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Ethische Fragen und ihre rationale Begründbarkeit bewegen das philosophische Denken in einer Zeit, in der die Politik wieder über "Werte" debattiert und vertraute Grundlagen des politischen Handelns zur Disposition stehen.
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novon
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Do 1. Mär 2018, 23:54

Auf lange Sicht gibt es hier sowieso kein Überleben. Wir werden untergehen wie hunderttausende Arten zuvor.
Einzige Möglichkeit das abzuwenden wäre, sich vom Planeten zu emanzipieren. Fortexistenz zu sichern erforderte den Planeten endgültig hinter sich zu lassen. Alles andere stellte ein Vabanquespiel dar. Wir wissen, dass wir hier nicht überleben werden.




Tosa Inu
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Fr 2. Mär 2018, 08:57

Tommy hat geschrieben :
Do 1. Mär 2018, 22:53
Aber in wie fern helfen solche Spekulationen bei der Frage weiter wie wir das aktuelle Problem der Welternährung und Umweltverschmutzung in den Griff bekommen?
Der Vorschlag der Ökos für dieses Problem ist es die gesamte, weltweite Landwirtschaft auf Ökolandwirtschaft umzuzstellen. Nicht in tausend Jahren wenn Aliens uns alles erklärt haben, sondern JETZT (oder in den nächsten 50 Jahren). Und genau diesen Vorschlag sehen viele Fachleute sehr kritisch, eben weil sie meinen dass das unter den Voraussetzungen die JETZT gegeben sind, einfach nicht machbar ist ohne dass wir dabei ernsthafte Probleme an anderen Stellen bekommen.
...
Wenn irgendein Institut behauptet, dass weltweiter Ökolandbau möglich wäre, wenn alle Menschen 1/3 weniger Fleisch essen und 50 % weniger Müll produzieren, und das obwohl der Fleischkonsum gerade in den Entwicklungsländern eher rasant anwächst und eher mehr als weniger Müll produziert wird, dann fällt mir dazu nur ein: Kommt einfach wieder, wenn die Bedingungen die ihr nennt erfüllt sind, dass heißt wenn das was ihr vorschlagt auch in eine greifbare Nähe gerückt ist. Bis dahin bedeuten Eure nicht erfüllten Bedingungen nämlich nur eins: Es ist aktuell nicht möglich.
Was die Ernährung der Weltbevölkerung angeht, bist Du ja auch in der Zukunft, Du hattetst das als Argument ja sogar primär eingeführt, indem Du sagtest: Mag es auch jetzt gelingen, was ist, wenn wir 20 oder 50 Milliarden sind? Und das liegt ggf. auch sehr weit in der Zukunft. Prognostisch halt Wohlstand immer auch einen sedierenden Effekt auf das Wachstum der Bevölkerung, die Geburtenrate, die eine demographische Stabilität sicher würde, liegt in Deutschland seit Jahrzehnten weit unterm Schnitt, kompensiert wird das nur durch die größere Lebenserwartung und die Migrationsströme, aber beides ist bekanntermaßen mit erheblichen eigenen Problemen verbunden.

Wenn wir also der Meinung sind, dass bio für alle, oder so weitreichend es eben geht prinzipiell gut wäre und die Realitäten nicht leugnen: ansteigender Fleischkonsum und eine zu erwartende Expansion potentiell umweltschädigender Lebensweisen und Technologien in den nächsten Jahrzehnten, dann hätte man dennoch genügend Zeit um gegen zu steuern, bzw., zu schauen, wie man Ziele erreicht und Alternativen zu haben, wenn der eine oder andere Karren vor die Wand fährt. China ist da ein gutes Beispiel, die vergiften ihre Umwelt und Bevölkerung radikal, Sterne gibt es in chinesischen Megastädten nicht, wegen Dauersmog. DIe Stuttgarter Problembezirke wären für viele Stadt-Chinesen ein Luftkurort.
Afrika ist dabei demographsich zu explodieren, bis 2100 werden 4 Milliarden Einwohner (jetzt 1,1 Mill.) dort erwartet. Den Kontinent einfach nur in Ruhe zu lassen, wäre vermutlich nicht so intelligent, aber eingedenk der teilweise massiv anderen Weltbilder, dennoch Schritte in die Unabhängigkeit zuzulassen und den Unsinn zu unterbinden, jedes afrikanische Produkt und Projekt durch radikale Preisunterbietung aus Europa zu unterbieten und dadurch zu zerschießen, das wäre schon was.

Wir brauchen immer andere Antworten für die einzelnen Regionen der Welt und ich bin da durchaus ein Freund auch von Spitzentechnologie. Was die Chinesen an Kohle verfeuern, geht auf keine Kuhhaut, hier wäre eine Effizienzsteiegerung des Wirkungsgrades des chin. Kohlekraftwerke (damals irgendwo bei 23%, unsere schaffen etwa 46%) schon ein Segen. Gleichzeitig nehmen die Chinesen die Investition in Ökoenergien viel ernster, weil sie die Zeichen der Zeit erkannt haben und wenn ein Land zu radikalen Änderungen in der Lage ist, dann ist es China.
Bei uns hat man immer nur die Absicht das und irgendwelche Kartelle aus Politik und Wirtschaft stehen gemeinsam auf der Bremse. Wir haben unter der Regentschaft der "Klimakanzlerin" ja nun radikal jedes Ziel verfehlt, was wir anderen vorschreiben. Deutschland hat da einfach iin vielem den Anschluss verpasst.

Es mag uns passen, oder nicht, wir sind gezwungen in vielem global und strategisch zu denken und ein Aspekt der Geschichte ist auch die Etablierung neuer Statussymbole. Ein eigenes Auto ist, wie der dicke Bauch und Fleisch heute ein Statussymbol, bei der aufstrebenden Mittelschicht und die stellt in dem Kontext die größte Gefahr dar. Da gibt es allerlei Trends, teilweise sehr konträr. In den Staaten sinkt die Lebenserwartung schon wieder, wachsende relative Armut ist ebenfall ein Killer, führt - allerdings eher durch sekundäre Faktoren - zu etwa 9 Jahren weniger Lebenserwartung.

Die Weichen müssen wir heute stellen und fragen, wie wir leben wollen und sollen. Die öde Schlafwagen Nummer der Politik ist dazu geeignet, noch so eben, ohne gravierende Qualitätsverluste über die Ziellinie zu robben, aber das ist in dieser ausgepräten Ignoranz schon asozial, denn es geschieht auf Kosten der kommenden Generationen in weiten Teilen der Welt. Großkonzernen kampflos das Feld zu überlassen ist dabei ein schlechter Zug, aber der Weg dahin führt über eine Remoralisierung der Bevölkerung. Aus dem Heer kleiner Narzissten muss wieder ein potentes Wir mit echten Zielen werden. Vor Jahren dachte ich, die Rettung der Erde könnte so ein Ziel sein und zum verbindenden Mythos werden. Ist aber nicht so.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Jörn Budesheim
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Fr 2. Mär 2018, 09:46

das ist keine Antwort auf den vorhergehenden Beitrag, sondern einfach nur ein Fundstück, was ich euch nicht vorenthalten möchte: "So droht einer ganzen Region ein ökologisches Desaster, weil deutsche Kunden im Winter [Bio-]Tomaten essen wollen"

https://www.heise.de/tp/features/Bio-au ... 65263.html




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Fr 2. Mär 2018, 10:43

Tosa Inu hat geschrieben :
Fr 2. Mär 2018, 08:57
Es mag uns passen, oder nicht, wir sind gezwungen in vielem global und strategisch zu denken

[...]

Die Weichen müssen wir heute stellen und fragen, wie wir leben wollen und sollen.
Damit bin ich völlig einverstanden. Die Frage, was wir wollen und sollen, steht am Anfang. Dabei darf man natürlich nicht vergessen, was wir jetzt und in Zukunft überhaupt (tatsächlich und voraussichtlich) können, wie Tommy zurecht geltend macht. Einigermaßen realistische Einschätzungen dessen, was möglich sein wird, sind fraglos wichtig. Die Richtung legen wir jedoch - natürlich im Streit, nicht in jedem Detail und nicht für alle Zukunft - fest. 100-Jahrespläne sind weder möglich noch wünschenswert. Aber so funktioniert das Leben ohnehin nicht. Wichtig ist, so zu handeln, dass die Möglichkeit zu handeln, erhalten bleibt und Kurskorrekturen und Nachjustierungen je nach Entwicklung möglich bleiben. Eine metaphysische Sicherheit, dass wir das Paradies erreichen, gibt es natürlich nicht. Aber das sollte einen nicht davon abhalten, die richtige Richtung zu wählen. Eine Risikogesellschaft lebt immer von der Wette auf die Zukunft, dass dieser Scheck manchmal ungedeckt ist, sollte uns - wie auch in der Vergangenheit - nicht davon abschrecken, eine Wahl zu treffen. Fahrten ins Ungewisse gehörten seit jeher zu unseren Stärken. Und Schwächen: Denn heute sieht es nicht selten so aus, als rasten wir fröhlich auf die Wand zu.




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Fr 2. Mär 2018, 11:49

Gerade beim Surfen gefunden: https://www.weltagrarbericht.de/




Tosa Inu
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Fr 2. Mär 2018, 16:37

Tommy hat geschrieben :
Fr 2. Mär 2018, 11:01
Und meiner Meinung nach wäre es schlichtweg verantwortungslos diese Realitäten einfach zu ignorieren und bei der Frage danach wie wir genug Nahrung für alle Menschen bereitstellen auf Wunschträume zu setzen.
Niemand der noch klar bei Verstand ist würde das tun. Denn wenn das dann schiefgeht, sterben Menschen.
Das ist doch kein Spiel.
Was es heißt, Realitäten zu leugnen oder nicht, darüber herrscht ja keine Einigkeit.
Ist nun die grüne Gentechnik die Rettung oder der Untergang?
Tommy hat geschrieben :
Fr 2. Mär 2018, 11:01
Ich verstehe diesen Absatz nicht.
Wenn ich sage, dass wir bei bestimmten Themen nicht auf Wunschträume als Lösungen setzen dürfen, dann heißt das ja nicht, dass wir nicht trotzdem andere Lösungen erarbeiten können/sollen/müssen.
Ich sage ja nicht, dass wir nicht nach Lösungen suchen sollen. Ich sage nur, dass weltweiter Ökolandbau so keine Lösung ist.
Verstehst Du?
Ich denke die Lösung wird ohne gewisse Technologien (ich nenne da explizit die Gentechnik) nicht auskommen.
Naja, darüber kann man streiten, wenn's da zu spät ist, kann man evtl. nicht mehr nachregulieren.
Tommy hat geschrieben :
Fr 2. Mär 2018, 11:01
Diese Aufgabe der Welternährung ist eine Mammutaufgabe. Und die wird auch in ferner Zukunft nur dann zu bewältigen sein, wenn wir sämtliche Spitzentechnolgien die wir zur Verfügung haben dafür einsetzen.
Deshalb darf und muss man natürlich trotzdem immer schauen wie wir dabei maximal die Umwelt schonen können. Aber oberste Priorität hat beim Thema Ernährung nicht die Umwelt, sondern dass wir alle satt werden.
Es gibt da ja zig verschiedene Wege und denkbare Szenarien.
Vergiftet man die Umwelt oder kippt das Klima hat man auch nichts davon, wenn man satt ist, aber ich sage ja, wie Du, dass man da strategisch denken muss.
Tommy hat geschrieben :
Fr 2. Mär 2018, 11:01
Es mag uns passen, oder nicht, wir sind gezwungen in vielem global und strategisch zu denken
Ja, sicher. Da hast Du völlig recht. Aber Du kannst das ja nicht erzwingen.
Alles was Du tun kannst ist die Bevölkerung durch Aufklärungsarbeit (und vielleicht auch durch die eine oder andere Sanktion) dazu bringen diese Einsicht zu entwickeln. Letztlich müssen die Menschen dass dann aber von selbst umsetzen.
Ist mir schon klar, ich halte das ja, wie zuvor schon mal ausgeführt für eine Bewusstseinsfrage.

Und da muss man auch nicht ganz pessimistisch sein. Wir haben ja schon viel erreicht. In den letzten Jahrzehnten hat sich in der Bevölkerung durchaus ein Bewusstsein dafür durchgesetzt wie wichtig es ist die Umwelt zu schonen.
Wir betreiben heute flächendeckend Mülltrennung. Wie haben ein funktionierendes Pfandsystem etabliert.
Wir arbeiten mit erneuerbaren Energien. Wir reduzieren unseren Fleischkonsum. Wir setzen auf Ökoprodukte. Es passiert ja was.
Auf der anderen Seite haben aber viele Länder auf der Welt noch gar nicht die Möglichkeit dazu, weil sie von ihrer Entwicklung her viel weiter zurück sind. Die müssen erstmal da ankommen wo wir jetzt sind.
Du kannst einem Menschen, der jeden Tag mit der Überlegung kämpfen muss wo er genügend Kalorien herbekommt, nicht verständlich machen, dass er die Umwelt über sein akutes Nahrungsbedürfnis stellen soll.[/quote]Nein, kann ich nicht. Das sind aber auch nicht die richtigen Vergleichsgruppen.
Die Ärmsten der Armen sind ja nun in keiner Weise ein Problem. Die ökobewusste Bionadefraktion ist da sicher schlimmer. Aber am schlimmsten ist eben die eben aufstrebende Mittelschicht in den Ballungszentren der Welt.
Immerhin hat man es ja hier zu einem Teil geschafft, dass sich was tut und zwar zu einem geringeren Prozentsatz aus echter Einsicht und solidem Ökobewusstsein, zu einem größeren ist es sicher der Hype für die, die schon alles gehabt haben. Das weiterhin chic und sexy zu machen, wäre ein Ansatz. Wenn der Rest der Welt unsere Fehler in der Ausfürlichkeit wiederholt, dann könnte es in der Tat eng werden.
Tommy hat geschrieben :
Fr 2. Mär 2018, 11:01
Das versteht der gar nicht. Oder wenn er es versteht, wird er wahrscheinlich nur mit den Achseln zucken, weil das für ihn nicht die oberste Priorität darstellt. Umweltschutz muss man sich auch leisten können. Wir können das in unserer Wohlstandsgesellschaft. Unsere Bürger sind alle versorgt und die Kapazitäten sind vorhanden. Aber das ist ja nicht überall auf dem Planeten so.
Es muss besonders und toll sein. Argumente überzeugen kaum. Weit vorne zu sein, ist was, dem alle freiwillig folgen. Da kann man dann natürlich nicht mit dem moralischen Zeigefinger und der Ökobilanzberechnung daherkommen. Eine gute Werbeabteilung und ein paar Stars, da zieht mehr.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

herbert clemens
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Do 8. Mär 2018, 21:19

https://utopia.de/greenpeace-report-wen ... -261511969
Dieser Link passt auch in diesem Zusammenhang??




Tosa Inu
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Fr 9. Mär 2018, 09:35

Ja, passt, aber die Frage bleibt, wie man die erreicht, die man üblicherweise nicht erreicht.

Die Bioszene hat da durchaus die Zeichen der Zeit erkannt und geht von Gesund zu Genuss, mit den Kollateraleffekten, dass da einiges an Standards über die Wupper geht. Das muss man halt immer wieder einfangen und back to the roots Bewegungen sind dafür genauso nötig, wie ein Vordringen von bio in den Mainstream.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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