Alice Hasters, Philipp Hübl, Elke Heidenreich ... Rassismus
Verfasst: Sa 16. Okt 2021, 08:50
Alice Hasters, Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten:
... »Na, wie alt bist du denn?« »Wie heißt du?« »Gehst du schon in den Kindergarten?« »Bist du schon in der Schule?« Ich erinnere mich an diese Fragen aus der Froschperspektive. Sie wurden mir von Erwachsenen gestellt, die heruntergebeugt mit hoher, manchmal etwas zu lauter Stimme mit mir sprachen. Es waren Freund*innen von Eltern, Menschen im Supermarkt, in der Bahn. So wie jedes andere Kind auch streckte ich die entsprechende Anzahl von Fingern in die Luft, beantwortete alle Fragen entweder sehr leise, sehr laut, nickte oder schüttelte den Kopf. Durch diese Fragen lernen Kinder, was sie in dieser Welt interessant macht, was für Informationen Menschen brauchen, um sie einzuordnen. An die Fragen sind Erwartungen und Bewertungen geknüpft. Seit ich denken kann, wurde mir allerdings noch eine Frage gestellt, die die weißen Kinder um mich herum nicht beantworten mussten: »Wo kommst du her?« Ich lernte schnell, dass nicht nur Name, Alter, Familie und Bildungsstand Bedeutung hatten, sondern für mich noch eine weitere Sache essenzieller Bestandteil meiner Person war: meine Herkunft. Oder besser gesagt: die meiner Mutter. Ich kam nämlich, wie alle anderen auch, aus Köln — doch ich merkte schnell, dass das nicht die »richtige« Antwort auf die Frage war. »Woher kommst du wirklich?«, lautete stets die Nachfrage. »Wo liegen deine Wurzeln?« Als ob mein Deutschsein nicht echt wäre und sich dahinter noch eine wahrhaftigere Identität verbergen würde ...
Quelle: https://www.hanser-literaturverlage.de/ ... 6-26425-0/
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Deutschlandfunk: Elke Heidenreich im Shitstorm, Wer hat was wo falsch gesagt? Philipp Hübl im Gespräch mit Vladimir Balzer
Hübl: Ich glaube nicht, dass das, was sie [Elke Heidenreich] gesagt hat, rassistisch ist. Was aber passiert ist, dass wir in beiden großen politischen Lagern, auf der linken und auf der rechten Seite, eine neue Sprachsensibilisierung haben, dass Leute nur noch nach kleinen Normverletzungen und Ausdrücken suchen, das ist eigentlich Symbolpolitik, weil es hauptsächlich um Sprache geht, wer hat was wo falsch gesagt oder hat das falsche Wort verwendet.
...
Hübl: Klar, da geht es um Grundsätzliches, aber ich glaube, es ist im Gespräch auch sehr klar geworden – dadurch, dass Jürgen Trittin noch mal die verschiedenen Nuancen deutlich gemacht hat, – dass es verschiedene Kontexte gibt, in denen die Frage, woher kommst du, eine verschiedene Bedeutung hat.
Die Frage für sich genommen ist weder schlecht noch gut, es hängt vom Kontext ab. Das ist immer so bei Äußerungen innerhalb natürlicher Sprache, man kann den Worten selber nichts ablesen, sondern muss schauen, wie ist der Kontext, mit welcher Absicht, welchem Vorwurf, in welcher Situation ist etwas geäußert worden.
Ich habe Elke Heidenreich so verstanden, dass sie sagt, in einem Kontext, in dem man sich versteht und danach fragt, kann das einfach die Eröffnung für ein nettes Gespräch sein, aber natürlich gibt es auch Situationen, wo jemand die einzige Frage an jemand anderen stellt, woher kommst du – im Sinne von: Du gehörst doch nicht hierher ....
Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/el ... 13.de.html
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Ich finde, Philipp Hübl und Elke Heidenreich fassen den Kontext zu eng. Denn wie auch immer er im kleinen Kreis beschaffen sein mag und wie nett die Frage nach der Herkunft auch gemeint sein mag, der Gesamtkontext ist eben der immer noch bestehende strukturelle Rassismus, der mit solchen vermeintlich harmlosen Fragen bekräftigt wird.
"Es gibt wohl zwei Wege, wie man mit der Wo-kommst-du-her-Frage umgehen kann. Man wehrt sich gegen das Schubladendenken, oder man versucht hineinzupassen. Das Erste ist zwar empfehlenswerter — leider war ich eher Typ zwei ..." (Alice Hasters)
Alice Hasters macht in ihrem Buch gleich auf den ersten Seiten deutlich, dass der Rassismus "im Kleinen" den Rassismus im "im Großen" stützt, auch wenn man es selbst nicht will und glaubt in bester Absicht zu handeln: "der Rassismus im Kleinen, im Alltag, hängt mit dem Rassismus im Großen zusammen..."
Ich habe mir das Buch gekauft, aber bisher noch nicht sehr viel darin gelesen, aber soviel ich bisher gelesen habe, ist das Buch eine Empfehlung.
... »Na, wie alt bist du denn?« »Wie heißt du?« »Gehst du schon in den Kindergarten?« »Bist du schon in der Schule?« Ich erinnere mich an diese Fragen aus der Froschperspektive. Sie wurden mir von Erwachsenen gestellt, die heruntergebeugt mit hoher, manchmal etwas zu lauter Stimme mit mir sprachen. Es waren Freund*innen von Eltern, Menschen im Supermarkt, in der Bahn. So wie jedes andere Kind auch streckte ich die entsprechende Anzahl von Fingern in die Luft, beantwortete alle Fragen entweder sehr leise, sehr laut, nickte oder schüttelte den Kopf. Durch diese Fragen lernen Kinder, was sie in dieser Welt interessant macht, was für Informationen Menschen brauchen, um sie einzuordnen. An die Fragen sind Erwartungen und Bewertungen geknüpft. Seit ich denken kann, wurde mir allerdings noch eine Frage gestellt, die die weißen Kinder um mich herum nicht beantworten mussten: »Wo kommst du her?« Ich lernte schnell, dass nicht nur Name, Alter, Familie und Bildungsstand Bedeutung hatten, sondern für mich noch eine weitere Sache essenzieller Bestandteil meiner Person war: meine Herkunft. Oder besser gesagt: die meiner Mutter. Ich kam nämlich, wie alle anderen auch, aus Köln — doch ich merkte schnell, dass das nicht die »richtige« Antwort auf die Frage war. »Woher kommst du wirklich?«, lautete stets die Nachfrage. »Wo liegen deine Wurzeln?« Als ob mein Deutschsein nicht echt wäre und sich dahinter noch eine wahrhaftigere Identität verbergen würde ...
Quelle: https://www.hanser-literaturverlage.de/ ... 6-26425-0/
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Deutschlandfunk: Elke Heidenreich im Shitstorm, Wer hat was wo falsch gesagt? Philipp Hübl im Gespräch mit Vladimir Balzer
Hübl: Ich glaube nicht, dass das, was sie [Elke Heidenreich] gesagt hat, rassistisch ist. Was aber passiert ist, dass wir in beiden großen politischen Lagern, auf der linken und auf der rechten Seite, eine neue Sprachsensibilisierung haben, dass Leute nur noch nach kleinen Normverletzungen und Ausdrücken suchen, das ist eigentlich Symbolpolitik, weil es hauptsächlich um Sprache geht, wer hat was wo falsch gesagt oder hat das falsche Wort verwendet.
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Hübl: Klar, da geht es um Grundsätzliches, aber ich glaube, es ist im Gespräch auch sehr klar geworden – dadurch, dass Jürgen Trittin noch mal die verschiedenen Nuancen deutlich gemacht hat, – dass es verschiedene Kontexte gibt, in denen die Frage, woher kommst du, eine verschiedene Bedeutung hat.
Die Frage für sich genommen ist weder schlecht noch gut, es hängt vom Kontext ab. Das ist immer so bei Äußerungen innerhalb natürlicher Sprache, man kann den Worten selber nichts ablesen, sondern muss schauen, wie ist der Kontext, mit welcher Absicht, welchem Vorwurf, in welcher Situation ist etwas geäußert worden.
Ich habe Elke Heidenreich so verstanden, dass sie sagt, in einem Kontext, in dem man sich versteht und danach fragt, kann das einfach die Eröffnung für ein nettes Gespräch sein, aber natürlich gibt es auch Situationen, wo jemand die einzige Frage an jemand anderen stellt, woher kommst du – im Sinne von: Du gehörst doch nicht hierher ....
Quelle: https://www.deutschlandfunkkultur.de/el ... 13.de.html
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Ich finde, Philipp Hübl und Elke Heidenreich fassen den Kontext zu eng. Denn wie auch immer er im kleinen Kreis beschaffen sein mag und wie nett die Frage nach der Herkunft auch gemeint sein mag, der Gesamtkontext ist eben der immer noch bestehende strukturelle Rassismus, der mit solchen vermeintlich harmlosen Fragen bekräftigt wird.
"Es gibt wohl zwei Wege, wie man mit der Wo-kommst-du-her-Frage umgehen kann. Man wehrt sich gegen das Schubladendenken, oder man versucht hineinzupassen. Das Erste ist zwar empfehlenswerter — leider war ich eher Typ zwei ..." (Alice Hasters)
Alice Hasters macht in ihrem Buch gleich auf den ersten Seiten deutlich, dass der Rassismus "im Kleinen" den Rassismus im "im Großen" stützt, auch wenn man es selbst nicht will und glaubt in bester Absicht zu handeln: "der Rassismus im Kleinen, im Alltag, hängt mit dem Rassismus im Großen zusammen..."
Ich habe mir das Buch gekauft, aber bisher noch nicht sehr viel darin gelesen, aber soviel ich bisher gelesen habe, ist das Buch eine Empfehlung.