Philosophische Reflexionen der Gefühle

Mit Beginn der 1920er Jahre bilden sich in der deutschen Philosophie die Disziplinen der Philosophischen Anthropologie und der Lebensphilosophie aus, deren Grundfragen in den 1990er Jahren eine Renaissance erleben.
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Jörn Budesheim
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Do 4. Okt 2018, 15:06

Ich denke das schon, denn ihr Gegenstand ist meine Umgebungstemperatur. ich spüre schließlich, ob es warm oder kalt ist.




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Friederike
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Do 4. Okt 2018, 15:18

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 4. Okt 2018, 15:06
Ich denke das schon, denn ihr Gegenstand ist meine Umgebungstemperatur. ich spüre schließlich, ob es warm oder kalt ist.
Dann müßten wir mE. die Unterscheidung in Stimmung und Emotion aufgeben. Mir ist dunkel, mir ist hell, in mir ist es dunkel bzw. hell; die "berühmteste" Stimmung, die immer genannt wird, die Melancholie, ich fühle mich melancholisch. Bedrücktheit, Heiterkeit. Die Umgebungstemperatur könnte man "Atmosphärisches" oder auch allgemein "Stimmung" nennen. Ich glaube, es wurde an anderer Stelle mal erwähnt: Der Schmerz, den ich fühle, ist er eine Emotion?




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Jörn Budesheim
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Do 4. Okt 2018, 15:24

Irgendwie scheinen wir aneinander vorbei zu reden, ich weiß noch nicht genau wie und warum und weshalb... :D

Nehmen wir ein Beispiel. Ich stehe auf dem Balkon und ein kühler Windhauch streift meine Schulter. Hier finden sich die beiden Aspekte, die ich oben genannt habe: Phänomenalität und Intentionalität. Die Phänomenalität ist das Gefühl der Kühle (etc) auf der Haut. Und die Intentionalität entspricht der Aussage, dass der Wind kühl ist. Diese Situation ist meines Erachtens einfach eine erlebte Aussage. Natürlich kann mich dieses Erleben täuschen, wenn nämlich die Temperatur in Wahrheit eine andere ist.




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Friederike
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Do 4. Okt 2018, 15:34

Hm, ich weiß auch nicht recht. Die Beispiele, die Du anführst, laufen doch darauf hinaus, daß jede Wahrnehmung ein Gefühl bzw. eine Emotion ist? Jede Wahrnehmung hat einen Inhalt und bezieht sich auf irgendetwas. Insofern wäre jede Wahrnehmung eine Emotion.




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Jörn Budesheim
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Do 4. Okt 2018, 15:45

Du fragst jetzt nach der Begrifflichkeit, das ist sicher wichtig - darüber können wir gerne noch reden.

Mein Punkt war jedoch ein ganz anderer. Angefangen hatte diese kleine Diskussion an dem Punkt, wo Steffi der Ansicht war, dass sie sich im Frieren nicht täuschen kann. Weil eben das Gefühl da ist. Damit bin ich nicht einverstanden, weil meines Erachtens auch das Frieren einen Gegenstand hat, nämlich (in der Regel) die Umgebungstemperatur.

Das ist ein Punkt, der zu klären ist, der andere Punkt ist, ob man hier weiter den Begriff Emotion verwenden sollte. Darauf bestehe ich nicht. Ich hatte weiter oben vorgeschlagen, die ganze Fragestellung noch allgemeiner zu betrachten und zu sagen/fragen, dass/ob quasi jeder Bewusstseinszustand diese beiden Aspekte hat. Wenn ich im inneren Monolog die Antwort an Dich formuliere, dann gibt es ja auch diese beiden Aspekte, nämlich das "wie es ist" also die Phänomenalität und den Gegenstand des Denkens, also die Intentionalität.




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Friederike
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Do 4. Okt 2018, 15:54

Jaaa, jetzt verstehe ich !!!




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Stefanie
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Do 4. Okt 2018, 16:58

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 4. Okt 2018, 15:06
Ich denke das schon, denn ihr Gegenstand ist meine Umgebungstemperatur. ich spüre schließlich, ob es warm oder kalt ist.
Wenn mir kalt ist, ist der Gegenstand mein eigener Körper, die Haut. Kalte Nase, kalte Beine und die berühmten kalten Füsse. Spürbar, wenn man sie berührt. Frau friert. Kalte Füße im Sommer kommen vor.
Es geht hierbei nicht darum, dass ich einen kalten Luftzug spüre oder einen warmen Sonnenstrahl. Das ist was anderes.
Mir kann auch warm sein, bei einer kälteren Umgebungsemperatur. Sport in einer kalten Halle. Schneeschippen im Winter.



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Jörn Budesheim
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Do 4. Okt 2018, 17:11

Wenn du deine Füße in heißes Wasser stellst und du hast weiterhin kalte Füße, dann liegt offenbar ein Missverständnis vor :)




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Stefanie
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Do 4. Okt 2018, 17:52

Das soll man übrigens nicht machen. Eisige Füsse kalt abduschen oder abreiben. Das macht warme Füße. : - )



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Stefanie
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Do 4. Okt 2018, 22:19

Im Zusammenhang mit Kälte und Wärme bin ich auf den Begriff der Körperempfindungen gestoßen. Einige Autoren sprechen diese eine Intentionalität ab. Einige Aussagen dazu habe ich gefunden.

Seite 105
https://books.google.com/books/about/Ma ... PQ7rmwpDIC

Seite 14
https://books.google.com/books/about/Ph ... 1FDwAAQBAJ

Seite 25 und fussnote
https://books.google.com/books/about/Di ... HmBQAAQBAJ

http://www.information-philosophie.de/? ... 2&y=1&c=50



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Jörn Budesheim
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Fr 5. Okt 2018, 10:11

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Das Buch von Demmerling, Landweer liegt mir sogar vor. In dem Abschnitt, auf den du verlinkt hast, geht es wohl um die kognitivistische Position von Martha Nussbaum. Das lese ich mir gerne im Laufe des Tages mal durch :)

Beim Warten auf meinen neuen Gips für die Hand habe ich im Wartezimmer auch einmal den Information Philosophie Artikel quergelesen, scheint ganz interessant zu sein, da er wohl Pro und Contra auflistet.




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Friederike
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Fr 5. Okt 2018, 14:57

Den "IP"-Artikel habe ich eben gelesen. Das ist ja alles sehr spannend ...oder anders: Wir können alles infragestellen, weil kein philosophischer Diskurs ein für allemal abgeschlossen ist. Ich bin zwar weniger an den Korrektheitsbedingungen und daran interessiert, ob wir uns immer und zu jeder Zeit auf Dinge in der Welt beziehen*, aber das macht nichts. Mich interessiert mehr die Grundgestimmtheit und die Stimmung und ob man nicht doch die Unterscheidung zu den Emotionen aufgeben sollte. Und außerdem finde ich die Zusammenarbeit von Körperempfinden, Gedanken und Gefühl bzw. Emotion + Stimmung besprechenswert.

*Es kann allerdings sein, ich habe so eine Ahnung, daß mir irgendwie die Relevanz der Intentionalität noch nicht klar ist. Es kommt mir so selbstverständlich vor, daß wir uns immer auf irgendwas beziehen. Natürlich ereignen sich nicht irgendwelche Regungen in uns, und natürlich denken bzw. bewerten wir immer zugleich mit unseren Emotionen.




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Fr 5. Okt 2018, 15:56

Es gibt, so meine ich, keine einzige Körperempfindung, keine Emotion und keine Stimmung, die nicht mit einem bewertenden/wertenden Gedanken einhergeht. Nicht bewertende Gedanken zu haben, wäre reine Beobachtung. Aber selbst die Feststellung eines Gefühls der Wärme oder der Kälte ist verknüpft -und sei es auch nur ganz randläufig- mit der Bewertung "angenehm" oder "unangenehm" oder eines Überraschtseins o.ä.

"Embodiment" ist das neudeutsche Wort für die ganzheitliche Betrachtung des Menschen einschließlich seiner Einbindung in die Welt.




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Stefanie
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Fr 5. Okt 2018, 18:30

Nur ein Nebeneinwurf...kann das sein, dass diese Diskussion bzw. das Thema auch eine Bezug zu dem hat, was wir zum Rödl Buch diskutiert hatten?



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Jörn Budesheim
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Sa 6. Okt 2018, 10:21

Fange jetzt erst an die Passage über M. Nussbaum zu lesen. Gleich zu Beginn gibt es einen interessanten Punkt: "In älteren Schriften hatte Nussbaum bereits in behutsamen philosophischen Interpretationen literarischer Texte gezeigt, in welch hohem Maß Gefühle auf Narrationen beruhen und wie stark sie in die jeweils spezifischen kulturellen Traditionen eingebunden sind."




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Sa 6. Okt 2018, 10:39

Friederike hat geschrieben :
Fr 5. Okt 2018, 15:56
Es gibt, so meine ich, keine einzige Körperempfindung, keine Emotion und keine Stimmung, die nicht mit einem bewertenden/wertenden Gedanken einhergeht.
das vermute ich auch. Aber das heißt aber doch zugleich, dass es keine einzige Körperempfindung keine Emotion und keine Stimmung gibt, die nicht auch ein Objekt hat, denn das ist schließlich das, was bewertet wird, oder?




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Sa 6. Okt 2018, 11:54

Tommy hat geschrieben :
Sa 6. Okt 2018, 11:42
Wieso ist das eigentlich so wichtig, dass Gefühle "ein Objekt haben", dass wir darüber so ellenlang diskutieren?
Ich denke, es ist deswegen wichtig, weil das Objekt oder der Gegenstand, wie das Objekt auch genannt wird, die gedankliche Verknüpfung impliziert, die mit einer Emotion verbunden ist. Jemand schämt sich wegen ... dieses "wegen" holt wie ein Angelhaken alle möglichen gesellschaftlichen Moralvorstellungen hervor.




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Stefanie
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Sa 6. Okt 2018, 20:01

Im Gegensatz zu dem Beispiel mit dem Scham sind aber bei den Körperempfindungen wie kalt und warm in der Regel keine gesellschaftlichen Konventionen verknüpft. Wenn man keinen kalten Luftzug spürt, oder einem einfach nur kalt ist.

Wenn sich eine Körperempfindung, die für sich selbst steht, auf etwas bezieht, dann in dem Sinne, dass sich auf sich selbst gerichtet ist. Wenn es ein Objekt gibt, dann ist dies das "Objekt" sich selbst, also ein Subjekt.

Körperempfindungen sind manchmal wohl auch - ich nenne es mal - Begleiterscheinungen von einem Gefühl. Hat jemand Angst, kann man zittern, oder es wird einem kalt. Kommt noch Panik dazu, kann sich das abwechseln. Es gibt den Spruch "Mir wurde heiss und kalt". Beim Scham z.b., oder Verlegenheit.
Dann bezieht sich die Körperempfindung auf ein Gefühl. Dann liegt auch Intentionalität vor. Oder?



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So 7. Okt 2018, 06:42

Tommy hat geschrieben :
Sa 6. Okt 2018, 11:42
Wieso ist das eigentlich so wichtig, dass Gefühle "ein Objekt haben", dass wir darüber so ellenlang diskutieren?
Erstens finde ich keineswegs, dass wir ellenlang darüber diskutieren. Zweitens gehört es einfach zu der Frage, was Gefühle sind und damit zu der Frage, was wir als Tier und Mensch sind. Es ist meines Erachtens keineswegs unbedeutend für unser Selbstbild, welchen Stellenwert wir den Gefühlen in diesem Bild zuweisen.




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Jörn Budesheim
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So 7. Okt 2018, 06:58

Stefanie hat geschrieben :
Sa 6. Okt 2018, 20:01
Im Gegensatz zu dem Beispiel mit dem Scham sind aber bei den Körperempfindungen wie kalt und warm in der Regel keine gesellschaftlichen Konventionen verknüpft. Wenn man keinen kalten Luftzug spürt, oder einem einfach nur kalt ist.
Darauf würde ich nicht wetten. Nehmen wir eine etwas eingängigeres Beispiel. Meine Geschmacksempfindungen kann ich kultivieren und verfeinern. Um als Weinkenner zu gelten oder um als Sommelier zu arbeiten, muss ich das sogar. Dabei werden einem Schritt für Schritt Nuancen des Geschmackes zugänglich, die einem zuvor verborgen waren. Und natürlich auch der Weingeschmack besonderen Moden und Konventionen unterliegen, so dass bestimmte Aspekte des Geschmacks in den Vordergrund treten, während andere vielleicht im Hintergrund bleiben.

Ähnlich kann es auch bei den Kälteempfindungen sein. In einer Gesellschaft, die z.b. über ein reichhaltiges Repertoire von Kälteempfindungausdrücken verfügt, ist es sicherlich denkbar, dass auch die Empfindung selbst reicher an Nuancen ist.




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