Philosophische Reflexionen der Gefühle

Mit Beginn der 1920er Jahre bilden sich in der deutschen Philosophie die Disziplinen der Philosophischen Anthropologie und der Lebensphilosophie aus, deren Grundfragen in den 1990er Jahren eine Renaissance erleben.
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proximus
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Fr 14. Dez 2018, 10:28

"Gefühle" "reflektieren" "Empfindungen".



""Wahrheit" ist immer nur theoretisch." proximus

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Friederike
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Fr 14. Dez 2018, 11:29

proximus hat geschrieben :
Fr 14. Dez 2018, 10:28
"Gefühle" "reflektieren" "Empfindungen".
Gut, dann nehmen wir die Empfindung auch noch ins Feld der zu besprechenden Begriffe auf. Mit "Empfindung" ist hier vermutlich "Wahrnehmung" oder besser "Sinneswahrnehmung" gemeint. Damasio?




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Jörn Budesheim
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Fr 14. Dez 2018, 14:21

Stefanie hat geschrieben :
So 9. Dez 2018, 16:45
Deine Wahrnehmung ist nicht bei deinen Enkeln, sondern bei Dir.
Ist das nicht schon auf den ersten Blick eine ziemlich seltsame Formulierung? Eine etwas einfacherere Formulierung wäre: Ich nehme meine Enkel wahr. Meine Wahrnehmung hat einen Gegenstand und ohne diesen Gegenstand ist sie nicht das, was sie ist. Meines Erachtens gibt der Satz, dass die Wahrnehmung bei mir ist, eigentlich überhaupt keinen Sinn - außer vielleicht, wenn wir von Halluzinationen sprechen.

Bei Gefühlen verhält es sich analog. Sie sind Wahrnehmungen und Wertungen einer Person von etwas. Und ohne dieses Etwas sind sie nicht das, was sie sind.
Stefanie hat geschrieben :
So 9. Dez 2018, 16:45
bei Dir
Die Einwände von Herbert, von dir und auch von anderen laufen dann immer darauf hinaus, zu betonen, dass irgendetwas ja "bei mir" sein muss. Aber das leugne ich keineswegs. Deswegen laufen alle diese Einwände ins Nichts. Weil sie sich nicht auf das beziehn, was ich eigentlich behaupte. Dass ich es bin, der die Enkel wahrnimmt, leugne ich nicht. Ich streite auch nicht ab, dass es irgendwelche inneren Vorgängen gibt. Ich leugne nur, dass das schon alles ist. Der Satz "Ich sehe die Enkel" ist im Grunde optimal und lässt sich kaum noch verbessern: er umfasst mich, den Modus der Wahrnehmung und den Gegenstand der Wahrnehmung. Nichts davon kann man weglassen. Bei Gefühlen ist es nicht anders.

Du schreibst: "Es wird nicht in Frage gestellt, das Emotionen/Gefühle einen Weltbezug haben." Nur leider weigerst du dich, irgendeine Konsequenz daraus zu ziehen. Für mich ist die Konsequenz, dass das, wovon die Gefühle handeln, bestimmend zu ihnen dazu gehört. Mit dem, was in irgendeiner Hinsicht "innen" ist, ist es nicht schon getan.

"Deine Wahrnehmung ist nicht bei deinen Enkeln, sondern bei Dir." Daher ist das nicht nur eine seltsame Formulierung, sondern einfach falsch. Insbesondere "sondern" hat meines Erachtens wenig Sinn. Eine (veridische) Wahrnehmung ist nichts, was da draußen irgendwo rum fliegt, noch ist es irgendwie im Kopf, also bloß bei mir. Ich wiederhole mich gern: der Gegenstand der Wahrnehmung gehört konstitutiv dazu.




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Stefanie
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Fr 14. Dez 2018, 14:56

Du nimmst Deinen eigenen Körper wahr, die Körperwahrnehmung, Deine Schmerzen, Deine Gefühle, Deine Stimmungen, Deinen Hunger, Durst usw. usw. Das bezeichnete ich als das Innere. Spürst Du dich selber als dritte Person?



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
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Jörn Budesheim
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Ich bin es, der die Gefühle hat. Aber die Gefühle sind nicht weltlos. Indem ich dies und das fühle, mache ich eine Welt-Erfahrung. Du möchtest die Gefühle gerne halbieren, ich möchte sie als Ganzes.




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Fr 14. Dez 2018, 15:11

Stefanie hat geschrieben :
Fr 14. Dez 2018, 14:56
Du nimmst Deinen eigenen Körper wahr, die Körperwahrnehmung, Deine Schmerzen, Deine Gefühle, Deine Stimmungen, Deinen Hunger, Durst usw. usw. Das bezeichnete ich als das Innere. Spürst Du dich selber als dritte Person?
in jedem deiner Einwände behauptest du irgendetwas, was ich niemals - auch nur näherungsweise - behauptet habe. Natürlich habe ICH durst, und MEIN Gaumen ist trocken, dennoch hätte der Begriff nicht mal irgendeinen Sinn, wenn es nichts gäbe, wonach es mich dürstet.




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Stefanie
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Fr 14. Dez 2018, 15:47

In jedem deiner Einwände behauptest du irgendetwas, was ich niemals - auch nur näherungsweise - behauptet habe
Hast Du auch nicht, deshalb verstehe ich nicht, wieso es so falsch sein soll, wenn jemand von sich sagt, er empfindet gerade z.b. eine innere Freude.
Das gehört genauso zu den Gefühlen, wie das, was Du oben geschrieben hast. Also das ganze. Bei mir entsteht der Eindruck, das all das, was meine Gefühle mir* verschaffen (negativ wie positiv), unwichtiger sind, als die Frage, worauf sie sich beziehen.
(Mal ganz abgesehen von dem Streitpunkt mit dem unangemessen.)

Ich ärgere mich übrigens über mich, dass ich doch wieder was hier schreibe, hätte es aber als unhöflich empfunden, nicht zu antworten, wenn ich zitiert werde, also habe ich gerade keine innere Freude.



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Fr 14. Dez 2018, 16:10

Stefanie hat geschrieben :
Fr 14. Dez 2018, 15:47
In jedem deiner Einwände behauptest du irgendetwas, was ich niemals - auch nur näherungsweise - behauptet habe
[wieso soll es falsch sein], wenn jemand von sich sagt, er empfindet gerade z.b. eine innere Freude.
Weil das unterschlägt, dass das nur ein Aspekt ist. Es stellt unser Bewusstsein falsch, nämlich einseitig dar. Unser Bewusstsein hat in der Regel zwei Aspekte. Es gibt den phänomenalen Aspekt, das "wie es ist". Und den intentionalen Aspekt, die Gerichtetheit auf einen Gegenstand. Man kann nicht eins davon unterschlagen. Das gilt auch für Gefühle wie Freude. Deswegen sagt man außerhalb von Philosphie-Foren auch, dass man sich ÜBER etwas freut. Beide Aspekt sind aber nicht zwei getrennte Komponenten, sie gehören zusammen. Ich kann das eine nicht oben das andere haben. Vorläufig gesagt: Indem ich das "Feeling" habe, bin ich auf etwas gerichtet. Das ist mein Punkt.

Wenn unsere Bewusstseinszustände bloß etwas Inneres wären, könnten wir uns alle auch in Scheinwelten begeben, um ewig glücklich zu sein. Aber es ist nicht egal, ob wir uns wirklich in glücklichen Verhältnissen befinden oder uns das nur einbilden. Wenn Gefühle bloß etwas Inneres sind, dann reichen auch innere Manipulationen, die den Zustand herstellen. Dann können wir uns in Zukunft bei Kranken echte Betreuer mit echten menschlichen Gefühlen und Zuwendung sparen.

Soetwas ist nicht bloße philosophischer Gedankenspielerei, es hat tatsächlich Auswirkungen auf die Art und Weise, wie wir miteinander umgehen.




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Stefanie
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Fr 14. Dez 2018, 16:54

Was ist daran falsch, so zu fühlen...und es als innere Freude zu bezeichnen?
Stefanie in dem anderen thread.
Nach einem schönen Tag, mit Freunden, viel lachen, etc. dann für sich alleine sein, das Erlebte Revue passieren lassen, und dabei innere Zufriedenheit und innere Freude erleben. Dieser Moment ist nicht unbedingt lang. Aber schön.
Es ist nichts falsch daran. Das ist das ganze Paket. Innere Freude. Gibt es eine andere passendere Bezeichnung, die das alles ausdrückt?
Es ist doch in diesem Moment jedem bewusst, was er oder sie gerade fühlt, und warum.

Der Thread ist Freiheit und Liebe aus dem das Zitat stammt.



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Fr 14. Dez 2018, 17:06

Ich habe meine Position begründet. Aber du ignoriest die Gründe.




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Stefanie
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Fr 14. Dez 2018, 17:11

Nöö, ich hätte vielleicht Gründe schreiben sollen anstatt warum.

Du hat in diesem Fall sowohl den intentionalen Bezug wie den phänomenalen Bezug. Das Gefühl der Freude kam ja nicht aus dem nichts.



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Fr 14. Dez 2018, 17:21

Stefanie hat geschrieben :
Fr 14. Dez 2018, 16:54
Das ist das ganze Paket. Innere Freude.
Oben schreibst du das Gegenteil. Es geht in deinem Szenario nicht bloß um innere Freude, sondern eine Freude über etwas.

Im Unterschied kann man sehr leicht festmachen. In meiner Version macht es einen großen und entscheidenden Unterschied, ob der Gegenstand der Freude eingebildet ist, also ob man nur glaubt, mit Freunden fröhlich gewesen zu sein. In deiner Version nicht. Für deine Version ist es komplett egal, ob das worüber man sich gefreut hat, tatsächlich passiert ist, denn das innere Gefühl ist ja da. Daraus folgt, dass es in deiner Version völlig egal ist, ob unsere mentalen Zustände chemisch oder mechanisch induziert sind oder sich auf tatsächliche Begebenheiten in der Welt beziehen.




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Fr 14. Dez 2018, 17:31

Erinnerst du dich an den Thread mit der Liebespille? Du müsstest vehement dafür eintreten, dass die Liebespille okay ist, wenn es nur Inneres ginge.




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Stefanie
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Fr 14. Dez 2018, 18:38

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 14. Dez 2018, 17:21
Stefanie hat geschrieben :
Fr 14. Dez 2018, 16:54
Das ist das ganze Paket. Innere Freude.
Oben schreibst du das Gegenteil. Es geht in deinem Szenario nicht bloß um innere Freude, sondern eine Freude über etwas.

Im Unterschied kann man sehr leicht festmachen. In meiner Version macht es einen großen und entscheidenden Unterschied, ob der Gegenstand der Freude eingebildet ist, also ob man nur glaubt, mit Freunden fröhlich gewesen zu sein. In deiner Version nicht. Für deine Version ist es komplett egal, ob das worüber man sich gefreut hat, tatsächlich passiert ist, denn das innere Gefühl ist ja da. Daraus folgt, dass es in deiner Version völlig egal ist, ob unsere mentalen Zustände chemisch oder mechanisch induziert sind oder sich auf tatsächliche Begebenheiten in der Welt beziehen.
Wo steht denn das in dem Sachverhalt? Der nebenbei gesagt auch ein realer Sachverhalt war, ausser dass es Kollegen waren. Ich hätte auch das Beispiel mit dem Spaziergang am Meer nehmen können, wo weit und breit sonst niemand menschliches ist. Das gibt es tatsächlich und eine Freude darüber auch.
Natürlich geht es über eine Freude über etwas. Das etwas war das vorher Erlebte (die Details erspare ich mir jetzt), und dann sitzt jemand alleine auf der Couch und lässt das Revue passieren. Über eine tatsächliche Begebenheit und freut sich über das Erlebte. Und allein der Umstand, dass ich und auch andere, diesen Zustand innere Freude nennen, gibt Anlass dazu, so einen Schluss zu ziehen?
Es gibt einen intentionalen Bezug und einen phänomenalen Bezug, das ganze Paket eben. Es gibt ein über etwas.



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Stefanie
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Fr 14. Dez 2018, 20:13

Der Mensch ist übrigens allein in meinen Beispielen.
Es gibt keine Zeugen, keine weiteren Menschen für eine Kommunikation.
Wo ist jetzt das Problem, dass ein Mensch für sich alleine, Gefühle über etwas haben kann? Entweder in der momentanen Situation beim Spaziergang allein am Meer z.b. über einen drolligen Krebs, oder beim revue passieren lassen eines erlebten Ereignisses. Braucht es dazu einen Zeugen, um nicht in den Verdacht zu kommen, eine Position zu vertreten, bei der es egal ist, ob Gefühle sich auf einen Gegenstand beziehen oder chemisch erzeugt werden?



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proximus
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Fr 14. Dez 2018, 20:17

Gut, dann nehmen wir die Empfindung auch noch ins Feld der zu besprechenden Begriffe auf. Mit "Empfindung" ist hier vermutlich "Wahrnehmung" oder besser "Sinneswahrnehmung" gemeint.
Ich meine "Empfinden".



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Jörn Budesheim
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Fr 14. Dez 2018, 21:57

Stefanie hat geschrieben :
Fr 14. Dez 2018, 20:13
Wo ist jetzt das Problem, dass ein Mensch für sich alleine, Gefühle über etwas haben kann?
Warum sollte es ein Problem sein? Wie kommst du dadrauf?




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novon
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Fr 14. Dez 2018, 22:49

Friederike hat geschrieben :
Fr 14. Dez 2018, 09:54
novon hat geschrieben :
Do 13. Dez 2018, 23:10
Wieso "theoretischer Natur"? Sagt dir "Impulskontrolle" irgendwas?
Hm ... ja ... wenn Emotionen die Außenseite von Gefühlen, des Fühlens sind, und wenn Emotionen nicht nur Agieren, sondern auch Darstellen oder Zeigen bedeuten, dann geht es um Feinheiten. Meinst Du, man könne die Augen frei von der entsprechenden Emotion halten? Die Augen fallen mir ein, weil ich glaube, daß wir sie am wenigsten kontrollieren können. Aber irgendwie kommt es mir müßig vor, darüber zu debattieren, wie sehr wir Gefühle kontrollieren können, d.h. wie emotionsfrei wir fühlen können. Achso, Deine fragende Anwort ist bei mir angekommen - das Wichtigste hätte ich beinahe vergessen. :lol: o.k. nicht nur theoretischer Natur.
So ganz ehrlich gesagt kann ich dir gerade nicht so recht folgen. Wahrnehmung (Augen) fällt komplett in eine andere Kategorie als Fühlen, Empfinden. Impulskontrolle hebt im Wesentlichen darauf ab, dass du nicht etwas tust, was du später vielleicht bereuen könntest. Z.B. dem sabbernden Lappen neben dir den Schädel einzuschlagen, weil er gewagt hat, dich Dornröschen zu nennen, muss nicht unbedingt sein...




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Jörn Budesheim
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Sa 15. Dez 2018, 05:47

Friederike hat geschrieben :
Fr 14. Dez 2018, 09:54
Augen
Was spricht eigentlich dagegen, auch alle Gefühle generell als Wahrnehmung anzusprechen? Als ihre Oberkategorie sozusagen.




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Friederike
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Sa 15. Dez 2018, 09:31

Was ist das formale Objekt der Freude @Jörn?
Worauf ich wieder hinauswill, daß wir mit der Struktur der Emotion nicht weiter kommen als bis zu der Zweiteilung ins Angenehme, Positive und Unangenehme, Negative. Diese Welterfahrung vermittels der Emotionen kann man allgemein, d.h. für alle Menschen aussagen.




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