Leihmutterschaft

Ethische Fragen und ihre rationale Begründbarkeit bewegen das philosophische Denken in einer Zeit, in der die Politik wieder über "Werte" debattiert und vertraute Grundlagen des politischen Handelns zur Disposition stehen.
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Jörn Budesheim
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So 8. Aug 2021, 13:49

Leihmutterschaft - ist das vertretbar?

Ich habe bisher nicht darüber nachgedacht, rein gefühlsmäßig würde ich eher denken, dass man es machen kann.




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Alethos
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So 8. Aug 2021, 19:55

Ich denke, die Umstände spielen eine Rolle. Wenn die Leihmutterschaft ein Geschäft ist, bei dem Frauen jedes Jahr sozusagen industriell Kinder produzieren, um ein Institut reich zu machen, welches diese Dienstleistung anbietet, dann widert mich das an.

Ich fände es wünschenswert, dass die Väter und Mütter eine Art Beziehung haben, die über das finanzielle hinausgeht. Gegen das Austragen von Kindern durch andere habe ich grundsätzlich nichts.



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Jörn Budesheim
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So 8. Aug 2021, 20:10

quarks hat geschrieben : Altruistisch oder kommerziell

Leihmutterschaften werden weltweit unterschiedlich gehandhabt. In einigen Ländern, wie Deutschland, ist eine Leihmutterschaft rechtlich nicht erlaubt. In anderen Ländern, wie beispielsweise in Großbritannien, ist sie hingegen rechtlich gestattet. Allerdings nur, wenn die Leihmutter für ihre Dienste nicht bezahlt wird. Eine solche Leihmutterschaft wird als altruistische Leihmutterschaft bezeichnet. Die Leihmutter bietet ihren Körper freiwillig und aus selbstlosen Motiven an.

In der Ukraine, in einigen US-Staaten sowie in weiteren Ländern ist nicht nur die altruistische, sondern auch die kommerzielle Leihmutterschaft erlaubt. Bei dieser wird die Leihmutter finanziell für ihre Schwangerschaft entlohnt

https://www.quarks.de/gesundheit/medizi ... terschaft/




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Jörn Budesheim
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So 8. Aug 2021, 20:28

Wenn Leihmutter und die beiden biologischen Eltern zurechnungsfähig frei entscheiden, was spricht dagegen? Fällt da nicht der Blick als erstes auf das ungeborene Kind und sein Wohl? Es wird nicht gefragt, wie allerdings bei jeder Geburt. Ist es für das Kind ein Nachteil, von einer Leihmutter ausgetragen zu werden?

Dass man der kommerziellen Leihmutterschaft skeptisch gegenübersteht, kann ich "irgendwie" rein nach Gefühl nachvollziehen, aber was wäre eine gute Begründung? Um einer Person etwas zu verbieten und sie in ihrer freien Entscheidung einzuschränken, muss man ja ziemlich gute Gründe auf den Tisch legen.




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Jörn Budesheim
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So 8. Aug 2021, 20:45

Fangen die moralischen Probleme an, wenn das Kind alt genug ist, um seine Situation zu verstehen und nach der "wirklichen" Mutter bzw den wirklichen Eltern zu fragen? Ich glaube hier hat dann jedes Kind das moralische Recht, den Ausdruck "wirkliche Eltern" (mehr oder weniger) frei zu definieren. Hier müsste man dann zumindest regeln, dass das Kind das Recht hat, seine wirkliche Mutter kennenzulernen ...

Hier unterbreche ich mich, das ist - glaube ich - illusorisch. Wie kommt man der Sache näher? Wahrscheinlich müsste man erst einmal die einschlägigen Argumentationen nachlesen.




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Stefanie
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So 8. Aug 2021, 21:49

Ich sehe gerade, den Quarks Artikel hat Jörn schon verlinkt.

Mein Problem ist die Form, in denen für die Leihmutterschaft bezahlt wird. Im Grunde wird dabei die schwierige finanzielle und soziale Situationen von Frauen ausgenutzt.

Es ist mehr als verständlich, wenn sich Frauen, Paare ein Kind wünschen. Manchmal denke ich mir, ist dieses ein Kind um jeden Preis wollen, eine Folge der gesellschaftlichen Situation. Also wird noch immer erwartet, dass eine Familie nur dann eine richtige Familie ist, wenn Kinder da sind. Wie viel Frauen definieren sich immer nur dann als richtige Frau, wenn sie Mutter sind. Bei Männern der Druck, den sog. Stammhalter zu zeugen.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
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Jörn Budesheim
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Mo 9. Aug 2021, 05:58

Stefanie hat geschrieben :
So 8. Aug 2021, 21:49
Mein Problem ist die Form, in denen für die Leihmutterschaft bezahlt wird. Im Grunde wird dabei die schwierige finanzielle und soziale Situationen von Frauen ausgenutzt.
Das kann so sein, aber es muss nicht so sein. Reicht das, um es zu verbieten?




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Stefanie
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Mo 9. Aug 2021, 22:53

Also natürlich muss eine Leihmutter abgesichert sein. Die medizinische Versorgung muss bezahlt werden, für Mutter und Kind.
Ebenso muss für eventuelle Lohnausfälle gezahlt werden, für Kleidung und was sonst Schwangere so brauchen. Und für eventuelle gesundheitlichen spätfolgen bei der Leihmutter.
Darüber hinaus wird es schwierig.
Die Leihmutter geht ja auch ein Risiko ein. Es kann was schief gehen. Wenn, wie es oft vorkommt, Frauen sich mehrmals als Leihmutter zur Verfügung stellen, steigt ihr gesundheitsliches Risiko. Die Frauen brauchen das Geld für sich und ihre Familie. Hier stellt sich dann die Frage, wie geht die Familie mit Mann und eigenen Kindern damit um, dass die Mama schwanger ist, aber dann kein Baby da ist.
Das Modell in der Ukraine und in anderen Ländern ist eine Geldquelle für viele.
Es überdeckt zu dem die sozialen Situationen, und es werden keine Anstrengungen unternommen, um dies anders zu lösen.
Es ist ein Geschäftsmodell auf dem Rücken der Leihmütter und den verzweifelten Paaren, die keine eigenen Kinder bekommen können. Mal abgesehen von so Fragen, was passiert eigentlich mit dem Kind, wenn es nicht perfekt gesund ist? Wahrscheinlich werden eh nur Embryos eingesetzt, die vorher genau genetisch untersucht wurden.
Ich finde, dass reicht, um solche Geschäftsmodelle zumindest stark einzuschränken.



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