Rechte/Pflichten

Ethische Fragen und ihre rationale Begründbarkeit bewegen das philosophische Denken in einer Zeit, in der die Politik wieder über "Werte" debattiert und vertraute Grundlagen des politischen Handelns zur Disposition stehen.
Timberlake
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Mo 28. Nov 2022, 18:36

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 28. Nov 2022, 07:01
AufDerSonne hat geschrieben :
So 27. Nov 2022, 22:04
Rechte und Pflichten. Ein interessantes Thema.
Ja sicher. Rechte und Pflichten sind ein interessantes Thema, aber das ist nicht das Thema dieses Fadens. Das Thema lautet stattdessen: Was sind eigentlich unsere unveräußerlichen Menschenpflichten?
.. völlig richtig .. unveräußerlichen Menschenpflichten, die als solches zu benennen sind. z.B .. Die zehn Gebote des Alten Testaments
Jörn Budesheim hat geschrieben :
So 27. Nov 2022, 20:36
Stefanie hat geschrieben :
So 27. Nov 2022, 20:32
Meinst Du das jetzt positiv?
Hmmm, der Umweg über die Religion war vielleicht überflüssig.
.. spomit ich mich mal an dich die Frage richte, warum für dich vielleicht auch dieser Umweg , über die Religion, überflüssig ist? Am Ende zählt doch .. so zumindest Meinung .. was bei den unveräußerlichen Menschenpflichten heraus kommt. Was spricht denn dagegen , wenn jemand , über den "Umweg" seiner Religion beispielsweise nicht tötet? Um hier einmal das fünfte Gebot zu erwähnen, dass man ja wohl wie kein anderes zu unveräußerlichen Menschenpflichten zählen sollte. In diesem Zusammenhang sei mal auf die Christen, als Bausoldaten im Wehrersatzdienst der NVA verwiesen.

Für mich beweisen sich die unveräußerlichen Menschenpflichten daran , wie man denn auch bereit ist dafür Abstriche hin zu nehmen . Damit , dass diese Christen als Bausoldaten in der DDR malocht haben, war ja noch lange nicht schluß.
Zuletzt geändert von Timberlake am Mo 28. Nov 2022, 19:10, insgesamt 2-mal geändert.




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Jörn Budesheim
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Dass jemand das Richtige tut, ist natürlich zu begrüßen. Wenn aber jemand das richtige tut, weil es ihm eine Autorität sagt, dann handelt er womöglich nicht aus Einsicht, sondern aus Hörigkeit.




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Jörn Budesheim
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Dostojewski: “Wenn es keinen Gott gibt, ist alles erlaubt". Das ist meines Erachtens einfach eine Form von Nihilismus.




Timberlake
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Mo 28. Nov 2022, 19:12

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 28. Nov 2022, 19:04
Dass jemand das Richtige tut, ist natürlich zu begrüßen. Wenn aber jemand das richtige tut, weil es ihm eine Autorität sagt, dann handelt er womöglich nicht aus Einsicht, sondern aus Hörigkeit.
.. und genau deshalb bin ich ein Fan von Kant und seinem kategorischen Imperativ. Nach dem handelt man aus Einsicht. Nach zulesen in "Wie ist ein kategorischer Imperativ möglich?"
  • "Es ist niemand, selbst der ärgste Bösewicht, wenn er nur sonst Vernunft zu brauchen gewohnt ist, der nicht, wenn man ihm Beispiele der Redlichkeit in Absichten, der Standhaftigkeit in Befolgung guter Maximen, der Teilnehmung und des allgemeinen Wohlwollens (und noch dazu mit großen Aufopferungen von Vorteilen und Gemächlichkeit verbunden) vorlegt, nicht wünsche, daß er auch so gesinnt sein möchte".
    Kant
Zuletzt geändert von Timberlake am Mo 28. Nov 2022, 19:18, insgesamt 1-mal geändert.




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Lucian Wing
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Mo 28. Nov 2022, 19:17

Timberlake hat geschrieben :
Mo 28. Nov 2022, 18:36
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 28. Nov 2022, 07:01
AufDerSonne hat geschrieben :
So 27. Nov 2022, 22:04
Rechte und Pflichten. Ein interessantes Thema.
Ja sicher. Rechte und Pflichten sind ein interessantes Thema, aber das ist nicht das Thema dieses Fadens. Das Thema lautet stattdessen: Was sind eigentlich unsere unveräußerlichen Menschenpflichten?
.. völlig richtig .. unveräußerlichen Menschenpflichten, die als solches zu benennen sind. z.B .. Die zehn Gebote des Alten Testaments

Die kamen von Gott.
Und es kommen keine Rechte und Pflichten von Gott. Auch von nirgendwoher. Sie kommen als Moral- oder Rechtsnormen mit heute unterschiedlichen Ansprüchen auf Geltung.
Das oben verlinkte Dokument ist übrigens ein politisches Dokument. Und genau deshalb ergibt sich aus ihm ein Freiheitsproblem. Die ganzen schwammigen Adjektive zu füllen ist die Domäne von Politik und Rechtssprechung. Man hebt unbestimmt gehaltene Moralnormen von der Ebene der Gesellschaft auf die Ebene des Staates und entzieht so den Menschen die Freiheit, Pflichten unter sich auszuhandeln. Der Treppenwitz des totalen Individualismus besteht darin, dass so das Individuum vollkommen am Tropf des Staates hängt. Im positiven wie im negativen Sinne. Denn wenn Moral und Recht deckungsgleich sind, gibt es keine Gesellschaft der Freien mehr. Die Vorzeichen sind dann wurscht, ob nun Nordkorea oder der Iran, die alten Kommunisten oder die alten Faschisten.



Als ich vierzehn war, war mein Vater so unwissend. Ich konnte den alten Mann kaum in meiner Nähe ertragen. Aber mit einundzwanzig war ich verblüfft, wieviel er in sieben Jahren dazu gelernt hatte. (Mark Twain)

Timberlake
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Mo 28. Nov 2022, 19:24

Lucian Wing hat geschrieben :
Mo 28. Nov 2022, 19:17
Timberlake hat geschrieben :
Mo 28. Nov 2022, 18:36
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 28. Nov 2022, 07:01


Ja sicher. Rechte und Pflichten sind ein interessantes Thema, aber das ist nicht das Thema dieses Fadens. Das Thema lautet stattdessen: Was sind eigentlich unsere unveräußerlichen Menschenpflichten?
.. völlig richtig .. unveräußerlichen Menschenpflichten, die als solches zu benennen sind. z.B .. Die zehn Gebote des Alten Testaments

Die kamen von Gott.
Und es kommen keine Rechte und Pflichten von Gott. Auch von nirgendwoher. Sie kommen als Moral- oder Rechtsnormen mit heute unterschiedlichen Ansprüchen auf Geltung.
.. und woher kommen die "Moral- oder Rechtsnormen" , wenn man sie denn aus Kants kategorischen Imperativ ableitet? Kommen die als solches , jenseits der Rechte und Pflichten von Gott oder sonst jemanden , nicht stets von einem selbst? Gerade du , der .. so zumindest mein Einduck .. mit Obrigkeiten so ganz und gar nichts am Hut hat, sollte von kategorischen Imperativ ganz hin und weg sein. Setz dieser Imperativ seinen Hebel am einzelnem Individuum an. Das ist als solches Individualismus in Reinstform.
Zuletzt geändert von Timberlake am Mo 28. Nov 2022, 19:31, insgesamt 2-mal geändert.




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Jörn Budesheim
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Mo 28. Nov 2022, 19:28

Zur Legitimation: Ich glaube es gibt hier vielleicht ein Missverständnis. Eine Institution oder eine Person, die mir eine Pflicht auferlegt, braucht dafür in der Regel in irgendeiner Form eine Legitimation. Aber Pflichten, die mir auferlegt sind, weil ich ein Mensch bin, brauchen keine weitere Legitimation. Was sollte es z.b "umgekehrt" heißen, dass die Rechte, die ich als Mensch habe, einer Legitimation bedürfen?




Timberlake
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Mo 28. Nov 2022, 19:40

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 28. Nov 2022, 19:28
Zur Legitimation: Ich glaube es gibt hier vielleicht ein Missverständnis. Eine Institution oder eine Person, die mir eine Pflicht auferlegt, braucht dafür in der Regel in irgendeiner Form eine Legitimation. Aber Pflichten, die mir auferlegt sind, weil ich ein Mensch bin, brauchen keine weitere Legitimation. Was sollte es z.b "umgekehrt" heißen, dass die Rechte, die ich als Mensch habe, einer Legitimation bedürfen?
Woher kommt denn das , dass eine Institution oder eine Person uns Pflichten auferlegt? Wenn man @Lucian Wing glauben schenken darf , zumindest gehe ich einmal davon aus , sind diese Institutionen oder Personen völlig überflüssig.Weil .. um es mal mit deinen Worten zu formulieren . die Pflichten, die uns auferlegt sind, weil wir Menschen sind , keine weitere Legitimation brauchen.




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Jörn Budesheim
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Mo 28. Nov 2022, 20:54

Es gibt Institutionen, die uns Pflichten auferlegen dürfen, z.b darf der Staat hier in Deutschland Steuern erheben. Aber das sind nicht die Pflichten, von denen hier in dem Faden die Rede ist.




Timberlake
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Mo 28. Nov 2022, 21:58

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 28. Nov 2022, 20:54
Es gibt Institutionen, die uns Pflichten auferlegen dürfen, z.b darf der Staat hier in Deutschland Steuern erheben. Aber das sind nicht die Pflichten, von denen hier in dem Faden die Rede ist.
Wenn ich dich richtig vertstehe , dann geht es in diesem Faden um die Pflichten , die man sich selbst , als Mensch auferlegt.. So kann es unter Umständen sogar vorkommen , dass man sich mit eben diesen Pflichten , im Widerspruch zu den Pflichten steht , die einem von Institutionen auferlegt werden.

Beispiel

Wenn eine Institution , mir die Pflicht auferlegt , einen Wehrdienst ab zu leisten , ich mir aber als Mensch mir die Pflicht auferlegt habe, niemals, unter keinen Umständen Menschen zu verletzen oder gar zu töten, dann werde ich mich , weil ich deshalb diesen Wehrdienst verweigere , im Widerspruch mit dieser , von der Institution , mir auferlegten Pflicht befinden.




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Lucian Wing
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Mo 28. Nov 2022, 22:16

Timberlake hat geschrieben :
Mo 28. Nov 2022, 19:40
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 28. Nov 2022, 19:28
Zur Legitimation: Ich glaube es gibt hier vielleicht ein Missverständnis. Eine Institution oder eine Person, die mir eine Pflicht auferlegt, braucht dafür in der Regel in irgendeiner Form eine Legitimation. Aber Pflichten, die mir auferlegt sind, weil ich ein Mensch bin, brauchen keine weitere Legitimation. Was sollte es z.b "umgekehrt" heißen, dass die Rechte, die ich als Mensch habe, einer Legitimation bedürfen?
Woher kommt denn das , dass eine Institution oder eine Person uns Pflichten auferlegt? Wenn man @Lucian Wing glauben schenken darf , zumindest gehe ich einmal davon aus , sind diese Institutionen oder Personen völlig überflüssig.
:o

Und das ergäbe sich woraus? Woraus genau? Aus dem Umstand, dass ich Moral und Recht nicht als ein und dasselbe Ding betrachte und nicht glaube, dass man die Prinzipien des richtigen Verhaltens durch Vernunft erkennen kann?

Normen gelten. Aber was ist der Grund, dass sie gelten?
Was als "Menschenpflicht" hier bezeichnet wird, ist eine Norm, die ein bestimmtes Verhalten fordert. Und eine Norm ist eine Frage der Geltung, und das "Warum" kann "nicht mit der Feststellung einer Seinstatsache beantwortet" werden, wie Kelsen m.E. zurecht sagt. Aber genau das wird hier für die "Menschenpflichten" behauptet.

Natürlich kann man die Frage, warum soll ich mich so oder so verhalten?, mit der Auskunft beantworten, weil du Mensch bist, hast du diese Pflicht. Kann man mal probieren im Alltag.



Als ich vierzehn war, war mein Vater so unwissend. Ich konnte den alten Mann kaum in meiner Nähe ertragen. Aber mit einundzwanzig war ich verblüfft, wieviel er in sieben Jahren dazu gelernt hatte. (Mark Twain)

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Jörn Budesheim
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Di 29. Nov 2022, 06:05

Lucian Wing hat geschrieben :
Mo 28. Nov 2022, 22:16
Was als "Menschenpflicht" hier bezeichnet wird, ist eine Norm, die ein bestimmtes Verhalten fordert. Und eine Norm ist eine Frage der Geltung, und das "Warum" kann "nicht mit der Feststellung einer Seinstatsache beantwortet" werden, wie Kelsen m.E. zurecht sagt. Aber genau das wird hier für die "Menschenpflichten" behauptet.
Ich gehe davon aus, dass damit der "Sein Sollen Fehlschluss" angesprochen sein soll. Dass der Mensch frei ist, was du selbst wiederholt gelten machst, ist aber nicht einfach eine Seinstatsache, sondern in sich bereits ein normativer Tatbestand. Zur Freiheit gehört es nämlich unter anderem, Gründe zu erkennen und gegebenenfalls anzuerkennen.
Lucian Wing hat geschrieben :
Mo 28. Nov 2022, 22:16
Kann man mal probieren im Alltag
Erstens: Auch im Alltag wird manches Verhalten mit der Begründung verdammt, dass es sich dabei um ein unmenschliches Verhalten handelt. Der Begriff der Menschlichkeit ist dabei offensichtlich ein normativer und nicht etwa ein biologischer z.b.

Und zweitens: wie soll das Argument bei "kann man mal probieren im Alltag" lauten?




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Lucian Wing
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Di 29. Nov 2022, 09:25

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 29. Nov 2022, 06:05
Lucian Wing hat geschrieben :
Mo 28. Nov 2022, 22:16
Was als "Menschenpflicht" hier bezeichnet wird, ist eine Norm, die ein bestimmtes Verhalten fordert. Und eine Norm ist eine Frage der Geltung, und das "Warum" kann "nicht mit der Feststellung einer Seinstatsache beantwortet" werden, wie Kelsen m.E. zurecht sagt. Aber genau das wird hier für die "Menschenpflichten" behauptet.
Dass der Mensch frei ist, was du selbst wiederholt gelten machst, ist aber nicht einfach eine Seinstatsache, sondern in sich bereits ein normativer Tatbestand.
Ich sage überhaupt nicht, der Mensch sei frei. Ich tu mich schwer mit solchen Formeln, und ich vertrete auch keine irgendwie gearteten libertären Positionen. Und als naturalistische Aussage macht es auch keinen Sinn. Die Formel ist eigentlich nur innerhalb des Modells der natürlichen Rechte sinnvoll. Ohne diese natürlichen Rechte bleibt sie leer.

Den Freiheitsbegriff gibt es für mich auf zwei Ebenen. Die eine ist diejenige, auf der wir über Willensfreiheit, Handlungsfreiheit, Entscheidungsfreiheit im Hinblick auf natürliche menschliche Fähigkeiten, Vermögen und Ausstattung (wie Gehirn) diskutieren. Und es gibt die Ebene von Gesellschaft und Politik, und nur die sehe ich bei normativen Fragen wie den Rechten und Pflichten betroffen.

Das "Drama" der Freiheit ist auf dieser politisch-gesellschaftlichen Ebene angesiedelt. Hier geht es um Normen: sittliche, moralische und rechtliche, die unterschiedliche Geltungsansprüche erheben und unterschiedlich durchgesetzt werden, aber eines gemeinsam haben: Sie zielen alle ausnahmslos auf die Regulierung menschlichen Verhaltens ab. Oder, wenn wir uns eines Tages entschließen, einer KI einen menschengleichen Status zu geben, eben auch auf deren Verhalten. Eine Norm sagt immer, wie man innerhalb einer wie auch immer definierten Gemeinschaft handeln oder sich verhalten darf oder muss oder worauf man Anspruch hat. Letzteres inzwischen inflationär, was zu dem schon erwähnten Paradoxon führt, dass die Totalität des Individualismus Freiheit nicht fördert, sondern stranguliert. (Daran sind im Kleinen auch die ganzen Hippie- und Anarchokommunen letztendlich gescheitert.)

Aus den selbst gegebenen Normen folgen Rechte und Pflichten. Natürlich zielen die auf Menschen, weil wir eben als solche unser Zusammenleben, unsere Kooperation regeln. Und natürlich werden auch ein paar Seinstatsachen einbezogen. Eine Pflicht zum Fliegen aus eigener Kraft wäre sicherlich aus höchst natürlichen Gründen ein Unfug.

Rechte werden verliehen, Pflichten auferlegt. Ihre Legitimation gewinnen sie aus der Akzeptanz der Gründe. Insofern "hat" man als Mitglied der menschlichen Gemeinschaft solche Rechte und Pflichten. Wer auf dem Mars einen (endlichen) Ein-Personen-Staat errichtet, hat keine. Je weniger Gründe gegeben werden, um sie zu legitimieren, desto stärker werden sie auf reiner Machtbasis durchgesetzt. Daher eben auch mein Einwand, dass wer Intersubjektivität ablehnt, weil eine Mehrheit "durchregieren" könnte, eben auf Macht setzen muss statt auf Akzeptanz. Man bringt die Freiheit aus Angst vor der Unfreiheit um. Auch ein Weg.



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Di 29. Nov 2022, 09:34

Lucian Wing hat geschrieben :
Di 29. Nov 2022, 09:25
Ihre Legitimation gewinnen sie aus der Akzeptanz der Gründe.
Was ist deiner Ansicht nach ein "Grund"?




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Lucian Wing
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Di 29. Nov 2022, 10:02

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 29. Nov 2022, 09:34
Was ist deiner Ansicht nach ein "Grund"?
Früher habe ich gescheiterten Jugendlichen/jungen Erwachsenen, die ich im Rahmen von Projekten unterrichtet habe, anfangs immer folgende Frage gestellt:

Ist es gerecht, dass der Staat und damit diejenigen, die Steuern zahlen, Menschen untersützt, die wie ihr nichts auf die Reihe bekommen, während bei denjenigen, die normal ticken, die Eltern für sie aufkommen müssen?

Es hat kaum mal einer gesagt, das sei gerecht. Und natürlich haben sie mich gefragt. Ich habe ihnen gesagt, es sei nicht gerecht aus meiner Sicht, aber vernünftig, weil der Schaden, wenn wir es nicht tun, vermutlich größer ist als wenn wir es tun. Das wäre ein Grund, Menschen in Not zu unterstützen. Mit Pflicht hat das nichts zu tun, sondern mit der Abwägung, welche Handlung fürs Zusammenleben sinnvoller ist.



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Di 29. Nov 2022, 10:22

Lucian Wing hat geschrieben :
Di 29. Nov 2022, 10:02
Mit Pflicht hat das nichts zu tun
Gründe sind ihrerseits etwas Normatives und sie können uns auf etwas verpflichten.




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Lucian Wing
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Di 29. Nov 2022, 10:52

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 29. Nov 2022, 10:22
Lucian Wing hat geschrieben :
Di 29. Nov 2022, 10:02
Mit Pflicht hat das nichts zu tun
Gründe sind ihrerseits etwas Normatives und sie können uns auf etwas verpflichten.
Dann zeige das mal konkret auf im Sinne einer Erklärung und Erläuterung, gerne auch mit Beispielen. Es genügt nicht, immer nur zu behaupten aber keine Erklärungen zu liefern, wie du selbst gerne monierst.



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Di 29. Nov 2022, 11:41

Zunächst eine Frage: Akzeptierst du den Unterschied zwischen Grund und Ursache? (Ich hatte das als gemeinsame Basis unterstellt.)

Ein Beispiel für einen Grund: Wenn ich jemanden in Not sehe, dann gibt mir das einen Grund, ihm zu helfen. Der Begriff "Grund" lässt sich wohl nicht definieren, er meint Pi mal Daumen: "Tatsachen, die für etwas sprechen". Das ist eine gängige Formel dafür, die ich für meinen Teil plausibel finde. Dass wir frei sind, heißt u.a., dass wir uns an Gründen orientieren können.




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Lucian Wing
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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 29. Nov 2022, 11:41
Zunächst eine Frage: Akzeptierst du den Unterschied zwischen Grund und Ursache? (Ich hatte das als gemeinsame Basis unterstellt.)
Ohne diesen Unterschied müsste ich zum Deterministen umschulen. :mrgreen:
Aber den Freiheitsbegriff negativ/positiv, den wende ich nur auf der Ebene der Gesellschaft/des Politischen an. Das sollte auch verstanden werden.



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Henk
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Di 29. Nov 2022, 12:40

Hannah Arendt meinte, Menschen hätten Recht auf Rechte.
Braucht jemand Gründe, um anständig zu sein, dann kann oder sollte man ihm nach Hannah Arendt nicht trauen.
Menschenrechte sind in sich selbst begründet. Sie sind selbst der Grund.
Also haben sie einen axiomatischen und dynamischen Charakter und sind Teil unserer Kultur. Aber z.B. leider nicht Teil der Kultur in der Russischen Föderation oder in China oder in der Türkei usw.
Sie müssen gelebt und verteidigt werden. Dto. die Freiheit.
"Wir sind, was wir tun. Und wir sind, was wir versprechen, niemals zu tun." (Jan Philipp Reemtsma)
Und damit sind wir auch verantwortlich.
Die Grenzen der Philosophie sollten anerkannt werden!
It`s Praxis Stupid. :shock:




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