Moralisierung

Ethische Fragen und ihre rationale Begründbarkeit bewegen das philosophische Denken in einer Zeit, in der die Politik wieder über "Werte" debattiert und vertraute Grundlagen des politischen Handelns zur Disposition stehen.
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ManfredDengler
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Mi 13. Jul 2022, 19:58

Was einmal dringend notwendig ist, ist zu sagen, was Moral eigentlich ist : moralisch gut ist, was wirklich gut ist für die Schöpfung.




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NaWennDuMeinst
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Mi 13. Jul 2022, 23:26

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 19. Dez 2021, 08:03
transfinitum hat geschrieben :
Fr 17. Dez 2021, 12:25
Die Moral wird so verankert, dass man sie als vernünftig empfindet und auch nachvollziehen kann und damit sitzt sie tief.
Nehmen wir rassistische Vorstellungen. Die werden sicherlich in irgendeiner Form "tradiert", es entsteht gleichsam ein gesamtes Klima von Rassismus, ein tief verankertes System, das sogar für manche Zeiten den Anschein von Vernünftigkeit geboten hat. Allerdings wird dabei gerade keine Moral verankert, sondern eine (als Moral getarnte) Unmoral.
Man kann Moral instrumentalisieren, missbrauchen. Demjenigen der sie missbraucht geht es nicht um die Moral - oder um die tiefere Einsicht in das Gebot, wie Du es sagst - sondern darum seine Interessen durchzusetzen. Für ihn ist Moral nur Mittel zum Zweck der Kontrolle und Einflußnahme. Diese Motive aufzudecken ist wichtig. Es kam den Kolonialisten nicht zu pass, dass es eine rassistische Wissenschaftslehre gab, sondern es gab eine rassistische Wissenschaftslehre, weil man Kolonialisieren wollte.
Die Ethik kann da helfen, indem sie (hinter)fragt wie Moral zustande kommt, also welche Prinzipien und Motive ihr zugrunde liegen.



But I, being poor, have only my dreams; I have spread my dreams under your feet;
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(William Butler Yeats)

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ManfredDengler
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Do 14. Jul 2022, 07:54

Die Moral ist vom wirklichen GOTT. Sie wird von den Menschen aber zum grossen Teil verdrängt und missachtet. Ethik ist die menschliche Erfindung dazu.




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Lucian Wing
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Do 14. Jul 2022, 08:44

ManfredDengler hat geschrieben :
Do 14. Jul 2022, 07:54
Die Moral ist vom wirklichen GOTT. Sie wird von den Menschen aber zum grossen Teil verdrängt und missachtet. Ethik ist die menschliche Erfindung dazu.
Das klingt jetzt eher wie eine Glaubensäußerung als wie eine Tatsachenbehauptung. Die Aussage des ersten Satzes müsste bewiesen werden, und selbst wenn das gelänge klingt der dritte Satz dann noch immer eigenartig.



Als ich vierzehn war, war mein Vater so unwissend. Ich konnte den alten Mann kaum in meiner Nähe ertragen. Aber mit einundzwanzig war ich verblüfft, wieviel er in sieben Jahren dazu gelernt hatte. (Mark Twain)

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ManfredDengler
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Do 14. Jul 2022, 09:11

Erasmus, wo soll denn die Moral herkommen ? Wer hat uns 'gesagt' , was gut oder schlecht ist ? Da bleibt nur GOTT.
Und was ist denn Ethik anderes als eine von Menschen gemachte ' Moral ' ?




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Jörn Budesheim
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Do 14. Jul 2022, 09:14

Wären wir bei der Moral auf Gott abgewiesen, gäbe es keine Moral. Denn es würde sich stets folgende Frage stellen: Soll ich das, was geboten ist, tun, weil Gott es gebietet. Oder gebietet es Gott, weil es geboten ist. Im ersten Fall hätten wir es mit einem tyrannischen Gott zu tun, dem man nicht folgen sollte. Im zweiten fall ist Gott als Instanz überflüssig.




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ManfredDengler
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Do 14. Jul 2022, 09:31

Jörn, das ist doch ganz einfach. Wir sollen tun, was der Echte, wirkliche GOTT gebietet. Auch mit seiner Moral. Warum ? Weil das das Beste für uns ist.
Warum bist Du so gegen GOTT ? Du musst das FALSCHE der Religionen weglassen !




Nauplios
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ManfredDengler hat geschrieben :
Do 14. Jul 2022, 09:31
Jörn, das ist doch ganz einfach. Wir sollen tun, was der Echte, wirkliche GOTT gebietet. Auch mit seiner Moral. Warum ? Weil das das Beste für uns ist.
Warum bist Du so gegen GOTT ? Du musst das FALSCHE der Religionen weglassen !
"Warum bist Du so gegen GOTT?"

Dies folgt einem vertrauten Muster: Läßt sich über "GOTT" gottlos sprechen? - Verpflichtet nicht bereits der Gegenstand der Rede den Redenden zur Diktion religiöser Erbaulichkeit?

Darin verdunkelt: ein implikatives Mißtrauensvotum gegen die humane Selbstbehauptung.




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ManfredDengler
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Do 14. Jul 2022, 10:17

Nauplios, Du kannst über GOTT auch sachlich und logisch reden.
Das mache ich auch weitgehend, aber dann kommen meine Erkenntnisse aus meinem langen Studium hinzu.
Aber auch das bleibt auf der sachlich - logischen Ebene. Mit den Fantasien der Bibel habe ich nichts zu tun.




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Jörn Budesheim
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Do 14. Jul 2022, 10:26

Das Argument, welches ich hier schon öfter vorgetragen habe, ist in der Philosophie ja wohlbekannt. Es geht zurück auf Platon und Kant hat es ähnlich formuliert. Ich halte es für schlagend. Es gibt danach keine Moralbegründung mehr, die sich sinnvollerweise auf Gott oder ähnliche Instanzen berufen kann.




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ManfredDengler
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Do 14. Jul 2022, 10:35

Das ist falsch. Die Moral muss irgendwo herkommen. Und so weit ich erkennen kann, kommt dafür nur der Erschaffer des Menschen in Frage.
Er hat ihm zu seinem Denkvermögen auch die Moral mitgegeben.




Nauplios
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Do 14. Jul 2022, 11:27

Du wähnst Dich jenseits aller biblischen Hermeneutik und aller christlichen Theologie, Manfred. In gewissem Sinne trifft diese Verortung auch zu. Es ist der fremde Gott (s. die Untersuchungen von Hans Jonas zur Gnosis), der "echte GOTT", der machtvolle Gott, eine potentia absoluta ("eine unvorstellbar überlegene Existenz"), von dem Du sprichst. Was ich nur anmerken will: all das hat es schon gegeben. Es ist der Willkür-Gott des spätmittelalterlichen Nominalismus, den Du damit vorstellst. Das christliche Mittelalter hat in bewundernswerten Konstruktionen und im Kampf gegen die spätantike Gnosis die Vorgaben für den "echten GOTT" geliefert, den Du proklamierst. Auf diesem Feld kann es nichts Neues mehr geben, auch keinen Gott mit Echtheitszertifikat. - Der Gott des Spätmittelalters hat übrigens zur Autokatalyse des theologischen Absolutismus geführt, weil eine "unvorstellbar überlegene Existenz" ja letztlich ein überflüssiger Gott ist. Nur ein gnädiger Gott ist für eine unvorstellbar unterlegene Existenz von Bedeutung; eine "unvorstellbar überlegene Existenz" macht eh, was sie will. Nur ein gnädiger Gott ist anfällig für Rhetorik. Mit der potentia absoluta läßt sich über Ermäßigungen schlecht verhandeln; auch Erlösung würde hier zum Willkürakt.

Das antike Denken hat sich um die Frage, wie das Böse in die Welt kam, keine theologischen Gedanken gemacht - der Mythos lieferte die entsprechende Erzählung dazu - und erst Augustinus schob die Verantwortung dafür dem Menschen zu insbesondere der curiositas. Deswegen "muß die Moral irgendwo herkommen", nämlich vom "Erschaffer des Menschen". Auch das gab es schon. Dann aber entsteht das Problem, warum die Welt nicht gut ist, wenn es doch der Mensch ist. Und das läuft dann auf eine Trennung von Schöpfergott und Erlösergott hinaus u.ä. - Wie gesagt, bewundernswerte theologisch-metaphysische Spekulationen, man denke nur an die geradezu modern anmutende coincidentia oppositorum des Nikolaus von Kues ...




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ManfredDengler
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Do 14. Jul 2022, 12:01

Nauplios hat geschrieben :
Do 14. Jul 2022, 11:27
Du wähnst Dich jenseits aller biblischen Hermeneutik und aller christlichen Theologie, Manfred. In gewissem Sinne trifft diese Verortung auch zu. Es ist der fremde Gott (s. die Untersuchungen von Hans Jonas zur Gnosis), der "echte GOTT", der machtvolle Gott, eine potentia absoluta ("eine unvorstellbar überlegene Existenz"), von dem Du sprichst. Was ich nur anmerken will: all das hat es schon gegeben. Es ist der Willkür-Gott des spätmittelalterlichen Nominalismus, den Du damit vorstellst. Das christliche Mittelalter hat in bewundernswerten Konstruktionen und im Kampf gegen die spätantike Gnosis die Vorgaben für den "echten GOTT" geliefert, den Du proklamierst. Auf diesem Feld kann es nichts Neues mehr geben, auch keinen Gott mit Echtheitszertifikat. - Der Gott des Spätmittelalters hat übrigens zur Autokatalyse des theologischen Absolutismus geführt, weil eine "unvorstellbar überlegene Existenz" ja letztlich ein überflüssiger Gott ist. Nur ein gnädiger Gott ist für eine unvorstellbar unterlegene Existenz von Bedeutung; eine "unvorstellbar überlegene Existenz" macht eh, was sie will. Nur ein gnädiger Gott ist anfällig für Rhetorik. Mit der potentia absoluta läßt sich über Ermäßigungen schlecht verhandeln; auch Erlösung würde hier zum Willkürakt.

Das antike Denken hat sich um die Frage, wie das Böse in die Welt kam, keine theologischen Gedanken gemacht - der Mythos lieferte die entsprechende Erzählung dazu - und erst Augustinus schob die Verantwortung dafür dem Menschen zu insbesondere der curiositas. Deswegen "muß die Moral irgendwo herkommen", nämlich vom "Erschaffer des Menschen". Auch das gab es schon. Dann aber entsteht das Problem, warum die Welt nicht gut ist, wenn es doch der Mensch ist. Und das läuft dann auf eine Trennung von Schöpfergott und Erlösergott hinaus u.ä. - Wie gesagt, bewundernswerte theologisch-metaphysische Spekulationen, man denke nur an die geradezu modern anmutende coincidentia oppositorum des Nikolaus von Kues ...
Deine Logik ist falsch ! Der Echte GOTT ist eine unvorstellbar überlegene Existenz. Das sagt nichts darüber aus, ob er gnädig ist. Wie kommst darauf, dass der Mensch gut ist. Die Welt ist doch schlecht. Der Echte GOTT ist auf jeden Fall der Schöpfergott. Und was ich noch sagen kann, er will dass die Menschen gut sind,
aber das müssen sie aus freiem Willen wollen.
Ich halte mich an meine jetzigen Erkenntnisse, was Menschen vor Jahrhunderten dachten, ist da wenig relevant.




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NaWennDuMeinst
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Do 14. Jul 2022, 13:02

Apropos Logik und "überlegene Existenz".
Wie war das nochmal mit dem Stein?
;-)
(Obwohl, Ich glaube da ging es mehr um "allmächtig". Das ist nicht unbedingt das selbe wie "überlegen")



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ManfredDengler
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Do 14. Jul 2022, 13:21

Hier gehts eigentlich um Moral




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Do 14. Jul 2022, 13:27

ManfredDengler hat geschrieben :
Do 14. Jul 2022, 13:21
Hier gehts eigentlich um Moral
Aber um Logik wohl auch?
ManfredDengler hat geschrieben :
Do 14. Jul 2022, 12:01
Deine Logik ist falsch !



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ManfredDengler
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Do 14. Jul 2022, 13:41

vorrangig um Moral

wobei die Logik eh immer richtig sein muss




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Do 14. Jul 2022, 13:47

ManfredDengler hat geschrieben :
Do 14. Jul 2022, 13:41
vorrangig um Moral

wobei die Logik eh immer richtig sein muss
Das bezweifle ich stark. Besonders dann wenn es um Religion und Glaube geht. Da spielt Logik oft nur die zweite Geige.



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ManfredDengler
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Do 14. Jul 2022, 14:15

Da magst Du recht haben.

Aber nicht bei der GOTTerkenntnis, meiner Religion. Das ist die Echte Religion.




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Lucian Wing
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ManfredDengler hat geschrieben :
Do 14. Jul 2022, 14:15
Da magst Du recht haben.

Aber nicht bei der GOTTerkenntnis, meiner Religion. Das ist die Echte Religion.
Wie unterscheidet man denn die eine von der anderen Sorte Religion?
Würdest du beispielsweise sagen, dass Christentum sei echt, der Buddhismus falsch?



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