Das Böse

Ethische Fragen und ihre rationale Begründbarkeit bewegen das philosophische Denken in einer Zeit, in der die Politik wieder über "Werte" debattiert und vertraute Grundlagen des politischen Handelns zur Disposition stehen.
Tosa Inu
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Sa 8. Sep 2018, 13:48

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 8. Sep 2018, 13:46
Tosa Inu hat geschrieben :
Sa 8. Sep 2018, 13:09
Ja, aber das ist rein tautologisch, da unmoralisch ein Synonym für böse ist.
Ich behaupte ja aber gerade, dass die Begriffe eben nicht synonym sind.
Okay.
Wie lautet Deine Begründung dafür?



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Jörn Budesheim
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Sa 8. Sep 2018, 14:01

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 8. Sep 2018, 12:48
das Wertsystem
Tosa Inu hat geschrieben :
Sa 8. Sep 2018, 13:09
irgendein Wertesystem
Ich hab nicht von irgendeinem Wertsystem gesprochen, sondern von dem Wertsystem, Zum Beispiel: Dass es nur ein moralisches Wir gibt, dass alle Menschen umfasst, ist eben nicht irgendein Wertsystem.

Wie auch immer: Ziel war zu klären, dass "das Böse" nicht einfach die spiegelverkehrte Version von "dem Guten" ist. Und zudem gibt es darum, dass die Abwesenheit des Guten nicht automatisch zum Boden führt und umgekehrt.




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Sa 8. Sep 2018, 14:15

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 8. Sep 2018, 14:01
Ich hab nicht von irgendeinem Wertsystem gesprochen, sondern von dem Wertsystem, Zum Beispiel: Dass es nur ein moralisches Wir gibt, dass alle Menschen umfasst, ist eben nicht irgendein Wertsystem.
Wenn Du skizzieren kannst, was dieses universelle Wertesystem auszeichnet und obendrein als eines die Regiosysteme überragendes Wertesystem ausweist, so wäre das sehr gut. Bislang steht aber nur die Behauptung im Raum, dass es so ein Wertesystem gibt.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 8. Sep 2018, 14:01
Wie auch immer: Ziel war zu klären, dass "das Böse" nicht einfach die spiegelverkehrte Version von "dem Guten" ist. Und zudem gibt es darum, dass die Abwesenheit des Guten nicht automatisch zum Boden führt und umgekehrt.
Ich glaube, Ziel des Threads ist es, eine Antwort auf die Frage zu finden, was das Böse eigentlich ist.

Ein Unterpunkt mag sein, "dass "das Böse" nicht einfach die spiegelverkehrte Version von "dem Guten" ist. Und zudem gibt es darum, dass die Abwesenheit des Guten nicht automatisch zum Boden führt und umgekehrt."
Aber wodurch siehst Du das jetzt als geklärt an? Und wie lautet das Ergebnis der Klärung und seine Begründung?



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Jörn Budesheim
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Sa 8. Sep 2018, 14:24

Tosa Inu hat geschrieben :
Sa 8. Sep 2018, 14:15
Ich glaube, Ziel des Threads ist es, eine Antwort auf die Frage zu finden, was das Böse eigentlich ist.
Kann gut sein. Und dem galt mein Vorschlag, wie man den Begriff auffassen könnte. Noch mal kurz: Es ist zwar falsch, in der Straßenbahn zu drängeln, das nennen wir aber gemeinhin (nach meinem Dafürhalten) nicht "das Böse". Dazu braucht es mehr. Das Böse unterminiert - anders als das Drängeln in der Bahn - unser Wertesystem im Ganzen, indem es etwa die (moralische) Gleichheit der Menschen infrage stellt, wie etwa beim Rassismus.




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Sa 8. Sep 2018, 16:56

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 8. Sep 2018, 14:24
Das Böse unterminiert - anders als das Drängeln in der Bahn - unser Wertesystem im Ganzen, indem es etwa die (moralische) Gleichheit der Menschen infrage stellt, wie etwa beim Rassismus.
Die Gleichheit aller Menschen gibt es nicht. Als juristische und politische Basis sind es Postulate, die begründet werden müssen. Es gibt ja anderen Vorstellungen, nämlich die, dass die Menschen nicht alle gleich sind. Insofern ist die Vorstellung davon, dass alle Menschen gleich sind, die gleichen Rechte und Startbedingungen haben sollten keinesfalls "unsere" Vorstellungen im Sinne eines stillschweigenden Konsensus einer fiktiven Weltgemeinschaft, sondern bestenfalls "unsere" im Sinne der westlichen Wertehemisphäre und selbst dort ziemlich ramponiert.

Selbst die stille Überzeugung, dass es den Menschen bei uns ganz einfach besser geht und es daher hier auch besser ist, ist inzwischen ziemlich angeknockt, weil dies nach Meinung einiger weitgehend auf eine Ausbeutung der Natur oder anderer Länder zurück zu führen ist, während andere gleich sagen, unser Land sei inzwischen so ekelhaft, dass sie auswandern möchten. Aus welchem Grund auch immer, inzwischen dämmert es vielen, dass supie dupie Wirtschaftszahlen nicht zwingend heißen, dass das Land eine Wellness-Oase ist.



„Die Tiere machen einen ja nachdenklich. Wir gehen doch noch außerdem zum Friseur u. begaunern die Kundschaft, sonst alles ebenso. Sich lausen u. wichsen, – Kinder, Kinder! Das nennt sich Schöpfung!“ (Gottfried Benn, im Brief, nach Zoobesuch der Affen)

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Jörn Budesheim
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Sa 8. Sep 2018, 17:14

Du kannst den Begriff "Wertesystem" gerne auch relativistisch verstehen. Das beeinträchtigt meinen Vorschlag, den ich oben gemacht habe, nicht wesentlich. Das Böse ist nicht einfach alles, was gegen die Moral verstößt, sondern das, was ans Eingemachte geht.




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Stefanie
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Sa 8. Sep 2018, 17:37

Mein Vorstoß zu hinterfragen, ob man noch davon sprechen kann, dass
Gut und Böse spiegelverkehrt sind bzw. dass die Abwesenheit des Guten zum Bösen führt, kommt aus der getrennten Betrachtung von Absicht und Handlung.
Bei der Notwehr zur Rettung eines Menschen ist die Absicht gut, die Handlung dann aber - die Tötung eines Menschen - aber böse. Die Tötung eines Menschen ist der schwerwiegendste Tat, die ein Mensch begehen kann.

Wenn ich aber die Absicht in den Vordergrund stelle, sieht es anders.

Arendt wird immer noch wegen ihrer Aussagen zu den Judenräten kritisiert. Es ging ihr aber darum aufzuzeigen, dass deren Absichten gut waren, aber die Folgen ihres Handelns als Ausführungen ihrer Absichten aber verheerend.

Wie kann man dann noch davon sprechen, dass das eine das andere bedingt, und Gut und Böse spiegelverkehrt sind.



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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 8. Sep 2018, 17:14
Du kannst den Begriff "Wertesystem" gerne auch relativistisch verstehen.
Ich verstehe den Begriff aber gar nicht relativistisch, sondern ich möchte lediglich wissen, was universelle Werte als solche auszeichnet und dadurch von Regionormen prinzipiell unterscheidet.
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 8. Sep 2018, 17:14
Das Böse ist nicht einfach alles, was gegen die Moral verstößt, sondern das, was ans Eingemachte geht.
Hm.
Wenn ich Deine Aussage von vorhin:
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 8. Sep 2018, 12:48
Böse ist etwas, was extrem unmoralisch ist, finde ich.
nun nicht als Selbstwiderspruch, sondern wohlmeinend deute, besteht der Unterschied wohl in der Betonung, dass der Verstoß gegen die Moral nicht in jeder Weise böse (oder ein Ausdruck des Bösen) ist, sondern erst, wenn dies in extremer Weise geschieht.

Und wenn ich auch diese Aussage von Dir wohlmeinend interpretiere
Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 8. Sep 2018, 11:11
Im Grunde muss es so auch so, oder? Nehmen wir an, ich schlage eine Definition D des Bösen vor. Du kannst D zustimmen, D anzweifeln, D unvollständig finden, D ablehnen etc. Aber all das doch nur auf Basis eines Wissens, was das Böse ist, finde ich.
dann würde ich sagen, in beiden Fällen rekurrierst Du darauf, dass Du (oder jeder?) weißt, was das Böse ist.

Da Du der Meinung bist, dass eine App nichts wissen, kann, weil Wissen für Dich bedeutet, in einem expliziten Sinn, das was man zu wissen meint auch begründen zu können, muss es ja möglich sein, dieses „Wissen, was das Böse ist“ auch hinzuschreiben. Dass man etwas irgendwie weiß, es aber dann doch nicht sagen kann, fällt vor Deinen eigenen Prämissen durch und das - gegen die eigenen Prämissen zu verstoßen - hieße dann inkonsistent zu argumentieren.
Also würde ich Dich bitten, dass was Du hier zu wissen glaubst, explizit hinzuschreiben.



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Jörn Budesheim
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Sa 8. Sep 2018, 18:34

Nein, ich rekuriere darauf, dass jeder der an der Diskussion teilnehmen will, eine vortheoretische Vorstellung vom Bösen haben muss, weil er sonst zu den Definitionen gar nichts sagen könnte.

das gilt natürlich auch für dich: du könntest hier keinerlei Einwände erheben, wenn du nicht bereits ausführliches wissen davon hättest, wovon wir hier überhaupt sprechen.




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Sa 8. Sep 2018, 18:37

Stefanie hat geschrieben :
Sa 8. Sep 2018, 17:37
Mein Vorstoß zu hinterfragen, ob man noch davon sprechen kann, dass
Gut und Böse spiegelverkehrt sind bzw. dass die Abwesenheit des Guten zum Bösen führt, kommt aus der getrennten Betrachtung von Absicht und Handlung.
Wenn ich es richtig verstehe, ist hier niemand der Auffassung, dass das Böse einfach die Abwesenheit des Guten und vice versa ist.
Diesen Punkt müssen wir also nicht vertiefen.
Stefanie hat geschrieben :
Sa 8. Sep 2018, 17:37
Bei der Notwehr zur Rettung eines Menschen ist die Absicht gut, die Handlung dann aber - die Tötung eines Menschen - aber böse. Die Tötung eines Menschen ist der schwerwiegendste Tat, die ein Mensch begehen kann.
Warum ist es eigentlich per se schlecht, einen Menschen zu töten? Außer der Notwehr kennen wir ja noch die Tötung auf Verlangen in Siutationen, in denen jemand in einer für ihn ausweglosen Situation ist, als deren bestes Ende er den eigenen Tod sieht. Z.B. eine schwere unheilbare Erkrankug mit progredientem und leidvollen Verlauf. Oder wenn jemand irgendwo liegt, im Krieg, vor Schmerzen schreit und jämmerlich krepieren würde, wenn man ihn nicht mit einem Gnadenschuss erlöst.
Wenn die Absicht insgesamt für gut gehalten wird, wie kann die Umetzung einer guten Absicht in die Tat dann schlecht sein?

Verwirrend ist hier doch nur, dass die Ganzheit künstlich getrennt wird, so als sei die Rettung des Menschen von dem Akt des Amokläufers und damit dessen Tötung zu trennen. Den Amoklauf, Terroranschlag oder Völkermord zeichnet aber nun mal aus, dass er ohne andere, ohne Opfer gar nicht existieren könnte.
Zuletzt geändert von Tosa Inu am Sa 8. Sep 2018, 18:50, insgesamt 1-mal geändert.



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Sa 8. Sep 2018, 18:47

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Sa 8. Sep 2018, 18:34
Nein, ich rekurrirre darauf, dass jeder der an der Diskussion teilnehmen will, eine vortheoretische Vorstellung vom Bösen haben muss, weil er sonst zu den Definitionen gar nichts sagen könnte.
Diese Vorstellung kann man ja erklären, hinschreiben.
Ansonsten redet man über undefinierte Begriffe, was man sich auch schenken kann.

Du hast ja schon gesagt, dass das Böse bei Dir erreicht ist, wenn etwa die allgemeine Übereinkunft, das allgemeine Wertesystem unterminiert wird.
Ich finde das im Grunde gut und richtig, nur ist es eben so, dass Nazis und IS tatsächlich über Wertesysteme verfügten, so dass der bloße Aufruf bei jeder Ordnung ganz einfach mitzumachen und sich blind anzupassen zumindest fragwürdig ist.

Also müssen wir hier genauer hinschauen und versuchen herauszufinden, was gute Wertesysteme von bösen unterscheidet, falls es diese Unterscheidung gibt.
Sich dem Bösen anzupassen kann irgendwie nicht gut sein, nur dazu muss man das Böse auch erkennen. Du hast ja selbst Beispiele für böse Taten genannt, nun wäre es schön zu erkennen, was all diese Taten böse sein lässt.



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Jörn Budesheim
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Sa 8. Sep 2018, 19:14

Tosa Inu hat geschrieben :
Sa 8. Sep 2018, 18:47
Ansonsten redet man über undefinierte Begriffe, was man sich auch schenken kann.
Meines Erachtens hätten wir gar keine Begriffe, wenn wir nicht auch undefinierte Begriffe hätten.




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So 9. Sep 2018, 13:12

Stefanie hat geschrieben :
Sa 8. Sep 2018, 17:37
.Bei der Notwehr zur Rettung eines Menschen ist die Absicht gut, die Handlung dann aber - die Tötung eines Menschen - aber böse. Die Tötung eines Menschen ist der schwerwiegendste Tat, die ein Mensch begehen kann.

Wenn ich aber die Absicht in den Vordergrund stelle, sieht es anders [aus].
Was schützt aber diese Sicht davor, gleich wieder rein kategorisch zu werden, mitsamt den Folgen, nicht nur nie töten, sondern aus der selben Argumentationsfigur heraus auch nie mehr stehlen, lügen etc. zu dürfen. Denn wer kann schon wollen, dass die Maxime ... usw.?
Dann ist es aber wieder so, dass man jemanden seinen potentiellen Mördern verraten muss, weil man ja nicht lügen soll.

Oder ist die gute Absicht gerade das, was das Kategoriale platzen lässt? Dann wäre zu fragen, was die Güte der Absicht ausmacht, außer der Beteuerung, man meine es doch gut. Aber wer meint es schon schlecht ...?



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So 9. Sep 2018, 13:53

Tosa Inu hat geschrieben :
So 9. Sep 2018, 13:12
Stefanie hat geschrieben :
Sa 8. Sep 2018, 17:37
.Bei der Notwehr zur Rettung eines Menschen ist die Absicht gut, die Handlung dann aber - die Tötung eines Menschen - aber böse. Die Tötung eines Menschen ist der schwerwiegendste Tat, die ein Mensch begehen kann.

Wenn ich aber die Absicht in den Vordergrund stelle, sieht es anders [aus].
Was schützt aber diese Sicht davor, gleich wieder rein kategorisch zu werden, mitsamt den Folgen, nicht nur nie töten, sondern aus der selben Argumentationsfigur heraus auch nie mehr stehlen, lügen etc. zu dürfen. Denn wer kann schon wollen, dass die Maxime ... usw.?
Dann ist es aber wieder so, dass man jemanden seinen potentiellen Mördern verraten muss, weil man ja nicht lügen soll.

Oder ist die gute Absicht gerade das, was das Kategoriale platzen lässt? Dann wäre zu fragen, was die Güte der Absicht ausmacht, außer der Beteuerung, man meine es doch gut. Aber wer meint es schon schlecht ...?
Eine (im weitesten Sinne) vergleichbare Gesprächsstrategie hast du, wenn ich mich nicht täusche (ich habe nicht alles verfolgt) neulich mit Tommy verfolgt. Mir ist ehrlich gesagt überhaupt nicht klar, was du sagen willst und worum es dir geht. In diesem Beitrag und in anderen, die ich gelesen habe.

Kannst du in sehr, sehr einfachen und klaren Worten andeuten, worum es dir geht? Ich sehe nicht, was dein Punkt sein könnte.




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Stefanie
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So 9. Sep 2018, 15:14

Tosa inu den letzten Beitrag habe ich nicht verstanden.



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Mo 10. Sep 2018, 08:23

Stefanie hat geschrieben :
So 9. Sep 2018, 15:14
Tosa inu den letzten Beitrag habe ich nicht verstanden.
Das tut mir leid, da wäre allerdings auch noch ein anderer Beitrag gewesen. Der letzte Beitrag ist eher ein nachgeschobener Gedanke zu dem davor, der mich verfolgte, weil ich ihn im vorletzten vergaß zu erwähnen. Ich will versuchen, ihn durch Ergänzungen in [...] zu erläutern.
Tosa Inu hat geschrieben :
So 9. Sep 2018, 13:12
Stefanie hat geschrieben :
Sa 8. Sep 2018, 17:37
.Bei der Notwehr zur Rettung eines Menschen ist die Absicht gut, die Handlung dann aber - die Tötung eines Menschen - aber böse. Die Tötung eines Menschen ist der schwerwiegendste Tat, die ein Mensch begehen kann.

Wenn ich aber die Absicht in den Vordergrund stelle, sieht es anders [aus].
Was schützt aber diese Sicht [die Absicht in den Vordergrund zu stellen] davor, gleich wieder [wie etwa Kant in seinem kategorischen Imperativ] rein kategorisch zu werden, mitsamt den Folgen [des Kategorischen], nicht nur nie töten, sondern aus der selben [dem kategorischen Imperativ gemäßen] Argumentationsfigur heraus auch nie mehr stehlen, lügen etc. zu dürfen. Denn wer kann schon wollen, dass die Maxime [des eigenen Handelns in der Weise zum allgemeinen Gesetz wird, dass ein jeder sich auf sie berufen und fortan töten, stehlen oder lügen darf]?
Dann [wenn man kategorisch argumentiert] ist es aber wieder so, dass man jemanden seinen potentiellen Mördern verraten muss, weil man ja nicht [unter keinen Umständen] lügen soll. [Das war es, was den kategorischen Imperativ nach dem Zweiten Weltkrieg in Bedrängnis brachte.]

Oder [hattest Du es so gemeint, dass] die gute Absicht gerade das [ist], was das Kategoriale platzen lässt? [Der Hintergrund hier ist, dass es nicht nur eine Lesart von Kants kategorischen Imperativen gibt. Aus einer diieser Lesarten ergibt sich, dass man auch die Verantwortung und Absicht des Subjekts mehr in den Fokus rückt und ] dann wäre zu fragen, was die Güte der Absicht ausmacht, außer der Beteuerung, man meine es doch gut. [Das ist eine der weiteren Konsequenzen mit denen der kategorische Imperativ gelegentlich konfrontiert wird.] Aber wer meint es schon schlecht [gemäß dem eigenen Selbstbild]?



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Stefanie
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Di 11. Sep 2018, 20:49

Danke.
Ich habe im Grunde noch keine gefestigte Ansicht, was zur Frage, ob etwas böse ist, herangezogen werden sollte. Die innere Absicht oder die erkennbare Handlung.
Es gibt den alten Spruch, "Der gute Wille zählt."
Diesen Spruch entsorgt Arendt im Mülleimer. Wenn ich sie richtig verstanden habe.



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Fr 14. Sep 2018, 21:50

Der wirklich schwierige Aspekt scheint zu sein, dass es bei der Einführung prinzipieller Größen bei denen man niemals töten, lügen oder stehlen darf und der utilitarischen Gewichtung fließende Übergänge gibt, die uns intuitiv einleuchten müssen, die ich aber intellektuell nicht begründen kann.

Der Verfolgten kann man seinen Mördern nicht ausliefern, hier fällt das Prinzipielle in der Form kategorischer Grenzen.
Andererseits ist die Idee, die Zahl von Leben nicht aufzurechnen großartig. Geht es aber darum, sich auch dann noch um eine utilitaristische Entscheidung zu drücken, wenn Terroristen, die unschuldige Geiseln haben, die sterben würden, wenn man die Terroristen eliminiert, über eine protentielle Megawaffe verfügen, die die ganze Erde vernichten könnte, wird es schwierig. Obwohl niemand den Utilitarismus mag.



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Schimmermatt
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Fr 14. Sep 2018, 23:25

Dschingis Khan, dem Mongolenanführer, schreibt man das Zitat zu, dass es nichts Schöneres gebe, als einen Mann zu töten, seine Frau zu schänden und seine Kinder zu versklaven. Vor der Folie der Fähigkeit, der fehlenden Furcht vor Sanktionen und der dauerhaften Möglichkeit zum Sadismus, würde es da nicht viele Dschingisse geben? Ich fürchte, ohne eine mehr oder weniger stete und glaubwürdige Bedrohung gibt es keine Zivilisation. Das Böse ist ganz normal.



"Manche Leute werden heutzutage langsam wahnsinnig. Ich schnell." C. Schlingensief

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Sa 15. Sep 2018, 10:32

Schimmermatt hat geschrieben :
Fr 14. Sep 2018, 23:25
Dschingis Khan, dem Mongolenanführer, schreibt man das Zitat zu, dass es nichts Schöneres gebe, als einen Mann zu töten, seine Frau zu schänden und seine Kinder zu versklaven. Vor der Folie der Fähigkeit, der fehlenden Furcht vor Sanktionen und der dauerhaften Möglichkeit zum Sadismus, würde es da nicht viele Dschingisse geben? Ich fürchte, ohne eine mehr oder weniger stete und glaubwürdige Bedrohung gibt es keine Zivilisation. Das Böse ist ganz normal.
Finde ich durchaus auch, aber der Umfang oder Grad des Bösen scheint sehr unterschiedlich ausgeprägt zu sein.
Einige können das Böse sublimieren oder in Sport, Sex und Wettkämpfen sozialkompatibel agieren, andere werden zu ausgewachsenen Psychopathen.

Es ist sicher richtig, dass die Gedanken an die Zivilisation vor allem auch der Zivilisation selbst gut tun, aber warum war man bereit sich auf diese einzulassen? Dass man nun in sie hineingeboren wird, erklärt ja nicht, warum die überhaupt mal entstanden ist.
Einfach zu sagen, wir machen jetzt mal Zivilisation und x ist ab heute böse und verboten, y dafür erwünscht und erlaubt ... warum sollte diese Idee überhaupt Mitspieler finden, ohne auf eine Legitimation zurück zu greifen, die in der Errichtung der Zivilisation überhaupt erst entsteht?



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