PS. zu Elke Heidenreich, Rassismus usw.

Ethische Fragen und ihre rationale Begründbarkeit bewegen das philosophische Denken in einer Zeit, in der die Politik wieder über "Werte" debattiert und vertraute Grundlagen des politischen Handelns zur Disposition stehen.
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Jörn Budesheim
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Ich sage ja auch nicht, dass du glauben musst, dass es Menschen ganz im Ernst gibt. Ich sage bloß, dass du es nicht glaubst.




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NaWennDuMeinst
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Sa 5. Mär 2022, 14:28

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 5. Mär 2022, 13:04
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 5. Mär 2022, 12:54
Wie kommst Du denn zu deiner Wirklichkeit "an sich"?
Die Wirklichkeit ist kein Ort
Das ist mir klar. Ich will wissen woher Du denn mit Sicherheit weißt das alles was Du für die Wirklichkeit an sich hällst auch Wirklichkeit an sich ist?
In "Matrix" kommen Rebellen aus der Wirklichkeit und holen Neo aus der Scheinwelt der Matrix raus.
Gibt es für uns dieses Aussen? Kann uns Jemand aus unserer Befangenheit befreien?
Wenn ja, wer und wie?
Der Grund dafür ist, dass ihr nicht wirklich glaubt, dass der Mensch ein Wesen ist, was sich frei selbst bestimmen kann
Wie kommst Du denn darauf?



But I, being poor, have only my dreams; I have spread my dreams under your feet;
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NaWennDuMeinst
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Sa 5. Mär 2022, 14:31

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 5. Mär 2022, 14:25
Ich sage ja auch nicht, dass du glauben musst, dass es Menschen ganz im Ernst gibt. Ich sage bloß, dass du es nicht glaubst.
Ich verstehe aber nicht wieso Du das annimmst.
Weil Moral Teil des Menschen ist und der Mensch wirklich ist, also auch seine Moral?
Das hilft uns ja aber kein Stück weiter.... denn wenn das so ist, ist natürlich auch JEDE Moral die Menschen erdenken wirklich.
Und damit stehen wir dann wieder vor dem selben Problem sagen zu müssen, welche der vielen Moralformen nun die "Moral an sich" ist.
Aus diesem Dilemma kommst Du nicht raus, weshalb ich das gar nicht mehr versuche. Mich interessiert kein Aberglaube von einer "Moral an sich" mehr.
Was ich mache ist Informationen sammeln und bewerten - nach bestem Wissen und Gewissen - und dann entsprechend handeln. Mehr ist nicht drin.
Mehr gibt deine Wirklichkeit einfach nicht für uns her.
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am Sa 5. Mär 2022, 14:34, insgesamt 1-mal geändert.



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Jörn Budesheim
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Das hilft sehr wohl weiter, denn es ist hier die entscheidende Frage, denn es geht schließlich darum, ob es moralische Tatsachen gibt, was du leugnest oder bloß unsere regional und kulturell verschiedenen Konstruktionen.




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Sa 5. Mär 2022, 14:36

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 5. Mär 2022, 14:34
Das hilft sehr wohl weiter, denn es ist hier die entscheidende Frage, denn es geht schließlich darum, ob es moralische Tatsachen gibt, was du leugnest oder bloß unsere regional und kulturell verschiedenen Konstruktionen.
Es gibt keine Möglichkeit moralische Tatsachen zu ermitteln. Warum also soll ich nach so einer suchen?
Das ergibt keinen Sinn.
Diese Vorstellung braucht einfach kein Mensch. Sie hilft uns bei der Frage was moralisch geboten ist einfach überhaupt nicht weiter.
Diese Frage können wir uns auch stellen (also jeder Einzelne von uns) ohne diese Vorstellung.

Und das halte ich auch für den besten Weg. So kann man dann nämlich wirklich Tatsachen schaffen.... wenn Menschen das gleiche wollen und an einem gemeinsamen Strang ziehen.



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Sa 5. Mär 2022, 14:40

Nehmen wir den Putin. Der glaubt sein Handeln sei moralisch vertretbar.
Ich glaube das nicht.
Und nun kann man sich lange darüber streiten wer hier nun die moralischen Tatsachen beschreibt.
Das ist aber gar nicht nötig damit ich sein Handeln ablehne.
Ich kann auch einfach sagen Putins moralische Konstruktionen sind scheiße (weil sie z.B. widersinnig sind).
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am Sa 5. Mär 2022, 14:45, insgesamt 1-mal geändert.



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NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 5. Mär 2022, 14:36
Es gibt keine Möglichkeit moralische Tatsachen zu ermitteln.
Leider hast du vergessen, dafür eine Begründung anzugeben.




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Sa 5. Mär 2022, 14:46

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 5. Mär 2022, 14:43
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 5. Mär 2022, 14:36
Es gibt keine Möglichkeit moralische Tatsachen zu ermitteln.
Leider hast du vergessen, dafür eine Begründung anzugeben.
Mir fällt kein Weg ein. Dir?



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Sa 5. Mär 2022, 14:49

Das ist keine Antwort.


Es ist es ist nachgerade irrwitzig zu glauben, dass wir die Tatsachen, die unser Leben selbst betreffen, nicht erkennen können, während wir z.b. herausgefunden haben, dass die Welt vermutlich in der Urknall begann und auch die verrückte Welt der Quanten erforschen.




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Sa 5. Mär 2022, 14:50

Nehmen wir weiter an, ich würde mich mit Putin über unser beider Moralvorstellungen unterhalten und er würde am Ende sagen "Jawoll, Du hast Recht. Deine Moral ist die bessere".
Würde das dann heißen, dass wir gemeinsam eine moralische Tatsache gefunden haben?
Nein, es könnte auch einfach nur bedeuten, dass wir uns auf eine gemeinsame Konstruktion geeinigt haben die wir beide für die bessere halten.
Und mir ist absolut kein Weg bekannt da zu unterscheiden ob wir uns nun einfach einig sind, oder ob wir eine wie auch immer geartete moralische Tatsache gefunden haben.



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Sa 5. Mär 2022, 14:55

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 5. Mär 2022, 14:49
Das ist keine Antwort.
Ja, was soll ich dir denn sagen? Du willst dass ich etwas nenne zu dem mir absolut nichts einfällt.
Ich habe keine Ahnung wie man moralische Tatsachen ermittelt. Ich habe auch noch nie welche gesehen.
Was ich sehe sind Menschen die sich auf gemeinsame Moralsysteme einigen. DAS ist eine Tatsache.
Es ist es ist nachgerade irrwitzig zu glauben, dass wir die Tatsachen, die unser Leben selbst betreffen, nicht erkennen können, während wir z.b. herausgefunden haben, dass die Welt vermutlich in der Urknall begann und auch die verrückte Welt der Quanten erforschen.
1. Natürlich erkennen wir was. Die Frage ist doch aber WAS wir da erkennen. Du behauptest das seien alles Tatsachen. Ich meine nun wir einigen uns auf den besten Weg für uns alle.
2. Ich finde nicht, dass man Moralvorstellungen mit handfester Physik vergleichen kann. Beides ist unbestreitbar wichtig für uns. Trotzdem sind das unterschiedliche Dinge. Wir können Moral nicht einfach aus der Welt "rauslesen" (wie denn? Mit dem Spektrometer?). Moral müssen wir selbst in die Welt bringen und wenn wir das nicht tun, dann ist diese Welt ein kalter, grausamer Ort für uns alle.
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am Sa 5. Mär 2022, 15:06, insgesamt 1-mal geändert.



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Ich habe an keiner Stelle behauptet, dass Physik und Moral dasselbe sind. Ich habe dich gefragt wieso du glaubst, dass wir die Tatsachen unseres Lebens nicht erkennen können, während wir doch Dinge die für uns total fremd sind z.b. die quantenwelt erkennen können. Das ist keine sinnvolle Vorstellung.




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Sa 5. Mär 2022, 15:05

Alles hängt daran, dass man dir eingeredet hat, dass es uns nicht im Ernst gibt und dass du diese metaphysische Story tatsächlich glaubst. Solange du das glaubst, wirst du auch nicht denken, das es Tatsachen zu unserem Leben gibt.




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Sa 5. Mär 2022, 15:07

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 5. Mär 2022, 15:04
Ich habe an keiner Stelle behauptet, dass Physik und Moral dasselbe sind. Ich habe dich gefragt wieso du glaubst, dass wir die Tatsachen unseres Lebens nicht erkennen können, während wir doch Dinge die für uns total fremd sind z.b. die quantenwelt erkennen können. Das ist keine sinnvolle Vorstellung.
Was für Tatsachen unseres Lebens?
Es gibt keine moralischen Tatsachen. Es gibt Menschen die sich Moralsysteme ausdenken und sich auf Moralsysteme einigen. Und ja, das kann ich erkennen.
Zuletzt geändert von NaWennDuMeinst am Sa 5. Mär 2022, 15:09, insgesamt 1-mal geändert.



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Sa 5. Mär 2022, 15:08

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 5. Mär 2022, 15:05
Alles hängt daran, dass man dir eingeredet hat, dass es uns nicht im Ernst gibt
Quatsch. Keine Ahnung wo Du das hernimmst. Aus der Annahme, dass es keine moralischen Tatsachen gibt folgt nicht dass es keine Menschen gibt.
Wer erzählt sowas?



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Stefanie
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Sa 5. Mär 2022, 15:47

Ich glaube meine Unverständnis kommt daher, dass mir nicht klar ist, was mit Konstruieren gemeint ist und was die Tatsache an sich ist.

Das Beispiel über den Pharao, der an Tuberkulose gestorben ist. Dies weiß man jetzt, und zwar hat man dies mit wissenschaftlich Methoden herausgefunden. Mit userem heutigen Wissen, dass es diese Krankheit gibt und mit heutigen Methoden.
Was ist denn hier die Tatsache an sich? Dass der Pharao tot ist, oder die, dass er an Tuberkulose gestorben ist, also es Tuberkulose immer schon gab?
Für mich ist klar, Tuberkulose gab es schon im antiken Ägypten und daran konnte man sterben. Die Menschen in der Antike wussten aber noch nichts von diese Tatsache.

Staaten. Also wenn etwas konstruiert wurde, dann wohl Staaten. Es gab Gruppen von Menschen, Familienverbünde, alle unabhängig von einander, und irgendwann hat man dann sich hingesetzt (oder bekriegt), und es wurden Staaten gebildet, mit Grenzen, eigenen Regeln etc. Mittels Diskurs etc. Staaten sind ein Konstrukt.
Leugnet wirklich jemand, dass es Staaten gibt?

Die Sache mit der Pizza. Für mich ist in der Diskussion nicht klar geworden, was ein Anhänger des Konstruktivismus zur Pizza meint. Was ist die Tatsache an sich bei diesem Beispiel?



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
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Friederike
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Sa 5. Mär 2022, 17:52

Stefanie hat geschrieben :
Sa 5. Mär 2022, 15:47
Ich glaube meine Unverständnis kommt daher, daß mir nicht klar ist [... ] was die Tatsache an sich ist.
Ja, der Punkt ist für mich auch zentral -und ungeklärt. Gibt es nun konstruierte Tatsachen oder sind es dann keine Tatsachen? Und was ist eine Tatsache? Am Beispiel 9/11 erklärt?




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Jörn Budesheim
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Sa 5. Mär 2022, 19:06

Eine Tatsache ist (für mich als Realist) einfach etwas, das wahr ist. Wer glaubt, dass (in einem Bereich) Tatsachen wirklich bestehen, ist damit zugleich (für diesen Bereich) kein Konstruktivist.

Paul Boghossian nennt das in seinem Buch "Angst vor der Wahrheit" Tatsachenobjektivismus. Man könnte sich auch so ausdrücken, dass Tatsachen in dieser Sichtweise "an sich" existieren.

Demgegenüber steht (zum Beispiel) der Tatsachenkonstruktivismus für den es keine Tatsachen an sich gibt, weil Tatsachen konstruiert sind.

Das Kapitel zum Tatsachen Konstruktivismus von Paul Boghossian fängt so an:

Von diesen [...] konstruktivistischen Thesen ist die des Tatsachenkonstruktivismus die einflussreichste – was einigermaßen überrascht angesichts des Umstands, dass sie auch die radikalste und kontraintuitivste These darstellt. In der Tat ist der Tatsachenkonstruktivismus, wenn man ihn recht versteht, ein dermaßen bizarrer Standpunkt, dass es kaum zu fassen ist, dass ihn irgendjemand teilt. Und doch sieht es danach aus. Gemäß dem Tatsachenkonstruktivismus trifft es auf jede Tatsache notwendig zu, dass sie nur besteht, weil wir Menschen sie in einer Weise konstruiert haben, die unsere kontingenten Bedürfnisse und Interessen widerspiegelt. Diese Sichtweise steht im Gegensatz zum Tatsachenobjektivismus, dem zufolge viele Tatsachen über die Welt ganz unabhängig von Menschen bestehen.

Boghossian wendet sich etwas später der folgenden Frage zu:

Wie konstruieren wir gemäß dem Tatsachenkonstruktivismus Tatsachen? Wie gelingt uns dieses Kunststück? Die wichtigsten und einflussreichsten Tatsachenkonstruktivisten in der jüngeren Philosophie sind Nelson Goodman, Hilary Putnam und Richard Rorty. Ein Blick auf ihre Werke liefert eine ziemlich einheitliche Antwort: Wir konstruieren eine Tatsache, indem wir eine Rede- oder Denkweise akzeptieren, die diese Tatsache beschreibt. So schreibt Goodman in seinem Buch Weisen der Welterzeugung in einem Kapitel mit dem Titel »Die Erfindung von Tatsachen«: [W]ir [erzeugen] Welten […], indem wir Versionen erzeugen. Wobei eine »Version« nach Goodman faktisch eine Menge von Weltbeschreibungen im weitesten Sinne ist. Und Rorty schreibt: Nehmen wir das Beispiel der Dinosaurier […] ehe man [etwas] als Dinosaurier oder als irgendetwas anderes beschrieben hat, ist es sinnlos zu behaupten, es sei »dort draußen« und habe Eigenschaften.[…] Autoren wie Goodman, Putnam und ich selbst – […] [denken, dass] es kein beschreibungsunabhängiges So-Sein der Welt, kein So-Sein unter keiner Beschreibung gibt.

Nennen wir die Sichtweise, die Goodman und Rorty andeuten, die Beschreibungsabhängigkeit von Tatsachen: Alle Tatsachen sind notwendig beschreibungsabhängig: Es kann keine Tatsache darüber geben, wie sich etwas in der Welt verhält, die unabhängig von unserer Neigung wäre, die Welt als eine so oder so bestimmte zu beschreiben. Sobald wir ein bestimmtes Schema der Weltbeschreibung übernommen haben, entstehen Tatsachen über die Welt. ...
(von mir etwas gekürzt.)

Man könnte also sagen, dass in diesem Falle für die Konstruktivisten die "Tatsachen" nicht "an sich" bestehen, sondern durch unsere "Sprache/Diskurse" konstruieren werden. (Nelson Goodman spricht anscheinend sogar von der Erfindung von Tatsachen.)

Boghossian fügt noch hinzu: Diese These ist offensichtlich eine Variante der Auffassung, dass alle Tatsachen bewusstseinsabhängig sind, da offensichtlich nur ein Bewusstsein die Welt beschreiben kann.

(Diese Unterscheidung in "an sich" und "für uns" bzw "bewusstseinsunabhängig" und "bewusstseinsabhängig" halte ich selbst für sehr problematisch, weil sich dabei sofort die Frage stellt, wie es mit dem Bewusstsein selbst steht. Unser Bewusstsein gehört dann plötzlich nicht mehr zu den Dingen, die es "an sich" gibt, da das Bewusstsein bewusstseinsabhängig ist. Was gleichbedeutend ist mit der Behauptung, dass der Mensch selbst nicht "an sich" existiert. Viele im Forum scheinen das ja - wenn auch meistens nicht explizit - tatsächlich aus verschiedenen Gründen zu glauben. Und es gibt ja im übrigen auch sehr einflussreiche Philosophen, die argumentieren, dass das Bewusstsein irgendeiner Form eine Art der Einbildung ist. Das Bewusstsein macht allerlei Probleme, weswegen es natürlich "schöner" wäre, wenn es das nicht wirklich gäbe.)




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Sa 5. Mär 2022, 19:34

If you have to ask what jazz is, you'll never know. (Louis Armstrong)




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Sa 5. Mär 2022, 20:15

Rorty
Ich schätze, dass ich mich seit gut 20 Jahren in Philosophie-Foren rumtreibe. Einige von euch sind ja ähnlich lange dabei, vielleicht erinnert sich noch jemand daran, das Richard Rorty früher zu meinem Leib und Magen Philosophen gehörte :)




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