Pragmatix hat geschrieben : ↑ Sa 5. Jul 2025, 10:45
Mein Punkt ist auch formaler Art: so soll (!) Deutsch verstanden werden in der bunten Version. Deshalb, das hatte ich deskriptiv gemeint, läuft es eben darauf hinaus, dass „Deutsch“ ein formaljuristischer Rechtsbegriff ist, der dann weder ein deutsches Ethos und noch nicht einmal Sprache umfasst, sondern nur Anspruchs- und Schutzrechte. In diesem Sinne gehört man nur funktionalistisch zu einem Land, nicht kulturalistisch. Zieht man das Funktionalistische ab, bleibt nichts als die absolute Freiheit des Individuums, sich zu fühlen als was es mag.
Hier ist die wichtige Unterscheidung zwischen
öffentlicher Kultur und
privater Kultur zu erwähnen.
Anthony Smith definiert
"Nation" als
"eine benannte menschliche Gemeinschaft, die in einem als solchem betrachteten Heimatland lebt und gemeinsame Mythen und eine gemeinsame Geschichte, eine eigene öffentliche Kultur sowie gemeinsame Gesetze und Bräuche für alle Mitglieder hat." [Google Translate mit Änderungen meinerseits] (Smith, Anthony D.
Nationalism. 2nd ed. Cambridge: Polity, 2010. p. 13)
Die gesellschaftlich geteilte und überlieferte öffentliche Kultur einer Nation lässt einen mehr oder weniger großen Spielraum für unterschiedliche private Lebensstile der Einzelnen oder einzelner Gruppen. Je liberaler, toleranter eine Gesellschaft bzw. das darin herrschende Regime ist, desto größer ist der individuell gestalt- und lebbare Privatbereich; und je illiberaler, intoleranter sie/es ist, desto kleiner ist er.
Das Verhältnis des Öffentlichen und des Privaten ist allerdings Teil ideologischer Auseinandersetzungen.
"…Ein weiterer Irrtum besteht darin, anzunehmen, dass die für eine nationale Identität erforderliche gemeinsame öffentliche Kultur monolithisch und allumfassend sein muss. Eine öffentliche Kultur kann als eine Reihe von Übereinkünften darüber verstanden werden, wie eine Gruppe von Menschen ihr Zusammenleben gestalten soll. Dazu gehören politische Prinzipien wie der Glaube an Demokratie oder Rechtsstaatlichkeit, aber sie reicht darüber hinaus. Sie erstreckt sich auf soziale Normen wie Ehrlichkeit bei der Steuererklärung oder das Anstehen in der Schlange, um zu entscheiden, wer zuerst in den Bus steigt. Sie kann auch bestimmte kulturelle Ideale umfassen, zum Beispiel religiöse Überzeugungen oder die Verpflichtung, die Reinheit der Landessprache zu bewahren. Ihre Bandbreite variiert von Fall zu Fall, lässt aber Raum für unterschiedliche private Kulturen innerhalb einer Nation. So sind die Wahl des Essens, die Kleidung oder die Musik, die man hört, normalerweise nicht Teil der öffentlichen Kultur, die Nationalität definiert. Die Grenze zwischen öffentlicher und privater Kultur ist oft Gegenstand von Kontroversen…. Erinnern wir uns zunächst daran, dass nationale Identitäten nicht allumfassend sind und dass die gemeinsame öffentliche Kultur, die sie erfordern, möglicherweise Raum lässt für die Entfaltung vieler privater Kulturen innerhalb der Grenzen der Nation." [Google Translate]
(Miller, David. On Nationality. Oxford: Oxford University Press, 1995. p. 26)