Haben wir einen Sinn für den Sinn?

Ethische Fragen und ihre rationale Begründbarkeit bewegen das philosophische Denken in einer Zeit, in der die Politik wieder über "Werte" debattiert und vertraute Grundlagen des politischen Handelns zur Disposition stehen.
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Jörn Budesheim
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Nauplios hat geschrieben :
Fr 10. Mär 2023, 14:37
Ich bin auch nicht "böse", ich klinge "böse"
Das sollte freundlich klingen, aber das ist mir offensichtlich nicht gelungen. Ich fand es eigentlich gut, dass du "böse" geklungen hast, das war mir sympathisch, weil ich das gut nachvollziehen konnte, auch wenn ich es selbst anders gesehen habe.




Nauplios
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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 10. Mär 2023, 14:48
Nauplios hat geschrieben :
Fr 10. Mär 2023, 14:37
Ich bin auch nicht "böse", ich klinge "böse"
Das sollte freundlich klingen, aber das ist mir offensichtlich nicht gelungen. Ich fand es eigentlich gut, dass du "böse" geklungen hast, das war mir sympathisch, weil ich das gut nachvollziehen konnte, auch wenn ich es selbst anders gesehen habe.
Ja ich hab' es auch durchaus so verstanden, daß es freundlich gemeint war. In dieser Vehemenz hab' ich nicht allzu oft Bücher (Vorträge u.ä.) verrissen. Ich erinnere mich (genau genommen erinnere ich mich nämlich nicht) an das Buch einer Autorin, bei dem es u.a. um die Frage der "Herkunft" ging (das Buch habe ich weitergereicht) und an das Buch eines Autors, das Du vorgestellt hast, Jörn. (Seltsam, daß ich weder beide Namen noch beide Titel im Gedächtnis hab'.)

In diese Reihe ordne ich den Vortrag von Ariadne von Schirach ein.




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Jörn Budesheim
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:)

Vor nicht allzu langer Zeit hast du dich auch nicht besonders vorteilhaft über die Zeitung "hohe Luft" geäußert. Kurz darauf wurde sie übrigens eingestellt :)




Nauplios
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Stimmt. - "Hohe Luft", ich erinnere mich.

Und ich erinnere mich auch daran: es gab einmal eine Zeit, da standen hier Namen und Philosophien auf der Agenda wie Hannah Arendt, Jacques Derrida, Heidegger, Kant, Blumenberg, Gabriel, Luhmann, Hogrebe, Barthes, Benjamin, Warburg, Nietzsche ... Phänomenologie, Hermeneutik, Ideengeschichte, Ästhetik, Theorie der Moderne ...




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AndreaH
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Nauplios hat geschrieben :
Fr 10. Mär 2023, 14:37
AndreaH hat geschrieben :
Di 7. Mär 2023, 23:41

Aber so extrem wie du diesen Vortrag empfindest, dies kann ich nun auch nicht nachvollziehen. ;)
Ich fand es waren interessante Impulse dabei.
Andrea, bevor es mißverstanden wird: Meine Kritik betrifft den Vortrag von Ariadne von Schirach - Inhalt und Form. Sie richtet sich nicht dagegen, diesem Vortrag "interessante Impulse" abgewinnen zu können. Du bewertest diesen Vortrag anders als ich; das ändert jedoch nichts an unserer freundschaftlichen Verbundenheit. Ich bin auch nicht "böse", ich klinge "böse". ;)

Ich hab' das Thema hier nicht weiter aufgegriffen, weil es mich wohl nur zu weiteren Bosheiten ermuntert hätte; die Zurückhaltung hat also nichts mit Dir zu tun. -
;) Danke für deine Info. Zuerst nahm ich das auch humorvoll auf, jedoch kamen mir dann Zweifel. ;)
Vielleicht ist auch manchmal der Mangel an Informationen die Ursache für Missverständnisse.
Man neigt dazu, fehlende Informationen mit eigens kreierten Interpretationen auszugleichen. :roll: :)




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AndreaH
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Sa 11. Mär 2023, 01:58

Timberlake hat geschrieben :
Fr 10. Mär 2023, 01:50

Angewendet auf den „geworfenen Entwurf (Heidegger)“ hieße das , dass das unbewusste "geatmet werden" .. als Geworfenheit! .. die Momente unserer Unfreiheit umfasst und das bewusste "fünfmalige Ein- und Ausatmen" die Freiheit , die Atmut unabhängig von diesen Momenten , zu .. "entwerfen"
Wenn hier die Frage gestellt wird : Haben wir einen Sinn für den Sinn? so behaupte ich einmal , dass erst mit dem bewussten "fünfmaligen ein- und ausatmen" wir einen Sinn für den Sinn der Atmung haben. Wenn wir hingegen gemäß dem Wortlaut von Ariadne von Schirach "geatmet werden" fehlt dieser Sinn. Warum sollte man sich unter diesen Umständen um die Atmung , im wahrsten "Sinne" des Wortes, auch einen Kopf machen und weil wir uns , um sehr vieles "Geworfensein" keinen Kopf machen , so fehlt uns gleichermaßen der Sinn für den Sinn von dem , was mit uns , von daher, also den "Momenten unserer Unfreiheit( Schirach )" , unbewusst gemacht wird.
Geht man davon aus, die "Fokussierung auf etwas" als Grundlage zu sehen, so wäre dies dann der Übergang vom "Geworfen sein" zum "Entwerfen" .
Um die Aufmerksamkeit auf etwas zu legen, brauchen wir unsere physiologischen Sinne. Diese ermöglichen erst Informationen zu erhalten. Haben wir ausreichende Informationen gesammelt, erfassen wir den Sinn. Wann haben wir aber ausreichende Informationen gesammelt um auf den jeweiligen Gebiet einen Sinn gänzlich zu erfassen?
Was passiert, wenn uns Informationen fehlen? Ist es deshalb so schwierig, den Sinn des Lebens zu erfassen, da uns in diesem Gebiet fast keine Informationen zur Verfügung stehen?

@Nauplios, ist Blumenbergs "Lesbarkeit der Welt" nicht auch eine Art zu schauen (im physiologischen Sinne ein Sehen) um den Sinn zu erfassen?




Nauplios
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AndreaH hat geschrieben :
Sa 11. Mär 2023, 01:58

@Nauplios, ist Blumenbergs "Lesbarkeit der Welt" nicht auch eine Art zu schauen (im physiologischen Sinne ein Sehen) um den Sinn zu erfassen?
Eine lesbare Welt ist ja eine Welt, die gleichsam wie ein Buch gelesen werden kann. Das Schauen einer solchen Welt besteht in dem auf-lesen, im ordnenden Sammeln, im Erzählen der Welt. Es ist also eigentlich mehr ein metaphorisches Sehen.

"Vielleicht sollten wir nicht nur die Wut über die Sinnlosigkeit der Welt kultivieren, sondern auch etwas von der Furcht vor der Möglichkeit, sie könnte eines Tages voller Sinn sein." (Hans Blumenberg; Die Sorge geht über den Fluß; S. 81) ;)




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Lucian Wing
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Sa 11. Mär 2023, 18:32

Nauplios hat geschrieben :
Sa 11. Mär 2023, 05:48
AndreaH hat geschrieben :
Sa 11. Mär 2023, 01:58

@Nauplios, ist Blumenbergs "Lesbarkeit der Welt" nicht auch eine Art zu schauen (im physiologischen Sinne ein Sehen) um den Sinn zu erfassen?
Eine lesbare Welt ist ja eine Welt, die gleichsam wie ein Buch gelesen werden kann. Das Schauen einer solchen Welt besteht in dem auf-lesen, im ordnenden Sammeln, im Erzählen der Welt. Es ist also eigentlich mehr ein metaphorisches Sehen.

"Vielleicht sollten wir nicht nur die Wut über die Sinnlosigkeit der Welt kultivieren, sondern auch etwas von der Furcht vor der Möglichkeit, sie könnte eines Tages voller Sinn sein." (Hans Blumenberg; Die Sorge geht über den Fluß; S. 81) ;)
Eben. In einer vollkommen sinndurchwirkten Welt müsste Woody Allen als Mickey in "Hannah und ihre Schwestern" seinen Vater nicht mit der Frage nerven, warum Gott Auschwitz zugelassen habe.



Als ich vierzehn war, war mein Vater so unwissend. Ich konnte den alten Mann kaum in meiner Nähe ertragen. Aber mit einundzwanzig war ich verblüfft, wieviel er in sieben Jahren dazu gelernt hatte. (Mark Twain)

Timberlake
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Sa 11. Mär 2023, 21:05

AndreaH hat geschrieben :
Sa 11. Mär 2023, 01:58
Timberlake hat geschrieben :
Fr 10. Mär 2023, 01:50

Angewendet auf den „geworfenen Entwurf (Heidegger)“ hieße das , dass das unbewusste "geatmet werden" .. als Geworfenheit! .. die Momente unserer Unfreiheit umfasst und das bewusste "fünfmalige Ein- und Ausatmen" die Freiheit , die Atmut unabhängig von diesen Momenten , zu .. "entwerfen"
Wenn hier die Frage gestellt wird : Haben wir einen Sinn für den Sinn? so behaupte ich einmal , dass erst mit dem bewussten "fünfmaligen ein- und ausatmen" wir einen Sinn für den Sinn der Atmung haben. Wenn wir hingegen gemäß dem Wortlaut von Ariadne von Schirach "geatmet werden" fehlt dieser Sinn. Warum sollte man sich unter diesen Umständen um die Atmung , im wahrsten "Sinne" des Wortes, auch einen Kopf machen und weil wir uns , um sehr vieles "Geworfensein" keinen Kopf machen , so fehlt uns gleichermaßen der Sinn für den Sinn von dem , was mit uns , von daher, also den "Momenten unserer Unfreiheit( Schirach )" , unbewusst gemacht wird.
Geht man davon aus, die "Fokussierung auf etwas" als Grundlage zu sehen, so wäre dies dann der Übergang vom "Geworfen sein" zum "Entwerfen" .
Um die Aufmerksamkeit auf etwas zu legen, brauchen wir unsere physiologischen Sinne. Diese ermöglichen erst Informationen zu erhalten. Haben wir ausreichende Informationen gesammelt, erfassen wir den Sinn. Wann haben wir aber ausreichende Informationen gesammelt um auf den jeweiligen Gebiet einen Sinn gänzlich zu erfassen?
Was passiert, wenn uns Informationen fehlen? Ist es deshalb so schwierig, den Sinn des Lebens zu erfassen, da uns in diesem Gebiet fast keine Informationen zur Verfügung stehen?

Um dazu auf die von Schirach erwähnte Atmung zurück zu kommen ..
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 7. Mär 2023, 08:35

Ariadne von Schirach (sinngemäß) hat geschrieben : Jetzt möchte ich Sie bitten, mit mir zu atmen, einfach fünfmal durch die Nase einatmen und durch den Mund ausatmen. [1,2,3,4,5] Haben Sie geatmet? Und die interessante Frage ist, wer hat vorher geatmet? Also jetzt haben sie geatmet und vorher wurden Sie geatmet.
Den "Sinn für den Sinn" der Atmung wird sich einem spätesten dann erschließen , wenn man sich die "Freiheit" nimmt, die Atmung ein zustellen.
AufDerSonne hat geschrieben :
Mo 27. Feb 2023, 11:15
Timberlake hat geschrieben :
So 26. Feb 2023, 22:47
Ich würde da schon unterscheiden wollen. Es ist sicherlich nicht berechenbar was ich wann , wo und wie esse, aber ganz sicher , dass ich was essen werde.
Ich kann doch auch einmal auf das Essen verzichten?


Keine Frage , so wie man "einmal" auf das Essen verzichten kann , so kann man auch "einmal" auf das Atmen verzichten. Wie dem auch sei , um die Aufmerksamkeit auf etwas zu legen, so braucht es dazu physiologischen Sinne , die durch irgend etwas angeregt werden und was wäre dazu nicht geeigneter , als ein Verzicht dessen ,auf das man seine Sinne richtet? Beispielsweise auf die Atmung , das Essen oder halt auf das Lebens. Ich denke mal , dass uns zumindest "diesbezüglich" keine Informationen fehlen.




Timberlake
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Sa 11. Mär 2023, 21:39

AufDerSonne hat geschrieben :
Fr 10. Mär 2023, 14:13
Also wer ist jetzt besser. Von Schirach oder Gabriel? Ich bin verwirrt.

Die Geworfenheit des Lebens. Nun ja. Das tönt für mich ein bisschen flach.
Ok .. dann verleihen wir doch der "Geworfenheit des Lebens" an Hand eines Gedankenexperiments etwas tiefe ...



Ab der Stelle 8:18 min heißt es dazu .. ich zitiere ..
  • "Denn im Gegensatz zu den bestimmten Tieren, die eine vorgegebene Umgebung hinein geboren sind , .. sind wir unbestimmte Tiere , die sich ihre Lebensumstände immer wieder neu schaffen und schaffen müssen. Wir müssen uns selbst auf dieser Erde beheimaten . Doch obwohl wir sehr großen Einfluss auf dieses Leben nehmen können , sind wir zugleich nicht wirklich frei. Einerseits ist immer schon etwas da .. eine bestimmte Epoche , eine bestimmte Kultur , in eine bestimmte Familie hineingeboren . Andererseits steht uns Menschen nicht nur vieles entgegen , sondern uns bleibt auch vieles unverfügbar ..
    Diese paradoxe Situation beschreibt existenzialistische Philosoph Martin Heidegger .. als „geworfener Entwurf“ . Geworfenheit umfasst die Momente unserer Unfreiheit und der Gedanke des Entwurfs illustriert die gleichzeitige Offenheit der Zukunft und dadurch auch unsere Verantwortung für sie."
Was wäre denn , wenn der von dir sehr verehrte Albert Einstein als Sklave auf einem jener Segelschiffe "geworfen" worden wäre , mit denen man seiner Zeit die Zuckerrohr- und Baumwollplantagen mit billigen Arbeitskräften aus Afrika versorgt hat?
AufDerSonne hat geschrieben :
Fr 10. Mär 2023, 14:13

Natürlich wird man in gewisse Umstände hineingeboren, aber man hat während dem Erwachsenwerden genug Zeit, daran etwas zu ändern.
Ausserdem sind die äusseren Umstände nicht so wichtig, wie das innere Streben, die Arbeit, die man täglich macht.

Und vor allem stört uns die gegebene Unfreiheit nicht. Wichtig ist, was man frei entscheiden kann, wo man frei ist. So ein erster Schritt zur Freiheit ist oft, dass man beginnt das zu denken, was man denken will und nicht das, was die anderen gerne hätten, das man denkt.
Würde da nicht in seinen Ohren dergleichen, wie übrigens auch die Bemerkung von Schirach, dass der Gedanke des Entwurfs gleichzeitig die Offenheit der Zukunft illustriert , wie Hohn klingen? Machen wir uns nichts vor , erst das Geworfensein bzw. Hineingeborensein in eine bestimmte Epoche ,in eine bestimmte Kultur , in eine bestimmte Familie und nicht zu vergessen an einem bestimmten Ort , wie Prag hat es ihm überhaupt erst ermöglicht seine eine Relativitätstheorie , im Sinne eines „geworfenen Entwurf“ , zu "entwerfen" ...
  • „Es freut mich, dass das kleine Büchlein, in dem die Hauptgedanken der Relativitätstheorie dargestellt sind, nun in der Nationalsprache desjenigen Landes erscheint, in dem ich die nötige Sammlung fand, um den schon 1908 gefassten Grundgedanken der allgemeinen Relativitätstheorie allmählich eine bestimmtere Form zu geben, verwirklichen konnte. In den stillen Räumen des Theoretisch-Physikalischen Instituts der Prager Deutschen Universität, in der Vinicna ulice, entdeckte ich 1911, dass das Äquivalenzprinzip eine Ablenkung der Lichtstrahlen an der Sonne von beobachtbarem Betrage verlangt, ohne zu wissen, dass mehr als hundert Jahre vorher eine ähnliche Konsequenz aus der Newtonschen Mechanik in Verbindung mit Newtons Emissionstheorie des Lichtes gezogen worden war. Auch die noch immer nicht einwandfrei bestätigte Konsequenz von der Rotverschiebung der Spektrallinien entdeckte ich in Prag.
    Albert Einstein




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Jörn Budesheim
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Lucian Wing hat geschrieben :
Sa 11. Mär 2023, 18:32
In einer vollkommen sinndurchwirkten Welt müsste Woody Allen als Mickey in "Hannah und ihre Schwestern" seinen Vater nicht mit der Frage nerven, warum Gott Auschwitz zugelassen habe.
Randbemerkung: Der Begriff "Sinn" ist sehr vieldeutig, er verweist von seinem Ursprung her auf Sinnlichkeit, Wahrnehmung, Empfindung, steht aber auch im Kontext von Bedeutung und Bedeutsamkeit, Absicht, Sinn und Zweck, Sinnhaftigkeit und Vernunft. Ein weites Feld. Es ist daher nicht immer klar, wie der Begriff jeweils verwendet wird.

Deshalb würde ich sagen, dass die Frage, ob das Universum ein blindes Geschehen ist, und die Theodizeefrage sich vielleicht überschneiden, aber nicht identisch sind. Der Punkt ist aber interessant.




Timberlake
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So 12. Mär 2023, 18:24

Lucian Wing hat geschrieben :
Sa 11. Mär 2023, 18:32

. In einer vollkommen sinndurchwirkten Welt müsste Woody Allen als Mickey in "Hannah und ihre Schwestern" seinen Vater nicht mit der Frage nerven, warum Gott Auschwitz zugelassen habe.
Wo hier schon mal von Blumenberg die Rede war , ich ergänze ..
  • Der Denker in Bewegung
    In der ausgezeichneten, besonders empfehlenswerten Einführung zum Denken Blumenbergs skizziert der an der Pädagogischen Hochschule in Schwäbisch Gmünd lehrende Philosoph Franz Josef Wetz die Reaktion des Menschen auf diese demütigende Situation. Er bedarf dringend einer Distanzierung, einer Entlastung von seiner trostlosen Befindlichkeit, die er im Mythos findet. Der Mythos relativiert die Übermächtigkeit des Universums und die Unendlichkeit der „Weltzeit“. Er wirkt als Beruhigungsmittel und verarbeitet die Schrecken, die beide auslösen, zu Geschichten.
    Höhlenausgänge
    Ein anschauliches Beispiel dafür gab Blumenberg in seiner umfangreichen Studie „Höhlenausgänge“. Die Höhle fungiert als eine „Stätte der Geborgenheit“, in die sich die Menschen zurückziehen können. Sie dient als „Zufluchtsort“, als „Notunterkunft“ und bietet eine Entlastung von der brutalen Wirklichkeit, die außerhalb der Höhle als anonyme Macht vorherrscht.
.. in einer vollkommen sinndurchwirkten Welt bräuchte es vermutlich auch nicht den Mythos als Beruhigungsmittel bzw. eine Höhle , die als „Stätte der Geborgenheit“ fungiert. Beides macht nur "Sinn" bei einer brutalen Wirklichkeit, die außerhalb der Höhle als anonyme Macht vorherrscht.
  • Das größte Schwergewicht.
    Wie, wenn dir eines Tages oder Nachts ein Dämon in deine einsamste Einsamkeit nachschliche und dir sagte: »Dieses Leben, wie du es jetzt lebst und gelebt hast, wirst du noch einmal und noch unzählige Male leben müssen; und es wird nichts Neues daran sein, sondern jeder Schmerz und jede Lust und jeder Gedanke und Seufzer und alles unsäglich Kleine und Große deines Lebens muß dir wiederkommen, und alles in derselben Reihe und Folge – und ebenso diese Spinne und dieses Mondlicht zwischen den Bäumen, und ebenso die ser Augenblick und ich selber.
    Friedrich Nietzsche .. Die fröhliche Wissenschaft

Einer brutale Wirklichkeit, wie Auschwitz die , die Opfer noch einmal und noch unzählige Male leben und erleiden müssen .. ganz so .. wie, wenn dir eines Tages oder Nachts ein Dämon in deine einsamste Einsamkeit nachschliche und dir eben das von dir sagte. Eine solche ewige Wiederkunft würde das Grauen von Auschwitz noch mal in eine ganz andere "Dimension" katapultieren und wenn die Theorie von Blockuniversum tatsächlich zutrifft , das im wahrsten "Sinne" des Wortes ..
  • Blockuniversum
    Blockuniversum – auch Blockzeit, Eternalismus – bezeichnet eine bestimmte kosmologische Vorstellung. Dabei wird die Gesamtheit der Zeit, also Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, als gleichermaßen gegeben und real aufgefasst.
..




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Jörn Budesheim
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Sa 18. Mär 2023, 14:31

Ich glaube nicht, dass wir in einer "objektiv sinnlosen Welt" leben, wie manchmal unterstellt wird. Um das zu widerlegen, muss man nur die Augen aufmachen.

Die Idee, dass es eines transzendenten Wesens bedarf, um der Welt einen Sinn zu geben, ist offensichtlich theologischen Ursprungs. Aber wenn man wie ich wirklich Atheist ist, hat man keinen Grund, so etwas zu glauben. Dagegen spricht, dass die Welt in allen Winkeln, bis ins kleinste Detail und auch in den größten Maßstäben voller verschiedener Ordnungen ist, sozusagen voller Sinn, mehr Sinn, als wir jemals verarbeiten und erkennen können :)




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AndreaH
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So 19. Mär 2023, 22:20

Timberlake hat geschrieben :
Sa 11. Mär 2023, 21:05


Keine Frage , so wie man "einmal" auf das Essen verzichten kann , so kann man auch "einmal" auf das Atmen verzichten. Wie dem auch sei , um die Aufmerksamkeit auf etwas zu legen, so braucht es dazu physiologischen Sinne , die durch irgend etwas angeregt werden und was wäre dazu nicht geeigneter , als ein Verzicht dessen ,auf das man seine Sinne richtet? Beispielsweise auf die Atmung , das Essen oder halt auf das Lebens. Ich denke mal , dass uns zumindest "diesbezüglich" keine Informationen fehlen.
Ich finde den Gedanken des Verzichts, in Bezug auf das sich dadurch der Sinn darlegt sehr spannend.




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