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Re: Moralisierung

Verfasst: Di 9. Mai 2023, 00:23
von NaWennDuMeinst
transfinitum hat geschrieben :
So 7. Mai 2023, 23:56
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Sa 6. Mai 2023, 18:02
Timberlake hat geschrieben :
Sa 6. Mai 2023, 18:00


Dazu und zwar den Zusammenhang einer Ist-Zustandsanalsyse der menschlichen Spezies
Aber die lieferst Du ja gar nicht. Du verbreitest nur Menschenhass. Das hat ja mit der Realität nichts zu tun. Beziehungsweise das was Du sagst ist nur ein Teil der Wahrheit. Den anderen Teil verschweigst Du.
Menschen handeln auch selbstlos und aus Nächstenliebe. Dafür gibt es Millionen Beispiele.
gib mir ein Beispiel für Nächstenliebe, die nicht an eine persönliche Bedürfniserfüllung gekoppelt ist? (also evtl. Helfersyndrom oder ein Ereignis, das dazu führt, dass jemand eine Stiftung gründet, unterstützt oder finanziert?
Bedürfniserfüllung ist kein Gegenargument.
Nächstenliebe wird nicht zu Egoismus nur weil der Gebende gerne gibt und dieses Gefühl vielleicht sogar geniesst.
Hinzu kommt, dass es eben ein Unterschied ist, wohin sich das Bedürfnis richtet.
Jemand der andere ausbeutet oder ihnen anders Scahden zufügt um seine egenen Bedürfnisse zu erfüllen ist anders zu bewerten als Jemand der anderen hilft, weil ihm das (auch) selbst gut tut.
Und ich denke Beispiele dafür dass Menschen anderen helfen (Ihnen also Gutes tun) muss ich dir nicht wirklich liefern.
Wenn Du abstreitest dass es sowas gibt, ist jdie Fortführung des Gespräches sinnlos, weil Du dann nicht bereit bist Tatsachen zu akzeptieren..

Re: Moralisierung

Verfasst: Di 9. Mai 2023, 01:13
von NaWennDuMeinst
transfinitum hat geschrieben :
Mo 8. Mai 2023, 00:17
Die Frage, die mich aber umtreibt, ist, ob diese Nächstenliebe gequält anerzogen gedacht ist oder eben authentisch echt? Oder ob es authentisch echt ist, wenn der tierische Trieb dazu verleitet, dass man seinen Nachbarn überfallen möchte? Was ist denn nun echt und was ist denn nun gut? Ist das echte tierische gut oder ist das unechte Gedachte gut?
Frag Dich das doch einfach selber. Quälst Du andere Menschen nicht, weil man das dir gesagt hat, oder weil Du von selbst einsiehst, dass das falsch ist?
Die moralische Grundprogrammierung gleicht einem Chip im Kopf, man kann intuitiv nicht jemand quälen oder auch jemand Leid zufügen, es sei denn man ist ein Psychopath. Hier erschleicht sich (mir) eben die Frage, ob ein Psychopath
gewisse Handlungsfreiheiten und Vorteile geniesst. Kann er mehr leisten in Bezug auf Handlung oder auch auf das Denken? Dies führte zu meiner Annahme, dass die, die in führenden Positionen sind, eine Macht auf die ausüben können, die den moralischen Sittengesetzen "gehorchen", da sie berechenbar werden. Führende Positionen unterstehen nicht dieser moralischen Peitsche und "geniessen" eine Freiheit im Denken und Tun. Sie empfinden keine Empathie, was Entscheidungen dann u.a. auch einfacher treffen lässt, da keine Rücksicht auf abweichende Parameter von der optimalen Lösung genommen werden muss.
Weißt Du was viele Mörder am meisten bedauern? Dass sie nie wieder in den Zustand der Unschuld zurück können. Dass sie diese Grenzüberschreitung nicht rückgängig machen können.
Mörder verfügen über eine Erfahrung, die den meisten Menschen fehlt. Sind sie darum zu beneiden? Die Erfahrung einem anderen Menschen das Leben genommen zu haben ist keine positive Erfahrung. Ausser für einen Psychopathen.

Re: Moralisierung

Verfasst: Di 9. Mai 2023, 01:17
von NaWennDuMeinst
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 8. Mai 2023, 20:51
transfinitum hat geschrieben :
Mo 8. Mai 2023, 00:17
Ich denke, das weiß jeder, der mit Kindern zu tun hat, wie leicht diese Dinge glauben und wie einfach es ist, diesen moralische Vorstellungen zu vermitteln.
Ich bestreite keineswegs, dass bestimmte Narrative, wie man heute sagt, das Weltbild von Kindern prägen können. Aber ich bestreite, dass unsere moralischen Intuitionen in toto daraus entstehen. Wenn man sagen will, dass unsere moralischen Intuitionen nichts anderes sind als das Ergebnis von Abrichtung oder Dressur, dann halte ich das für verfehlt. Also in etwa: Wir helfen nur, weil wir so konditioniert sind, das würde ich mit Blick auf Thomasello z.B. zurückweisen.
Das ist die Frage nach der Henne und dem Ei.
Ich denke nicht, dass wir durch Moral zu sozialen Wesen "dressiert" werden. Es ist umgekehrt: Wir erdenken uns Moral, weil wir (biologisch) soziale Wesen sind.
Wir Menschen sind keine Einzelgänger, keine Nestflüchter, keine einsamen Wölfe. Wir sind soziale Wesen und von Geburt an auf andere Menschen angewiesen.
Daaus folgen moralische Normen zwingend.

(btw: Woher kommt eigentlich die Metapher des "einsamen Wolfes"? Das ist doch biologisch falsch. Wölfe sind Rudeltiere.)

Re: Moralisierung

Verfasst: Di 9. Mai 2023, 09:36
von Jörn Budesheim
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 9. Mai 2023, 01:17
Wir erdenken uns Moral, weil wir (biologisch) soziale Wesen sind.
Ich habe einmal ein Experiment mit zwei Affen gesehen, das war fast tragikomisch. Sie standen vor einem Apparat, der ihnen eine Belohnung versprach, wenn sie ihn richtig bedienen würden. Das Gerät war im Prinzip eine Wippe, bei der man auf der linken Seite bestimmte Einstellungen vornehmen musste, damit auf der rechten Seite die Belohnung freigegeben wurde. Das Problem: Wenn man links die richtigen Einstellungen machte, wurde die Wippe rechts nach oben geschoben, so dass die Affen nicht mehr an die Belohnung kamen.

Die Lösung wäre Kooperation gewesen: ein Affe macht die Einstellungen links, der andere holt die Belohnung rechts, bevor die Wippe nach oben geht, und dann wird geteilt. So schlau die beiden Affen auch waren, der Mechanismus war wirklich nicht einfach zu durchschauen, zur Kooperation waren sie nicht fähig. Menschen-Kinder hingegen hätten das mit links hinbekommen.

Unsere moralischen Praktiken sind uns so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass wir sie gar nicht mehr besonders bemerken, vor allem bemerken wir nicht mehr, wie besonders sie sind, und so kommt man auf die absurde Idee, Moral sei etwas "Unnatürliches", "Andressiertes" oder eine Form der "Abrichtung".

Wir sind durch und durch soziale/moralische Wesen, und nur vor diesem Hintergrund ist es überhaupt plausibel, z.B. (un)moralisches Verhalten zu thematisieren und so weiter. Wären wir sozial/moralisch bei diesen beiden Affen stehen geblieben, so intelligent sie auch sind, dann hätten wir hier überhaupt kein Thema.

Re: Moralisierung

Verfasst: Di 9. Mai 2023, 13:17
von NaWennDuMeinst
Diese Sichtweise der "andressierten Moral" geht mMn u.a. auf frühe Staatstheoretiker wie z.b. Thomas Hobbes zurück.
Nach dieser Sichtweise ist der Mensch dem Menschen im Naturzustand ein Feind.
"Homo homini lupus", "Der Mensch dem Menschen ein Wolf".

Staat und Moral haben nun die Aufgabe den Menschen "in Schach" zu halten, also in gewisser Weise gegen seinen Naturzustand anzugehen.
Dabei kommt doch dann aber die Frage auf, wenn wir im Prinzip alle Wölfe sind und das auch sein wollen.... wieso sich dann anstrengen und Staaten bilden?
Ich finde die Hobbe'sche Sichtweise verkennt einfach, dass der Mensch sich auch nach Gesellschaft und Gemeinschaft sehnt und diese zum Glücklichsein und Gedeihen braucht.
Das steckt in uns ja genauso drin wie das "Raubtier".
Gemeinschaft und Gesellschaft sind aber ohne Moral und Gesetze nicht möglich. Dort wo Menschen zusammenkommen braucht es Regeln. Das ist einfach eine Folge von Geselligkeit.

Re: Moralisierung

Verfasst: Di 9. Mai 2023, 19:43
von Jörn Budesheim
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 9. Mai 2023, 13:17
Diese Sichtweise der "andressierten Moral" geht mMn u.a. auf frühe Staatstheoretiker wie z.b. Thomas Hobbes zurück. Nach dieser Sichtweise ist der Mensch dem Menschen im Naturzustand ein Feind.
"Homo homini lupus", "Der Mensch dem Menschen ein Wolf". Staat und Moral haben nun die Aufgabe den Menschen "in Schach" zu halten, also in gewisser Weise gegen seinen Naturzustand anzugehen.
...
Sehe ich ähnlich:
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 8. Mai 2023, 16:42
transfinitum hat geschrieben :
So 12. Dez 2021, 15:03
Moral-Propaganda in Märchen oder Erzählungen
Es gibt zwei widersprüchliche Märchen, die für unser Thema relevant sind. Die eine besagt, dass die Menschheit aus dem Paradies kam und es danach nur noch bergab ging. Das andere Märchen besagt, dass der Mensch des Menschen Wolf ist und irgendwie gezähmt werden muss.

Offensichtlich können solche Märchen unserem Denken eine Richtung geben. Aber wir sind ihnen nicht ausgeliefert, wir können sie als Märchen durchschauen. Es gibt einen einfachen Fingerzeig, der uns dabei helfen kann. Die Wirklichkeit ist in der Regel viel komplizierter als solche einfachen Muster.

Re: Moralisierung

Verfasst: Mi 10. Mai 2023, 00:55
von Timberlake
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 9. Mai 2023, 19:43
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Di 9. Mai 2023, 13:17
Diese Sichtweise der "andressierten Moral" geht mMn u.a. auf frühe Staatstheoretiker wie z.b. Thomas Hobbes zurück. Nach dieser Sichtweise ist der Mensch dem Menschen im Naturzustand ein Feind.
"Homo homini lupus", "Der Mensch dem Menschen ein Wolf". Staat und Moral haben nun die Aufgabe den Menschen "in Schach" zu halten, also in gewisser Weise gegen seinen Naturzustand anzugehen.
...
Sehe ich ähnlich:
Weil andernorts erst vor kurzem daraus zitiert , dazu und zwar "Der Mensch dem Menschen ein Wolf" und dem "in Schach" zu halten nur mal zum Vergleich ...

Das gern verleugnete Stück Wirklichkeit hinter alledem ist, daß der Mensch nicht ein
sanftes, liebebedürftiges Wesen ist, das sich, wenn angegriffen, auch zu verteidigen
vermag, sondern daß er zu seinen Triebbegabungen auch einen mächtigen Anteil von
Aggressionsneigung rechnen darf. Infolgedessen ist ihm der Nächste nicht nur mögli-
cher Helfer und Sexualobjekt, sondern auch eine Versuchung, seine Aggression an ihm
zu befriedigen, seine Arbeitskraft ohne Entschädigung auszunützen, ihn ohne seine
Einwilligung sexuell zu gebrauchen, sich in den Besitz seiner Habe zu setzen, ihn zu
demütigen, ihm Schmerzen zu bereiten, zu martern und zu töten. Homo homini lupus;
wer hat nach allen Erfahrungen des Lebens und der Geschichte den Mut, diesen Satz zu
bestreiten

...
Die Kultur muß alles aufbieten, um denAggressionstrieben der Menschen Schranken zu
setzen, ihre Äußerungen durch psychische Reaktionsbildungen niederzuhalten.


Sigmund Freud ... Das Unbehagen in der Kultur

Re: Moralisierung

Verfasst: Mi 10. Mai 2023, 21:17
von NaWennDuMeinst
Das gern verleugnete Stück Wirklichkeit hinter alledem ist, daß der Mensch nicht ein
sanftes, liebebedürftiges Wesen ist, das sich, wenn angegriffen, auch zu verteidigen
vermag, sondern daß er zu seinen Triebbegabungen auch einen mächtigen Anteil von
Aggressionsneigung rechnen darf.
Unterstreichung von mir.
Dieses "auch" wird hier beharrlich ignoriert, sebst wenn es eigenhändig zitiert wird.

Re: Moralisierung

Verfasst: Do 11. Mai 2023, 04:07
von Timberlake
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Mi 10. Mai 2023, 21:17
Das gern verleugnete Stück Wirklichkeit hinter alledem ist, daß der Mensch nicht ein
sanftes, liebebedürftiges Wesen ist, das sich, wenn angegriffen, auch zu verteidigen
vermag, sondern daß er zu seinen Triebbegabungen auch einen mächtigen Anteil von
Aggressionsneigung rechnen darf.
Unterstreichung von mir.
Dieses "auch" wird hier beharrlich ignoriert, sebst wenn es eigenhändig zitiert wird.
Dieses "auch" wurde hier nicht ignoriert sondern , wenn schon denn schon , an einander abgewogen ...
transfinitum hat geschrieben :
Fr 17. Dez 2021, 12:25
Groot hat geschrieben :
Mi 15. Dez 2021, 15:14


Besteht eine Egokratie seit jeher? Und wenn, wieso macht das die hehren Ziele der Moral zu Gehilfen der Macht? Aber ja, die passive Haltung Europas gegenüber dem Bösen, lässt sich ankreiden; siehe wieder Finanzkapitalismus und fehlende Solidarität zwischen den Menschen.
genau das ist der Punkt auf den ich hinaus wollte, mit Moral kann gearbeitet werden. Die, die sich an die Moral halten, sind berechenbar und können eingesetzt werden, um die Ziele durchzusetzen, die beliebig definierbar sein können.
.. und weil mit der Moral gearbeitet werden kann, so kann sie auf der eine Seite der Waage die Aggressionsneigung tatsächlich reduzieren , so das der Mensch als sanftes, liebebedürftiges Wesen erscheint aber auch auf der anderen Seite verstärken , so das der Mensch als Raubtier erscheint. So sind Kriege , ohne das man sich zuvor dazu der Moral bedient bzw. dementsprechend Moralisiert hätte , quasi nicht zu führen. Wie wollte man auch sonst die Massen dazu mobilisieren.? Etwa mit der Absicht unmoralisch zu handeln ? Das wäre ja geradezu grotesk!

Re: Moralisierung

Verfasst: Do 11. Mai 2023, 12:18
von infinitum
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 8. Mai 2023, 16:59
transfinitum hat geschrieben :
Mo 8. Mai 2023, 00:17
Ich denke, das weiß jeder, der mit Kindern zu tun hat, wie leicht diese Dinge glauben und wie einfach es ist, diesen moralische Vorstellungen zu vermitteln.
Das kann ich so nicht bestätigen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Kinder einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn haben, den man ihnen auch nicht so leicht abtrainieren kann, vermute ich.

Auch dazu gibt es Studien: "Schon im Alter von drei Jahren verfügen Kinder über einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit. Forscher raten Eltern, dieses Empfinden weiter zu fördern – mit bestimmten Methoden in der Erziehung ..." https://www.faz.net/aktuell/gesellschaf ... 54665.html

Man kann solche Forschungsergebnisse natürlich in Frage stellen, aber die Vorstellung, dass Kinder wie Wachs sind, so dass man sie moralisch beliebig formen kann, halte ich für abwegig.

Ich bestreite keineswegs, dass bestimmte Narrative, wie man heute sagt, das Weltbild von Kindern prägen können. Aber ich bestreite, dass unsere moralischen Intuitionen in toto daraus entstehen. Wenn man sagen will, dass unsere moralischen Intuitionen nichts anderes sind als das Ergebnis von Abrichtung oder Dressur, dann halte ich das für verfehlt. Also in etwa: Wir helfen nur, weil wir so konditioniert sind, das würde ich mit Blick auf Thomasello z.B. zurückweisen.

Die Tatsache ist nicht abwegig, dass man Kinder einfacher „beeinflussen“ kann als Erwachsene. Das Kind hat weniger Erfahrungswerte oder Wissen, um die Informationen abzuwägen oder einzuordnen, wie ein erwachsener Mensch. Es wäre eher abwegig, wenn ein Elternteil sein Kind nicht beeinflussen oder ihm bestimmte Werte vermitteln könnte, da das Kind komplett aufnahmeresistent ist.

In diesem Zusammenhang finde ich die Angabe zu Thomasello interessant, welche Quelle meinst Du hier genau?

Über den ausgeprägten Sinn von Gerechtigkeit bei Dreijährigen: Kann man dieses Verhalten auch als angeboren ansehen? Das würde dann den starken Intuitionismus als genuines, unabhängiges moralisches Erkenntnisvermögen begründen. Dies würde mich interessieren.

NaWennDuMeinst hat geschrieben : Bedürfniserfüllung ist kein Gegenargument.
Nächstenliebe wird nicht zu Egoismus nur weil der Gebende gerne gibt und dieses Gefühl vielleicht sogar geniesst.
Hinzu kommt, dass es eben ein Unterschied ist, wohin sich das Bedürfnis richtet.
Jemand der andere ausbeutet oder ihnen anders Scahden zufügt um seine egenen Bedürfnisse zu erfüllen ist anders zu bewerten als Jemand der anderen hilft, weil ihm das (auch) selbst gut tut.
Und ich denke Beispiele dafür dass Menschen anderen helfen (Ihnen also Gutes tun) muss ich dir nicht wirklich liefern.
Wenn Du abstreitest dass es sowas gibt, ist jdie Fortführung des Gespräches sinnlos, weil Du dann nicht bereit bist Tatsachen zu akzeptieren..
Nein, das bestreite ich nicht. Ich hinterfrage die Intention und welche (Hilfs-) Rolle diese bei der Moralisierung spielt.
Die Zweckrationalität spielt hierbei eine Rolle, sie motiviert den Handelnden den eigenen Wunsch zu erfüllen und den subjektiven Erwartungswert zu maximieren. Die Frage, die für mich immer noch nicht klar ist, ist hierbei, ob dieser Wunsch (sei er egoistisch oder altruistisch) nun indoktriniert ist im Sinne einer Maximierung des Nutzens eines Gesamtkomplexes.
NaWennDuMeinst hat geschrieben : (btw: Woher kommt eigentlich die Metapher des "einsamen Wolfes"? Das ist doch biologisch falsch. Wölfe sind Rudeltiere.)
Bei meinen Überlegungen finde ich dies einen guten Punkt. Die „Grundgeselligkeit“ und das soziale Verhalten sind nicht nur beim Wolf genetisch veranlagt. Die Rolle des Clans spielt hierbei aber eine wichtige Rolle. Mitglieder des Clans werden geschützt und gepflegt und Außenstehende werden bekämpft. Hier spiegelt sich ebenso das Prinzip Krieg und Frieden wider. Das Prinzip des Kampfes, der Negativität bedingt seinen positiven Ausgleich. Das kann man eben auch auf die Moral sehen, wenn diese überfordert und zu streng gezogen wird, dann werden Psychopathen quasi notwendigerweise „geboren“.


Timberlake hat geschrieben : Die Kultur muß alles aufbieten, um denAggressionstrieben der Menschen Schranken zu
setzen, ihre Äußerungen durch psychische Reaktionsbildungen niederzuhalten.
Ich denke auch, dass es Regeln bedarf, um das Zusammenleben zu regeln, aber das ist eben genau der Punkt, den Timberlake mit vielen Zitaten oder ich ansprachen, dass die reine Natur des Menschen nicht ausschließlich positiv gesinnt ist. Sonst würden wir doch gar keine Regeln benötigen.

Spannend finde ich nun auch Freuds These, Kultur als Ablenkung vom Agressionspotential einzusetzen.

Re: Moralisierung

Verfasst: Do 11. Mai 2023, 12:55
von Jörn Budesheim
transfinitum hat geschrieben :
Do 11. Mai 2023, 12:18
In diesem Zusammenhang finde ich die Angabe zu Thomasello interessant, welche Quelle meinst Du hier genau?
Ich hab irgendwo zwei Bücher von ihm im Regal stehen, ist etwas her, dass ich das gelesen habe, könnte dir den Titel jetzt nicht mit Sicherheit sagen, vermutlich "Warum kooperieren wir".

Re: Moralisierung

Verfasst: Do 11. Mai 2023, 21:01
von NaWennDuMeinst
transfinitum hat geschrieben :
Do 11. Mai 2023, 12:18
NaWennDuMeinst hat geschrieben : Bedürfniserfüllung ist kein Gegenargument.
Nächstenliebe wird nicht zu Egoismus nur weil der Gebende gerne gibt und dieses Gefühl vielleicht sogar geniesst.
Hinzu kommt, dass es eben ein Unterschied ist, wohin sich das Bedürfnis richtet.
Jemand der andere ausbeutet oder ihnen anders Scahden zufügt um seine egenen Bedürfnisse zu erfüllen ist anders zu bewerten als Jemand der anderen hilft, weil ihm das (auch) selbst gut tut.
Und ich denke Beispiele dafür dass Menschen anderen helfen (Ihnen also Gutes tun) muss ich dir nicht wirklich liefern.
Wenn Du abstreitest dass es sowas gibt, ist jdie Fortführung des Gespräches sinnlos, weil Du dann nicht bereit bist Tatsachen zu akzeptieren..
Nein, das bestreite ich nicht. Ich hinterfrage die Intention und welche (Hilfs-) Rolle diese bei der Moralisierung spielt.
Die Zweckrationalität spielt hierbei eine Rolle, sie motiviert den Handelnden den eigenen Wunsch zu erfüllen und den subjektiven Erwartungswert zu maximieren. Die Frage, die für mich immer noch nicht klar ist, ist hierbei, ob dieser Wunsch (sei er egoistisch oder altruistisch) nun indoktriniert ist im Sinne einer Maximierung des Nutzens eines Gesamtkomplexes.
Ich weiß nicht worauf Du damit hinaus willst. Wahrscheinlich auf so eine Art geheimen Strippenzieher, der in seinem Bunker sitzt und Pläne schmiedet wie er die gesamte Menschheit per Moral dazu bringen kann genau das zu tun was er will. Das hat die Dimension einer Verschwörungstheorie. Ich halte das für lächerlich und wenig glaubwürdig.
Moral entsteht so nicht.
Hinzu kommt, dass das Ziel der "subjektiven Maximierung" hier eine entscheidende Rolle spielt.
Es ist nicht egal ob das Ziel ein altruistisches ist oder ein rein egoistisches.
Gutes zu tun verliert seinen Wert für alle Menschen nicht dadurch, dass Derjenige der Gutes tut sich dabei gut fühlt.
NaWennDuMeinst hat geschrieben : (btw: Woher kommt eigentlich die Metapher des "einsamen Wolfes"? Das ist doch biologisch falsch. Wölfe sind Rudeltiere.)
Bei meinen Überlegungen finde ich dies einen guten Punkt. Die „Grundgeselligkeit“ und das soziale Verhalten sind nicht nur beim Wolf genetisch veranlagt. Die Rolle des Clans spielt hierbei aber eine wichtige Rolle. Mitglieder des Clans werden geschützt und gepflegt und Außenstehende werden bekämpft.
Die Gemeinschaft schützt sich und ihre Werte. Die Werte sind aber nicht starr. Und sie werden auch nicht "von oben verordnet", sondern von der Gemeinschaft als Ganzes.
Gemeinschaften in denen die Mitglieder ihre Regeln und Normen nicht selbst bestimmen, sondern diese von einem Machthabe aufgezungen bekommen nennt man Diktaturen.
Hier spiegelt sich ebenso das Prinzip Krieg und Frieden wider. Das Prinzip des Kampfes, der Negativität bedingt seinen positiven Ausgleich. Das kann man eben auch auf die Moral sehen, wenn diese überfordert und zu streng gezogen wird, dann werden Psychopathen quasi notwendigerweise „geboren“.
Also ich weiß nicht genau was Du mit "zu streng gezogen" genau meinst, aber ich sehe in deinem Gedankengang mehrere Fehler.

1. Dass man Moral auch missbrauchen kann ist kein Argument gegen Moral (oder Moralvorstellungen) an sich.
2. Wie Psychopathen entstehen weiß man sehr genau. In der Regel sind das Menschen die ein Fehlen von Moral in ihrer Kindheit erfahren haben. Vergewaltiger wurden in der Kindheit meist selbst missbraucht. Serienmörder kommen oft aus völlig zerrütteten Familienverhältnissen. Im Prinzip findet bei diesem Menschen im Kindesalter eine Fehlentwicklung statt die eher auf eine fehlende (fehlgeleitete), denn auf eine zu strenge Erziehung zurückzuführen ist.
Gut vorstellbar für mich ist, dass Menschen die eine bestimmte Moral erfahren haben sich später genau dagegen wenden (weil sie sie zum Beispiel als einengend empfunden haben), aber die Theorie, dass zu viel Moral Psychopathen gebirt halte ich für abwegig, vor allem auch deshalb weil Du ja meinst wir alle wären manipulierte "Moralopfer". Wir sind aber nicht alle Psychopathen.

Re: Moralisierung

Verfasst: Fr 12. Mai 2023, 02:36
von Timberlake
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Do 11. Mai 2023, 21:01
transfinitum hat geschrieben :
Do 11. Mai 2023, 12:18
NaWennDuMeinst hat geschrieben : Bedürfniserfüllung ist kein Gegenargument.
Nächstenliebe wird nicht zu Egoismus nur weil der Gebende gerne gibt und dieses Gefühl vielleicht sogar geniesst.
Hinzu kommt, dass es eben ein Unterschied ist, wohin sich das Bedürfnis richtet.
Jemand der andere ausbeutet oder ihnen anders Scahden zufügt um seine egenen Bedürfnisse zu erfüllen ist anders zu bewerten als Jemand der anderen hilft, weil ihm das (auch) selbst gut tut.
Und ich denke Beispiele dafür dass Menschen anderen helfen (Ihnen also Gutes tun) muss ich dir nicht wirklich liefern.
Wenn Du abstreitest dass es sowas gibt, ist jdie Fortführung des Gespräches sinnlos, weil Du dann nicht bereit bist Tatsachen zu akzeptieren..
Nein, das bestreite ich nicht. Ich hinterfrage die Intention und welche (Hilfs-) Rolle diese bei der Moralisierung spielt.
Die Zweckrationalität spielt hierbei eine Rolle, sie motiviert den Handelnden den eigenen Wunsch zu erfüllen und den subjektiven Erwartungswert zu maximieren. Die Frage, die für mich immer noch nicht klar ist, ist hierbei, ob dieser Wunsch (sei er egoistisch oder altruistisch) nun indoktriniert ist im Sinne einer Maximierung des Nutzens eines Gesamtkomplexes.
Ich weiß nicht worauf Du damit hinaus willst. Wahrscheinlich auf so eine Art geheimen Strippenzieher, der in seinem Bunker sitzt und Pläne schmiedet wie er die gesamte Menschheit per Moral dazu bringen kann genau das zu tun was er will. Das hat die Dimension einer Verschwörungstheorie. Ich halte das für lächerlich und wenig glaubwürdig.
Moral entsteht so nicht.
  • "Das menschliche Zusamenleben wird erst ermöglicht, wenn sich eine Mehrheit
    zusammenfindet, die stärker ist als jeder einzelne und gegen jeden einzelnen
    zusammenhält. Die Macht dieser Gemeinschaft stellt sich nun als »Recht«
    der Macht des Einzelnen, die als »rohe Gewalt« verurteilt wird, entgegen.
    Diese Ersetzung der Macht des Einzelnen durch die der Gemeinschaft ist der ent-
    scheidende kulturelle Schritt. Ihr Wesen besteht darin, daß sich die Mitglieder der Ge-
    meinschaft in ihren Befriedigungsmöglichkeiten beschränken, während der Einzelne
    keine solche Schranke kannte.
    "
    Sigmund Freud ... Das Unbehagen in der Kultur
Ich denke mal , dass transfinitum auf jene Beschränkung ihrer Befriedigungsmöglichkeiten hinaus will , von dem in diesem Zitat die Rede ist und das Moral bzw. Moralität damit einhergeht sollte doch wohl außer Frage stehen. Das tut man .. "im Sinne einer Maximierung des Nutzens eines Gesamtkomplexes" .. ganz von selbst , wenn man denn zu dieser Gemeinschaft gehören will. Eine Art geheimer Strippenzieher, der in seinem Bunker sitzt und Pläne schmiedet ist dazu also gar nicht erforderlich.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 6. Mai 2023, 10:54
Hier vielleicht die einleitenden Seiten des Buches von Christian Neuhäuser / Christian Seidel haben in "Was ist Moralismus? Über Zeigefinger und den Ort der Moral", um das Thema zu illustrieren:
Nahezu jeder Bereich unserer Lebenswelt scheint zu einem moralisch verminten Gelände geworden zu sein. Ganz gleich, ob bio-regional-vegane Ernährung, flugschamloses Reiseverhalten, fair gehandelte Produkte, inklusive Sprache, Straßennamen und Denkmäler, schlüpfriger Humor, Gedichte und die Berechtigung, diese zu übersetzen, Treuepflichten gegenüber lokalen Unternehmen oder Solidaritätsappelle im Zusammenhang mit Impfungen und sozialen Kontakten: Angeblich gehe es überall um moralisch richtig oder moralisch falsch. Schon der kleinste Fehltritt könne mahnende Zeigefinger, anprangernde Vorwürfe oder eben einen (digitalen) Sturm der Entrüstung auslösen. Entsprechend ist es zur publizistischen Mode geworden, »einen Jargon aufgekratzter Moralität«, »Helikoptermoral«, »Gutmenschentum«, sogenannten »Tugendterror«, »Moralisierungsüberschuss« oder auch eine »Übermoralisierung gesellschaftlicher Debatten« zu beklagen. Schnell sind dann auch Gründe zur Hand, warum dieser zunehmende Moralismus ein Übel sei: Er stigmatisiere bestimmte Gruppen, vergifte öffentliche (einschließlich universitäre) Debatten oder bedrohe gar die grundgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit.
Wir verminen uns unsere Lebenswelten als solches quasi selbst.

Re: Moralisierung

Verfasst: Fr 12. Mai 2023, 10:59
von NaWennDuMeinst
Timberlake hat geschrieben :
Fr 12. Mai 2023, 02:36
NaWennDuMeinst hat geschrieben :
Do 11. Mai 2023, 21:01
transfinitum hat geschrieben :
Do 11. Mai 2023, 12:18

Nein, das bestreite ich nicht. Ich hinterfrage die Intention und welche (Hilfs-) Rolle diese bei der Moralisierung spielt.
Die Zweckrationalität spielt hierbei eine Rolle, sie motiviert den Handelnden den eigenen Wunsch zu erfüllen und den subjektiven Erwartungswert zu maximieren. Die Frage, die für mich immer noch nicht klar ist, ist hierbei, ob dieser Wunsch (sei er egoistisch oder altruistisch) nun indoktriniert ist im Sinne einer Maximierung des Nutzens eines Gesamtkomplexes.
Ich weiß nicht worauf Du damit hinaus willst. Wahrscheinlich auf so eine Art geheimen Strippenzieher, der in seinem Bunker sitzt und Pläne schmiedet wie er die gesamte Menschheit per Moral dazu bringen kann genau das zu tun was er will. Das hat die Dimension einer Verschwörungstheorie. Ich halte das für lächerlich und wenig glaubwürdig.
Moral entsteht so nicht.
  • "Das menschliche Zusamenleben wird erst ermöglicht, wenn sich eine Mehrheit
    zusammenfindet, die stärker ist als jeder einzelne und gegen jeden einzelnen
    zusammenhält. Die Macht dieser Gemeinschaft stellt sich nun als »Recht«
    der Macht des Einzelnen, die als »rohe Gewalt« verurteilt wird, entgegen.
    Diese Ersetzung der Macht des Einzelnen durch die der Gemeinschaft ist der ent-
    scheidende kulturelle Schritt. Ihr Wesen besteht darin, daß sich die Mitglieder der Ge-
    meinschaft in ihren Befriedigungsmöglichkeiten beschränken, während der Einzelne
    keine solche Schranke kannte.
    "
    Sigmund Freud ... Das Unbehagen in der Kultur
Ich denke mal , dass transfinitum auf jene Beschränkung ihrer Befriedigungsmöglichkeiten hinaus will ,
Das ist aber eine freiwillige Selbstkontrolle der Mitglieder der Gemeinschaft und keine "von oben verordnete" oder "andressierte" Kontrolle.
Er will eben nicht darauf hinaus, sondern er will Moral als Gewaltmittel darstellen. Als Mittel zur Massenkontrolle durch Wenige und zum Nutzen Weniger.
Und das istt schichtweg falsch.
So funktioniert Moral nicht. Moralische Norman haben ja keinen Gesetzescharakter. Du kannst selbst entscheiden ob Du Dich einer Moral (freiwillig) beugen willst oder nicht.
Und komm mir jetzt bitte nicht mit dem "Ich werde aber dann ausgestossen" Blabla.
Ja stimmt. Wenn Du Dich wie ein Arschloch verhälst will keiner etwas mit dir zu tun haben. Völlig normal und richtig so.
Es liegt dann einzig und allein an dir ob Du halt lieber weiter ein Arschloch sein willst oder ob Dir Geselligkeit wichtiger ist. Das ist dann deine Entscheidung.
Du kannst auch versuchen die anderen Mitglieder der Gemeinschaft von deinen Moralvorstellungen zu überzeugen.
Wenn es dir gelingt: gut. Wenn nicht: Pech gehabt. Dann darfst Du Dir die Frage stellen ob Du nicht vieleicht einfach falsch liegst.

Re: Moralisierung

Verfasst: Fr 12. Mai 2023, 15:05
von Jörn Budesheim
transfinitum hat geschrieben :
So 12. Dez 2021, 15:03
[...] Dem Menschen wird damit antrainiert, dass man ein schlechtes Gewissen haben muss, wenn man etwas tut, was nicht den gängigen Moralvorstellungen entspricht.

Besitzen Menschen also, die kein schlechtes Gewissen haben, über ein besonderes Privileg? [...]
Ich bin ein Freund des Beispiels. Es gab eine Zeit, da gehörte es zur herrschenden Moral, dass Schwarze nicht auf den Plätzen der Weißen sitzen durften. Wer daran zweifelte und kein schlechtes Gewissen hatte, wenn er dagegen verstieß, konnte mit besonderen Privilegien rechnen, z.B. Tod durch Erschlagen oder ähnliches.

Re: Moralisierung

Verfasst: Fr 12. Mai 2023, 15:08
von Jörn Budesheim
transfinitum hat geschrieben :
So 12. Dez 2021, 15:03
Warum wird die Menschheit durch eine in den täglichen Verhaltenskodex subtil eingeflochtene Moral konditioniert?
Wenn ich meinen Kindern beibringe, dass man sich an seine Versprechen gebunden fühlen sollte, würdest du dann sagen, ich hätte sie konditioniert? Oder habe ich ihnen etwas Wichtiges und Richtiges beigebracht?

Re: Moralisierung

Verfasst: Fr 12. Mai 2023, 19:30
von Groot
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 6. Mai 2023, 10:58
Mit anderen Worten, es könnte genauso gut bedeuten, dass wir in der Vergangenheit zu wenig über Moral gesprochen haben :)
.

Aber wurde nicht über Jahrhunderte gar fast ausschließlich moralischer Diskurs geführt im Kirchendialog, der Ökumene im Mittelalter? Dort geht es ja nur um Moral. Moral und Mystik.
Auch die Antike hat darüber doch viel geredet.

Sicher, die Leute werden moralischer, weil es mehr Diversität gibt, die Moral sichtbar macht und neue Vorstellungen einer gepflegten Ethik an den Tag befördern. Aber wie lange ist das denn möglich, wenn die Gesellschaft immer weiter feminisiert und dabei die Ökonomie übersieht und die Politik idealisierend betrachtet? Irgendwann ist der Wohlstand vergessen, also abgegessen und es hat sich ausgewirtschaftet. Dann werden wir vielleicht merken, dass zuviel Moral vielleicht doch nicht optimal ist. Wenn es aber sicher mehr Moral nötig hat, als heute gelebt wird bzw. durch die Institutionen präsentiert und durch die Medien veröffentlich wird.

Re: Moralisierung

Verfasst: Fr 12. Mai 2023, 19:31
von Groot
transfinitum hat geschrieben :
Mi 3. Mai 2023, 19:24

Wieso wird das "Starke" gleichgesetzt mit dem Durst nach Triumphen?
Ist der Triumph nicht die Erfüllung des Glücks? Müsste man nicht eher fragen, was den Durst nach dem Glück befeuert?

Das Starke ist, was selbst nach langer Zeit geduldig wartet auf seinen Moment. Es ist ein erheben des Genius aus dem Durchschnitt heraus. Man muss sich des Einen entledigen, um es statistisch zu greifen und sich dabei gleichzeitigig selbst aus der Ebene der Wahrscheinlichkeit zu entheben. Indem man wertet. Das Gute setzt und das Eintreten für das Gute als Stärke bewertet. Der Triumph ist hierbei der Sieg des Guten über das Böse; der Übergang von der Moral und dem Privatrecht hin zur Sittlichkeit und ihrer Moralisierung.

Das Moraline ist aber vergiftet. Es ist ihm kein Selbstinteresse inne. Drum ist es auch die Ethik die relevant ist. Denn dort haben wir eine moralphilosophische Betrachtung, die ins Naturrecht und in die Jurisdiktion führt. In die Jurisdiktion, die zum Vernunftrecht führt, weg vom Menschen- und hin zum Völkerrecht. Weg vom Menschen hin zum Bürger, weg vom Arbeiter hin zur Person und dessen Personenrecht.

Das Starke präsentiert den Eid. Es schwört den Eid der Verteidigung, welcher die Polis gründet.

Re: Moralisierung

Verfasst: Fr 12. Mai 2023, 22:26
von NaWennDuMeinst
Groot hat geschrieben :
Fr 12. Mai 2023, 19:30
zuviel Moral
Was ist damit gemeint? Was soll das bedeuten?

Re: Moralisierung

Verfasst: Fr 12. Mai 2023, 22:48
von Groot
vielleicht muss man den Triumph dem Erfolg entgegenstellen.

Der Triumph ist ein als final empfundener Gewinn, ein Sieg mit Glanz und Glorie. Erfolg hingegen ist erkrämert, heute gar schon der Tik-Tok-Star oder Youtube-Star-sein. Es ist keine Ehre mehr dabei, alles ist voller Würde und Gleichheit. Aber es ist ein Übel ungleiches gleich zu machen, nämlich die unterschiedlichen Kulturen. Die Menschenrechte tun aber genau dies, die Würde des Menschen über die Kulturen zu stellen; obwohl diese ja den finalen Triumph in sich tragen, den finalen Triumph des Vernunftrechtes über dem Gottesrecht.

Das Problem hierbei ist die Gleichheit. Der Mensch kann nicht überall gleich sein. Das geht nicht, allein schon, weil es inkommensurable Kulturunterschiede gibt, sei es sprachlicher Natur oder auch in den mythologischen Vorstellungen, sowie von der Geschichtsschreibung.

Moralismus verlangt aber eine solche Gleichheit und ebnet damit die kulturellen Unterschiede ein. Das ist ein Problem aus dem heraus der Utilitarismus entspringt; dieser ist zwar global, ist aber nicht so konzipiert, dass darin zwischen den Kulturen unterschieden wird. Dafür entsteht dort die demokratische Zivilisation, die der Gleichheits Forderungen Verlautbart mit Pauken und Trompeten.

Es ist ein Problem am Moralismus dass dieser sich bereits dort empört, wo eigentlich noch der Utilitarismus für Verantwortlich zu machen wäre, in die Pflicht zu nehmen. Denn seien es die Bioprodukte, die Ökokleber oder die Grünen Anleger; überall steht nicht die Moral als Problem da, sondern es ist der Utilitarismus der verantwortlich zu machen ist. Aber gerade deshalb ist er ja auch die wahre Ethik, aber die falsche Moral. Er ist zwar moralphilosophisch relevant, ist aber nicht der Grund der Moralphilosophie.
Der Utilitarismus ermöglicht den Triumph zu substituieren. Aber zu welchem Preis? Einer stark instrumentalisierten Welt, die der Ehre anrüchig wurde, die den Rang sich abträchtig gemacht hat und sich bis ins Mark hinein dem Geist des Geldes genähert hat. Fernab der Geist der Weihnacht treibt der rationalistische Wesenskern des Utilitarismus - der Kaufmanns-König - und der süße Duft schnellen Geldes, sowie der Nutzen. Der Nutzen erfragt hierbei Funktionsweise, aber wird halt auch immer instrumentell und wirkt damit "vermassend".
Die Moral aber, die mag keine Verallgemeinerung. Es sind ihr die Spezialfälle lieber, die Gedankenexperimente und tollkühnen Wanderungen durch obskure Topologien und ausgebuffte Szenarien. Aber gleichzeitig ist die Moral die größte Verallgemeinerung schlechthin; denn sie verallgemeinert das Menschliche, indem es die Handlung entweder gutheißt oder schlecht und gar böse nennt.
Die Konsequenz nennen oder die Handlung zur Urteilsfindung was gut und böse ist. Ich bin für Konsequenz in Bewertung Gut und schlecht, Urteilsfindung in Gesetz Richtig und falsch.

Im Triumph schwingt ritterliches mit. Er verweist auf das edle Ritterfest, den Kampf mit der Lanze und gleichzeitig besticht er dadurch, dem Sklaven im Circus Maximus und im Colosseum oder auf dem Feld des antiken Griechenlandes, wie auf den Leib geschnitten zu sein.
Aber ja es stimmt, den Triumph löst der Stolz der Arbeiterklasse ab. Der Rang wird aufgelöst in Gleichheit. Ein Problem ersten Grades, es hilft nichts, wir brauchen einen neuen Mythos, der dem Ritterlichen neues Leben einhaucht und die Grenzen des Wertes ein endlich erneut dann verrücken möge.