Was ist der Mensch?
Die Frage „Was ist der Mensch?“ beschäftigt nicht nur Philosophinnen und Philosophen seit jeher. Viele Antworten sind im Laufe der Zeit gegeben worden. Im Folgenden ein paar Skizzen - weit davon entfernt, vollständig zu sein.
Ist der Mensch durch seine „exzentrische Positionalität“ (Helmuth Plessner) bestimmt? Was ist damit gemeint? Verkürzt: Einerseits sind wir leibliche Wesen, andererseits aber fähig sind, uns selbst von außen zu betrachten und über unser Leben nachzudenken – wir sind zugleich Körper und in Distanz zu uns selbst.
Dem naturalistischen Ansatz, dem sicherlich viele folgen, der den Menschen als bislang letztes Kapitel der Zoologie, als komplexes genetisches Programm oder neuronales Prozessgeschehen begreift, steht oft eine scharfe philosophische Kritik gegenüber. Konrad Paul Liessmann fasst diese Spannung prägnant: Der so gedachte Mensch ist „das Tier, das Tier sein will, aber genau deshalb kein Tier sein kann“. Markus Gabriel hingegen: Der Mensch ist das Tier, das keines sein will. Ein Widerspruch? Oder zwei verschiedene Formulierungen für das Gleiche?
Die vielleicht radikalste Antwort auf die Frage liefert "der" Transhumanismus, dessen Ziel, wie man lesen kann, die Fortsetzung und Beschleunigung der Evolution über die menschliche Form hinaus ist – mittels Wissenschaft und Technologie. Durch Gentechnik, künstliche Superintelligenz oder gar das „Hochladen“ des Bewusstseins soll der Mensch als Übergangsmodell überwunden und der „Posthumane“ geschaffen werden.
Als kritische Antwort auf reduktionistischen Naturalismus und technikgläubigen Transhumanismus formieren sich Gegenentwürfe. Der kritische Posthumanismus will den Menschen nicht abschaffen, sondern die starren Grenzen zwischen Mensch, Tier und Maschine hinterfragen. Donna Haraways Figur des „Cyborgs“ ist dafür zum Symbol geworden – ein hybrides Wesen, auch als politisches Statement gedacht, das vertraute Kategorien unterläuft. Wer kennt ihre Texte?
Einen anderen Weg schlägt der Neue Realismus vor: Wir sind keine „Schweine im Weltall“, wie es die Muppetshow ironisch formulierte. Wir existieren in unzähligen Zusammenhängen; unser Wesen ist keine fertige Tatsache, sondern steht inmitten pluraler Wirklichkeiten. Nietzsche brachte es einmal so auf den Punkt: Der Mensch ist das noch nicht festgestellte Tier. Gerade dieses „Noch-nicht“ ist entscheidend: Das Fehlen eines festen Wesens macht das Wesen aus - paradox formuliert. Jede und jeder von uns kann (und muss?) sich selbst entwerfen – ohne Garantie, gleichsam ohne doppelten Boden.
Zwingt uns die Debatte also, uns selbst zu verorten?: als biologische Maschine, deren Geheimnisse die Naturwissenschaften entschlüsseln; als evolutionäres Auslauf-Modell im Übergang zum „Posthumanen“; als hybriden Cyborg, der Grenzen verwischt; oder als jenes offene Wesen, das immer wieder neu im Spiel der Möglichkeiten entsteht.
Der Mensch ist sehr einfallsreich, wenn es darum geht, sich selbst zu bestimmen: Animal rationale, animal symbolicum, homo ludens, homo sapiens, zoön politikon, homo faber, homo narrans, homo economicus, homo religiosus, homo symbolicus, homo aestheticus, homo demens, homo duplex, persona, Mängelwesen, homo viator, homo poeticus, homo digitalis, homo universalis, animal laborans, homo technologicus, homo consumens, homo homini lupus, homo creator ...
Was also ist der Mensch?
Was ist der Mensch? (2)
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Timberlake
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.. unter Bezugnhme auf ...Dia_Logos hat geschrieben : ↑Do 25. Sep 2025, 14:08Was ist der Mensch?
Ist der Mensch durch seine „exzentrische Positionalität“ (Helmuth Plessner) bestimmt? Was ist damit gemeint? Verkürzt: Einerseits sind wir leibliche Wesen, andererseits aber fähig sind, uns selbst von außen zu betrachten und über unser Leben nachzudenken – wir sind zugleich Körper und in Distanz zu uns selbst.
... ich ergänze. Es geht Plessner zudem um „die naturgewachsene Existenz des Menschen in der Welt als Organismus in der Reihe der Organismen“(SO, S. 75).... martin-dilger.de/science/exzentrische_positionalitaet.pdf ... hat geschrieben :
Exzentrische Positionalität und die anthropologischen Grundgesetze bei Helmuth Plessner.
Ansatzpunkt ist ihm dabei der Begriff des Lebens. Dieser ist den wohlbekannten Dualismen gegenüber insoweit neutral, als lebendigen Körpern nicht notwendigerweise Seele oder Geist zukommt, aber dies auch nicht ausgeschlossen ist. Das Lebendige, das Organische, ist „Auch-Physisches“, aber nicht „Nur-Physisches“. Und das Geistige soll sich, so Plessners Vorstellung, als Abwandlung oder eben als Stufe dieses Auch-Physischen aufweisen lassen. Es geht um „die naturgewachsene Existenz des Menschen in der Welt als Organismus in der Reihe der Organismen“(SO, S. 75).
Eine Ergänzung, die ich übrigens als ein Lackmustest all dieser unterschiedlichen Antworten, auf die Frage "Was ist der Mensch?" ansehen würde. Nur das man mit diesen Teststreifen kein pH-Wert einer Lösung, sondern den Wert der Nachhaltigkeit dieser "Lösungen" bestimmt.Dia_Logos hat geschrieben : ↑Do 25. Sep 2025, 14:08
Der Mensch ist sehr einfallsreich, wenn es darum geht, sich selbst zu bestimmen: Animal rationale, animal symbolicum, homo ludens, homo sapiens, zoön politikon, homo faber, homo narrans, homo economicus, homo religiosus, homo symbolicus, homo aestheticus, homo demens, homo duplex, persona, Mängelwesen, homo viator, homo poeticus, homo digitalis, homo universalis, animal laborans, homo technologicus, homo consumens, homo homini lupus, homo creator ...
Dazu nur mal zum Vergleich ...
Vor diesem Hintergrund finde ich es allerdings doch schon sehr merkwürdig, warum man sich hier im Forum für die Frage "Was ist der Mensch? (2)" so ganz und gar nicht zu interessieren scheint. Oder auch nicht. Wozu etwas diskutieren, von dem man schon vorab weiß, worauf es hinausläuft. Jeder weiß, dass die "Zitrone" sauer ist. Dazu brauch es weder einen Lackmustest, zum Nachweis dessen. Geschweige denn eine Diskussion darüber, inwiefern die Zitrone das ganze Gegenteil wäre.Duden hat geschrieben :
Herkunft und Bedeutung von „Lackmustest“
Hier erfahren Sie mehr über die ursprüngliche und die übertragene Bedeutung des Wortes Lackmustest, das aus der Chemie stammt.
In den Medien hört und liest man öfter, eine bestimmte Sache sei ein Lackmustest. Beispielsweise werden Landtagswahlen gerne als Lackmustest für die Bundesregierung bezeichnet. Wie in der Einleitung bereits angemerkt, stammt dieser Begriff aus der Chemie. Lackmus ist ein Farbstoff, der aus Flechten gewonnen wird und die Eigenschaft hat, die Farbe in Abhängigkeit vom pH-Wert zu ändern. Ist der pH-Wert neutral, so sieht Lackmus violett aus. Wenn sich der pH-Wert in den sauren Bereich verschiebt, wird es rot; wenn er sich in den basischen Bereich verschiebt, wird es blau. Somit lässt sich an der Farbe ablesen, ob es sich bei einer zu testenden Flüssigkeit um eine Säure oder eine Base handelt.
In übertragenem Sinne ist also ein Lackmustest ein Ereignis, aus dem konkrete Rückschlüsse gezogen werden können. Wenn die Partei, die in Berlin regiert, bei Landtagswahlen ein schlechtes Ergebnis einfährt, sollte sie ihre bisherige Arbeitsweise überdenken. Für Nichtchemiker gibt es übrigens sprachliche Alternativen, die weniger Fachwissen erfordern, nämlich die Wörter Prüfstein bzw. Gradmesser.
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Pommesbude
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Ein globaler Organismus:Dia_Logos hat geschrieben : ↑Do 25. Sep 2025, 14:08Der Mensch ist sehr einfallsreich, wenn es darum geht, sich selbst zu bestimmen: Animal rationale, animal symbolicum, homo ludens, homo sapiens, zoön politikon, homo faber, homo narrans, homo economicus, homo religiosus, homo symbolicus, homo aestheticus, homo demens, homo duplex, persona, Mängelwesen, homo viator, homo poeticus, homo digitalis, homo universalis, animal laborans, homo technologicus, homo consumens, homo homini lupus, homo creator ...
Was also ist der Mensch?
Seine Neuronen sind die einzelnen Gehirne.
Seine Blutbahnen die Kommunikationswege.
Sein Bewusstsein die Welt der Ideen.
Sein Gedächtnis die kollektive Geschichte.
Jeder Einzelne wie ein Nerv der Erde
und ein Gedanke des Himmels.
- Jörn P Budesheim
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Ich lese es so, dass du die Menschheit gleichsam als globalen Organismus betrachtest, in dem jede Einzelne ein Element ist, eingespannt zwischen Erde und Himmel?