Freiheit und Sollen

Ethische Fragen und ihre rationale Begründbarkeit bewegen das philosophische Denken in einer Zeit, in der die Politik wieder über "Werte" debattiert und vertraute Grundlagen des politischen Handelns zur Disposition stehen.
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Friederike
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So 24. Nov 2019, 13:06

Tangens Alpha hat geschrieben :
Fr 22. Nov 2019, 13:56
[...]- aus ethischer Sicht unterstützt die Erkenntnis der gleichen prinzipiellen Beschaffenheit aller menschlichen Gehirne die Auffassung von der Gleichheit aller Menschen.
- aus juristischer Sicht führt die Erkenntnis der Bedingtheit menschlichen Verhaltens zur Schuldminderung, im Idealfall zur hilfreichen Therapie.
- aus didaktischer Sicht: wenn ich weiß, wie Lernprozesse im Gehirn ablaufen, kann ich meinen Unterricht daraufhin optimieren.
- aus sozialer Sicht: wenn ich weiß, wie soziale Kommunikationsprozesse im Gehirne ablaufen, erleichtert es mir den Umgang mit schwierigen Sozialpartnern (zB Mitarbeiter)
- aus medizinischer Sicht kann die Kenntnis von zB depressiven Prozessen medikamentös behandelt werden.
- aus pädagogischer Sicht helfen diese Erkenntnisse bei der Erziehung. [...]
Vehementer Einspruch @T.A. und zwar deswegen, weil Du, wie ich finde, weiter unten zutreffend geschrieben hattest, es in den Naturwissenschaften um "gesichertes Wissen" geht (im Kontext "Wahrheit").

Wann aber ist denn ein Wissen gesichert? Vieles ist wohl gesichert und ebenso Vieles ist nicht gesichert, wie sich Jahrzehnte, Jahrhunderte später herausstellt. Unser Wissen, das wir als "gesichert" ansehen -im Unterschied zu dem Wissen, von dem wir sagen, es sei noch nicht hieb- und stichfest- das nennen wir "gesichert", weil wir natürlich von irgendetwas Sicherem ausgehen müssen, wenn wir im medizinischen, pädagogischen, juristischen Bereich usw. handeln wollen. Nur, wenn eigentlich klar ist, daß unser naturwissenschaftliches Wissen niemals wirklich "gesichert" ist, weil es sich aufgrund neuer Erkenntnisse verändern kann, dann finde ich es überhaupt nicht gut, wenn man für Ethik usw. auf ein derart wackeliges Fundament zurückgreift.

Ich weiß, daß ich Dir ein bißchen Unrecht tue, weil Du für jeden Bereich die Mit-Beteiligung der Hirnforschung kenntlich gemacht hast, d.h. Du hast ja nicht behauptet, die Neuro-Erkenntnisse sollten die einzige Grundlage sein. Dahingehend zugespitzt habe ich es. Es war eine geeignete Vorlage, :lol: weil mich stets ein Ärger packt, wenn in der med., pädag., psychol. Praxis so getan wird, als handele man auf der Grundlage gesicherten Wissens.




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Tangens Alpha
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So 24. Nov 2019, 14:57

Friederike hat geschrieben :
So 24. Nov 2019, 13:06
Vehementer Einspruch @T.A. und zwar deswegen, weil Du, wie ich finde, weiter unten zutreffend geschrieben hattest, es in den Naturwissenschaften um "gesichertes Wissen" geht (im Kontext "Wahrheit").
Einspruch stattgegeben, Frau Staatsanwältin! :)
Wann aber ist denn ein Wissen gesichert? Vieles ist wohl gesichert und ebenso Vieles ist nicht gesichert, wie sich Jahrzehnte, Jahrhunderte später herausstellt. Unser Wissen, das wir als "gesichert" ansehen -im Unterschied zu dem Wissen, von dem wir sagen, es sei noch nicht hieb- und stichfest- das nennen wir "gesichert", weil wir natürlich von irgendetwas Sicherem ausgehen müssen, wenn wir im medizinischen, pädagogischen, juristischen Bereich usw. handeln wollen. Nur, wenn eigentlich klar ist, daß unser naturwissenschaftliches Wissen niemals wirklich "gesichert" ist, weil es sich aufgrund neuer Erkenntnisse verändern kann, dann finde ich es überhaupt nicht gut, wenn man für Ethik usw. auf ein derart wackeliges Fundament zurückgreift.
Du hast natürlich Recht! Diese Frage ist in der naturwissenschaftlichen Philosophie eines der Hauptthemen, jahrhundertelang diskutiert und bis heute nicht abschließend beantwortet. Es gibt diejenigen, die fordern, dass die wissenschaftlichen Aussagen die 100%-ige Sicherheit der Geometrie haben müssen (zB a^2 + b^2 = c^2). Die sind gescheitert!
Dennoch gibt es in den NW-en strenge Kriterien, wann eine Aussage oder eine Theorie als relativ gesichert gelten und in der Praxis angewendet werden kann; dass wir dem Kraftgesetz oder dem Hebelgesetz vertrauen dürfen, zeigt sich in der millionenfach bewährten Praxis, sonst würdest du kein Haus betreten.

Physikalische Objekte sind einfache Objekte, in der Chemie wird's schon schwieriger, in der Biologie noch unsicherer: je komplexer das System, desto weniger Sicherheit! Trotzdem werden aber auch zB in der theoretischen und experimentellen Psychologie diese Kriterien der NW-en übernommen, weil diese sich eben bewährt haben. Wenn es um die Richtigkeit (nicht Wahrheit) und um Sicherung von Aussagen geht, dann sind die naturwiss. Methoden einfach das Beste, was uns zur Verfügung steht.
...dann finde ich es überhaupt nicht gut, wenn man für Ethik usw. auf ein derart wackeliges Fundament zurückgreift
Ich weiß, daß ich Dir ein bißchen Unrecht tue, weil Du für jeden Bereich die Mit-Beteiligung der Hirnforschung kenntlich gemacht hast, d.h. Du hast ja nicht behauptet, die Neuro-Erkenntnisse sollten die einzige Grundlage sein. Dahingehend zugespitzt habe ich es. Es war eine geeignete Vorlage, :lol: weil mich stets ein Ärger packt, wenn in der med., pädag., psychol. Praxis so getan wird, als handele man auf der Grundlage gesicherten Wissens.
Ein besseres Fundament, das weniger wackelt, haben wir aber nicht! In diesen komplexeren Systemen sind nur Wahrscheinlichkeiten, niemals Sicherheiten möglich. Und trotzdem ist der Schwerstdepressive froh, wenn er morgens, abends oder wann auch immer, seine Dopamin/Serotonin-Tablette nehmen kann und er den nächsten Tag erlebt! :)

Wer so tut, als gäbe es 100%-gesichertes Wissen, weiß einfach nicht wie das funktioniert! "Wissen" kann niemals weder vollständig, noch sicher, noch historisch unabhängig sein.



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Jörn Budesheim
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So 24. Nov 2019, 16:46

Ein Fundament, was uns zu einem systematischen Sein-Sollen-Fehlschluss einlädt, kann natürlich wirklich nicht sicher sein ;) wenn man mir diese kleine launige Bemerkungen erlaubt.




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So 24. Nov 2019, 16:53

Tangens Alpha hat geschrieben :
So 24. Nov 2019, 14:57
Wer so tut, als gäbe es 100%-gesichertes Wissen, weiß einfach nicht wie das funktioniert! "Wissen" kann niemals weder vollständig, noch sicher, noch historisch unabhängig sein.
Ist das sicher ;)




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Friederike
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So 24. Nov 2019, 17:06

Tangens Alpha hat geschrieben :
Fr 22. Nov 2019, 13:56
[...]- aus ethischer Sicht unterstützt die Erkenntnis der gleichen prinzipiellen Beschaffenheit aller menschlichen Gehirne die Auffassung von der Gleichheit aller Menschen.
Ich nochmal ... weil es insbesondere der obige Punkt ist, der meinen Widerspruchsgeist weckt (also nicht der Punkt natürlich, sondern die Aussage). Es geht nicht @T.A., man kann aus naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, selbst wenn sie sicher sind, keine ethischen Ableitungen vornehmen. Man kann schon, aber ich halte es für nicht zulässig.

Hat man(n) nicht aus der Hirngröße auf die Minderbemitteltheit des weiblichen Geschlechts geschlossen? Und angenommen, man käme zum gegenteiligen Ergebnis, nicht zu dem von Dir vermuteten? Wobei ein weiterer grundsätzlicher Einwand von mir ist, daß die Forschung zu stark interessegeleitet ist als daß sie "unabhängige" Ergebnisse brächte. Betriebest Du Hirnforschung, ergäbe sich gewiß die gleiche prinzipielle Beschaffenheit der Gehirne. Jedenfalls dann, wenn Du aus der Beschaffenheit der Hirne auf die Gleichheit der Menschen schließt.

Dennoch erneut: Dein einschränkendes "unterstützt" im Zitat ist bei mir angekommen. Obwohl ... genaugenommen nützt es nichts, weil ich meine, daß Werte, also Ethik und Erkenntnisse aus naturwissenschaftlichen Forschungen (und seien sie so gesichert wie es nur irgend geht) getrennt werden müssen/sollten (moralisch).




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Tangens Alpha
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So 24. Nov 2019, 20:51

Friederike hat geschrieben :
So 24. Nov 2019, 17:06
Tangens Alpha hat geschrieben :
Fr 22. Nov 2019, 13:56
[...]- aus ethischer Sicht unterstützt die Erkenntnis der gleichen prinzipiellen Beschaffenheit aller menschlichen Gehirne die Auffassung von der Gleichheit aller Menschen.
Ich nochmal ... weil es insbesondere der obige Punkt ist, der meinen Widerspruchsgeist weckt (also nicht der Punkt natürlich, sondern die Aussage). Es geht nicht @T.A., man kann aus naturwissenschaftlichen Erkenntnissen, selbst wenn sie sicher sind, keine ethischen Ableitungen vornehmen. Man kann schon, aber ich halte es für nicht zulässig.
Ich habe schon bei diesem hier ein ungutes Gefühl gehabt:
...dann finde ich es überhaupt nicht gut, wenn man für Ethik usw. auf ein derart wackeliges Fundament zurückgreift
Der direkte Weg "NW. ===> Ethik" ist völlig zu kurz und zudem eindimensional gedacht. Ich persönlich stelle mir das wie ein eine rundes Pyramidengebäude vor:
unten sitzt die Physik, darüber die Chemie, Biologie, Soziologie, Psychologie, Theologie, ..., Ethik und in der Spitze die Philosophie. Es gibt keine strenge räumliche Trennung, sondern alle Ebenen sind mit allen anderen Ebenen verbunden.

Die Philosophie hat naturgemäß den höchsten Überblick und erteilt bspw. der Ethik den Auftrag, Normen und Richtlinien zu erstellen. Die Ethik erstellt die Normen unter Mitarbeit der anderen Ebenen, je nach Bereich. Benötigt sie sichere Sach-Aussagen, fragt sie die NW . Benötigt sie theologische Statements, ist die Theologie zuständig, etc.

Ich glaube die Aufgabe der Ethik ist nicht zu erfüllen ohne diese multidimensionale Verwobenheit mit allen Disziplinen.

Die NW kann der Ethik aus ihrem Erkenntnisbereich nur die Sachinformation geben, dass zB. alle höheren Tiere empfindungsfähig sind; das ist aber nur die eine, sachliche Seite, die die Ethik dann benötigt, um eine Tier-Ethik zu schaffen, die dann ihrerseits wieder Einfluss auf den NW-Forschung hat, die wiederum neue Erkenntnisse an die Ethik zurückreicht...



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Jörn Budesheim
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Mo 25. Nov 2019, 05:55

Nur um eine bessere Vorstellung zu haben: welche Fragen stellt z.b. die Mathematik an die Physik oder die Biologie, um in ihrem eigenen Sachbereich Probleme zu lösen?




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Friederike
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Mo 25. Nov 2019, 10:53

Tangens Alpha hat geschrieben :
Fr 22. Nov 2019, 13:56
Der direkte Weg "NW. ===> Ethik" ist völlig zu kurz und zudem eindimensional gedacht. Ich persönlich stelle mir das wie ein eine rundes Pyramidengebäude vor:
unten sitzt die Physik, darüber die Chemie, Biologie, Soziologie, Psychologie, Theologie, ..., Ethik und in der Spitze die Philosophie. Es gibt keine strenge räumliche Trennung, sondern alle Ebenen sind mit allen anderen Ebenen verbunden.

Die Philosophie hat naturgemäß den höchsten Überblick und erteilt bspw. der Ethik den Auftrag, Normen und Richtlinien zu erstellen. Die Ethik erstellt die Normen unter Mitarbeit der anderen Ebenen, je nach Bereich. Benötigt sie sichere Sach-Aussagen, fragt sie die NW . Benötigt sie theologische Statements, ist die Theologie zuständig, etc.

Ich glaube die Aufgabe der Ethik ist nicht zu erfüllen ohne diese multidimensionale Verwobenheit mit allen Disziplinen.

Die NW kann der Ethik aus ihrem Erkenntnisbereich nur die Sachinformation geben, dass zB. alle höheren Tiere empfindungsfähig sind; das ist aber nur die eine, sachliche Seite, die die Ethik dann benötigt, um eine Tier-Ethik zu schaffen, die dann ihrerseits wieder Einfluss auf den NW-Forschung hat, die wiederum neue Erkenntnisse an die Ethik zurückreicht ...
Jetzt kapiere ich, was Du gemeint hast. Und ja, nun stimme ich Dir auch zu. Die Philosophie, wenn sie beispielsweise die Frage der "Gleichheit" erörtert, kann natürlich unter Heranziehung aller anderen Disziplinen (auch der Neurowissenschaft) und unter Abwägung aller Für- und Gegenargumente zu dem Ergebnis kommen, daß es sinnvoll ist, sich auf die biologische Ausstattung der Menschen zu besinnen und sie in ein Gleichheitspostulat mit einzubeziehen.




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Tangens Alpha
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Mo 25. Nov 2019, 11:44

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 25. Nov 2019, 05:55
Nur um eine bessere Vorstellung zu haben: welche Fragen stellt z.b. die Mathematik an die Physik oder die Biologie, um in ihrem eigenen Sachbereich Probleme zu lösen?
Das ist eine Einbahnstaße. Die reine Mathematik ist keine Erfahrungswissenschaft und sinn- & deutungsfrei, für sie zählt nur die logische Konsistenz. Die Fachwissenschaften holen sich von ihr, was sie brauchen, zB. die Differentialrechnung, um Prozesse berechnen zu können oder den (leeren) Begriff "Vektor", der dann in der Physik zu einer realen "Kraft" wird.
TA: "Wissen" kann niemals weder vollständig, ... sein"
Ist das sicher
Ja. Man kann zeigen, dass der erkannte & erkennbare Bereich immer nur eine Teilmenge der Gesamtheit sein kann, was sich aus der naturwiss. Methodologie ergibt (Stichwort: Induktionsproblem, u.a.).
Ein Fundament, was uns zu einem systematischen Sein-Sollen-Fehlschluss einlädt, kann natürlich wirklich nicht sicher sein
Ein Fundament lädt nicht ein. Der Schluss, von dir als Fehlschluss, -verhalten interpretiert, ist eine menschliche Fehlleistung. Von einer menschlichen Fehlleistung auf die Qualität des Fundaments zu schließen ist jetzt aber schon eine arg strapazierte Logik, oder?



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Mo 25. Nov 2019, 12:19

Friederike hat geschrieben :
Mo 25. Nov 2019, 10:53
Jetzt kapiere ich, was Du gemeint hast. Und ja, nun stimme ich Dir auch zu. Die Philosophie, wenn sie beispielsweise die Frage der "Gleichheit" erörtert, kann natürlich unter Heranziehung aller anderen Disziplinen (auch der Neurowissenschaft) und unter Abwägung aller Für- und Gegenargumente zu dem Ergebnis kommen, daß es sinnvoll ist, sich auf die biologische Ausstattung der Menschen zu besinnen und sie in ein Gleichheitspostulat mit einzubeziehen.
Volltreffer!
Ich sehe die Aufgaben der Philosophie - als Mutter aller Wissenschaften (insofern ist es ein "matriarchalisches System" ;) ) - darin:
1. Als Chefin in dem Gebäude hat sie die Aufgabe, die anstehenden Probleme zu artikulieren und dem entsprechenden Bereich "zu Bearbeitung" zuzuweisen.
2. Als Mutter hat sie wesentlich integrative Funktion: sie sorgt für den Zusammenhang der Einzelwissenschaften, stellt Querverbindungen her und regelt Konflikte.
3. Als Wissenschaft hat sie analytische Kontroll-Funktion: sie prüft (wissenschaftliche) Methoden & Aussagen auf Konsistenz.
5. Als (deutende) Philosophie erschafft sie aufgrund der ihr zugetragenen Resultate ein möglichst widerspruchsfreies, aber immer historisch bedingtes Weltbild.

Durch diesen ständigen Dialog entsteht die Dynamik der Entwicklung (jedenfalls sollte es m.e. so sein).



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Mo 25. Nov 2019, 13:13

Tangens Alpha hat geschrieben :
Mo 25. Nov 2019, 12:19
Ich sehe die Aufgaben der Philosophie - als Mutter aller Wissenschaften (insofern ist es ein "matriarchalisches System" ;) ) - [...]
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Mo 25. Nov 2019, 15:45

@T.A. Das Smiley ist sinn-frei, wie die Mathematik. :lol:




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Friederike hat geschrieben :
So 24. Nov 2019, 17:06
Hat man(n) nicht aus der Hirngröße auf die Minderbemitteltheit des weiblichen Geschlechts geschlossen? Und angenommen, man käme zum gegenteiligen Ergebnis, nicht zu dem von Dir vermuteten?
Das ist gerade das Ergebnis der Hirnforschung, zu der auch schon Frederic Vester in den 70-ern Wesentliches beigetragen hat:
Intelligenz, oder allgemeiner: die Leistungsfähigkeit des menschlichen Gehirns hängt nicht von der Größe, sondern u.a. vom Vernetzungsgrad der Neuronen ab. Du kannst einen Riesenballon haben, wenn da nix vernetzt ist, bleibst du ein Vollhonk!
Wobei ein weiterer grundsätzlicher Einwand von mir ist, daß die Forschung zu stark interessegeleitet ist als daß sie "unabhängige" Ergebnisse brächte.
Da kann ich leider nur zustimmen! Umso wichtiger wäre hier eine starke Aufsicht führende Philosophische Fraktion mit entsprechenden Rechten.



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Jörn Budesheim
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Mo 25. Nov 2019, 20:08

Aber warum unterstützt nicht die Erkenntnis der gleichen prinzipiellen Beschaffenheit aller menschlichen Füße (oder das Herz oder oder) die Auffassung von der Gleichheit aller Menschen?

Seid ihr euch sicher, dass im ersten Teil des Satzes von derselben Gleichheit gesprochen wird, wie im zweiten Teil?




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Di 26. Nov 2019, 09:53

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mo 25. Nov 2019, 20:08
Aber warum unterstützt nicht die Erkenntnis der gleichen prinzipiellen Beschaffenheit aller menschlichen Füße (oder das Herz oder oder) die Auffassung von der Gleichheit aller Menschen?
Seid ihr euch sicher, dass im ersten Teil des Satzes von derselben Gleichheit gesprochen wird, wie im zweiten Teil?
Um Himmels Willen, nein. Zuerst müßte man klären, was damit gemeint ist, wenn man sagt "alle Menschen sind gleich", dann wäre zu klären, was es meint zu sagen, die Gehirne seien prinzipiell gleich beschaffen. Weiterhin muß geklärt werden, was das eine überhaupt mit dem anderen zu tun hat (Ethik + Körperbeschaffenheit) und in diesem Zusammenhang die Gretchenfrage, nämlich Deine.

Nur, in der Philosophie (als Mutter aller Disziplinen) kann all dies erörtert werden.




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Jörn Budesheim
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Di 26. Nov 2019, 11:15

Wir können uns zum Beispiel ausmalen, dass uns in naher oder ferner Zukunft eine andere/fremde Spezies über den Weg läuft, der wir auch "Personenstatus" einräumen sollten, die jedoch eine ganz andere "Architektur" als wir aufweist. Das zeigt recht einfach, dass mit Gleichheit keineswegs automatisch körperliche Gleichheit verbunden ist.




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Di 26. Nov 2019, 15:41

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 26. Nov 2019, 11:15
Wir können uns zum Beispiel ausmalen, dass uns in naher oder ferner Zukunft eine andere/fremde Spezies über den Weg läuft, der wir auch "Personenstatus" einräumen sollten, die jedoch eine ganz andere "Architektur" als wir aufweist. Das zeigt recht einfach, dass mit Gleichheit keineswegs automatisch körperliche Gleichheit verbunden ist.
Abgesehen davon, daß Letzteres niemand (weder @Tangens Alpha noch ich) behauptet hat, ist nun die Frage, anhand welchen Kriteriums wir feststellen könnten, daß wir einer uns fremden, anders aussehenden Spezies den Personenstatus zusprechen sollten?




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Di 26. Nov 2019, 16:17

Friederike hat geschrieben :
Di 26. Nov 2019, 15:41
Abgesehen davon, daß Letzteres niemand (weder @Tangens Alpha noch ich) behauptet hat
Mag sein, aber das Argument ist davon nicht sehr weit entfernt, denn es werden grundverschiedene Gleichheiten gleichgesetzt. Nämlich biologische Gleichheit mit ethisch/moralischer Gleichheit oder vergleichbares.
Friederike hat geschrieben :
Di 26. Nov 2019, 15:41
die Frage, anhand welchen Kriteriums wir feststellen könnten, daß wir einer uns fremden, anders aussehenden Spezies den Personenstatus zusprechen sollten?
Wieso stellt sich die Frage? Es stellt sich für das Argument nur die Frage, ob wir es für möglich erachten, dass ganz andere Wesen (Aliens/Tiere/Roboter/...), wenn wir mit ihnen zusammen leben sollten, uns rechtlich/moralisch gleich gestellt sein könnten. Da kann die Antwort doch nur ja sein, wenn man nicht meint, dass wir die einsame Spitze der Schöpfung sind. Und daraus folgt, dass die Gleichheit des Gehirns (die bei den Fremden voraussetzungsgemäß fehlt) kein Kriterium sein kann.




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Di 26. Nov 2019, 17:37

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Di 26. Nov 2019, 16:17
Mag sein, aber das Argument ist davon nicht sehr weit entfernt, denn es werden grundverschiedene Gleichheiten gleichgesetzt. Nämlich biologische Gleichheit mit ethisch/moralischer Gleichheit oder vergleichbares.
Sagte ich nicht "um Himmels nein", womit ich meinte, es handele sich selbstverständlich nicht um diesselben Gleichheiten. Der Begriff "Gleichheit" müsse sowieso erst auf den Prüfstand.
Jörn hat geschrieben : Wieso stellt sich die Frage? Es stellt sich für das Argument nur die Frage, ob wir es für möglich erachten, dass ganz andere Wesen (Aliens/Tiere/Roboter/...), wenn wir mit ihnen zusammen leben sollten, uns rechtlich/moralisch gleich gestellt sein könnten. Da kann die Antwort doch nur ja sein, wenn man nicht meint, dass wir die einsame Spitze der Schöpfung sind. Und daraus folgt, dass die Gleichheit des Gehirns (die bei den Fremden voraussetzungsgemäß fehlt) kein Kriterium sein kann.
Warum fehlt die Gleichheit der Gehirne voraussetzungsgemäß? Das verstehe ich nicht, denn in Deinem Beispiel hattest Du nur von einer fremden Spezies mit einer anderen Architektur gesprochen. Darunter hatte ich ein anderes Aussehen verstanden.




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Jörn Budesheim
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Di 26. Nov 2019, 17:59

Friederike hat geschrieben :
Di 26. Nov 2019, 17:37
Sagte ich nicht "um Himmels nein", womit ich meinte, es handele sich selbstverständlich nicht um diesselben Gleichheiten. Der Begriff "Gleichheit" müsse sowieso erst auf den Prüfstand.
So ist es. Das Argument, dass die Gleichheit der Gehirne in irgendeiner Form für die Gleichheit der Menschen spricht, ist doch auch nicht von dir, oder?

Und in so einem Moment ist doch die naheliegendste Überlegung, ob man das Gehirn nicht weglassen/durch etwas anderes ersetzen kann, und dennoch zur Gleichheit kommt. Denn es ist ja nicht das Gehirn, was zur Gleichheit führt, sondern das, was das Gehirn neben vielem anderen aus uns "macht". Daselbe könnte man jedoch natürlich auch mit anderen "Zutaten" erreichen. Das zeigt, wie ich finde, dass der Zusammenhang (zwischen Gleichheit und Gehirn) kontingent ist. Das Argument ist so naheliegend, deswegen habe ich es nicht im Detail ausformuliert.




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