzüchter sich fast ausschließlich mit Lebendigem beschäftigten. Allerdings stellten sie auch Artefakte wie zB Gerätschaften aus Ton her. Ebenfalls begann damals ein neues Verhältnis der Menschen zur Zeit. Und nicht zu vergessen, man erfand die Arbeit. Hinweise auf all diese Problematik müßte man in den neu entstehenden Religionen finden
Die frühen Ackerbauer und Viehzüchter erfanden Zeit und Arbeit und damit zusammenhängend Disziplin und Selbst-Disziplin, Gehorsam, Hierarchie, paternalistische Gesellschaftsformen...Ihr Alltag war Mühsal und Plag. Die Körpergrößen schrumpften, die durchschnittliche Lebenserwartung ging deutlich zurück. In anderen Worten: Nichts war besser geworden. Aber der Ausstieg aus dem Jäger und Sammler Dasein entwickelte sich zu einer Einbahnstrasse. Eine Rückkehr war schon bald nicht mehr möglich. Gott der Herr schloss die Pforten des Paradieses und ließ sie von den Cherubim bewachen.



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Di 13. Dez 2022, 12:28

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 13. Dez 2022, 11:59
ahasver hat geschrieben :
Di 13. Dez 2022, 09:34
Mich interessiert seine Herkunft.
Die etymologische Herkunft des Wortes kennen wahrscheinlich die Meisten. Falls nicht: "Das Wort Materie ist etymologisch aus den lateinischen Ausdrücken 'mater' (= Mutter) und 'matrix' (= Gebärmutter) entstanden ..."
Wikipedia schreibt dazu:
Materie (über mittelhochdeutsch matërje von lateinisch materia = Stoff, Thema, Ursache, Substanz; ursprünglich materies = Holz, Stämme, Bauholz; verwandt mit lateinisch mater, ‚Mutter‘, und matrix) ist der Oberbegriff für alles, was Raum einnimmt und Gewicht hat. Es bezeichnet also die Substanz, aus der alle Dinge der Welt bestehen, unabhängig von ihrer Erscheinungsform.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Materie

wenn wir demnächst bei Aristoteles sein werden, müssen wir untersuchen in wie weit sein >hyle< mit unserer >materie< verwandt ist. Auch >hyle< bedeutete vor Aristoteles schlicht und einfach nur Holz, Bauholz....

Mich wundert, dass man nicht von >Lehm< ausging.



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