Was sind Verbote?

Ethische Fragen und ihre rationale Begründbarkeit bewegen das philosophische Denken in einer Zeit, in der die Politik wieder über "Werte" debattiert und vertraute Grundlagen des politischen Handelns zur Disposition stehen.
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Jörn Budesheim
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Sa 26. Aug 2023, 12:52

Quk hat geschrieben :
Sa 26. Aug 2023, 12:06
Botschaften der Vernunft.
Dem könnte ich vielleicht noch am ehesten zustimmen. Zumindest war es für einen Moment auch meine eigene Antwort :) (allerdings in einer anderen Formulierung, nämlich mit der Formel von der "Stimme der Vernunft".)

Du schreibst: "Manche mögen sagen, es seien Botschaften von Gott, oder von der Evolution, Klassensprecherwahl, Ethikkommission oder sonstigen abstrakten Zwischeninstanzen ..." Das kommt alles nicht in Frage - das sehe ich ebenso. Und dafür gibt es auch ein einfaches Argument, aus der Geschichte der Philosophie, was ich völlig überzeugend finde. Nehmen wir Gott als Beispiel. Sagen wir, das Gebot, "du sollst nicht töten" stamme von Gott. Aber warum soll ich dem Gebot folgen? Weil es von Gott stammt? Das wäre eine Form der Tyrannei, ich müsste dann einfach immer das machen, was Gott mir aufträgt. Aber vielleicht hat Gott dieses Gebot einfach erlassen, weil es richtig ist? Das wäre okay, aber dann wäre die Botschaft nicht ursprünglich von Gott. Der Ursprung wäre dann einfach das Gebot selbst, dessen Richtigkeit Gott sieht.

Kurz: ist das Gebot richtig, weil es von Gott kommt? Oder kommt es von Gott, weil es richtig ist? Im ersten Fall, hätten wir eine Form der Tyrannei und im zweiten Fall können wir Gott (als Begründungsinstanz) eigentlich streichen, er könnte im besten Fall, wenn es ihn gäbe, was ich nicht glaube, eine Hilfe beim Erkennen solche Dinge sein. Aber es wären keine Botschaften von ihm.

Das Argument können wir sinngemäß mit den anderen Instanzen, die du aufgezählt hast, ebenso durchführen. Und das ist auch der Haken bei der Antwort, dass wir es mit einer Botschaft der Vernunft zu tun haben, finde ich. Stattdessen können wir aber sagen, dass die Vernunft und das Herz unsere Vermögen sind, solche Gebote, die in sich selbst bestehen, weil sie Phänomene sui generis sind, zu erkennen, Fallibilität inklusive.




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Quk
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Sa 26. Aug 2023, 18:24

Bei der Mathematik kann man die alte Frage stellen: Hat der Mensch sie erfunden oder hat er sie entdeckt?

Wenn die Frage überhaupt beantwortbar ist, tendiere ich zu der Vermutung, er hat die Mathematik entdeckt.

Wie ist die Mathematik dann zu begreifen? Als etwas a priori vorhandenes? Als platonische Idee? Als allimplizit?

Wenn das Gebot "du sollst nicht töten" nicht von Gott kommt, sondern ein Element aus einer Gebotsmenge ist, die außerhalb von Gott a priori, platonisch ideenhaft, allimplizit oder wie auch immer vorhanden ist, dann ist diese Angelegenheit, wenn ich sie richtig verstehe, eine weitere Lücke in Gottes vermeintlicher Allmächtigkeit. Wie ist dieses Paradoxon theologisch zu lösen? Entweder ist Gott nicht allmächtig, oder es gibt keine außergöttliche Menge an Geboten, also keine gottfremden Angebote, aus denen Gott sich unterwürfig ein begrenztes Tagesmenü erstellt?

Wenn jene Gebotsmenge so etwas wie eine platoniosche Idee ist, ja, dann kann man auch bei den Beispielen mit der Evolution und so weiter sagen, die Gebote seien schon immer vorhanden gewesen, wie die Mathematik, jenseits des Menschen, und die jeweilige Instanz bedient sich lediglich dieses bereits Vorhandenen. Die Instanz erfindet keine Gebote.

Aber wenn die Gebote schon immer vorhanden waren, jenseits des Menschen, sind sie dann auch für andere, nichtmenschliche Sachen anwendbar, zum Beispiel auf Mondgesteine und Kometen? Auf Kometen übertragen, lautet das Gebot "du sollst nicht töten" dann vielleicht: "Komet, du sollst nicht auf Monde stürzen"? Oder entstehen die Gebote tatsächlich erst mit der Entstehung des Menschen? Wenn ja, habe ich den Verdacht, er spielt doch eine große Rolle in diesem Fall.




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Jörn Budesheim
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So 27. Aug 2023, 09:58

Quk hat geschrieben :
Sa 26. Aug 2023, 18:24
Aber wenn die Gebote schon immer vorhanden waren, jenseits des Menschen, sind sie dann auch für andere, nichtmenschliche Sachen anwendbar, zum Beispiel auf Mondgesteine und Kometen?
Ist denn das Gebot, dass man anderen Menschen in Not helfen soll, tatsächlich etwas jenseits des Menschen?




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So 27. Aug 2023, 10:01

Quk hat geschrieben :
Sa 26. Aug 2023, 18:24
Bei der Mathematik kann man die alte Frage stellen: Hat der Mensch sie erfunden oder hat er sie entdeckt?

Wenn die Frage überhaupt beantwortbar ist, tendiere ich zu der Vermutung, er hat die Mathematik entdeckt.
Sehe ich genauso, die Gesetze der Mathematik werden entdeckt. Sie sind Teil unserer Wirklichkeit.




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Quk
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So 27. Aug 2023, 12:29

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 27. Aug 2023, 09:58
Ist denn das Gebot, dass man anderen Menschen in Not helfen soll, tatsächlich etwas jenseits des Menschen?
Ich würde sagen: Nein.

Dieses Gebot kam vermutlich in die Welt, als der Mensch die Welt betrat. Deshalb denke ich, dass er es erfunden hat.




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Jörn Budesheim
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So 27. Aug 2023, 12:34

Aber das folgt nicht, finde ich. Aus dem Umstand, dass es Moral nur in Abhängigkeit von Menschen gibt, (Außerirdische lassen wir der Einfachheit halber einfach mal weg) folgt keineswegs, dass der Mensch die Moral erfunden hat, finde ich. Denn, indem es die Menschen gab, gab es auch die Relationen der Individuen zueinander.




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Quk
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So 27. Aug 2023, 12:45

Es ist keine hinreichende Folgerung, aber eine mögliche. Oder?

Schwierig, schwierig ... ich habe keine sichere Antwort darauf :-)

Aber wie begründest Du Deine These, dass dieses Gebot so etwas wie eine platonische Idee (?) sei, also etwas, das nicht erfindbar, sondern nur entdeckbar ist?


Edit:
Du hast gerade hinzugefügt:
"Denn, indem es die Menschen gab, gab es auch die Relationen der Individuen zueinander."

Also können wir mal zumindest zwischenbilanzieren, dass die Menschengesellschaft (ihr Relationsgefüge in sich) dieses Gebot eingeführt hat?




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Jörn Budesheim
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So 27. Aug 2023, 12:59

Nicht "eingeführt"! Indem es den Menschen gibt, gibt es die Relationen, das Relationsgefüge, was auch diverse Gebote oder Verbote begründen kann.

Kompliziert wird es vermutlich dadurch, dass die Fähigkeit, die Gebote zu erkennen und sich daran zu orientieren (=unsere Freiheit), Teil der Sollensphäre ist. Gäbe es diese Fähigkeit (Freiheit) nicht, wäre diese Sphäre natürlich wirkungslos und nichtig.

All diese Dinge, Geist, Vernunft, Freiheit und Sollen hängen natürlich aufs engste miteinander zusammen. Wäre das alles nur erfunden, könnte es weder unsere Freiheit, noch das Sollen begründen/legitimieren. Es geht hier um elementare Tatsachen des Menschseins und des Miteinander.




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Quk
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So 27. Aug 2023, 13:28

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 27. Aug 2023, 12:59
Nicht "eingeführt"! Indem es den Menschen gibt, gibt es die Relationen, das Relationsgefüge, was auch diverse Gebote oder Verbote begründen kann.
Ja, so meinte ich es auch. Es gibt Relationsgefüge, somit gibt es Gebote. "Einführen" war eine Metapher mit Bezug auf den Ära-Beginn.

Wir sind wahrscheinlich wieder an einem Punkt, wo wir dasselbe sehen, nur andere Begriffsketten verwenden.

Ich lese Deinen Vorschlag mit meinen Begriffen wie folgt:
Das Relationsgefüge ergibt sich aus den Vernünften aller Individuen. Aber auch umgekehrt: Die Vernünfte aller Individuen ergeben sich aus dem Relationsgefüge. Ei oder Henne? Egal. Sei da zuerst eine Singularität. Big Bang, akausaler Anstoß, der Ball rollt. Beide Sachen schaukeln sich hoch. Warum? Weil sie sich selten töten. Diejenigen Gesellschaften, die oft töten, sterben schneller aus als jene, die selten töten. Je nach dem, wo auf dem Flussdiagramm man Ei oder Henne hinmalt, kann man sagen, die treibende Gebotsmaschine sei die Evolution, oder das Relationsgefüge, oder die Menschen, oder Menschheit, oder die Vernünfte ... Eigentlich ist diese Quellensuche überflüssig, oder? So oder so -- es ist ein ... Gesamtgefüge. Egal, was man da herausnimmt, es wird zusammenbrechen. Auf die Gesamtheit kommt es an. Wie ein Gesamtkunstwerk.

All diese Dinge, Geist, Vernunft, Freiheit und Sollen hängen natürlich aufs engste miteinander zusammen. Wäre das alles nur erfunden, könnte es weder unsere Freiheit, noch das Sollen begründen/legitimieren.
Ich bin mir nicht sicher, ob ein Sollen besser legitimiert wird durch eine Entdeckung als durch eine Erfindung. Ich denke, ein Sollen (ein Handlungsplan) muss durch eine Prämisse legitimiert werden; die kann auf einer Entdeckung beruhen, Erfindung, Vermutung, Tatsache, wie auch immer. Wenn es grundsätzlich nur durch eine Entdeckung legitimiert wird, also durch etwas bereits Vorhandenes, betritt so eine Sollen-Logik dann nicht das Risikogebiet Naturalistischer Fehlschlüsse?

Sollen wir keine Erfindungs-Freiheit haben?




MichaelK
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So 1. Okt 2023, 21:01

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 1. Feb 2022, 12:03
Braucht jedes Verbot eine Instanz, die es ausspricht?
Eine Instanz benötigt man eher nicht um Verbote auszusprechen. Eine Instanz wird zur Durchsetzung der Verbote benötigt. Verbote orientierten sich meiner Meinung nach an die entsprechende Kultur und die daraus entstandenen Werte und Normen. Daher wird und kann es nicht global die selben Verbote geben. Da ich von von Kultur, Werte und Normen schreibe kann es keine Instanz in dem Sinne geben. Aber wer spricht nun Verbote aus?




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Jörn Budesheim
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So 1. Okt 2023, 21:24

Herzlich willkommen im Forum Michael K :)




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Jörn Budesheim
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So 1. Okt 2023, 21:36

MichaelK hat geschrieben :
So 1. Okt 2023, 21:01
[...] Verbote orientierten sich meiner Meinung nach an die entsprechende Kultur und die daraus entstandenen Werte und Normen. [...] Da ich von von Kultur, Werte und Normen schreibe kann es keine Instanz in dem Sinne geben.
Was wären Beispiele für Werte und Normen, die du im Sinn hast? Und wieso kann die Kultur nicht selbst die Instanz sein, die diese Normen setzt?




MichaelK
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Mo 2. Okt 2023, 05:18

Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 1. Okt 2023, 21:36
MichaelK hat geschrieben :
So 1. Okt 2023, 21:01
[...] Verbote orientierten sich meiner Meinung nach an die entsprechende Kultur und die daraus entstandenen Werte und Normen. [...] Da ich von von Kultur, Werte und Normen schreibe kann es keine Instanz in dem Sinne geben.
Was wären Beispiele für Werte und Normen, die du im Sinn hast? Und wieso kann die Kultur nicht selbst die Instanz sein, die diese Normen setzt?
Beispiele für Werte und Normen könnten sein

1) Respekt: Menschen respektieren sich gegenseitig und achten die Würde und Rechte anderer.

2) Ehrlichkeit: Menschen sind aufrichtig, sagen die Wahrheit und halten Versprechen.

3) Solidarität: Menschen unterstützen einander in schwierigen Zeiten und sorgen füreinander.

4) Gerechtigkeit: Menschen behandeln andere fair und gerecht und setzen sich gegen Ungerechtigkeiten ein.

5) Toleranz: Menschen akzeptieren und respektieren unterschiedliche Meinungen, Glaubensrichtungen und Lebensstile.

6) Verantwortung: Menschen übernehmen Verantwortung für ihre Handlungen und die Auswirkungen auf andere.

7) Fürsorge: Menschen kümmern sich um andere, zeigen Mitgefühl und Hilfsbereitschaft.

8) Freiheit: Menschen haben das Recht auf Freiheit in ihren Entscheidungen und Handlungen, solange sie damit niemandem schaden.

9) Nachhaltigkeit: Menschen setzen sich für den Schutz der Umwelt und zukünftiger Generationen ein.

10) Gleichberechtigung: Menschen sind unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Herkunft, Religion oder sexuellen Orientierung gleichberechtigt.

Zunächst möchte ich Kultur und Instanz definieren.

Was ist Kultur?

Kultur ist ein Begriff, der verschiedene Elemente einer Gesellschaft umfasst, wie z.B. ihre Sprache, Religion, Traditionen, Kunst, Musik und Literatur. Es handelt sich um die Art und Weise, wie Menschen ihre Erfahrungen, Überzeugungen und Werte zum Ausdruck bringen und weitergeben.

Kultur umfasst auch die sozialen Normen und Verhaltensweisen einer Gesellschaft, sowie die Art und Weise, wie Menschen kommunizieren und interagieren. Sie prägt das Verhalten und die Denkweise der Menschen und beeinflusst ihre Ansichten, ihre Art zu leben und Dinge zu sehen.

Kultur ist nicht statisch, sondern entwickelt sich im Laufe der Zeit. Sie kann sich auch von einer Gemeinschaft zur anderen unterscheiden und in verschiedenen Regionen und Ländern unterschiedlich sein. Kultur ist auch vielfältig und kann sich in verschiedenen Bereichen wie Musik, Kunst, Architektur, Kleidung, Essen und viele andere manifestieren.

Kultur spielt eine wichtige Rolle in der Gesellschaft, da sie Identität, Zugehörigkeit und Zusammengehörigkeit fördert. Sie ermöglicht es den Menschen, Gemeinschaften und Gruppen zu formen und hilft dabei, Traditionen und historisches Wissen zu bewahren.

Kultur kann auch einen Einfluss auf das Verhalten und die Haltung der Menschen gegenüber anderen haben. Sie kann das Verständnis, die Toleranz und die Akzeptanz anderer Kulturen fördern oder Vorurteile und Diskriminierung verstärken.
Insgesamt ist Kultur ein komplexes und vielschichtiges Konzept, das verschiedene Aspekte einer Gesellschaft umfasst und eine wichtige Rolle in der menschlichen Interaktion spielt.

Was ist kulturelle Instanz?

Der Begriff "kulturelle Instanz" wird oft verwendet, um Organisationen, Institutionen oder Einrichtungen zu beschreiben, die in einer Gesellschaft eine wichtige Rolle bei der Vermittlung und Aufrechterhaltung von kulturellen Werten, Normen, Traditionen und Praktiken spielen.

Kulturelle Instanzen können vielfältig sein und umfassen zum Beispiel Museen, Bibliotheken, Theater, Medienanstalten, Bildungseinrichtungen, religiöse Institutionen, Regierungsorganisationen und andere Organisationen, die kulturelle Angebote und Aktivitäten fördern oder unterstützen. Sie dienen der Bewahrung und Weitergabe des kulturellen Erbes, der Förderung der Kunst und Kultur, der Bildung und Aufklärung sowie der Identitätsbildung und Integration in einer Gesellschaft.

Diese kulturellen Instanzen übernehmen oft eine wichtige Rolle bei der Formung und Veränderung der kulturellen Landschaft einer Gesellschaft, beeinflussen die Meinungsbildung und ermöglichen den Zugang zu verschiedenen kulturellen Ausdrucksformen. Sie können auch Orte für den kulturellen Austausch und Dialog sein, an denen Menschen unterschiedlicher Hintergründe, Erfahrungen und Perspektiven zusammenkommen.

Die Kultur kann durchaus eine Instanz sein, die Normen setzt. In vielen Gesellschaften werden Normen und Werte von der Kultur geprägt und weitergegeben. Kultur beeinflusst unser Verhalten, unsere Überzeugungen und unsere Vorstellungen darüber, was richtig oder falsch ist.

Jedoch ist es wichtig zu beachten, dass Kulturen nicht einheitlich sind und sich im Laufe der Zeit verändern können. Was als Norm in einer Gesellschaft akzeptiert wird, kann in einer anderen Gesellschaft abgelehnt werden. Zudem können bestimmte kulturelle Normen und Werte auch fragwürdig sein und Menschenrechtsverletzungen fördern.

Mein Fazit:

Daher ist eine unabhängige Instanz wie zum Beispiel der Staat oder internationale Menschenrechtsorganisationen oft notwendig, um übergeordnete Normen zu setzen und sicherzustellen, dass bestimmte Grundwerte wie Freiheit, Gleichheit und Menschenrechte respektiert werden. Diese Instanzen können auch dazu dienen, kulturelle Normen zu hinterfragen und zu überprüfen, ob sie mit universellen ethischen Prinzipien übereinstimmen.




MichaelK
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Mo 2. Okt 2023, 05:41

Was sind Verbote?

Hier zu möchte ich auch ein paar Gedanken von mir dazu schreiben.

Ein Verbot ist eine Regel oder Vorschrift, die das Ausüben bestimmter Handlungen, Aktivitäten oder Verhaltensweisen verbietet. Es gibt verschiedene Arten von Verboten, die je nach Kontext und Gesetzgebung unterschiedlich sein können:

1. Gesetzliche Verbote: Diese werden von staatlichen Institutionen erlassen und sind rechtlich bindend. Sie können beispielsweise bestimmte Handlungen wie Diebstahl, Mord, Geschwindigkeitsüberschreitungen oder das Rauchen in bestimmten Bereichen verbieten.

2. Soziale Verbote: Diese ergeben sich aus sozialen Normen und Verhaltensregeln. Sie können zum Beispiel das Tragen bestimmter Kleidung in bestimmten Situationen, unangemessenes Verhalten in der Öffentlichkeit oder das Verbreiten von Gerüchten verbieten.

3. Religiöse Verbote: Diese basieren auf religiösen Überzeugungen und Vorschriften. Sie können zum Beispiel bestimmte Lebensmittel verbieten, bestimmte Rituale oder Feiern in bestimmten Situationen oder das Tragen bestimmter Kleidung.

4. Verbote im Bereich des Umweltschutzes: Diese Verbote zielen darauf ab, die Umwelt und natürliche Ressourcen zu schützen. Beispiele hierfür sind das Verbot des Einsatzes bestimmter Chemikalien oder das Verbot des Wilderns in geschützten Gebieten.

5. Verbote im Bereich des Verbraucherschutzes: Diese zielen darauf ab, Verbraucher vor schädlichen Produkten oder Dienstleistungen zu schützen. Ein Beispiel hierfür ist das Verbot von bestimmten Zusatzstoffen in Lebensmitteln oder das Verbot von gefährlichen Spielzeugen.

Es ist wichtig zu beachten, dass Verbote dazu dienen, Regeln und Gesetze aufrechtzuerhalten und das Zusammenleben in einer Gesellschaft zu regulieren. Sie haben das Ziel, bestimmte Handlungen zu untersagen, um individuelle oder gemeinschaftliche Schäden zu verhindern.




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Quk
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Mo 2. Okt 2023, 08:03

Hallo, kurze Redundanz-Fragen:
Sind religiöse Verbote (3.) nicht Elemente sozialer Verbote (2.)?
Sind Verbote des Umwelt- und Verbraucherschutzes (4., 5.) nicht Elemente gesetzlicher Verbote (1.)?




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Stefanie
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Mo 2. Okt 2023, 08:25

Gesetze enthalten oft keine Verbote.
Im Strafrecht steht nicht, eine Menschen zu töten ist verboten, oder ihn zu bestehlen ist verboten. "Du sollst nicht töten" ist das Gebot. Das steht im Gesetz so nicht, sondern es steht drin, was passiert, wenn man sich an diese Gebote nicht hält.

In der StVO steht als allererstes des Gebot der gegenseitigen Rücksichtsnahme. Dann wird dieses konkretisiert und als man dann merkte, ups das mit der Rücksichtsnahme klappt nicht, dann kamen die Parkverbote und Geschwindigkeitsbegrenzungen.

Selbst ich finde es nicht so einfach, zwischen Geboten und Verboten zu unterscheiden.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
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Jörn Budesheim
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Mo 2. Okt 2023, 08:25

MichaelK hat geschrieben :
Mo 2. Okt 2023, 05:18
Daher ist eine unabhängige Instanz wie zum Beispiel der Staat oder internationale Menschenrechtsorganisationen oft notwendig, um übergeordnete Normen zu setzen und sicherzustellen, dass bestimmte Grundwerte wie Freiheit, Gleichheit und Menschenrechte respektiert werden. Diese Instanzen können auch dazu dienen, kulturelle Normen zu hinterfragen und zu überprüfen, ob sie mit universellen ethischen Prinzipien übereinstimmen.
Zunächst einmal vielen Dank für die beiden ausführlichen Antworten. Soweit ich sehen kann, stimme ich in vielen Punkten zu. Ich greife einen Punkt heraus, der mir wichtig erscheint und der auch die ominöse "Instanz" betrifft, nach der ich gefragt habe.

Du schreibst sinngemäß, dass unabhängige Instanzen wie der Staat oder internationale Menschenrechtsorganisationen oft notwendig sind, um sicherzustellen, dass bestimmte Grundwerte respektiert werden. Diese Instanzen können auch bestehende kulturelle Normen auf ihre Übereinstimmung mit universellen ethischen Prinzipien überprüfen.

Du sprichst von universellen ethischen Prinzipien. Das ist ein Punkt, den ich sehr unterstütze. Ethische Prinzipien sind das, was uns als Menschen geboten, erlaubt und verboten ist. Aber diese letzte Instanz (die universellen ethischen Prinzipien) ist von einer ganz anderen Art, meine ich. Sie formuliert kein Regelwerk, sie ist das Regelwerk. Das Regelwerk, das in sich universell gültig ist. Insbesondere hat diese Instanz (anders als etwa der Staat) nicht die Macht, die Gebote und Verbote zu kontrollieren und durchzusetzen. Diese Gebote und Verbote wären schlechthin gültig.




MichaelK
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Mo 2. Okt 2023, 18:00

Da gebe ich Dir vollkommen Recht.

Die universellen ethischen Prinzipien sind universell, da sie unabhängig von Kultur, Religion, Geschlecht oder persönlichen Vorlieben gelten. Sie wurden von verschiedenen Philosophen und Ethikern formuliert und sind grundlegende Richtlinien für das moralische Handeln. Hier sind einige Beispiele für universelle ethische Prinzipien:

1. Der Kategorische Imperativ von Immanuel Kant: Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde. Dieses Prinzip besagt, dass man nur so handeln sollte, dass die eigenen Handlungen für alle Menschen als allgemeingültiges Gesetz gelten könnten.

2. Das Prinzip des größten Glücks von Jeremy Bentham und John Stuart Mill: Handle so, dass die Summe des größten Glücks für die größte Anzahl von Menschen erreicht wird. Nach diesem Prinzip soll man Handlungen durchführen, die das meiste Glück für die meisten Menschen bewirken.

3. Das Prinzip der Gerechtigkeit von John Rawls: Alle Menschen sollen gleiche Chancen erhalten und soziale und wirtschaftliche Unterschiede sollen nur zugunsten der Benachteiligten gestattet sein. Dieses Prinzip betont die Bedeutung von Fairness und Gerechtigkeit in der Gesellschaft.

4. Das Prinzip der Autonomie: Menschen sollen ihre eigenen Entscheidungen treffen und die Freiheit haben, über ihr Leben selbst zu bestimmen. Dieses Prinzip betont die Wichtigkeit von persönlicher Freiheit und Selbstbestimmung.

Diese universellen ethischen Prinzipien dienen als Orientierung für das moralische Handeln und helfen dabei, ethische Konflikte zu lösen und moralisch richtige Entscheidungen zu treffen.




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Jörn Budesheim
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Di 3. Okt 2023, 08:39

Ich würde sagen, die Punkte 1 bis 3 sind Versuche, universelle ethische Prinzipien oder Aspekte davon zu rekonstruieren. Punkt 4 würde ich - glaube ich - in eine andere Kategorie einordnen, ohne jetzt genau sagen zu können, in welche und warum.

Um den Faden nicht aus den Augen zu verlieren: Was sagen diese Punkte deiner Meinung nach für die Frage der Ver - bzw. Gebote aus?




MichaelK
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Di 3. Okt 2023, 18:38

Das würde ich gern erklären.

zu 1.
Der kategorische Imperativ von Immanuel Kant hat zunächst einmal nichts direkt mit Verboten zu tun. Es ist eher ein ethisches Prinzip, das besagt, dass man nur so handeln sollte, dass man seine Handlungen als allgemeingültiges Gesetz für alle Menschen wollen kann.

Das heißt, Kant fordert von uns, dass wir uns bei unseren Handlungen immer fragen sollten, ob wir wollen könnten, dass sie als allgemeine Regel für alle gelten würden. Wenn dies nicht der Fall ist und unsere Handlungen nicht moralisch vertretbar wären, sollten wir von ihnen absehen.

In Bezug auf Verbotenes kann man jedoch sagen, dass der kategorische Imperativ uns dazu auffordert, uns nicht nur an äußere Gesetze zu halten, sondern auch unsere eigenen Handlungen und Absichten auf ihre moralische Angemessenheit hin zu überprüfen. Eine Handlung, die gegen ein moralisches Gebot verstößt, könnte als ein Verstoß gegen den kategorischen Imperativ betrachtet werden, da sie nicht als allgemeines Gesetz gelten könnte.

Daher hat der kategorische Imperativ eine gewisse Relevanz in Bezug auf verbotene Handlungen, da er uns dazu auffordert, unsere Handlungen und Motive aus moralischer Sicht zu betrachten und sicherzustellen, dass sie für alle Menschen gleichermaßen gelten könnten.

zu 3.
Die Verbindung zwischen dem Prinzip der Gerechtigkeit von John Rawls und Verboten liegt in der Idee, dass soziale und wirtschaftliche Unterschiede nur zugunsten der Benachteiligten erlaubt sein sollen. Dies bedeutet, dass bestimmte Handlungen oder Praktiken, die zu Ungerechtigkeiten führen oder bestehende Ungleichheiten verstärken würden, verboten oder eingeschränkt werden sollten.

Ein Beispiel dafür wäre das Verbot von Diskriminierung oder Ausbeutung, um sicherzustellen, dass alle Menschen gleiche Chancen erhalten. Diese Verbote sollen sicherstellen, dass die Gesellschaft fair und gerecht organisiert ist und dass diejenigen, die benachteiligt sind, Unterstützung und Möglichkeiten zur Verbesserung ihrer Situation erhalten.

Somit ist das Prinzip der Gerechtigkeit von Rawls eng mit dem Konzept von Verboten verbunden, um eine faire Verteilung von Ressourcen und Chancen zu gewährleisten und Ungerechtigkeiten zu verhindern.




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