Ich greife auf dieses Beispiel von Dir zurück, weil ich es besser geeignet finde als das Beispiel um das gestohlene Brötchen und die fristlose Kündigung, bei dem es allzu naheliegend ist, den juristischen Aspekt mit einzubeziehen. Das würde, wie ich meine, von der Frage nach Deinem "warum" nur ablenken.Alethos hat geschrieben : ↑Di 30. Jul 2019, 13:19[...] Vielmehr möchte ich zum Kern der objektiven Struktur vorstossen und verstehen, warum z.B. jemand Zorn auf etwas empfinden kann und jemand auf das vielleicht genaue Gegenteil. Weil gilt, dass ein Drittes nicht gegeben ist, entweder der eine oder der andere also irrt, so fragt sich doch, welches die objektiven Kriterien sind, nach denen sich die Richtigkeit des einen resp. die Unrichtigkeit des Anderen messe liesse. Warum ist ein Unrecht, anders gefragt, das für mich eindeutig eines ist, für andere keines oder kein so grosses, dass sie darüber zornig werden? Konkretes Beispiel: Migration über das Mittelmeer. Wie könnte das Argument der Sache entlang aufgebaut sein, dass es uns allen, die wir mit der gleichen Situation konfrontiert sind ('Menschen sterben wegen restriktiver Migrationsgesetze im Mittelmeer'), gleichermassen emotional motiviert? Es tut es offenbar nicht, aber es muss auch hier eine konsequente Haltung geben, die richtig ist und die zur Einsicht zwingen kann, dass nach ihr zu handeln gesollt ist - dass es eine Pflicht ist, diesen Menschen zu helfen und sie nicht im Stich zu lassen.
Warum also werden die einen zornig über das Unrechtgeschehen und die anderen werden nicht zornig, weil sie gar kein Unrechtgeschehen erkennen? Weil wir keinen Instinkt für Unrecht haben, würde ich sagen. Noch nicht einmal eine Intuition für Unrecht (ja, ich weiß, darüber kann man streiten). Übrigens nebenbei bemerkt, ich glaube, man kann durchaus eine Unrechtssituation erkennen ohne begleitenden Zorn. Nur andersherum bedingt eines das andere (Zorn/Unrecht).
Mir fällt gerade auf, daß Deine Überlegung doch genaugenommen gar nicht auf die Gefühle ausgerichtet ist, sondern auf das Handeln und die Ethik?