Sa 7. Aug 2021, 15:11
Kleiner Einschub:
Wenn nun aber Gefühle nicht allein Inneres sind, dann sind es Gedanken und Sprache auch nicht. Auch Sprache findet statt als etwas Öffentliches, da sie mit den Objekten, über die wir reden, in die Welt kommt. Auch Gedanken müssten als etwas nicht allein Inneres gelten, da auch sie nicht nur aus Vorstellungen bestehen von Dingen, die es „da draussen“ gibt (seien diese Objekte auch nur imaginierte), sondern auch sie mit Begriffen verfahren, die nicht allein im Subjekt vorkommen, sondern in der Wirklichkeit schlechthin. Gedanken sind vielleicht nicht wahrnehmbar durch andere, wenn ich sie nicht äussere, aber sie sind deshalb nicht nur in mir vorhanden, sondern da in der Sphäre der Gedanken, die die volle Wirklichkeit ist.
Das alles wäre, falls dem so ist, weil es Bedeutungen gibt. Sie entstehen nicht nur durch Bewertungen in Subjekten, sondern in der Relation des Bedeuteten und des Bedeutenden. In den Dingen steckt Bedeutung, d.h. sie bedeuten etwas, ob wir das erkennen oder nicht.
Dann aber ist es doch bei aller Vorsicht nicht abwegig zu denken, dass Berge sprechen oder dass das Grün der Wiese eine Bedeutung mit Eigenleben hat. Dass das Meer etwas bedeutet, heisst, dass es mit mir spricht. Nicht als intentionales Etwas, das mir etwas mitteilen wollte oder mich hören würde, falls ich antwortete, aber als etwas überwältigend Schönes, das es ist an und für sich. Das Meer ist bedeutsam, heisst nicht nur, dass es mir etwas bedeuten kann, sondern dass das, was ich als bedeutsam empfinden kann, in ihm steckt.
Ich finde, wenn man Bedeutung so fasst, dass sie nicht nur etwas ist, das wir in die Dinge legen, sondern etwas ist, das wir aufnehmen durch Wahrnehmung einer Wahrheit an ihnen, müssten wir solche Denkgrenzen, durch die das Denken einer Bedeutung an sich der toten Dinge verhindert wird, vielleicht als nützlich, aber nicht als allein wahr ansehen. Es wäre genauso wahr, dass Dinge sprechen zu jenen, denen sie gar nichts sagen.
Das Denken z.B., dass der Berg sprechen kann, wäre somit nicht einfach falsch oder esoterisch, sondern Ausdruck des Findens von Bedeutung an sich in den Dingen, die ist, weil diese Dinge sind, wie sie sind: schön, erhaben, beruhigend, tiefblau oder aufregend.
Wenn ich einen Berg hochsteige, und mich freue ob der Naturwelt, die er mir bietet, dem Panorama auf dem Gipfel, dem Zirpen der Grillen, dem Knistern der Kieselsteine auf dem Fels, dem Wind usw. wäre es doch einfach unsinnig zu sagen, dass diese schönen Dinge an ihm nur subjektiv seien? Auch, wenn ich es bin, den dies alles beeindrucken mag, es ist doch nicht falsch zu sagen, dass es seine Sprache ist, die ich verstehe und wahrnehme durch die verschiedenen Gefühle, die er in mir auslöst.
Man mag das alles für Romantizismus halten, aber wie sonst wollen wir denn die Wirklichkeit verstehen, in allen Bereichen, wenn wir sie nicht zu uns sprechen lassen?
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Alethos am Sa 7. Aug 2021, 15:15, insgesamt 1-mal geändert.
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Alle lächeln in derselben Sprache.