Heldinnen und Antihelden

Mit Beginn der 1920er Jahre bilden sich in der deutschen Philosophie die Disziplinen der Philosophischen Anthropologie und der Lebensphilosophie aus, deren Grundfragen in den 1990er Jahren eine Renaissance erleben.
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Jörn Budesheim
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So 20. Okt 2019, 05:57

Der grösstmögliche Kontrast zur hässlichen Fratze unserer Zeit (tagesanzeiger.ch)

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Auffallend viele junge Frauen engagieren sich gegen Missstände. Mutig, heldenhaft, ikonisch. ... Weiterlesen




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Jörn Budesheim
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Emil Nolde und der Nationalsozialismus: Ein Künstlermythos im 20. Jahrhundert

Emil Nolde war sich bewusst, dass seine mit dem Nationalsozialismus sympathisierende Haltung sowie seine öffentlichen antisemitischen Äußerungen - unter anderem über Max Liebermann und eine angeblich von Juden dominierte Kunstszene - nach 1945 seinem Ansehen als wegweisenden Künstler der Moderne erheblich schaden würden. Umso mehr war er bemüht, sich nach dem Zusammenbruch als Opfer des NS-Regimes zu stilisieren und ein Image mit reiner Weste zuzuschreiben. Der Historiker Dr. Bernhard Fulda von der University of Cambridge kann anhand von bisher unzugänglichem Quellenmaterial nachweisen, wie Nolde dabei vorgegangen ist.

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Jörn Budesheim
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Gestern und heute bin ich mehrmals über den Begriff der Helden und Heldinnen gestolpert.

Welche Zeit ist keine Krisenzeit? Aber nach meinem Gefühl war kaum eine Zeit in meinem bisherigen Leben so eine starke öffentliche Krisenzeit wie die heutige! Alles wird (oft zurecht!) in Frage gestellt, alte Gewissheiten geraten ins Wanken. Erzählungen, denen man bisher zumindest im großen und Ganzen vertrauen konnte (und auch gerne wollte) und die einem erlaubten, die Dinge einzuordnen, erweisen sich als dreiste Lügen.

Ein Beispiel: Vor Kurzem gab es in Berlin eine Tagung zur ersten documenta 1955. Auch um diese gab es einen Heldenmythos: "Um die Gründung der Kunstausstellung documenta wurde am Deutschen Historischen Museum (DHM) diskutiert – kontrovers und emotional. Der Mythos, es sei 1955 vor allem um eine Reaktion auf die NS-Kunstpolitik gegangen, sei nicht zu halten ..." Einer der Kritiker sprach in Bezug auf die erste documenta sogar von einer " Mischung von Heldenverehrung und Künstler-Führerkult." Eine andere Kritikerin meinte: "Wie die documenta den Deutschen half, die Wunden, die sie anderen zugefügt hatten, für ihre eigenen auszugeben – und gleich zu heilen."

Unglaublich: der Antisemit und Nazi Nolde wird dort gezeigt, während herausragende jüdische Künstler nicht gezeigt werden! Es fehlt dort z.b. Max Liebermann, der wirklich zu meinen Helden (die Spracherkennung hat hier gerade "Eltern" verstanden) gehört. Auf der letzten documenta, die wie keine andere zuvor die Geschichte der documenta und der westlichen Kunst zum Thema gemacht hat, wird Max Liebermann ein Raum im Zusammenhang mit der NS-Raubkunst gewidmet.

Das sind nur ein paar Beispiele, welche Bedeutung echte und falsche Helden und Heldinnen in unserem Leben haben können.

Und jetzt folgt - nachgerade unvermeidlich - die philosophische Frage: was sind Helden und Heldinnen?




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Jörn Budesheim
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Die Wahrheit liegt neben dem Platz

Gerd Müller Bayern

"Bomber der Nation" - Gerd Müller: Gesellschaften charakterisieren sich auch durch die Namen, mit denen sie ihre Helden schmücken.

Aufstieg und Fall eines Hochbegabten, die Anfänge des Profifußballs und kriminelle Machenschaften, von der Politik gedeckt. Ein Historiker erzählt nicht nur die Geschichte des Fußball-Wunders Gerd Müller, sondern auch die der alten Bundesrepublik. ...
Eine Viertelstunde später stolpere ich über diesen Artikel, auch dort geht es um Helden. Leider ist es ein Bezahlartikel ... Aber das Muster entspricht dem obigen.




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Stefanie
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So 20. Okt 2019, 10:46

Zu Gerd Müller hier gibt es den Artikel aus der Süddeutschen ausgeschrieben:

https://www.buecher.de/shop/fussballer/ ... /56007246/



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
Goethe

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Jörn Budesheim
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Mo 21. Okt 2019, 20:43



Die Algorithmen funktionieren. Gerade mache ich YouTube auf... und was wird mir angeboten? Ein philosophisches Gespräch über Helden!




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Stefanie
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Di 22. Okt 2019, 21:02

Aus dem Artikel
https://www.deutschlandfunk.de/ethiker- ... _id=454327
Ethiker über Vorbilder
„Wir brauchen Heldinnen – und Helden“

"Bei genauem Hinsehen täuscht diese Beliebigkeit, denn meist haben ja auch diejenigen, die derzeit über Greta Thunberg oder Carola Rackete lästern, ihre jeweils eigenen, nur eben anderen Vorbilder und Helden. Und dann stellt sich bei genauerer Analyse und im Vergleich meist eben doch heraus, dass die Kriterien für Heldentum keineswegs so subjektiv und beliebig sind. Heldinnen und Helden haben eines gemein: Sie tun außeralltägliche Dinge, Dinge, die teilweise weit über das hinausgehen, was sogenannte „normale Menschen“ tun und als ihre moralische Pflicht begreifen würden. Helden tun nicht bloß das, was ihre Pflicht ist, sondern mehr als das – sie gehen teilweise ein großes persönliches Risiko ein, legen sich mit der Regierung und dem Gesetz an. Sie zeigen uns, – uns „Normalos“, wenn man so will-, was Menschen möglich ist, wo wir selbst dazu in aller Regel zu feige sind

Tatsächlich ist ein solches, wie mir scheint überkommenes Heldenbild vor allem in rechten und rechtsradikalen Kreisen noch immer weit verbreitet. Es wäre aber, glaube ich, ganz falsch, das Kind mit dem Bade auszuschütten und den Heldenbegriff deshalb auf den heute allseits zitierten „Müllhaufen der Geschichte“ zu werfen. Denn auch unsere Gesellschaft braucht außeralltägliche Vorbilder, Vorbilder, die mehr tun als das, wozu wir „Normalos“ bereit sind. Und nur weil diese neuen Heldinnen und Helden nicht mehr den Muskelprotzen der Antike gleichen, bedeutet das nicht, dass es keine Heldinnen und Helden mehr gibt.

Wichtiger aber ist noch das Folgende: Heldinnen sind auch keine Heiligen. Denn Heilige sind darauf gepolt, wenn man so will, geradezu wie selbstverständlich, automatisch, das übergebührlich Gute zu tun. Heilige sind in einer gewissen Weise nicht ganz von dieser Welt – Heldinnen hingegen schon. Sie kämpfen auf sehr irdische Weise gegen ihre eigene Furcht, gegen ihre eigenen Ängste an. Sie haben teilweise sehr viel zu verlieren. Und eben das macht sie so bewundernswert."


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https://www.deutschlandfunk.de/vorbilde ... _id=324298



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