Aber mein Erleben ist so. Und nun?
Die Sängerin vermag es mit ihrem Gesang in mir Emotionen auszulösen. Genau deshalb bewundere ich sie und deshalb liebe ich Musik.
Aber mein Erleben ist so. Und nun?
Dazu wollte ich noch was schreiben, das hatte ich ganz vergessen. Gefühle spielen oft (oder immer?) mit dem Körperlichen zusammen, mit dem Leiblich/Körperlichen würde ich vielleicht sagen. Auch hier würde ich das eher als Argument dafür nehmen, dass Gefühle nicht innen oder innerlich sind. Freude und Stolz heben, du selbst hast den Trauerklos gebracht, Müdigkeit kann schwer machen. Zu nichts davon passt nach meiner Vorstellung das Prädikat "innen".
Im Wesentlichen stimme ich dir zu.Alethos hat geschrieben : ↑Di 10. Aug 2021, 14:51Gefühle strahlen zudem auch aus. Man erkennt in aller Regel, ob jemand traurig ist, auch wenn diese Person es vielleicht sehr gur kaschieren kann. Es wirkt sich aus, straglt aus. Das Gefühl ist also nicht nur mit äusseren Sachverhalten verknüpft, sondern auch mit unserem Verhalten, durch die sich Gefühle entfalten. In der Regel ist es ja so, dass wir weinen, vor Freude schreien, grinsen, die Augen zukneifen etc., wenn wir etwas Entsprechendes fühlen. Ich meine, dass wir diese Äusserungsformen (allgemeiner: diese Instantiierungen) zum Gefühl dazuzählen dürfen, da es ja überhaupt keinen Sinn ergibt, Gefühle zu haben ohne Leib, der sie verwirklicht. Aber wie verwirklichen sie sich? Doch ganz bestimmt nicht nur in mir, sondern ebenso in der Weise, in der sie sich ausdrücken.
Das wirkt bei mir 100% auch ohne BleistiftJörn Budesheim hat geschrieben : ↑Di 10. Aug 2021, 20:38Es gibt dazu auch empirische Experimente. Leute mussten einen Bleistift in den Mund nehmen, das gibt mit etwas Fantasie betrachtet, ein Lachgesicht und tatsächlich fanden diese Leute mit dem Bleistift im Mund Witze, die gezählt wurden, deutlich lustiger als die Vergleichsgruppe.
Leute finden Dinge die lustiger sind als andere tatsächlich lustiger. Pänomenal.Alethos hat geschrieben : ↑Di 10. Aug 2021, 20:43Das wirkt bei mir 100% auch ohne BleistiftJörn Budesheim hat geschrieben : ↑Di 10. Aug 2021, 20:38Es gibt dazu auch empirische Experimente. Leute mussten einen Bleistift in den Mund nehmen, das gibt mit etwas Fantasie betrachtet, ein Lachgesicht und tatsächlich fanden diese Leute mit dem Bleistift im Mund Witze, die gezählt wurden, deutlich lustiger als die Vergleichsgruppe.
Wie wäre es mit einem Experiment zur Gegenthese?
Ich nenne meine Gefühle nicht meine Gefühle, "weil" sie in mir sind, sondern, weil "ich etwas fühle". Wenn ich aus irgendwelchen Gründen (m)einen dementsprechenden Ort angeben will oder soll, dann bin ich nicht "innen", sondern "hier".
Zum ersten Mal verstehe ich!Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mi 11. Aug 2021, 05:44
Wenn ich aus irgendwelchen Gründen (m)einen dementsprechenden Ort angeben will oder soll, dann bin ich nicht "innen", sondern "hier".
Ganz genau, dies spricht sehr dafür, dass dieses Gefühl im Inneren zu finden ist. Ich lege auch sehr oft, die Konzentration auf meine Gefühle. Ein kleines Experiment zusätzlich, (schon einmal versucht?) In diesem Gefühlszustand den du beschrieben hast, kann man versuchen sich selbst, ein Lächeln zu schenken. Also, so wie man mit ganzem Herzen anderen oft ein freudiges Lächeln schenkt, kann man sich selbst auch in den Solarplexus hinein lächeln.Alethos hat geschrieben : ↑Di 10. Aug 2021, 21:24Wie wäre es mit einem Experiment zur Gegenthese?
Blenden wir alle Geräusche aus (TV, Radio abschalten, Balkontüre schliessen etc.). Zur Unterstützung kann man auch Kopfhörer überstülpen. Setzen wir uns auf einen bequemen Stuhl oder legen wir uns aufs Bett oder Sofa. Bequem solllte es jedenfalls sein. Schliessen wir nun (bitte erst nach dem Lesen dieses Textes) die Augen.
Lassen wir uns Zeit. Wir hören nichts ausser das Rauschen der Stille. Wir sehen nichts ausser vielleicht eine ruhige Dunkelheit. Verweilen wir einen Moment so. Entspannen wir uns. Versucht an nichts zu denken. Konzentriert euch auf euren Körper allein.
Was fühlt ihr in der Bauchgegend? Ist das bei euch auch ein warmes Gefühl? Es dürfte in der Gegend des Solarplexus sein, dass ich eine ganz angenehme Geborgenheit fühle. Sie kommt nicht von aussen, sie ist in mir. Ist sie auch in euch?
Gernot Böhme hat geschrieben : In unserer Zeit ist unser Selbstverständnis bezüglich der eigenen physischen Existenz wesentlich als Körperbewusstsein geprägt. Das liegt nicht nur an der Dominanz von Naturwissenschaft und Medizin, sondern auch an der extravertierten Einstellung, in der der Blick des Anderen, der Spiegel, das eigene Aussehen und die Fitness das Interesse an der eigenen Natur bestimmen. Dem gegenüber muss das Leibbewusstsein – so dumpf und unterschwellig es immer vorhanden sein mag – überhaupt erst entdeckt und entwickelt werden.
Hermann Schmitz hat geschrieben : Die abendländische Kultur hat, angeführt von den Philosophen, Theologen und Naturwissenschaftlern, von den beiden Zugängen [gemeint sind Leib und Körper] des Menschen zu sich als hier und jetzt befindlich, räumlich und zeitlich zugleich, nur den des Sehens und Tastens zum materiellen Körper gewählt und den spürbaren Leib allenfalls in einer dunklen Ecke der Seele, einem asylum ignorantiae, unter Titeln wie „Organempfindung", „Zoenästhesie", „Propriozeption" untergebracht. Nach meiner Überzeugung ist die Seele nichts Vorfindbares, sondern ein ideologisches Konstrukt, von den Griechen ausgedacht, um das gesamte Erleben eines Menschen in einer privaten Innenwelt unterzubringen, damit er als Vernunft Herr im eigenen Hause über die unwillkürlichen Regungen, namentlich die leiblichen und die durch sie eingreifenden Gefühle, werden kann. Diese Abspaltung des Erlebens zerreißt den dynamischen Zusammenhang der Persönlichkeit und ersetzt ihn durch eine Verknüpfung zweier Wesenheiten, die nie in einer irgend jemand (außer vielleicht Spinoza) befriedigenden Weise expliziert worden ist. Wie der ganze Mensch hier und jetzt sein kann, wird ohne den spürbaren Leib unverständlich. Durch dessen Verkennung entgehen dem abendländischen Denken die wichtigen Perspektiven auf den Menschen ...
Ich mache abends oft eine geführte Meditationsübung. Gestern habe ich mir - wenn man so will: als kleines philosophisches Experiment - eine Meditation zum Thema: Atmen, Gelassenheit und Lächeln ausgewählt. Ich mache alle Übungen grundsätzlich mit "sanft geschlossenen Augen", wie es im entsprechenden Jargon heißt. Setze ich ein Lächeln auf, ergreift es gewissermaßen sofort von mir Besitz. Die Stimmung hellt sich instantan auf. Wenn man partout einen Ort des Geschehens angeben wollte - es fällt mir nicht leicht - dann würde ich sagen: vordere "Leibes-Inseln" ab der Bauchgegend aufwärts. Lächeln hebt! :) Interessanterweise, aber das mag eine Idiosynkrasie sein, habe ich beim Lächeln ein ganz vages visuelles Bild meines eigenen Gesichtes "vor" mir. Insbesondere lächelnde Augen, sehr schwer zu beschreiben ...
Nun ist mir Dein Anliegen endlich deutlich, und in Verbindung mit der Schmitz'schen These gewinnt die Infragestellung auch für mich noch an Bedeutung. Wenn die Verlagerung der Gefühle in eine Innenwelt ihrer Kontrollierbarkeit dienen - welch' ein ablehnendes Verhalten sich selbst gegenüber.Jörn hat geschrieben : Es geht mir eher darum, dass Grundbild, wenn man so will das Haupt-Paradigma der Selbstbetrachtung in Frage zu stellen. Es wird sicherlich auch unverfängliche Verwendung der Begriffe geben, die nicht das Paradigma "befördern".
Ja, mehr oder weniger. Gefühle und Vernunft gelten oft als Gegensätze. So viel ist geblieben. Oft wird dabei eine Sphäre bevorzugt. Und das kann wechseln :-) Auch aus diesen Gründen hab ich eingangs geltend gemacht, dass Gefühle eine Form der erlebten Vernunft sind.Friederike hat geschrieben : ↑Do 12. Aug 2021, 10:13Die griechische Vernunftverehrung ist nicht aus der Welt verschwunden.