Der kategorische Imperativ

Ethische Fragen und ihre rationale Begründbarkeit bewegen das philosophische Denken in einer Zeit, in der die Politik wieder über "Werte" debattiert und vertraute Grundlagen des politischen Handelns zur Disposition stehen.
Timberlake
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Fr 16. Jun 2023, 23:21

  • Erlaubt ist eine Handlung (licitum), die der Verbindlichkeit nicht entgegen ist; und diese Freiheit, die durch keinen entgegengesetzten Imperativ eingeschränkt wird, heißt die Befugnis (facultas moralis). Hieraus versteht sich von selbst was unerlaubt (illicitum) sei.

    Pflicht ist diejenige Handlung, zu welcher jemand verbunden ist. Sie ist also die Materie der Verbindlichkeit, und es kann einerlei Pflicht (der Handlung nach) sein, ob wir zwar auf verschiedene Art dazu verbunden werden können.

    Der kategorische Imperativ, indem er eine Verbindlichkeit in Ansehung gewisser Handlungen aussagt, ist ein moralisch-praktisches Gesetz. Weil aber Verbindlichkeit nicht bloß praktische Notwendigkeit (dergleichen ein Gesetz überhaupt aussagt) sondern auch Nötigung enthält, so ist der gedachte Imperativ entweder ein Gebot- oder Verbot-gesetz, nachdem die Begehung oder Unterlassung als Pflicht vorgestellt wird. Eine Handlung, die weder geboten noch verboten ist, ist bloß erlaubt, weil es in Ansehung ihrer gar kein die Freiheit (Befugnis) einschränkendes Gesetz und also auch keine Pflicht gibt.
    Immanuel Kant .. Die Metaphysik der Sitten
... für den Fall, dass das Töten von Menschen weder geboten noch verboten ist und von nichts anderem reden wir , wenn auf Grund des Rechts auf Selbstverteidigung der Aggressor ausgeschaltet wird , so ist dergleichen nach Ansicht von Kant "bloß erlaubt" . Mit dem kategorischen Imperativ hat das aber rein gar nichts zu tun. Unterliegt doch nach ihm das Töten von Menschen entweder einem Gebots- oder einem Verbotsgesetz. Man hat sich also .. ohne wenn und aber! .. zu entscheiden , ob man das Töten von Menschen für geboten oder für verboten hält. So wird auch verständlich , warum die Verbindlichkeit des kategorische Imperativ ... "auch eine Nötigung enthält (Kant)".
1+1=3 hat geschrieben :
Mi 14. Jun 2023, 11:04

"Notwehr bezeichnet im deutschen Straf- und Zivilrecht diejenige Verteidigungshandlung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden." Wikipedia

Meine Position im Falle einer Bedrohung für Leib und Leben vonseiten eines anderen Menschen (oder einer wie auch immer organisierten Gruppe dieser - bspw. "Nation"...) ist, dass das Recht auf Selbstverteidigung ("Notwehr") nach Maßgabe des dafür jeweils Erforderlichen gegeben ist - in diesem Kontext sage ich sogar tatsächlich: "Der Zweck heiligt die Mittel" (in diesem Fall: die "Ausschaltung" des "Aggressors") - ,


Sehe man sich doch bei einem Verbot , Menschen zu töten , dazu genötigt, im Fall der Selbstverteidigung den Agressor nicht aus zu schalten. In diesem Sinne bzw. im Sinne von „Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt“, könnte man auch sagen ...


„Das Recht, meine Faust zu schwingen endet gemäß dem kategorischen Imperativ .. ohne wenn und aber! .. dort, wo die Nase des Anderen beginnt."




Timberlake
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Mo 19. Jun 2023, 03:32

AufDerSonne hat geschrieben :
Mi 14. Jun 2023, 21:33

Freiheit ist viel breiter aufzufassen. Ein Gruppe von Menschen kann auch freier sein als eine andere. Freiheit hat mit vielen Menschen, einer Gesellschaft zu tun, und ist nicht so sehr beeinflussbar durch die Handlungen eines Einzelnen.
Und viele Handlungen eines einzelnen haben überhaupt keinen Einfluss auf die Freiheit von anderen Menschen. Sind neutral oder einfach sonst nicht.
Wo wie schon mal bei Thema Freiheit sind und natürlich auch um auf deinen Beitrag zu reagieren ..
Nach Ansicht von Kant sind kategorische Imperativen dadurch möglich, daß die Idee der Freiheit mich zu einem Gliede einer intelligibelen Welt macht. Also einer Welt , die nur über den Verstand oder Intellekt erfasst werden kann.
  • Es ist niemand, selbst der ärgste Bösewicht, wenn er nur sonst Vernunft zu brauchen gewohnt ist, der nicht, wenn man ihm Beispiele der Redlichkeit in Absichten, der Standhaftigkeit in Befolgung guter Maximen, der Teilnehmung und des allgemeinen Wohlwollens (und noch dazu mit großen Aufopferungen von Vorteilen und Gemächlichkeit verbunden) vorlegt, nicht wünsche, daß er auch so gesinnt sein möchte. Er kann es aber nur wegen seiner Neigungen und Antriebe nicht wohl in sich zu Stande bringen; wobei er dennoch zugleich wünscht, von solchen ihm selbst lästigen Neigungen frei zu sein. Er beweiset hiedurch also, daß er mit einem Willen, der von Antrieben der Sinnlichkeit frei ist, sich in Gedanken in eine ganz andere Ordnung der Dinge versetze, als die seiner Begierden im Felde der Sinnlichkeit,
    Kant .. Wie ist ein kategorischer Imperativ möglich?
.. und so , also über den reinen Verstand , kann sich selbst der ärgste Bösewicht .. in Gedanken in eine ganz andere Ordnung der Dinge versetzen, als die seiner Begierden im Felde der Sinnlichkeit. Er ist in diesem Moment , wo er sich als solches zum Gliede einer intelligibelen Welt gemacht hat , mit einem mal willentlich frei von seinen negativen Antrieben der Sinnlichkeit. In diesem Zustand der Freiheit , von seinen Begierden , sind nach Ansicht von Kant selbst beim ärgsten Bösewicht kategorische Imperative möglich.


Wenn es nach Kants kategorische Imperativ geht , dann hat die Freiheit nicht mit vielen Menschen einer Gesellschaft zu tun, sondern mit einer Freiheit bei sich selbst.
  • Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.
    Immanuel Kant .. Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung?

.. und zwar der Freiheit , sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Das dergleichen .. so Kant .. Mut erfordert , insbesondere in einer Welt von "ärgsten Bösewichten" und als solches einer Welt voller Begierden , jenseits aller Intelligibilität , sollte eigentlich außer Frage stehen. In diesem Zusammenhang hat die Freiheit ( bei sich selbst) tatsächlich mit vielen Menschen, einer Gesellschaft zu tun.




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Mo 19. Jun 2023, 10:54

Timberlake hat geschrieben :
Mo 19. Jun 2023, 03:32
Wenn es nach Kants kategorische Imperativ geht , dann hat die Freiheit nicht mit vielen Menschen einer Gesellschaft zu tun, sondern mit einer Freiheit bei sich selbst.
Freiheit heisst doch primär, dass ich nicht gehindert werde Handlungen zu tun, die ich machen will.
Nehmen wir ein Beispiel. Ich will die Wäsche machen. Bei uns hat es einen Waschraum für alle im Haus. Wenn mich jetzt jemand dauernd daran hindert meine Wäsche zu machen, obschon ich müsste, dann schränkt er mich in meiner Freiheit ein.
Freiheit hat also mit anderen Menschen zu tun. Wenn ich alleine auf der Welt wäre, dann könnte ich ja tun und lassen, was ich will.

Und erst die Handlung zählt, wenn wir beschreiben wollen, was Freiheit ist. Bei einem Menschen, der nicht handelt, können wir nicht sagen, ob er frei ist oder nicht. Wir wissen dann nicht, was er im Sinn hat.
Also unser Handeln muss irgendwie eine Rolle spielen bei der Freiheit.
Wie siehst du diese Rolle, Timberlake?



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Timberlake
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Mo 19. Jun 2023, 15:27

AufDerSonne hat geschrieben :
Mo 19. Jun 2023, 10:54
Timberlake hat geschrieben :
Mo 19. Jun 2023, 03:32
Wenn es nach Kants kategorische Imperativ geht , dann hat die Freiheit nicht mit vielen Menschen einer Gesellschaft zu tun, sondern mit einer Freiheit bei sich selbst.
Freiheit heisst doch primär, dass ich nicht gehindert werde Handlungen zu tun, die ich machen will.
Nehmen wir ein Beispiel. Ich will die Wäsche machen. Bei uns hat es einen Waschraum für alle im Haus. Wenn mich jetzt jemand dauernd daran hindert meine Wäsche zu machen, obschon ich müsste, dann schränkt er mich in meiner Freiheit ein.
Freiheit hat also mit anderen Menschen zu tun. Wenn ich alleine auf der Welt wäre, dann könnte ich ja tun und lassen, was ich will.

Wenn du allein auf der Welt wärest ; dann bräuchte es auch keinen kategorischen Imperativ der dich in deine Handlungen mit anderen und damit in deiner Freiheit einschränkt …
  • kategorische Imperativ
    Der kategorische Imperativ ist das grundlegende Prinzip moralischen Handelns in der Philosophie Immanuel Kants. Als Kriterium, ob eine Handlung moralisch sei, wird hinterfragt, ob sie einer Maxime folgt, deren Gültigkeit für alle, jederzeit und ohne Ausnahme akzeptabel wäre, und ob alle betroffenen Personen nicht als bloßes Mittel zu einem anderen Zweck behandelt werden, sondern auch als Zweck an sich.
Gäbe es doch dann nicht die betroffenen Personen , die man danach nicht bloß als Mittel zu einem anderem Zweck benutzt. Was dazu dein Beispiel betrifft, völlig richtig wenn dich jetzt jemand dauernd daran hindert meine Wäsche zu machen, dann bist du in deiner Freiheit , die Wäsche zu waschen eingeschränkt. Nur leider hat das rein gar nichts mit dem kategorischen Impearativ zu tun. greift doch er doch erst dann , wenn du diese " betroffene Person" , die dich in deiner Freiheit einschränkt oder andere Personen , die von dir dazu , zu betroffenen Personen gemacht wurden ggf. als bloßes Mittel gebrauchst. Kurz gesagt der kategorische Imperativ greift erst dann , wenn du daraus eine Handlung ableitest.
  • kategorische Imperativ
    Er ( kategorische Imperativlautet) in einer seiner Grundformen: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Auf unmittelbare Kritik reagierte Kant mit einem Anwendungsbeispiel in dem Aufsatz Über ein vermeintes Recht, aus Menschenliebe zu lügen.
Wenn du gewissermaßen aus "Menschenliebe" nach sauberer Wäsche, den der dich daran hindert deine Wäsche zu waschen anlügst. Beispielsweise, in dem du die "betroffene Person" , zu dem Zeitpunkt , wo du deine Wäsche waschen willst , mit der Lüge in Kenntnis setzt , dass du dessen Frau gerade beim Fremdgehen erwischt hast. So das sich diese Person schnurstracks auf den Weg macht , um seine Frau in Flagranti zu erwische. Oder , dass du beispielweise eine Person dadurch zu einer "betroffene Person" machst , dass du diese mit der Lüge in Kenntnis setzt , dass der , der dich daran hindert deine wäsche zu Waschen mit seiner Frau fremd geht. So das diese Person denjenigen Krankenhaus reif schlägt. Nun mehr hast du alle Zeit der Welt ; um deine wäsche zu waschen. In beiden Fällen hast , die diese Personen als Mittel zu deinen Zweck gebraucht. Was aus Sicht der anderen Personen, als der Zweck eines anderen und somit als "andere Zweck" erscheint , der " Zweck an sich" dieser betroffen Personen und damit deren Würde , bleibt damit auf der Strecke.
  • "Im Reiche der Zwecke hat alles entweder einen Preis, oder eine Würde. Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes, als Äquivalent, gesetzt werden; was dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein Äquivalent verstattet, das hat eine Würde:
    Kant .. Grundlegung zur Metaphysik der Sitten

Hat doch lt Kant Im Reiche der Zwecke alles entweder einen Preis oder eine Würde.
Zuletzt geändert von Timberlake am Mo 19. Jun 2023, 16:17, insgesamt 2-mal geändert.




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AufDerSonne
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Mo 19. Jun 2023, 15:54

Timberlake hat geschrieben :
Mo 19. Jun 2023, 15:27
AufDerSonne hat geschrieben :
Mo 19. Jun 2023, 10:54
Timberlake hat geschrieben :
Mo 19. Jun 2023, 03:32
Wenn es nach Kants kategorische Imperativ geht , dann hat die Freiheit nicht mit vielen Menschen einer Gesellschaft zu tun, sondern mit einer Freiheit bei sich selbst.
Freiheit heisst doch primär, dass ich nicht gehindert werde Handlungen zu tun, die ich machen will.
Nehmen wir ein Beispiel. Ich will die Wäsche machen. Bei uns hat es einen Waschraum für alle im Haus. Wenn mich jetzt jemand dauernd daran hindert meine Wäsche zu machen, obschon ich müsste, dann schränkt er mich in meiner Freiheit ein.
Freiheit hat also mit anderen Menschen zu tun. Wenn ich alleine auf der Welt wäre, dann könnte ich ja tun und lassen, was ich will.

wenn du allein auf der Welt wärest
Eben. Dann stimmst also zu, dass Freiheit ein soziales Phänomen ist. Es gibt also nicht Freiheit in der Natur, sondern nur bei Menschen.
Also es macht erst Sinn über Freiheit zu reden, wenn es andere Menschen gibt. Freiheit ist also ein rein menschliches Problem und kommt in der Natur als solche gar nicht vor.
Gut, ich muss das immer erst abklären, ob wir von einem natürlichen Phänomen reden oder von einem rein menschlichen.



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Timberlake
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Mo 19. Jun 2023, 16:20

AufDerSonne hat geschrieben :
Mo 19. Jun 2023, 15:54
Timberlake hat geschrieben :
Mo 19. Jun 2023, 15:27
AufDerSonne hat geschrieben :
Mo 19. Jun 2023, 10:54

Freiheit heisst doch primär, dass ich nicht gehindert werde Handlungen zu tun, die ich machen will.
Nehmen wir ein Beispiel. Ich will die Wäsche machen. Bei uns hat es einen Waschraum für alle im Haus. Wenn mich jetzt jemand dauernd daran hindert meine Wäsche zu machen, obschon ich müsste, dann schränkt er mich in meiner Freiheit ein.
Freiheit hat also mit anderen Menschen zu tun. Wenn ich alleine auf der Welt wäre, dann könnte ich ja tun und lassen, was ich will.

wenn du allein auf der Welt wärest
Eben. Dann stimmst also zu, dass Freiheit ein soziales Phänomen ist. Es gibt also nicht Freiheit in der Natur, sondern nur bei Menschen.
Also es macht erst Sinn über Freiheit zu reden, wenn es andere Menschen gibt. Freiheit ist also ein rein menschliches Problem und kommt in der Natur als solche gar nicht vor.
Gut, ich muss das immer erst abklären, ob wir von einem natürlichen Phänomen reden oder von einem rein menschlichen.
Mein Beitrag geht allerdings noch weiter, als bis zu "wenn du allein auf der Welt wärest" . Das stete außer acht lassen , des Rest eines Beitrages , wäre übrigens für mich ein Grund , auf Beiträge nicht mehr zu reagieren .Ich würde dich doch bitten das zu Kenntnis zu nehmen. . Also nochmal .diesmal , um alle Missverständnisse aus zu schließen die alles entscheidenden Passagen mit roter Farbe hervor gehoben ..


AufDerSonne hat geschrieben :
Mo 19. Jun 2023, 10:54
Timberlake hat geschrieben :
Mo 19. Jun 2023, 03:32
Wenn es nach Kants kategorische Imperativ geht , dann hat die Freiheit nicht mit vielen Menschen einer Gesellschaft zu tun, sondern mit einer Freiheit bei sich selbst.
Freiheit heisst doch primär, dass ich nicht gehindert werde Handlungen zu tun, die ich machen will.
Nehmen wir ein Beispiel. Ich will die Wäsche machen. Bei uns hat es einen Waschraum für alle im Haus. Wenn mich jetzt jemand dauernd daran hindert meine Wäsche zu machen, obschon ich müsste, dann schränkt er mich in meiner Freiheit ein.
Freiheit hat also mit anderen Menschen zu tun. Wenn ich alleine auf der Welt wäre, dann könnte ich ja tun und lassen, was ich will.

Wenn du allein auf der Welt wärest ; dann bräuchte es auch keinen kategorischen Imperativ , der dich in deinen Handlungen mit anderen und damit in deiner Freiheit einschränkt …
  • kategorische Imperativ
    Der kategorische Imperativ ist das grundlegende Prinzip moralischen Handelns in der Philosophie Immanuel Kants. Als Kriterium, ob eine Handlung moralisch sei, wird hinterfragt, ob sie einer Maxime folgt, deren Gültigkeit für alle, jederzeit und ohne Ausnahme akzeptabel wäre, und ob alle betroffenen Personen nicht als bloßes Mittel zu einem anderen Zweck behandelt werden, sondern auch als Zweck an sich.
Gäbe es doch dann nicht die betroffenen Personen , die man danach nicht bloß als Mittel zu einem anderem Zweck benutzt. Was dazu dein Beispiel betrifft, völlig richtig, wenn dich jetzt jemand dauernd daran hindert , deine Wäsche zu machen, dann bist du in deiner Freiheit , die Wäsche zu waschen eingeschränkt.

Nur leider hat das rein gar nichts mit dem kategorischen Imperativ zu tun.


Greift er doch erst dann , wenn du diese " betroffene Person" , die dich in deiner Freiheit einschränkt oder andere Personen , die von dir dazu , zu betroffenen Personen gemacht wurden ggf. als bloßes Mittel gebrauchst.

Kurz gesagt der kategorische Imperativ greift erst dann , wenn du daraus eine Handlung ableitest.
  • kategorische Imperativ
    Er ( kategorische Imperativlautet) in einer seiner Grundformen: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Auf unmittelbare Kritik reagierte Kant mit einem Anwendungsbeispiel in dem Aufsatz Über ein vermeintes Recht, aus Menschenliebe zu lügen.
Wenn du gewissermaßen aus "Menschenliebe" nach sauberer Wäsche, den der dich daran hindert deine Wäsche zu waschen anlügst.

Beispielsweise, in dem du die "betroffene Person" , zu dem Zeitpunkt , wo du deine Wäsche waschen willst , mit der Lüge in Kenntnis setzt , dass du dessen Frau gerade beim Fremdgehen erwischt hast. So das sich diese Person schnurstracks auf den Weg macht , um seine Frau in Flagranti zu erwischen. Oder , dass du beispielsweise eine Person dadurch zu einer "betroffene Person" machst , dass du diese mit der Lüge in Kenntnis setzt , dass der , der dich daran hindert deine Wäsche zu waschen, mit seiner Frau fremd geht. So das diese Person denjenigen Krankenhaus reif schlägt. Nun mehr hast du alle Zeit der Welt , um deine Wäsche zu waschen. In beiden Fällen hast du diese Personen als Mittel zu deinen Zweck gebraucht. Was aus Sicht der anderen Personen, als der Zweck eines anderen und somit als "andere Zweck" erscheint , der " Zweck an sich" dieser betroffen Personen und damit deren Würde bleibt damit auf der Strecke.
  • "Im Reiche der Zwecke hat alles entweder einen Preis, oder eine Würde. Was einen Preis hat, an dessen Stelle kann auch etwas anderes, als Äquivalent, gesetzt werden; was dagegen über allen Preis erhaben ist, mithin kein Äquivalent verstattet, das hat eine Würde:
    Kant .. Grundlegung zur Metaphysik der Sitten

Hat doch lt Kant im Reiche der Zwecke alles entweder einen Preis oder eine Würde.




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Jörn Budesheim
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Mo 19. Jun 2023, 17:19

Wenn es außer mir keine anderen Menschen gäbe, dann hätte ich natürlich nach wie vor moralische Verpflichtungen, nämlich gegenüber mir selbst und den anderen Lebewesen.




Timberlake
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Di 20. Jun 2023, 00:57

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 19. Jun 2023, 17:19
Wenn es außer mir keine anderen Menschen gäbe, dann hätte ich natürlich nach wie vor moralische Verpflichtungen, nämlich gegenüber mir selbst und den anderen Lebewesen.
.. völlig richtig ...


  • "So wie die Liebe zum Leben von der Natur zur Erhaltung der Person, so ist die Liebe zum Geschlecht von ihr zur Erhaltung der Art bestimmt; d.i. eine jede von beiden ist Naturzweck, unter welchem man diejenige Verknüpfung der Ursache mit einer Wirkung versteht, in welcher jene, auch ohne ihr dazu einen Verstand beizulegen, diese doch nach der Analogie mit einem solchen, also gleichsam absichtlich Menschen hervorbringend gedacht wird"
    Kant ... Die Metaphysik der Sitten
Selbst wenn es außer mir keine Menschen gäbe, so habe ich beispielsweise nach wie vor die moralische Verpflichtung , mich , als Person selbst zu erhalten. Das ; sowie die moralische Verpflichtungen gegenüber den anderen Lebewesen ist Naturzweck und läuft deshalb bei Kants kategorischen Imperativ unter der Naturgesetzformel.




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Jörn Budesheim
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Di 20. Jun 2023, 08:25

Kant spricht in der zitierten Stelle von der Erhaltung der Gattung/der Art. Dazu kann ein Einzelner nach Lage der Dinge nichts beitragen. Und davon habe ich ohnehin nicht gesprochen.

Wenn ich allein, als einziger Mensch auf der Welt wäre, ohne Aussicht auf Nachkommen, könnte ich vielleicht tun und lassen, was ich will, wie AdSonne meint, aber die Frage, was ich tun soll, weil ich mir selbst etwas schuldig bin, ist damit noch nicht berührt. Ich glaube, man hat auch moralische Verpflichtungen sich selbst gegenüber, sagen wir: zum Beispiel gegenüber meinem Ich von morgen. (Und, wie oben erwähnt, natürlich auch gegenüber anderen Lebewesen).




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AufDerSonne
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Di 20. Jun 2023, 14:53

Ist es eine moralische Verpflichtung, wenn man gut zu seiner Gesundheit schaut? Oder was hat man denn für konkrete Verpflichtungen sich selbst gegenüber?

Ich verstehe nicht ganz, was Kant mit "Zweck" meint. Ist irgendwie ein hässliches Wort.
Ich weiss nicht, ob der kategorische Imperativ zu viel verlangt. Man kann doch unmöglich immer alle seine Handlungen darauf prüfen, ob sie für die Allgemeinheit gelten können.
Ausserdem macht man auch einmal einen Fehler. Das kann es geben.

Was ich an Kant mag ist, dass er eine sehr gut Vorstellung von der Würde eines Menschen gehabt hat. Das scheint ein bleibendes Ergebnis seiner Arbeit zu sein, das bis heute wichtig ist.
Kann man sagen, ohne Kant hätten wir nicht so eine gute Vorstellung von Menschenwürde heute?



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Di 20. Jun 2023, 23:19

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 20. Jun 2023, 08:25
Kant spricht in der zitierten Stelle von der Erhaltung der Gattung/der Art. Dazu kann ein Einzelner nach Lage der Dinge nichts beitragen. Und davon habe ich ohnehin nicht gesprochen.

  • "So wie die Liebe zum Leben von der Natur zur Erhaltung der Person, so ist die Liebe zum Geschlecht von ihr zur Erhaltung der Art bestimmt; d.i. eine jede von beiden ist Naturzweck, unter welchem man diejenige Verknüpfung der Ursache mit einer Wirkung versteht, in welcher jene, auch ohne ihr dazu einen Verstand beizulegen, diese doch nach der Analogie mit einem solchen, also gleichsam absichtlich Menschen hervorbringend gedacht wird"
    Kant ... Die Metaphysik der Sitten
Wenn Kant hier von der Erhaltung der Gattung/der Art spricht , dann im Zusammenhang zur Liebe zum Geschlecht. Das , wie auch die Erhaltung der Person ist nach Ansicht von Kant ein Naturzweck.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 20. Jun 2023, 08:25

Wenn ich allein, als einziger Mensch auf der Welt wäre, ohne Aussicht auf Nachkommen, könnte ich vielleicht tun und lassen, was ich will, wie AdSonne meint, aber die Frage, was ich tun soll, weil ich mir selbst etwas schuldig bin, ist damit noch nicht berührt. Ich glaube, man hat auch moralische Verpflichtungen sich selbst gegenüber, sagen wir: zum Beispiel gegenüber meinem Ich von morgen. (Und, wie oben erwähnt, natürlich auch gegenüber anderen Lebewesen).
.. und wenn hier davon gesprochen wird , dass man zum Beispiel auch gegenüber seinem ich von morgen eine moralische Verpflichtungen habe , so kann der Einzelne nach Lage der Dinge dazu sehr wohl etwas beitragen und zwar dadurch , dass er sich .. so Kant .. von der Natur so bestimmt ,aus Liebe zum Leben als Person erhält. Ob diese Liebe auch das Ich von morgen mit einschließt , möchte ich allerdings dahingestellt sein lassen.
Zuletzt geändert von Timberlake am Di 20. Jun 2023, 23:39, insgesamt 1-mal geändert.




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Di 20. Jun 2023, 23:28

AufDerSonne hat geschrieben :
Di 20. Jun 2023, 14:53

Ist es eine moralische Verpflichtung, wenn man gut zu seiner Gesundheit schaut? Oder was hat man denn für konkrete Verpflichtungen sich selbst gegenüber?

  • Kategorische Imperativ
    Der kategorische Imperativ ist das grundlegende Prinzip moralischen Handelns in der Philosophie Immanuel Kants. Als Kriterium, ob eine Handlung moralisch sei, wird hinterfragt, ob sie einer Maxime folgt, deren Gültigkeit für alle, jederzeit und ohne Ausnahme akzeptabel wäre,

Gegenfragen .. wäre denn deiner Meinung nach "gut zu seiner Gesundheit schauen" eine solche Maxime , deren Gültigkeit für alle, jederzeit und ohne Ausnahme akzeptabel wäre?

  • Er ( kategorische Imperativ) lautet in einer seiner Grundformen: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“

Kann man von dieser Maxime zugleich wollen , dass sie ein allgemeines Gesetz werde. ?




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So 25. Feb 2024, 02:29

Lucian Wing hat geschrieben :
Für mich ist und bleibt "Wahrheit" eine Eigenschaft von Sätzen (Aussagen). Vor allen anderen "Wahrheiten" graust mir eher. Und aus Interpretationen und Deutungen von Subtext usw., bei denen schon über die Prämissen keine Einigket erzielt werden kann, zu wahren Aussagen zu kommen halte ich für unmöglich. Der Kampf um Heidegger tobt nun mindestens seit seinem Tod und dem bekannten Spiegel-Interview, zigtausend Sätze wurden ausgetauscht, ohne dass jemals eine "Wahrheit" herausgekommen wäre.

Günther Anders schreibt in seinen "Ketzereien", dass man mit Kants kategorischem Imperativ auch ein Konzentrationslager führen könne. Ich glaube nicht, dass solche Sätze einen Wahrheitswert haben, auch wenn Anders das begründet. Gleichermaßen wird das auch für alles gelten, was Kellerer schreibt.

Gut, genug davon. Mag jeder glauben und richten nach seinem Gusto. Kann also gerne geschlossen werden.
@Lucian Wing

Um an dieser Stelle daran an zuknüpfen , was schreibt denn Günther Anders in seinen "Ketzereien" dazu , dass man mit Kants kategorischem Imperativ auch ein Konzentrationslager führen könne ?




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Lucian Wing
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So 25. Feb 2024, 20:40

Timberlake hat geschrieben :
So 25. Feb 2024, 02:29
Lucian Wing hat geschrieben :
Für mich ist und bleibt "Wahrheit" eine Eigenschaft von Sätzen (Aussagen). Vor allen anderen "Wahrheiten" graust mir eher. Und aus Interpretationen und Deutungen von Subtext usw., bei denen schon über die Prämissen keine Einigket erzielt werden kann, zu wahren Aussagen zu kommen halte ich für unmöglich. Der Kampf um Heidegger tobt nun mindestens seit seinem Tod und dem bekannten Spiegel-Interview, zigtausend Sätze wurden ausgetauscht, ohne dass jemals eine "Wahrheit" herausgekommen wäre.

Günther Anders schreibt in seinen "Ketzereien", dass man mit Kants kategorischem Imperativ auch ein Konzentrationslager führen könne. Ich glaube nicht, dass solche Sätze einen Wahrheitswert haben, auch wenn Anders das begründet. Gleichermaßen wird das auch für alles gelten, was Kellerer schreibt.

Gut, genug davon. Mag jeder glauben und richten nach seinem Gusto. Kann also gerne geschlossen werden.
@Lucian Wing

Um an dieser Stelle daran an zuknüpfen , was schreibt denn Günther Anders in seinen "Ketzereien" dazu , dass man mit Kants kategorischem Imperativ auch ein Konzentrationslager führen könne ?
Ich muss mal schauen, wenn ich demnächst Bücher umräume. Er steht irgendwo in zweiter Reihe, aber ich habe den Überblick verloren.



Als ich vierzehn war, war mein Vater so unwissend. Ich konnte den alten Mann kaum in meiner Nähe ertragen. Aber mit einundzwanzig war ich verblüfft, wieviel er in sieben Jahren dazu gelernt hatte. (Mark Twain)

Timberlake
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Mo 26. Feb 2024, 23:51

. .. zumindest ist dir das von Günther Anders "Ketzereien" in Erinnerung geblieben und das will ja schon mal was heißen.
  • " Alles wäre lauter Gleisnerei, das Gesetz würde gehaßt, oder wohl gar verachtet, indessen doch um eigenen Vorteils willen befolgt werden. Der Buchstabe des Gesetzes (Legalität) würde in unseren Handlungen anzutreffen sein, der Geist derselben aber in unseren Gesinnungen (Moralität) gar nicht, und da wir mit aller unserer Bemühung uns doch in unserem Urteile nicht ganz von der Vernunftlos machen können, so würden wir unvermeidlich in unseren eigenen Augen als nichtswürdige, verworfene Menschen erscheinen müssen, wenn wir uns gleich für diese Kränkung vor dem inneren Richterstuhl dadurch schadlos zu halten versuchten, daß wir uns an denen Vergnügen ergötzten, die ein von uns angenommenes natürliches oder göttliches Gesetz, unserem Wahne nach, mit dem Maschinenwesen ihrer Polizei, die sich bloß nach dem richtete, was man tut, ohne sich um die Bewegungsgründe, warum man es tut, zu bekümmern, verbunden hätte."
    Kant ... Kritik der praktischen Vernunft
Zumal ich Kants kategorischem Imperativ .. ganz grundsätzlich ! . nicht zu jener "lauter Gleisnerei" zählen würde , dass wohl gar verachtet, indessen doch um eigenen Vorteils willen befolgt wird. Es sei denn , dass man mit Kants kategorischem Imperativ .. "dem Buchstabe des Gesetzes (Legalität) folgend und in den Handlungen antreffend " .. tatsächlich auch ein Konzentrationslager führen kann. Wenngleich ich allerdings für den Fall, dass der kategorischem Imperativ dafür taugt, bezweifeln würde, dass dieses Gesetz seiner Zeit vor Ort zugleich gehasst, oder wohl gar verachtet war. Geschweige denn , dass man sich , vor dem inneren Richterstuhl stehend , in seinen eigenen Augen als ein nichtswürdigen , verworfenen Menschen erschien . Ganz im Gegenteil. Das Betreiben eines Konzentrationslager war seiner Zeit bei den Tätern durchaus in deren Gesinnungen (Moralität) an zutreffen. Wenn vom Kants kategorischem Imperativ "geführt" , um so besser.

  • Wenn man auf den Gang der Gespräche in gemischten Gesellschaften, die nicht bloß aus Gelehrten und Vernünftlern, sondern auch aus Leuten von Geschäften oder Frauenzimmer bestehen, Acht hat, so bemerkt man, daß, außer dem Erzählen und Scherzen, noch eine Unterhaltung, nämlich das Räsonieren, darin Platz findet; weil das erstere, wenn es Neuigkeit, und, mit ihr, Interesse bei sich führen soll, bald erschöpft, das zweite aber leicht schal wird. ... Diejenige, welchen sonst alles Subtile und Grüblerische in theoretischen Fragen trocken und verdrießlich ist, treten bald bei, wenn es darauf ankommt, den moralischen Gehalt einer erzählten guten oder bösen Handlung auszumachen,
    Kant ... Kritik der praktischen Vernunft
Vorausgesetzt natürlich , dass in den Gesprächen dieser gemischten Gesellschaften ein Räsonieren darüber Platz findet und nicht diejenigen bald beitreten , denen alles Subtile und Grüblerische in theoretischen Fragen , wie die zum kategorischem Imperativ , trocken und verdrießlich ist. Zumal .. "wenn es darauf ankommt, den moralischen Gehalt einer erzählten guten oder bösen Handlung .. im Konzentrationslager! .. auszumachen".




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