Philosophische Reflexionen der Gefühle

Mit Beginn der 1920er Jahre bilden sich in der deutschen Philosophie die Disziplinen der Philosophischen Anthropologie und der Lebensphilosophie aus, deren Grundfragen in den 1990er Jahren eine Renaissance erleben.
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Friederike
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Fr 6. Aug 2021, 18:42

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 6. Aug 2021, 13:47
[...] Ich bin mir dieses Schmerzes im Finger bewusst, andere können sich nicht meines Schmerzes bewusst sein. Das ist doch eigentlich der Sinn des Ausdrucks "innen", oder? Und da das Bewusstsein in aller Regel ein Bewusstsein von etwas ist, halte ich das für ein maximal unglücklichen Terminus. Und wenn man das zusätzlich vermischt mit dem Innen und Außen, was von der Grenze der Haut markiert wird, dann wird es konfus, finde ich ... Meine Faustregel lautet daher, wann immer man in diesem Zusammenhang von "innen" spricht, ist es mit größter Wahrscheinlichkeit sinnlos :)
Ich muß mir nur einen Überblick verschaffen und frage mich, wofür "das" relevant ist?
Gefühle werden individualisiert, subjektiviert, zur Privatsache; während Meinungen, Überzeugungen, Auffassungen öffentlich sind. "Meine Gefühle gehen andere Menschen nichts an", meine Gedanken hingegen schon. Es gibt bestimmt noch viel mehr Auswirkungen der Einteilung in "innen"/"außen".

Mit Deinem "sinnlos" komme ich noch nicht klar. Was bedeutet es für mich, Dich, für den einzelnen Menschen, wenn wir so sprechen? Ich würde gegen Dein "sinnlos" einwenden, daß wir doch wissen, was gemeint ist, wenn jemand sagt "ich muß in mich gehen" oder "in mir ist Unruhe".




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Jörn Budesheim
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Fr 6. Aug 2021, 18:53

Friederike hat geschrieben :
Fr 6. Aug 2021, 18:42
Gefühle werden individualisiert, subjektiviert, zur Privatsache
Ich für meinen Teil glaube das Gegenteil. Und ich glaube auch nicht, dass ich irgendetwas behauptet habe, was darauf hinausläuft.




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Friederike
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Fr 6. Aug 2021, 19:23

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 6. Aug 2021, 18:53
Friederike hat geschrieben :
Fr 6. Aug 2021, 18:42
Gefühle werden individualisiert, subjektiviert, zur Privatsache
Ich für meinen Teil glaube das Gegenteil. Und ich glaube auch nicht, dass ich irgendetwas behauptet habe, was darauf hinausläuft.
Du hast davon nichts gesagt. Aber ich habe mir überlegt, ob der, wie ich finde, gängige Sprachgebrauch, der das "innen"-"außen"-Modell impliziert und transportiert, diese Folgen hat und hatte.




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Jörn Budesheim
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Fr 6. Aug 2021, 19:31

Okay, ich befürchte, die meisten Menschen glauben das.




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Stefanie
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Fr 6. Aug 2021, 19:33

Mir fehlt wohl ein Stück Vorstellungskraft um das eine und andere nachvollziehen zu können.

Diese Aussage z.B.
"Ein diffuses Spüren mit allen Sinnen, bei dem die Körpergrenze aufgehoben ist, Innen und Außen sind durchlässig, verschwimmen, verschwinden."
Wie kann eine Körpergrenze aufgehoben sein? Und es ist für mich kein erstrebenswerter Zustand, ehrlich gesagt.
Das ist wie das Beispiel mit dem baden in der Badewanne von Herrmann Schmitz.
Das hier:
"Wenn ich vom Leib spreche, dann meine ich nicht den menschlichen Körper, den wir betasten und über unsere fünf Sinne wahrnehmen können, sondern all die Regungen, die wir in dessen Gegend spüren. Beispielsweise Hunger, Lust, Angst oder Frische.
Ja, der Leib überschreitet die Grenzen des biologischen Körpers. Das Behagen in der warmen Badewanne zum Beispiel endet nicht mit der Haut, sondern verschwimmt ins Wasser. Der gespürte Leib ist also völlig anders ausgedehnt als der fleischliche Körper. Man kann das Verhältnis von Körper und Leib mit dem Verhältnis von Gesang und Sängerin vergleichen. Ihr Gesang lässt sich in seiner Entstehung auf ihren Sprechapparat, also den Körper zurückführen, aber anders als dieser dehnt er sich unteilbar, flächen- und randlos aus.
https://www.philomag.de/artikel/hermann ... rivatsache"
Das ist für mich noch esoterischer als esoterisch.

Beim Experiment von Jörn fragte ich mich die ganze Zeit, was will er damit zeigen. Ich halte meine Hand neben einem Becher hoch, was auch noch unbequem wird. Meine Hand, die zu mir gehört, ein Becher, der mir zwar gehört aber nicht zu mir gehört, wie die Hand. Und nun?



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Alethos
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Fr 6. Aug 2021, 19:36

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 6. Aug 2021, 18:04
Der Unterschied ist, es gibt dort gar nichts, worüber wir uns empören könnten. Mit anderen Worten: die Empörung hat gar keinen Gegenstand.
Ich sehe ein, dass Gefühle Wahrnehmungen sind. Wenn dem Sehen das Gesehene genommen wird, ist es ebenso kein Sehen mehr wie wenn ich der Angst das Angsteinflössende nehme. Dann kann ich keine Angst haben, die Angst wäre, weil es gar nichts gibt, das sie einflösst.

Und nun haben wir (ein Hoch auf unsere Sprache) dieses Wort: „einflössen“. Da ist einmal das Präfix „ein“, die Angst wird also hineingegeben in etwas. Das kann eine sprachliche Verirrung sein.
Oder aber es hat damit zu tun, dass diese Angst tatsächlich eine Relation ist zwischen einem Angsteinflössenden (aussen) und einer Angst, die wir eingeflösst bekommen (innen). Die Relation ist nicht die Relata, einverstanden, und es gibt auch keinen Grund anzunehnen, dass diese Relation innen oder aussen wäre, weil sie weder noch ist, sondern einfach da ist. Existent ist.

Der Duden gibt als Definition von „einflößen“ (ich schreibe es einmal so, wie ihr es schreibt mit ß): „In jemandem ein Gefühl der Angst hervorrufen“. Man beachte also das fett markierte „in“. Auch das kann einfach falsche Semantik sein, aber ist es nicht so, dass ich diese Angst spüre, wenn ich sie denn fühle und dieser Teil der Relation (die durch mich empfundene Angst) in diesem Moment in mir vorkommt?

Ich sage ja nicht, dass diese Angst nicht sichtbar werden kann, dass sie auch nach aussen tritt, aber doch, dass ich sie vielleicht auch verbergen kann. Wenn ich Gefühle verstecken kann, dann doch stecken sie in mir und sind für andere unzugänglich. Das heisst nicht, dass diese Angst „nur“ innerlich ist, aber es zeigt an, dass das Konzept der Innerlichkeit einen Zweck hat: Das Objekt der Angst und die objektive Angst zu unterscheiden als zwei Relata.

Dasselbe gilt für Gedanken, dass ich sie nicht äussern muss. Auch da wieder: äussern wir oder schweigen.

Ich denke, wir müssen die Innerlichkeit nicht abschaffen, um den Subjektivismus zu überwinden. Das Subjektive, dass Innere ist objektiv, es ist real und es ist verbunden mit den Dingen, und zugleich ist es das einzige, was irren kann. Irrtümer sind eingebildete Wahrheit. Auch hier: Ein-Bildung.



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Jörn Budesheim
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Fr 6. Aug 2021, 20:01

Stefanie hat geschrieben :
Fr 6. Aug 2021, 19:33
Das ist für mich noch esoterischer als esoterisch.
Wieso das denn?? Ob Schmitz Recht hat, kann doch jeder leicht überprüfen. Da braucht es keinen Glauben an ominöse Mächte oder was auch immer du mit Esoterik verbinden magst, sondern es genügt, sich in die Badewanne zu legen oder sich eine Sängerin anzuhören.




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Jörn Budesheim
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Fr 6. Aug 2021, 20:05

Nur mal eine Frage zur Logik: folgt daraus, dass einige Autos an manchen Stellen rot sein können, dass Autos generell rot sind?




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Stefanie
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Fr 6. Aug 2021, 20:21

Mangels vorhanden sein einer Badewanne nehme ich einen Pool oder ein ruhiges Meer, damit habe ich Erfahrung.
Und hierbei "Das Behagen in der warmen Badewanne zum Beispiel endet nicht mit der Haut, sondern verschwimmt ins Wasser." passiert das doch nicht.
Das verschwimmt nichts im Wasser. Das Behagen auch nicht. Wenn man bei ganz ruhigen Wasser im Meer schwimmt, ist das schöne das Teilen des Wasser und nicht das "verschwimmen". Ich mit meinem Körper spiele mit dem Wasser, und dazu gehört auch der Kontrast von Wasser und mir. Also die Gegensätzlichkeit.
Für das Beispiel mit der Sängerin fehlt mir wohl Vorstellungskraft um das zu verstehen. Das habe ich schon beim ersten lesen nicht nachvollziehen können.



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Jörn Budesheim
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Fr 6. Aug 2021, 20:35

Bei mir ist das so und ich schätze bei 99,999 Prozent aller Menschen ist es auch so.




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Jörn Budesheim
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Fr 6. Aug 2021, 20:40

Und noch eine Frage zur Logik: wir haben einen Punkt A und ein Punkt B. Wir haben eine Richtung und zwar von A nach B. Ich finde, es ist sinnlos zu sagen die Richtung befände sich in A. Ebenso, wie es sinnlos ist, zu sagen, die Richtung befinden sich in B. Die Richtung ist eben die Richtung von A nach B.




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Stefanie
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Fr 6. Aug 2021, 21:06

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 6. Aug 2021, 20:35
Bei mir ist das so und ich schätze bei 99,999 Prozent aller Menschen ist es auch so.
Was denn genau?

Nochmal Schmitz:
"Wenn ich vom Leib spreche, dann meine ich nicht den menschlichen Körper, den wir betasten und über unsere fünf Sinne wahrnehmen können, sondern all die Regungen, die wir in dessen Gegend spüren. Beispielsweise Hunger, Lust, Angst oder Frische."
Gehe ich mit, mal abgesehen von der Bezeichnung Leib.
Und jetzt:
"Ja, der Leib überschreitet die Grenzen des biologischen Körpers".
Wie überschreitet jetzt der hungrige Leib den biologischen Körper? Woran erkannt man das, was passiert da?
Bei Angst können sich die Häärchen auf der Haut aufstellen, oder man zittert. Das ist eine Reaktion des biologischen Körpers. Oder eine schnelle Atmung.



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Alethos
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Fr 6. Aug 2021, 21:18

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 6. Aug 2021, 20:40
Und noch eine Frage zur Logik: wir haben einen Punkt A und ein Punkt B. Wir haben eine Richtung und zwar von A nach B. Ich finde, es ist sinnlos zu sagen die Richtung befände sich in A. Ebenso, wie es sinnlos ist, zu sagen, die Richtung befinden sich in B. Die Richtung ist eben die Richtung von A nach B.
Ja, einverstanden. Aber genau so witzlos wäre es zu sagen, dass, was von B nach A fuhr, sich nicht in A befinde.

Die Angst ist das Wahrnehmen des Angsteinflössenden, sie entsteht sozusagen zwischen A und B. Aber es ist doch so, dass in A und in B völlig verschiedene Dinge passieren können. In A Angst vor B, und in B gar nichts, um etwas zu sagen. Dass die Angst von A ausgreift nach B heisst doch nicht, dass alles, was in A geschieht, auch zwischen A und B geschieht. Die Angst in A ist ja nicht deckungsgleich mit der Relation. Es verbleiben Teile in A, die nicht in der Realtion AB aufgehen.



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NaWennDuMeinst
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Fr 6. Aug 2021, 21:47

Friederike hat geschrieben :
Fr 6. Aug 2021, 18:42
"Meine Gefühle gehen andere Menschen nichts an"
Den Satz verstehe ich nicht.
Was meinst Du damit? Versteckst Du deine Gefühle? Alle? Immer?



But I, being poor, have only my dreams; I have spread my dreams under your feet;
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(William Butler Yeats)

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Jörn Budesheim
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Sa 7. Aug 2021, 06:08

Alethos hat geschrieben :
Fr 6. Aug 2021, 21:18
Die Angst in A ist ja nicht deckungsgleich mit der Relation.
Es gibt keine Angst in A, die Angst ist die Relation. Angst ist immer Angst vor etwas. Wenn Angst nur das Feeling wäre, dann gäbe es keinen Unterschied zwischen einer begründeten und einer völlig unbegründeten Angst. Dann wäre eine Halluzinationen dasselbe, wie das wirkliche Erfassen eines Gegenstandes.

Nehmen wir einen etwas abstraktes Beispiel: ist die Bedeutung eines Textes in der Druckerschwärze?




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Jörn Budesheim
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Sa 7. Aug 2021, 06:13

Stefanie hat geschrieben :
Fr 6. Aug 2021, 21:06
abgesehen von der Bezeichnung Leib
Aber die Unterscheidung zwischen Körper und Leib ist doch gerade der Witz der Sache.




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Jörn Budesheim
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Sa 7. Aug 2021, 06:44

Alethos hat geschrieben :
Fr 6. Aug 2021, 19:36
Das heisst nicht, dass diese Angst „nur“ innerlich ist, aber es zeigt an, dass das Konzept der Innerlichkeit einen Zweck hat: Das Objekt der Angst und die objektive Angst zu unterscheiden als zwei Relata.
Es zeigt meines Erachtens nur, dass die Angst verschiedene Aspekte hat, die man begrifflich unterscheiden kann. Und dazu gehört auch, dass ich die Gefahr fühle. Der feeling-Aspekt ist Teil der Angst, aber er ist nicht die Angst. Ebenso wenig wie der Hund, der sich losgerissen hat und mich anbellt, selbst die Angst ist. Er ist nur das wovor der Angst.

Die Angst hat ja eine bestimmte logische Form, die natürlich jeweils in irgendeiner Weise realisiert ist, um instanziiert zu sein. Das Korrelat kann man auch naturwissenschaftlich in guten Teilen untersuchen, und zum Glück wird das getan, denn auf diese Art und Weise kann man womöglich Angststörungen behandeln, ich formuliere hier vorsichtig, weil ich nicht weiß, was da möglich ist. (Warum spricht man denn überhaupt von Angststörungen?)

Man wird sicherlich versuchen, die neurologischen, biochemischen Korrelate des Feeling-aspekts der Angst zu identifizieren. Man wird sicherlich auch naturwissenschaftlich untersuchen können, welche biologischen Aspekte einen Hund für die Probanden gefährlich machen. Aber hier dürfte man schnell an Grenzen stoßen. Wie will man z.b. Prüfungsangst naturwissenschaftlich untersuchen? Womöglich sind dabei sogar die selben Region im Körper involviert, ich habe natürlich keine Ahnung, aber wie will man naturwissenschaftlich die Gefährlichkeit einer Prüfung untersuchen?

Noch ein Gedanke, den ich jetzt erstmal nicht ausarbeite; ich schätze, jeder von uns kennt Beispiele für folgenden Fall: man hat vielleicht ein gewisses Feeling, doch man fragt sich, was ist eigentlich mit mir los? Das heißt, man kann das Gefühl nicht identifizieren, und das obwohl man das Feeling hat.




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Sa 7. Aug 2021, 07:19

Alethos hat geschrieben :
Fr 6. Aug 2021, 21:18
Es verbleiben Teile in A, die nicht in der Realtion AB aufgehen.
Was soll ich hier "aufgehen" heißen? Ich (A) existiere auch ohne den gefährlichen Hund (B). Hamburg (A) existiert, München (B) existiert. Die Richtung Hamburg München existiert jedoch nicht in Hamburg und auch nicht in München, sondern sie ist eine Relation zwischen beiden. Die Dinge gehen nicht in der Relation auf, sie verschwinden nicht. Aber die Relation ist eben die Relation und nicht eins der Relata. Die Relation stellt also zu keinem Zeitpunkt die Existenz der Relata infrage, mich gibt es, den Hund gibt es, München gibt es und Hamburg ebenso. Wäre es anders, gäbe es auch nicht die Relation.




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Alethos
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Sa 7. Aug 2021, 08:01

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 7. Aug 2021, 06:44
Alethos hat geschrieben :
Fr 6. Aug 2021, 19:36
Das heisst nicht, dass diese Angst „nur“ innerlich ist, aber es zeigt an, dass das Konzept der Innerlichkeit einen Zweck hat: Das Objekt der Angst und die objektive Angst zu unterscheiden als zwei Relata.
Es zeigt meines Erachtens nur, dass die Angst verschiedene Aspekte hat, die man begrifflich unterscheiden kann. Und dazu gehört auch, dass ich die Gefahr fühle. Der feeling-Aspekt ist Teil der Angst, aber er ist nicht die Angst.
Dass ich die Angst fühle, das ist m.E. aber der wesentlichste aller Aspekte der Angst.

Ich meine, dass Angst eine Wahrnehmung ist, die ohne das feeling eine andere Wahrnehmung wäre. Ohne die Angst zu fühlen gebe es die Wahrnehnung der Angst nicht, obwohl es nach wie vor die Wahrnehmung von B durch A geben kann.

Beispiel: Lena hat Angst vor Spinnen. Natürlich hat sie nur Angst vor Spinnen, wenn sie Spinnen wahrnimmt, entweder an sie denkt oder sie an der Wand sieht. Stellen wir uns vor, wir geben Lena eine Pille, die ihr jegliches Angstvermögen nimmt. Sie würde die Spinne nach wie vor sehen, aber keine Angst vor ihr haben. Die Angst existierte nicht mehr, weil Lena die Angst nicht fühlt, obwohl die Relation Lena-Wahrnehmen-Spinne noch existiert.

Das zeigt, dass der Aspekt des feelings, was in mir vorgeht, wesentlich ist und deshalb das Konzept der Innerlichkeit hier auch wesentlich sein muss. Ohne diesen inneren Aspekt gibt es diese Gefühle nicht. Das beweist nicht, und das will ich damit auch nicht sagen, dass Gefühle etwas rein Inneres sind, denn auch, wenn es das Davor der Angst nicht gibt, gibt es keine Angst vor Spinnen. Es gebe zwar das Angstvermögen, aber nicht die Angst. Aber doch zeigt es, dass das Vermögen zu fühlen, nicht durch ein konkretes Objekt entsteht, sondern sich daran entzündet, aber an ein konkretes Ich geknüpft ist, das es tatsächlich leistet zu fühlen. Dieses Fühlen ist zu wesentlichen Teilen ein innerer Vorgang, weil er ja nicht am Objekt selbst vorkommt, sondern in mir wegen ihm.
Zuletzt geändert von Alethos am Sa 7. Aug 2021, 08:07, insgesamt 2-mal geändert.



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Friederike
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Sa 7. Aug 2021, 08:03

NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Fr 6. Aug 2021, 21:47
Friederike hat geschrieben :
Fr 6. Aug 2021, 18:42
"Meine Gefühle gehen andere Menschen nichts an"
Den Satz verstehe ich nicht. Was meinst Du damit? Versteckst Du deine Gefühle? Alle? Immer?
Offenbar habe ich mich mißverständlich ausgedrückt. Falls es sich so verhält, daß Gefühle individualisiert und zur Privatsache werden, wenn das Innen-Außen-Modell die gesellschaftliche Vorstellung von Gefühlen prägt, dann würde sich das im obigen Satz niederschlagen, den ich meine, schon öfter gehört zu haben. Es ist selbstverständlich nicht mein Satz, ich spreche so nicht, deswegen steht er in Anführungsstrichen.




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