Hoffnung

Mit Beginn der 1920er Jahre bilden sich in der deutschen Philosophie die Disziplinen der Philosophischen Anthropologie und der Lebensphilosophie aus, deren Grundfragen in den 1990er Jahren eine Renaissance erleben.
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Jörn Budesheim
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Mo 25. Nov 2024, 14:25

Barbara Bleisch, die Fernsehmoderatorin und Philosophin hat anlässlich eines Vortrags, den sie zum Thema „Hoffnung“ gehalten hat, einen kurzen Text dazu auf Instagram gepostet. Darin greift sie drei verschiedene Positionen auf, die das Thema aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten.

Terry Eagleton unterscheidet in „Hoffnungsvoll, aber nicht optimistisch“ scharf zwischen Hoffnung, Optimismus und Pessimismus. Optimisten seien naiv, weil sie glaubten, dass ohnehin alles gut werde, während Pessimisten die Gestaltungsmacht des Menschen völlig unterschätzten. Beide Haltungen, so Eagleton, litten unter einer gewissen Trägheit, einer „moralischen Hornhautverkrümmung“. Hoffnung hingegen bedeute, nicht zu wissen, ob etwas gelinge, und dennoch beides zu bedenken: die Möglichkeit des Scheiterns ebenso wie die des Gelingens. Hoffnung fordere uns auf, aktiv alles in unserer Macht Stehende zu tun, damit es gut ausgehe.

Ernst Bloch beschreibt die Hoffnung in einem Satz poetisch: „Der Hoffende ist ins Gelingen verliebt statt ins Scheitern.“

Günther Anders sieht Hoffnung hingegen kritisch. Laut Bleisch schreibt er: „Ich glaube, Hoffnung ist nur ein anderes Wort für Feigheit. […] Denn durch Hoffnung wird niemand agieren. Jeder Hoffende überlässt das Besserwerden einer anderen Instanz.“

Was also ist Hoffnung?




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Jörn Budesheim
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Mo 25. Nov 2024, 14:52

Wer handelt, ist ein Optimist, weil man bei jeder Handlung darauf hofft, dass sie auch gelingt :-)




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Quk
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Mo 25. Nov 2024, 20:37

Ich sehe das anders als Günther Anders. Ich meine, zur Feigheit gehört eine unterlassene Fähigkeit. Diese gehört nicht notwendig in das Thema Hoffnung. Ich habe beispielsweise nicht die Fähigkeit, ewig zu leben. Ich kann hoffen, dass mein Leben nicht nächste Woche endet. Ich besitze zwar die Fähigkeit, mein Leben mitzusteuern. Aber diese Fähigkeit ist begrenzt. Was über diese Grenze hinausgeht, ist Gegenstand meiner Hoffnung. Jenseits meiner Kompetenz-Grenze kann nicht von Feigheit die Rede sein.




Pragmatix
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Mo 25. Nov 2024, 23:25

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 25. Nov 2024, 14:25
Barbara Bleisch, die Fernsehmoderatorin und Philosophin hat anlässlich eines Vortrags, den sie zum Thema „Hoffnung“ gehalten hat, einen kurzen Text dazu auf Instagram gepostet. Darin greift sie drei verschiedene Positionen auf, die das Thema aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten.



Was also ist Hoffnung?
In Leopardis kleiner Menschheitsgeschichte ist Hoffnung eine Art trostreiches Täuschungsmittel. Die Götter geben den Menschen die Hoffnung, um sie von der trostlosen Wahrheit ihrer Existenz abzulenken. Sie soll verhindern, dass sie angesichts ihres Elends verzweifeln oder sogar Suizid begehen. Es ist die letzte und wirksamste Illusion für diese Spezies, die sich im Glück langweilt und im Unglück verzweifelt und sich in beiden Fällen töten würde ohne Hoffnung.




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Stefanie
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Mi 27. Nov 2024, 20:26

Mit der Sichtweise von Terry Eagleton kann ich am meisten etwas anfangen.
Hoffnung hingegen bedeute, nicht zu wissen, ob etwas gelinge, und dennoch beides zu bedenken: die Möglichkeit des Scheiterns ebenso wie die des Gelingens. Hoffnung fordere uns auf, aktiv alles in unserer Macht Stehende zu tun, damit es gut ausgehe.
Das verbindet ich auch mit "nicht aufgeben". Geben wir auf, besteht auch die Hoffnung nicht mehr. Auf das große Ganze bezogen muss das aber nicht bedeuten, dass ein Scheitern in einer bestimmten Situation oder in einem Lebensbereich, dann alles zum scheitern verurteilt ist. Es geht halt manchmal auch was schief. Ergo eine Alternative suchen und weitermachen.



Der, die, das.
Wer, wie, was?
Wieso, weshalb, warum?
Wer nicht fragt bleibt dumm!
(Sesamstraße)

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Jörn Budesheim
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Do 28. Nov 2024, 08:38

Wie wäre ein Leben ohne Hoffnung? Hoffnungslos.




Timberlake
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Mi 11. Dez 2024, 22:36

Pragmatix hat geschrieben :
Mo 25. Nov 2024, 23:25

In Leopardis kleiner Menschheitsgeschichte ist Hoffnung eine Art trostreiches Täuschungsmittel. Die Götter geben den Menschen die Hoffnung, um sie von der trostlosen Wahrheit ihrer Existenz abzulenken. Sie soll verhindern, dass sie angesichts ihres Elends verzweifeln oder sogar Suizid begehen. Es ist die letzte und wirksamste Illusion für diese Spezies, die sich im Glück langweilt und im Unglück verzweifelt und sich in beiden Fällen töten würde ohne Hoffnung.
Um dazu einmal Hegel zu zitieren ..

  • "Sie ist also selbst zu fragen: Was ist das Diese? Nehmen wir es in der gedoppelten Gestalt seines Seins, als das Jetzt und als das Hier, so wird die Dialektik, die es an ihm hat, eine so verständliche Form erhalten, als es selbst ist. Auf die Frage: was ist das Jetzt antworten wir also zum Beispiel: das Jetzt ist die Nacht. Um die Wahrheit dieser sinnlichen Gewißheit zu prüfen, ist ein einfacher Versuch hinreichend. Wir schreiben diese Wahrheit auf; eine Wahrheit kann durch Aufschreiben nicht verlieren; ebensowenig dadurch, daß wir sie aufbewahren. Sehen wir jetzt, diesen Mittag, die aufgeschriebene Wahrheit wieder an, so werden wir sagen müssen, daß sie schal geworden ist.
    Das Jetzt, welches Nacht ist, wird aufbewahrt, d.h. es wird behandelt als das, für was es ausgegeben wird, als ein Seiendes; es erweist sich aber vielmehr als ein Nichtseiendes. Das Jetzt selbst erhält sich wohl, aber als ein solches, das nicht Nacht ist; ebenso erhält es sich gegen den Tag, der es jetzt ist, als ein solches, das auch nicht Tag ist, oder als ein Negatives überhaupt. Dieses sich erhaltende Jetzt ist daher nicht ein unmittelbares, sondern ein vermitteltes; denn es ist als ein bleibendes und sich erhaltendes dadurch bestimmt, daß anderes, nämlich der Tag und die Nacht, nicht ist."
    Hegel ... Phänomenologie des Geistes
Auf die Frage: was ist das Jetzt antworten wir also zum Beispiel: das Jetzt ist die Hoffnung auf einen Sechser im Lotto . Wir schreiben diese Wahrheit auf; eine Wahrheit kann durch Aufschreiben nicht verlieren; ebensowenig dadurch, daß wir sie aufbewahren. Sehen wir jetzt, nach dem die Zahlen im Lotto gezogen wurde , die aufgeschriebene Wahrheit wieder an, werden wir dann tatsächlich sagen müssen, daß sie schal geworden ist ? Oder besteht nicht doch die Möglichkeit , dass man sich mit einem Sechser im Lotto aus der trostlosen Wahrheit seiner Existenz befreit? Wie dem auch sei, ganz grundsätzlich würde ich das "Dieses sich erhaltende Jetzt .. " .. einer Hoffnung . gleichfalls nicht als etwas unmittelbares, sondern ein vermitteltes erachten.denn es ist als ein bleibendes und sich erhaltendes dadurch bestimmt, daß anderes, nämlich Hoffnung und Hoffnungslosigkeit , nicht ist.




Timberlake
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Do 12. Dez 2024, 19:37

Nur mal zur Info!

Wie es der Zufall so will, so widmet sich unter der Überschrift "Was können wir hoffen?" heute auf 3Sat , um 21 Uhr, Scobel dem Thema Hoffnung. ( Was können wir hoffen? - 3Sat - Mediathek)
prisma.de hat geschrieben :
scobel - Was können wir hoffen?

In Krisenzeiten suchen Menschen nach einem Zeichen der Hoffnung. Aber Vorsicht: Hoffnung folgt nicht immer der Vernunft. Sie ist ein schwer greifbares Phänomen, das auch trügen kann. Es kann sich als folgenschwerer Irrtum erweisen, auf Dinge zu hoffen, die erkennbar nicht erfüllt werden können. Hoffnung bezieht sich immer nur auf die Möglichkeit von etwas. Optimismus dagegen sieht das Wünschenswerte als wahrscheinlich an. Hoffnung gibt es nie ohne Zweifel. Wer hofft, befindet sich grundsätzlich in unsicherer Lage. Immanuel Kant gilt ihr als zentraler Vertreter in der Philosophiegeschichte: Die Frage "Was dürfen wir hoffen?" ordnet Kant als eine der zentralen Fragen der Philosophie ein. Er war es auch, der darauf hinwies, dass Hoffnung dort ins Spiel kommt, wo der Mensch an die Grenzen seines Wissens und Handelns stößt. Klimawandel und multiple Krisen und Kriege - warum brauchen wir heute Hoffnung? Wie hängen Hoffen und Handeln zusammen? In welchem Verhältnis steht Hoffnung zu Angst und Mut? Und was verstehen wir unter radikaler Hoffnung? Was sollten wir hoffen, was nicht? Darüber diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen: Claudia Blöser ist Professorin für Praktische Philosophie an der Universität zu Köln. Sie forscht und lehrt zu Ethik, Moralpsychologie und Kants Praktischer Philosophie. Ein besonderer Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die Philosophie der Hoffnung. Jonas Grethlein ist Professor für Klassische Philologie an der Universität Heidelberg, wo er den Lehrstuhl für griechische Literaturwissenschaft innehat. Er hat zahlreiche Bücher und Artikel veröffentlicht, unter anderem "Hoffnung - Eine Geschichte der Zuversicht von Homer bis zum Klimawandel". Klaus Lieb ist Psychiatrieprofessor und Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz. Zudem ist er wissenschaftlicher Geschäftsführer des Leibniz-Institut für Resilienzforschung in Mainz. Seine Forschungsschwerpunkte sind unter anderem klinische Resilienzforschung, "Cognitive Enhancement" und Hirndoping.
"Hoffnung bezieht sich immer nur auf die Möglichkeit von etwas. Optimismus dagegen sieht das Wünschenswerte als wahrscheinlich an. Hoffnung gibt es nie ohne Zweifel. ... Klimawandel und multiple Krisen und Kriege - warum brauchen wir heute Hoffnung? Wie hängen Hoffen und Handeln zusammen?"
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 25. Nov 2024, 14:52
Wer handelt, ist ein Optimist, weil man bei jeder Handlung darauf hofft, dass sie auch gelingt :-)
... jeder Handlung ? Wo sich bei Scobel schon mal auf Kant bezogen wurde ...

dajolens.de hat geschrieben :
Was darf ich hoffen?

Kant selbst schreibt die dritte Frage der Religion zu. Er fragt wohlgemerkt nicht: Was hoffe ich? Denn die Antwort darauf liegt nahe. Alles Hoffen ziele »auf Glückseligkeit«, wie Kant in seiner Kritik der reinen Vernunft schreibt. Die Frage Was darf ich hoffen? versteht sich als: Was darf ich berechtigterweise hoffen?

Wenn Glück das ist, worauf ich hoffe, woher nehme ich das Recht, auf mein Glück zu hoffen? Kant zufolge rührt dieses Recht aufs Hoffen nicht bloß von der Befolgung legitimer Normen her. Das heißt: Es geht nicht nur darum, sich an die geltenden Gesetze meines Staates zu halten (die Gesetzmäßigkeit wird auch Legalität genannt).

Ebenso sei ein Einhalten persönlicher Pflichten wichtig, also eine innere Haltung, die meinem Handeln den sittlich richtigen Weg weist (die moralische Haltung oder Sittlichkeit wird auch Moralität genannt). Hoffen darf ich also überhaupt nur, wenn ich bereit bin, mich an geltende Gesetze und moralische Gebote zu halten.

Kant spitzt das Problem auf folgendes Begriffspaar zu: Werde ich dann, wenn ich mich als glückswürdig erwiesen habe, auch glückselig werden? Eine ausführlichere Fassung der dritten Frage lautet demnach: Wenn ich immer so handele, wie ich soll, nämlich moralisch, darf ich dann hoffen, glücklich zu werden?
.. ich denke , dass man als Optimist nur auf das Gelingen jener Handlung hoffen sollte , die sich an geltende Gesetze und moralische Gebote halten. Wo das Einhalten persönlicher Pflichten und eine innere Haltung den dazu sittlich richtigen Weg weist. Auch und insbesondere wenn man dann eben nicht darauf hoffen kann glücklich zu werden. Beispielweise ein "Unglücklichsein" durch die Unterlassung von Handlungen zum Glücklichsein auf Kosten bzw. der Einpreisung des Unglücks anderer. Dieses Einpreisen kann man übrigens, wortwörtlich nehmen. Zumindest woran ich dabei denke.




Freidenker
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Fr 13. Dez 2024, 09:54

In der Freidenker Galerie habe ich einen Gastbeitrag von Dr. Axel Schlote zum Thema Hoffnung.
Schau mal hier: https://www.freidenker-galerie.de/axel- ... -hoffnung/




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