Gute und schlechte Menschen

Mit Beginn der 1920er Jahre bilden sich in der deutschen Philosophie die Disziplinen der Philosophischen Anthropologie und der Lebensphilosophie aus, deren Grundfragen in den 1990er Jahren eine Renaissance erleben.
Benutzeravatar
AufDerSonne
Beiträge: 1294
Registriert: Do 1. Sep 2022, 19:44

Sa 9. Mär 2024, 14:25

Burkart hat geschrieben :
Sa 9. Mär 2024, 13:10
AufDerSonne hat geschrieben :
Sa 9. Mär 2024, 11:43
Burkart hat geschrieben :
Sa 9. Mär 2024, 11:11
Gut und böse sind doch für uns rein menschlich bewertende Begriffe, wo soll da etwas Objektives herkommen.

Klar kann sich ein Mensch z.T. ändern, eine Frage ist, ob es das auch will und genug Kraft dafür hat.

Verbrecher: Wer gegen Gesetze verstoßen hat, dürfte es stastisch erneut häufiger machen als jemand, der es noch nie getan hat. Daneben sind Vorurteile auch recht beliebt ;)

"Immer gut" dürfte schwierig sein, schon weil genug Dinge als gut wie auch als schlecht angesehen werden können.
Zu 1: Und doch kommen wir oft zu einem Urteil, ob jemand jetzt gut oder böse ist.

Zu 2: Die Frage ist doch mehr, ob ein Mensch seinen Fehler erkennt, den er gemacht hat.

Zu 3: Also hat jemand, der eine gewisse Grenze überschritten hat, die Tendenz es wieder zu tun. Von was für Zeiträumen sprechen wir aber hier?

Zu 4: Ja, ich denke, man muss immer wieder neu ein guter Mensch werden. Das geht nicht ganz ohne Denkarbeit hin und wieder.
Zu 1.: Ja, wir kommen oft zu einem Urteil, aber muss das zwangsweise das einzig richtige sein?

Zu 2.: Erkennen ist der Anfang, aber wenn man den Fehler trotzdem weiter macht, was dann?

Zu 3.: Es muss nicht unbedingt eine klare Grenze geben. Hm, und welche Zeiträume meinst du, können sie nicht recht unterschiedlich sein?

Zu 4:: Sicher, das wäre so pauschal gesehen gut. Wenn denn auch immer ganz klar ist, was gut und schlecht ist (z.B. gut: "weiter bis 67 zu arbeiten" oder "eher in Rente zu gehen"?).
Man könnte mit jedem Punkt ein Buch füllen. Wenn Jörn recht hat, dann gäbe es theoretisch das einzig richtige Urteil. Oder nicht? Wenn es Gut und Böse nicht objektiv gibt, dann würde ja immer die Mehrheit der Menschen entscheiden, was gut und was böse ist? Man könnte ja dann niemals sicher sagen, ob jemand gut oder böse ist?
Einen Fehler, den man gar nicht als solchen erkannt hat, kann man nicht korrigieren. Hat das nicht auch mit dem Gewissen zu tun? Wenn man den Fehler weiterhin macht, dann vielleicht weil man gezwungen ist dazu? Wieso machen die Menschen eigentlich überhaupt Fehler?
Ich meine, wenn ein Mensch böse geworden ist, wie lange geht es dann, bis er wider gut werden kann?
Handelt es sich bei vielen Problemen nicht immer darum, was man selbst will und was die Gesellschaft einem vorschreibt? Aber muss man immer alles mit der Gesellschaft abgleichen?



Ohne Gehirn kein Geist!

Burkart
Beiträge: 2801
Registriert: Sa 11. Jul 2020, 09:59

Sa 9. Mär 2024, 15:42

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 9. Mär 2024, 13:13
Burkart hat geschrieben :
Sa 9. Mär 2024, 13:03
Du hast hier zwei recht extreme Beispiele gewählt...
Menschen in Not zu helfen, halte ich nicht für ein Extrembeispiel. Und dass Kriege begonnen werden, ist leider auch nicht selten.
Also beides sind zumindest keine Dinge, die den meisten Menschen jeden Tag passieren, however.
Aber unabhängig davon, ob die Beispiele extrem sind oder nicht, wenn sie Beispiele für Gut und Böse sind, dann zeigen sie, dass Gut und Böse objektiv sind. Ich habe ja nicht gesagt, dass es immer einfach ist, Gut und Böse zu erkennen.
Wie gesagt, einen Krieg zu beginnen kann im Extremfall auch eine Form von Selbstverteidung sein und damit nicht böse.
Gut und Böse sind zwei abstrakte Ideen, die angewendet auf unsere Lebensrealität zu überprüfen und z.T. nicht zu entscheiden sind. Ist z.B. Israel der Gute oder der Böse bezug auf den Gazastreifen derzeit? Wie soll man das objektiv entscheiden?
Mögest du Gut und Böse als objektv ansehen, so bleibt dies zumindest im Abstrakten und ist auf gute und schlechte Menschen hier nicht gut anwendbar.



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

Burkart
Beiträge: 2801
Registriert: Sa 11. Jul 2020, 09:59

Sa 9. Mär 2024, 15:51

AufDerSonne hat geschrieben :
Sa 9. Mär 2024, 14:25
Burkart hat geschrieben :
Sa 9. Mär 2024, 13:10
AufDerSonne hat geschrieben :
Sa 9. Mär 2024, 11:43

Zu 1: Und doch kommen wir oft zu einem Urteil, ob jemand jetzt gut oder böse ist.

Zu 2: Die Frage ist doch mehr, ob ein Mensch seinen Fehler erkennt, den er gemacht hat.

Zu 3: Also hat jemand, der eine gewisse Grenze überschritten hat, die Tendenz es wieder zu tun. Von was für Zeiträumen sprechen wir aber hier?

Zu 4: Ja, ich denke, man muss immer wieder neu ein guter Mensch werden. Das geht nicht ganz ohne Denkarbeit hin und wieder.
Zu 1.: Ja, wir kommen oft zu einem Urteil, aber muss das zwangsweise das einzig richtige sein?

Zu 2.: Erkennen ist der Anfang, aber wenn man den Fehler trotzdem weiter macht, was dann?

Zu 3.: Es muss nicht unbedingt eine klare Grenze geben. Hm, und welche Zeiträume meinst du, können sie nicht recht unterschiedlich sein?

Zu 4:: Sicher, das wäre so pauschal gesehen gut. Wenn denn auch immer ganz klar ist, was gut und schlecht ist (z.B. gut: "weiter bis 67 zu arbeiten" oder "eher in Rente zu gehen"?).
Man könnte mit jedem Punkt ein Buch füllen.
Das hast du sicher recht.
Wenn Jörn recht hat, dann gäbe es theoretisch das einzig richtige Urteil.
Tja, wenn das so einfach wäre, würde das unsere Gerichte sicher zeitlich entlasten ;)
Oder nicht? Wenn es Gut und Böse nicht objektiv gibt, dann würde ja immer die Mehrheit der Menschen entscheiden, was gut und was böse ist?
Entscheidet nicht (mehr oder weniger) die Mehrheit über Gesetze wie auch geltende Moral u.ä.? Ich denke grundsätzlich schon, zumindest demokraktisch gedacht.
Man könnte ja dann niemals sicher sagen, ob jemand gut oder böse ist?
Es ist doch oft gar nicht eindeutig, ob jemand gut oder böse ist; er hat doch i.a. beide Aspekte in sich.
Einen Fehler, den man gar nicht als solchen erkannt hat, kann man nicht korrigieren.
Sicher, deshalb das Erkennen als Anfang.
Hat das nicht auch mit dem Gewissen zu tun?
Zum Teil. Es gibt Fehler, die sieht man moral o.ä. ein, andere weniger oder gar nicht.
Wenn man den Fehler weiterhin macht, dann vielleicht weil man gezwungen ist dazu?
Das ist eine Möglichkeit. Oder z.B. weil man andere Dinge als wichtiger ansieht und so den kleineren Fehler als notwendigen Kompromiss in Kauf nimmt.
Wieso machen die Menschen eigentlich überhaupt Fehler?
Die (hier menschliche) Welt ist nun mal nicht perfekt ;)
Ich meine, wenn ein Mensch böse geworden ist, wie lange geht es dann, bis er wider gut werden kann?
Das kann von jetzt auf gleich passieren oder aber nie.
Handelt es sich bei vielen Problemen nicht immer darum, was man selbst will und was die Gesellschaft einem vorschreibt? Aber muss man immer alles mit der Gesellschaft abgleichen?
Teils teils, jedenfalls steht man oft genug sicher im Spannungsfeld seiner selbst und der Gesellschaft, schon richtig.



Der Mensch als Philosophierender ist Ausgangspunkt aller Philosophie.
Die Philosophie eines Menschen kann durch Andere fahrlässig missverstanden oder gezielt diskreditiert oder gar ganz ignoriert werden, u.a. um eine eigene Meinung durchsetzen zu wollen.

Benutzeravatar
Quk
Beiträge: 1882
Registriert: So 23. Jul 2023, 15:35

Sa 9. Mär 2024, 16:48

Burkart hat geschrieben :
Sa 9. Mär 2024, 10:33
Quk hat geschrieben :
Fr 8. Mär 2024, 21:58
Das Werturteil "gut" oder "schlecht" kann nicht objektiv sein, meine ich.
Gibt es nicht aber Kriterien, die uns etwas als eher gut oder schlecht erscheinen lassen?
Das Wort "eher" ändert meines Erachtens nichts an dem Streben nach einer objektiven Zusammenfassung.

Auch da meine ich: Das Werturteil "eher gut" oder "eher schlecht" kann nicht objektiv sein. Wenn das so wäre, bräuchten wir keine Parlamente mehr; über neue Gesetze müsste dann nicht mehr debattiert werden.

Dabei ist noch nicht einmal geklärt, was zum Behälter "Mensch" alles gehört. Wenn Otto beispielsweise ein Serienmörder ist, liegt dieser Serienmord im Behälter "Otto" inne oder ist der Serienmord eine Sache, die außerhalb des Behälters "Otto" liegt, so dass man sagen kann, Otto sei ein guter Mensch und jener Serienmord sei etwas externes? In der Alltagssprache ist das einfach: Da schießen die Urteile aus dem Rückenmark: Dieser Mensch ist (eher) schlecht und jener ist (eher) gut. Fertig. Mein Kommentar hier ist aber philosophisch gemeint. Tiefgründiger.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23557
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Sa 9. Mär 2024, 16:58

Aus der Tatsache, dass es nicht immer einfach ist zu entscheiden, ob etwas wirklich gut oder wirklich böse ist, folgt keineswegs, dass es Gut und Böse nicht gibt. Das wäre ein eklatanter Fehlschluss. Ontologische und epistemische Fragen dürfen nicht nach Gutdünken vermischt werden.

Es ist einfach zu offensichtlich, dass es Gut und Böse gibt und zwar natürlich objektiv. Das einzige, was manche daran hindert, das zu akzeptieren, ist ein Weltbild im Hintergrund, das davon ausgeht, dass es in Wirklichkeit nur Atome und Leere gibt, bildlich gesprochen, so dass alles, was uns betrifft, nicht wirklich existiert, zumindest nicht objektiv.




Benutzeravatar
Quk
Beiträge: 1882
Registriert: So 23. Jul 2023, 15:35

Sa 9. Mär 2024, 17:20

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 9. Mär 2024, 11:52
Burkart hat geschrieben :
Sa 9. Mär 2024, 10:33
(Dass "gut" und "schlecht" sich immer auf unser Urteil und i.a. nicht direkt auf objektive Fakten als solche beziehen, dürfte klar sein.)
Das ist keineswegs klar, ich denke das Gegenteil. Gut und böse sind objektive Prädikate. Hier zwei klare Beispiele: Ein kriegerischer Überfall ist böse. Menschen in Not zu helfen ist gut.
Nun gibt es auch viele Millionen Menschen, die Angriffskriege klasse finden. Sie finden auch Raubüberfälle richtig gut. Und sadistische Quälereien finden sie toll; sie helfen dem Opfer nicht, sondern genießen dessen Hilflosigkeit. -- Deshalb gibt es überall auf der Welt Gefängnisse und Terror und Leid auf allen Seiten. Das sind die Beweise, dass es viele solche Menschen gibt. Für diese Menschen sind die anderen die schlechten. Damit rechtfertigen sie ihre Taten. Und die Gefängniswärter rechtfertigen ihrerseits ihre Wärtertätigkeit damit, dass die anderen die schlechten sind. Wie kann man dieses Paradoxon auflösen? Entweder, indem man zugibt, dass ein "Gut/Böse"-Urteil nicht objektiv sein kann, sondern der eigenen subjektiven, kulturellen Haltung entspringt, -- oder indem man die "anderen" als Nichtmenschen bezeichnet; demnach wäre jeder "objektiv gute" ein Mensch und jeder "objektiv schlechte" wäre ein Nichtmensch. War Stalin ein Nichtmensch? Es gibt ja auch das Wort "Unmensch", das suggeriert, dass der Mensch an sich gut sei, und alle "schlechten" seien Unmenschen, so wie unerwünschtes Kraut im Garten als Unkraut bezeichnet wird. Dieser Ausschluss hebt das Paradoxon auch auf. Welcher Trick hebt das Paradoxon am besten auf?




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23557
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Sa 9. Mär 2024, 18:04

Es gibt kein Paradoxon.

Die eklatanten Unterschiede in den Moralvorstellungen, von denen die Relativisten immer reden, gibt es de facto nicht, ich habe dazu kürzlich Zahlen von Hanno Sauer gebracht. Das Gegenteil ist der Fall, die Übereinstimmungen (teilweise bis zu 99,9%) sind universell sehr groß.

Es gibt immer Leute, die sich irren oder die Wahrheit nicht akzeptieren, aber das ändert nichts an den Fakten. Ein Beispiel: Dass erstaunlich viele Menschen glauben, die Erde sei eine Scheibe, ändert nichts an der Form der Erde. Selbst wenn die Mehrheit der Menschen glauben würde, die Erde sei flach, würde das nichts an ihrer ungefähren Kugelform ändern. Mit anderen Worten, die Tatsache, dass Menschen sich über Dinge nicht einig sind oder dass Menschen sich irren, bedeutet nicht, dass es keine Wahrheit über die Frage gibt, über die Uneinigkeit herrscht.




Benutzeravatar
Stefanie
Beiträge: 7317
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 20:09

Sa 9. Mär 2024, 18:46

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 9. Mär 2024, 14:04
Stefanie hat geschrieben :
Sa 9. Mär 2024, 13:42
was ist gemeint mit "schlecht"? Im Unterschied z.B. zu böse...
Die Begriffe gut und böse waren lange Zeit verpönt, entweder als ideologisch gefärbt oder bestenfalls naiv. Die Philosophie hat sie sich seit einiger Zeit wieder zurückerobert.
Hilft jetzt nicht weiter.
Es gibt gut und böse, und es gibt keine Abstufungen bei böse?

Thomas Drach, viele halten ihn für hochintilligent, ist ein Schwerverbrecher, der sich wohl kaum ändern wird. Ein böser Mensch.
Der Mensch, der einen Gerichtssaal tiefer wegen wiederholten Ladenstiebstahl von unter 50 Euro zu 6 Monaten ohne Bewährung verurteilt wurde, ist auch ein böser Mensch? Nein, für mich nicht.
Das Böse ist das Maximale der Schlechtigkeit, mehr geht nicht an Bösartigkeit.

Sind junge Menschen, die bei einem illegalen Autorennen einen schweren, tödlichen Autounfall verschulden, böse Menschen?
Ich kann diese doch nicht mit Kriegstreibern oder Rassisten die jemanden aufgrund der Hautfarbe töten, in einen Topf werfen.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

Benutzeravatar
Quk
Beiträge: 1882
Registriert: So 23. Jul 2023, 15:35

Sa 9. Mär 2024, 19:08

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 9. Mär 2024, 18:04
Die eklatanten Unterschiede in den Moralvorstellungen, von denen die Relativisten immer reden, gibt es de facto nicht, ich habe dazu kürzlich Zahlen von Hanno Sauer gebracht. Das Gegenteil ist der Fall, die Übereinstimmungen (teilweise bis zu 99,9%) sind universell sehr groß.
Diese Umfrage ist mir zu schleierhaft. Was für Fragen wurden gestellt? Wie wurden sie formuliert? Umfrage-Texte kann man so gestalten, dass sie auf ein erwünschtes Ergebnis zielen. Wie grob wurden die Antwortmöglichkeiten pauschaliert? Es war ja sicherlich ein Multiple-Choice-System oder ein Skala-System: "Wie schlimm finden Sie XY"? Kein Teilnehmer weiß, wie die Skalenwerte zu verstehen sind, und so weiter.

Werden wir doch mal konkret, hier im Forum unter Menschen, die ihre Auffassung hier präzise erörtern können anstatt Umfrage-Kästchen anzukreuzen: Wenn jeder Mensch es für wichtig hält, anderen Menschen in der Not zu helfen, warum tue ich das so selten? Warum? Warum tue ich das so selten? Ist es mir also tatsächlich so wichtig? Oder rede ich mir nur ein, es sei mir wichtig? Wir alle hier haben unsere tägliche Freizeit, mehr oder weniger. Überall gibt es Not, warum nutzen wir nicht wenigstens die Hälfte unserer Freizeit damit, den Leuten zu helfen? Warum? Also worüber reden wir hier wirklich?

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 9. Mär 2024, 18:04
Mit anderen Worten, die Tatsache, dass Menschen sich über Dinge nicht einig sind oder dass Menschen sich irren, bedeutet nicht, dass es keine Wahrheit über die Frage gibt, über die Uneinigkeit herrscht.
Ganz genau. Das gilt aber für beide Seiten.
Zuletzt geändert von Quk am Sa 9. Mär 2024, 19:13, insgesamt 1-mal geändert.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23557
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Sa 9. Mär 2024, 19:09

Stefanie hat geschrieben :
Sa 9. Mär 2024, 18:46
Hilft jetzt nicht weiter.
Ich denke, das ist durchaus hilfreich. Es war ein Versuch zu erklären, warum der Begriff "böse" oft tabuisiert wird.

Zu deiner ganz anderen Frage: Gut und Böse kann man vielleicht als die Pole des moralischen Spektrums bezeichnen. Aber nicht alles, was wir tun, ist moralisch relevant, es gibt auch das moralisch Neutrale. In jedem von uns gibt es natürlich sowohl Gutes als auch "Böses", in verschiedenen Abstufungen. Ein böser Mensch ist jemand, bei dem das Böse überproportional hervorsticht, würde ich sagen. Das gibt es sicher, aber ich glaube, relativ selten.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23557
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Sa 9. Mär 2024, 19:30

Quk hat geschrieben :
Sa 9. Mär 2024, 19:08
Ganz genau. Das gilt aber für beide Seiten.
Man kann Argumente grundsätzlich auf zwei Arten kritisieren:
  • Erstens kann man die Wahrheit der Prämissen kritisieren.
  • Zweitens kann man die logische Form des Arguments kritisieren.
Der erste Teil meines Beitrages hat deine Prämisse kritisiert. Der zweite Teil die Form deines Arguments. Dass ich die Form deines Argumentes kritisiere, bedeutet gerade nicht, dass ich sie mir zu eigen mache, sonst hätte ich sie ja nicht kritisiert.




Benutzeravatar
Stefanie
Beiträge: 7317
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 20:09

Sa 9. Mär 2024, 19:55

Die Ausgangsfrage hier ist Gute und Schlechte Menschen. Ein Teil der Antworten betraf böse Menschen.
Und ich wollte einfach nur wissen, was in diesem Sinne schlecht im Gegensatz zu böse ist. Einfach nur das.
Es geht doch nicht um Tabuisierung von böse.
Ich gehe davon, dass es wirklich böse Menschen nicht so oft gibt, aber wenn dann ist es wirklich das Böse.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

Benutzeravatar
Quk
Beiträge: 1882
Registriert: So 23. Jul 2023, 15:35

Sa 9. Mär 2024, 19:56

Jörn,

die eine Umfrage-Empirie will sagen: 99% aller Menschen leben nach den selben "guten" moralischen Sätzen. Demnach kann es keine großen Angriffskriege, Terror etc. geben.

Die andere Empirie will sagen: Es gibt viele Kriege, Gefängnisse, Quälereien etc. Demnach können nicht 99% aller Menschen wirklich moralisch gleich gestrickt sein.

Das sind zwei Prämissen, die sich widersprechen.

Zur Argumentationsform:

Die eine Prämisse mit der empirischen Widerlegung der "flachen Erde" gleichzusetzen, ist eine Argumentationsform, die versucht, Kriege, Gefängnisse, Quälereien als ebenso "nicht vorhanden" zu berahmen wie die Flacherde. Diese Argumentationsform funktioniert in meinen Augen offensichtlich nicht.




Benutzeravatar
Quk
Beiträge: 1882
Registriert: So 23. Jul 2023, 15:35

Sa 9. Mär 2024, 20:10

Stefanie hat geschrieben :
Sa 9. Mär 2024, 19:55
Ich gehe davon, dass es wirklich böse Menschen nicht so oft gibt, aber wenn dann ist es wirklich das Böse.
Stalin war aus meiner Sicht ein böser, schlechter Mensch. Hätte ich damals dort gelebt, so wäre ich aus Stalins Sicht ein böser, schlechter Mensch gewesen.

Bisschen böse, sehr schlecht, bisschen gut, sehr gut -- das lässt sich alles mit Hilfe von Adjektiven skalieren und überlappen. Der Punkt ist doch, dass der Mensch eine Vielgestaltigkeit ist. Es ist nicht möglich, diese Vielgestaltigkeit zu pauschalieren anhand einer einzigen Eigenschaft. Wenn ich sage, Stalin war aus meiner Sicht ein Böser, so denke ich an bestimmte Facetten des Stalin, die mich schockieren. Er mochte allerdings auch die Musik Prokofjews. Diese Facette Stalins finde ich gut, denn ich mag Prokofjew auch. Ich mag auch Katzen. Bestimmt lässt sich eine Vielzahl von "schlechten" Menschen finden, die auch Katzen mögen. Katzen zu mögen, ist nichts schlechtes, aus meiner Sicht als Katzenliebhaber. Es ist alles subjektiv und auch fragmentarisch.




Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23557
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Sa 9. Mär 2024, 20:29

Das Beispiel der flachen Erde kritisiert einen Fehlschluss. Aus der Tatsache, dass manche Menschen nicht an eine bestimmte Wahrheit glauben oder sich in irgendeiner Weise irren, folgt nicht, dass die fragliche Wahrheit nicht existiert.




Benutzeravatar
Quk
Beiträge: 1882
Registriert: So 23. Jul 2023, 15:35

Sa 9. Mär 2024, 20:34

Ja, sicher. Aber warum bringst Du diese Feststellung hier in diesem Kontext? Dass ich mich irren kann, gilt doch auch für Dich, oder nicht?




Benutzeravatar
AufDerSonne
Beiträge: 1294
Registriert: Do 1. Sep 2022, 19:44

Sa 9. Mär 2024, 20:40

Stefanie hat geschrieben :
Sa 9. Mär 2024, 19:55
Die Ausgangsfrage hier ist Gute und Schlechte Menschen. Ein Teil der Antworten betraf böse Menschen.
Und ich wollte einfach nur wissen, was in diesem Sinne schlecht im Gegensatz zu böse ist. Einfach nur das.
Es geht doch nicht um Tabuisierung von böse.
Ich gehe davon, dass es wirklich böse Menschen nicht so oft gibt, aber wenn dann ist es wirklich das Böse.
Meinst du? Muss nicht der Nährboden für solche bösen Menschen auch geeignet sein?



Ohne Gehirn kein Geist!

Benutzeravatar
Stefanie
Beiträge: 7317
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 20:09

Sa 9. Mär 2024, 20:43

Reinhard Heydrich war musikalisch sehr begabt und spielte ausgezeichnet Geige. Dies ändert nichts an der Tatsache, dass er zu den Bösen gehörte. Es besteht die Gefahr, dass solche Eigenschaften eines bösen Menschen dazu führen können, dass das Böse und die daraus resultierenden furchtbaren Handlungen abgeschwächt werden.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

Benutzeravatar
Jörn Budesheim
Beiträge: 23557
Registriert: Mi 19. Jul 2017, 09:24
Wohnort: Kassel
Kontaktdaten:

Sa 9. Mär 2024, 20:49

Quk hat geschrieben :
Sa 9. Mär 2024, 17:20
[Prämisse] Nun gibt es auch viele Millionen Menschen, die Angriffskriege klasse finden.
[Konfusion1] ein "Gut/Böse"-Urteil [kann] nicht objektiv sein
Nun in aller Kürze:

1) Die Prämisse ist falsch. Sie unterstellt, dass es eklatante Unterschiede in moralischen Urteilen gibt, was empirisch widerlegt ist.

2) Die Schlussfolgerung ist falsch: Aus der Tatsache, dass es Meinungsunterschiede über ein Urteil gibt, folgt nicht, dass das Urteil nicht objektiv sein kann. Sonst würde aus der Tatsache, dass Menschen glauben, die Erde sei flach, folgen, dass die Form der Erde nicht objektiv ist. Denn das ist genau die gleiche Schlussfolgerung.




Benutzeravatar
Quk
Beiträge: 1882
Registriert: So 23. Jul 2023, 15:35

Sa 9. Mär 2024, 21:09

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 9. Mär 2024, 20:49
Quk hat geschrieben :
Sa 9. Mär 2024, 17:20
[Prämisse] Nun gibt es auch viele Millionen Menschen, die Angriffskriege klasse finden.
[Konfusion1] ein "Gut/Böse"-Urteil [kann] nicht objektiv sein
Nun in aller Kürze:

1) Die Prämisse ist falsch. Sie unterstellt, dass es eklatante Unterschiede in moralischen Urteilen gibt, was empirisch widerlegt ist.
Zunächst ist es jeden Tag aufs neue empirisch offensichtlich, dass unzählig viele Menschen an militärischen oder terroristischen Angriffen teilnehmen und die Angegriffenen (die Opfer, aus meiner Sicht) als schlechte und zu vernichtende Menschen auffassen. Diese Offensichtlichkeit von eklatatanten Moral-Unterschieden (etwa: "Du sollst im Namen deines Volkes Raketen auf fremde Kindergärten schießen" versus "Du sollst das nicht tun") kann ich schwerlich als Unterstellung oder als falsche Prämisse bezeichnen.




Antworten