Paradox?

Ethische Fragen und ihre rationale Begründbarkeit bewegen das philosophische Denken in einer Zeit, in der die Politik wieder über "Werte" debattiert und vertraute Grundlagen des politischen Handelns zur Disposition stehen.
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Quk
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Mo 9. Okt 2023, 10:35

Ergänzend:
Wenn Menschen meinen, es gebe zu viel Freiheit, könnten sie damit außerdem den teilweisen Mangel an Disziplin meinen. Ich denke, es ist im Leben eine gewisse Disziplin notwendig, alles gesetzlich Erlaubte nicht bis zum Maximum auszunutzen. Das Gesetz kann nicht alles regeln. Im Bereich der "ungeschriebenen Gesetze" müssen wir nach eigenem Ermessen handeln, und da handelt der eine Mensch mal egoistischer oder bescheidener als der andere, und das ganz legal.




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Jörn Budesheim
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Mo 9. Okt 2023, 11:45

Hier noch eine gängige Verwendung des Ausdrucks: "Du lässt dem Jungen zu viele Freiheiten!"




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AufDerSonne
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Mo 9. Okt 2023, 16:03

Ja, ich habe da wohl etwas Falsches gesagt. Eigentlich wollte ich sagen, ich habe eher Mühe mit der Freiheit in der Schweiz umzugehen. Also ist ein persönliches Problem. Wenn man in der Politik draus kommt, dann ist es möglicherweise eher so, dass man zu wenig frei ist. Dazu verstehe ich zu wenig von Politik.

Aber ich denke, in einem Punkt habe ich recht. Die Freiheit einen Beruf zu wählen bleibt uns nicht erspart, wenn man das so sagen kann.
Also das ist ja gut, wenn wir einen Beruf frei wählen können. Nur in der Realität ist das mit der freien Berufswahl ja oft so eine Sache. Nicht wenige Menschen machen dann doch nicht das, was sie wollten. Häufig weil das Geld nicht vorhanden ist um die nötige Ausbildung zu finanzieren. Nebst hundert anderen Gründen.
Ich glaube auch, der Kampf um Freiheit ist ein ewiger Kampf. Es wird ihn in der einen oder anderen Form immer geben.



Ohne Gehirn kein Geist!

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Jörn Budesheim
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Mo 9. Okt 2023, 21:13



Bei 23:38 min geht es auch noch mal um die Frage, inwiefern es moralische Fortschritte gibt, ein Mehr an Freiheit, was ja der Start dieses Fadens war ...




MichaelK
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Di 10. Okt 2023, 05:07

Quk hat geschrieben :
Mo 9. Okt 2023, 10:35
Ergänzend:
Wenn Menschen meinen, es gebe zu viel Freiheit, könnten sie damit außerdem den teilweisen Mangel an Disziplin meinen. Ich denke, es ist im Leben eine gewisse Disziplin notwendig, alles gesetzlich Erlaubte nicht bis zum Maximum auszunutzen. Das Gesetz kann nicht alles regeln. Im Bereich der "ungeschriebenen Gesetze" müssen wir nach eigenem Ermessen handeln, und da handelt der eine Mensch mal egoistischer oder bescheidener als der andere, und das ganz legal.
Ich stimme Dir zu, aber ich sehe auch das paradoxe darin. Paradox ist für mich, so wie Du es auch schreibst :

"Ich denke, es ist im Leben eine gewisse Disziplin notwendig, alles gesetzlich Erlaubte nicht bis zum Maximum auszunutzen."

Meine Fragen dazu wären :

Die Disziplin ist von uns Menschen definiert? Wer legt die Werte und Normen fest? Muss ich mich daran halten?

Gesetzlich erlaubt, ist auch von uns Menschen definiert? Gesetze sind von Menschen als Regularien gemacht, sind diese dann nicht richtig durchdacht?

Was ist ein Maximum, wann beginnt es und wann hört es auf?




MichaelK
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Di 10. Okt 2023, 05:15

@AufDerSonne
Vielleicht solltest Du schauen wie die Freiheit gesellschaftlich definiert ist. Du schreibst das Du etwas falsch geschrieben hast. Das sehe ich nicht so, Freiheit hat viele Fassetten. Ich sehe es so, daß Du eine Fassette davon beschrieben hast.
Persönlich möchte ich noch los werden, falsch oder richtig liegt im Auge des Betrachters. Was ist überhaupt falsch oder richtig?




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Quk
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Di 10. Okt 2023, 11:53

MichaelK hat geschrieben :
Di 10. Okt 2023, 05:07
Die Disziplin ist von uns Menschen definiert?
Unter "Disziplin" verstehe ich die "Selbstkontrolle während der geplanten Handlung". -- Nebenbei: Unter einer "geplanten Handlung" verstehe ich auch diejenige Handlung, die von außen durch Strafandrohung oder durch sonstige Verschlechterungsaussichten erzwungen wird bei gleichzeitiger Gewährung meines Handlungsfreiraums. Beispiel: Unter Peitschenhieben oder sonstigen Liebesentzugsmethoden werde ich zum Weitergehen gezwungen, aber ich werde nicht gestoßen, sodass ich auch stehenbleiben könnte. Wenn ich jetzt weitergehe, ist dieses Weitergehen trotz allem meine Handlungsplanung, denn ich könnte ja auch stehenbleiben, da ich nicht gestoßen werde.

Wer legt die Werte und Normen fest?
Ich vermute, einzelne Lebewesen haben Ideen für Werte und Normen, und sie erfahren die Ideen anderer Lebewesen. Ein wechselseitiger Lernprozess führt zu einem gemeinsamen Normen-Cocktail, in dem -- je nach Ort und Zeit -- manche Normen höher konzentriert sind als andere.

Muss ich mich daran halten?
"Müssen" für was? Für das eigene Gewissen? Für das Gesetz, dem ich zustimme? Für das Gesetz, dem ich nicht zustimme?

Gesetzlich erlaubt, ist auch von uns Menschen definiert?
Mit "gesetzlich erlaubt" meinst Du die "ungeschriebenen Gesetze"?
Etwa bei freundlicher Kontaktaufnahme zu lächeln, um dadurch freundliche Gesinnung zu signalisieren?

Gesetze sind von Menschen als Regularien gemacht, sind diese dann nicht richtig durchdacht?
Zielt diese Frage auf die Annahme, dass Gesetze nicht alles Erdenkliche umfassen können und somit den Menschen die Freiheit geben, schlecht zu handeln?
Wenn ja, dann möchte ich sagen, dass mir ein unvollständiges Gesetzbuch lieber ist als ein vermeintlich vollständiges. Das betrifft auch die Strafgesetze. Ich möchte die Möglichkeit erhalten, Handlungsfehler machen zu können. Nicht zuviele. Aber auch nicht gar keine. Das heißt, wenn jemand ein Fahrrad stiehlt, sollten keine Hände abgehackt werden. Aber es sollte auch nicht ganz folgenlos bleiben. Eine gewisse Flexibilität ist notwendig, denke ich. Gesetze sind meist eher steif. Und wenn ein Gesetz mal flexibel ist, wird es durch dessen freie Auslegbarkeit letztlich wiederum recht sinnlos.

Was ist ein Maximum, wann beginnt es und wann hört es auf?
(Rein technisch sehe ich das Maximum als einen Endpunkt. Er beginnt nicht und er endet nicht. Er ist eine unüberscheitbare Grenze.)
Ein Beispiel für meinen Kulturkreis: Jemandem die Tür aufzuhalten wird nicht gesetzlich erzwungen (sofern das keinen relevanten Sachverhalt herstellt), aber ich und viele andere halten die Tür trotzdem auf. In einer alltäglichen Hauseingangs-Situation wäre das Vor-der-Nase-Türzuschlagen meiner Ansicht nach das Maximum. Wird darüber hinaus jemand ernsthaft verletzt, tritt ein Gesetz in Kraft. Also oberhalb der erlaubten Maximalgrenze ist der rote Bereich des Gesetzes. So sehe ich es im Augenblick.




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