Nun laß das mit der Kränkung doch mal weg. Ich will verstehen! Verstehst Du? Den letzten Satz, wie meinst Du das? Gibt es Lebewesen ohne Gehirn (die Mikroorganismen vielleicht, aber sonst?). Meine Frage ist die nach der Beziehung zwischen dem Gehirn (der Materie, dem Stoff) und den Phänomenen wie denen, die wir "Bewußtsein" nennen, oder "denken" und "fühlen". Das ist mir rätselhaft.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 1. Dez 2019, 14:15Nimm dir das Fußball Beispiel. Ich für meinen Teil glaube nicht, dass nur das Gehirn notwendig ist, und der Rest zufällige Zutat. Außerdem habe ich einschränkend hinzugefügt, das für Wesen wie uns das Gehirn notwendig ist. Andere Wesen (ohne Gehirn) könnten auch versuchen, solcherart den Ball ins Tor zu bugsieren Notwendig in diesem Zusammenhang ist natürlich, der Gedanke, die Absicht es zu lernen. So gesehen ist das Gehirn sogar eine kontingente Zutat, da Absichten auch andere biologische Wesen haben könnten, auch solche ohne Gehirn.
Freiheit und Sollen
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Das Thema scheint meine Denk-Fähigkeit zu übersteigen. Ist das ironisch gemeint @Cosma, oder wie? Hilf' mir auf die Sprünge und sage, inwiefern ich Unsinn rede.
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Das liegt daran, dass die Beziehung tatsächlich rätselhaft ist!Friederike hat geschrieben : ↑So 1. Dez 2019, 14:42Meine Frage ist die nach der Beziehung zwischen dem Gehirn (der Materie, dem Stoff) und den Phänomenen wie denen, die wir "Bewußtsein" nennen, oder "denken" und "fühlen". Das ist mir rätselhaft.
Nicht nur deine, sondern meine auch und die der klügsten Köpfe ebenso! Ich habe im Kaffeestübchen ja von dem Buch erzählt: "Markus Gabriel im Gespräch mit Matthias Eckoldt". Das gibt's dazu wunderbare Einblicke! Nicht etwa in eine Lösung oder etwa ein Einvernehmen aller Philosophen und Naturwissenschaftler, sondern darum, wie sehr um diese Frage anscheinend überall weltweit gerungen wird. Es scheint hier, trotz großer Differenzen natürlich, sehr produktive Gespräche zwischen Philosophen und Naturwissenschaftlern verschiedenster Couleur zu geben.Friederike hat geschrieben : ↑So 1. Dez 2019, 14:50Das Thema scheint meine Denk-Fähigkeit zu übersteigen.
Eine wichtige Rolle spielen dabei natürlich auch die schon erwähnten Christof Koch und Giulio Tononi. "Denn die haben eine dezidiert neorealistische und jedenfalls überhaupt nicht reduktionistische Theorie des Bewusstseins vorgelegt. Koch und Tononi beginnen beim Bewusstsein, anstatt es zu reduzieren, und halten es für die einzig sichere Quelle, aus der wir Existenzaussagen ableiten können." (Markus Gabriel) Unser Bewusstsein ist in dieser Sichtweise eine handfeste Realität, weit davon entfernt, ein Epiphänomen zu sein, sondern eine kausal wirksame Realität.
In der Sache Zeit scheint ziemlich viel Bewegung zu sein, aber ein Ziel scheint lange nicht in Sicht zu sein: "Auch die sehr technisch orientierten Neurowissenschaftler, mit denen ich hier in Bonn zusammenarbeite, sagen mir: Du kannst von uns etwas über Neurone lernen, aber auf Fragen nach Bewusstsein und freiem Willen können wir fürs Erste – und auf sehr lange Sicht – einfach gar nichts sagen. Da ist in der Tat so eine Depression in die deutsche Neurowissenschaft gekommen. Nach Gerhard Roth und Wolf Singer sind die jetzt alle handzahm. Ich war auch mal mit Gerhard Roth in einer Radiosendung. Es war eigentlich als Provokation gedacht, dass man uns gegeneinander antreten lässt, aber er stimmte mir immer nur zu." (Markus Gabriel)
Auch die Idee, dass man längst wüsste, dass wir eigentlich unfrei sind, ist zumindest vorerst ad acta gelegt - für Giulio Tononi sind wir frei. "Tononi sagt, wir sind so frei, das geht auf keine Kuhhaut – so wie Fichte auch. Er sagt, die Neurowissenschaft entdeckt das Ausmaß des freien Willens." (Markus Gabriel) Und Gabriels Kollegen oben enthalten sich hier des Urteils.
Ich habe im Regal ein Buch von einem Hirnforscher stehen, das heißt "Mythos Hirnforschung", der hat schon vor etlichen Jahren gesagt, dass es in vielen Bereichen einfach ein Herumraten ist und dass viele großmundige Behauptungen aus dem Feuilleton lange nicht durch Empirisches belegt sind.
Dass es sich so verhält, scheint keineswegs sicher. Denn wenn es sich so verhält, dass das Bewusstsein ganz und gar real und kausal wirksam ist, dann bringt es in gewissen Maßen vielleicht sein eigenes Gehirn hervor. Hier scheint man keineswegs mehr einheitlich von einer Einbahnstraße auszugehen.Friederike hat geschrieben : Und andererseits ist es für mich unfaßbar, nicht zu begreifen, wie Stoffe wie Zelle, Hormone, Synapsen, Neuronen sowas wie Gedanken, Absichten, Handlungen usw. hervorbringen können.
(Nur nebenbei, der Grundgedanke Gabriels, dass es die Welt nicht gibt, wird anscheinend von ziemlich vielen Philosophen und insbesondere auch von Naturwissenschaftlern z.b. Quantenforschern durchaus akzeptiert!
"Tononi akzeptiert übrigens, dass es kein System aller Subsysteme im Universum gibt, in meinen Worten: dass es die Welt nicht gibt. Er ist voll auf meiner Seite, nicht nur er, neuerdings auch der renommierte Quantentheoretiker Yasunori Nomura, der das Zentrum für theoretische Physik in Berkeley leitet und zusätzlich eine Professur am Institute for the Physics and Mathematics of the Universe an der Universität Tokyo innehat, mit dem ich auch kooperiere. Es gibt im Universum kein System aller Subsysteme, und auf dieser Basis möchte er eine neue Quantentheorie formulieren, weil er sagt, er gebe da immer noch eine Totalitätsunterstellung in den Gleichungen, und die muss raus." (Markus Gabriel)
Einen weitläufig ähnlichen Gedanken formuliert die Philosophen Sandra Mitchell, die auch für einen Pluralismus plädiert: nämlich "die Integration zahlreicher Erklärungen und Modelle auf vielen Erklärungsebenen, anstatt der Erwartung, es müsse stets eine einzige, einfache grundsätzliche Erklärung geben.")
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Ein sehr wichtiger methodologischer Punkt ist dabei folgender: wenn jemand eine wissenschaftliche Theorie entwickelt und vorlegt, dann muss er dem Umstand, dass es ihn selbst gibt und er diese Theorie vorlegt und begründet, in irgendeiner Form Rechnung tragen. Eine Theorie, die sich selbst den Boden unter den Füßen wegzieht, indem sie z.b. behauptet, dass es die Messgeräte, mit denen die Ergebnisse erzielt wurden, im Grunde gar nicht gibt, hat ein ernstes Problem. Oder: eine begründete Theorie, die zu dem Ergebnis kommen möchte, dass es keine Begründung geben kann, hat sich gerade einen ernsten Widerspruch geleistet...
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Markus Gabriel hat geschrieben : Nach Ich ist nicht Gehirn habe ich tatsächlich extrem viel gelernt über den Stand der Neurowissenschaftler, weil ich auf unzähligen Podien und Tagungen mit Topleuten war, die aber auch als Neurowissenschaftler erst mal offen sind und nicht unsinnige metaphysische Thesen vertreten wie die meisten Neurophilosophen. Also, die Neurowissenschaftler sind qua empirische Wissenschaftler in der Regel immer an die Fallibilitätstheorie von Popper gebunden. Naturwissenschaftler wissen, dass sie keine metaphysischen Aussagen über das Wesen des Gehirns treffen sollten. So etwas Großes kann man nicht empirisch gedeckt untersuchen. Die meisten Naturwissenschaftler sind offen und undogmatisch, sind fast Skeptiker. Die heute verbreitete Neuro- und Informationsmetaphysik (à la Daniel Dennett oder Yuval Noah Harari) passt eigentlich nicht zu dem grundlegenden Geist des wissenschaftlichen Zeitalters. In meiner Erfahrung neigen die besten Naturwissenschaftler geradezu zum Skeptizismus, und weil sie so hohe Standards haben und so vorsichtig sind, sind sie dann im Einzelnen letztlich so gut, weil sie Vorbehalte auf Vorbehalte häufen, ehe sie eine These aufstellen. So eine große These vom Typ »Das Bewusstsein ist ein Hirnzustand« oder »Es gibt keinen freien Willen« wären viel zu aufgeblasene Thesen für ehrliche Naturwissenschaftler. Im Übrigen sind solche Thesen eindeutig nicht mehr empirisch. ...
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... immerhin sind es diese Sätze von Dir gewesen, die mein Gehirn motiviert haben, mich das allererste Mal an einem Gespräch über Selbiges zu beteiligen.Tangens Alpha hat geschrieben : ↑Fr 22. Nov 2019, 13:56[...] - aus meiner persönlichen Sicht: ich finde, das menschliche Gehirn ist das komplexeste & faszinierenste "System" überhaupt; es ist kaum vorstellbar, dass aus ein paar Elementarteilchen am Uranfang so etwas Komplexes mit der Fähigkeit zur Selbstreflektion, entstanden ist; ein kleiner aber unglaublicher Kosmos für sich.
Es ist, als würde der Kosmos durch das menschliche Gehirn über sich selbst nachdenken ...
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Ach ja, das führt zu der sicher philosophisch schon ausgiebig erörterten Frage, was bei einer Gehirntransplantation geschähe ... weiß ich mich noch als die, die ich war/bin?Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑So 1. Dez 2019, 15:28Dass es sich so verhält, scheint keineswegs sicher. Denn wenn es sich so verhält, dass das Bewusstsein ganz und gar real und kausal wirksam ist, dann bringt es in gewissen Maßen vielleicht sein eigenes Gehirn hervor. Hier scheint man keineswegs mehr einheitlich von einer Einbahnstraße auszugehen.
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Ich finde eher, dass das dazu führt solche Gedankenexperimente fragwürdig zu finden, weil sie Implikationen haben könnten, die uns womöglich nicht klar sind.
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Du meinst doch nicht die Gedankenexperimente ...? Weil die hätten doch ebenfalls nur gedankliche -wie sagt man? "fiktive"- Implikationen? Wir befassen uns ja nicht mit der technischen Möglichkeit einer Gehirnübertragung.Jörn Budesheim hat geschrieben : ↑Mo 2. Dez 2019, 13:03Ich finde eher, dass das dazu führt solche Gedankenexperimente fragwürdig zu finden, weil sie Implikationen haben könnten, die uns womöglich nicht klar sind.
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Es geht nicht (nur) darum, ob wir das Gehirn austauschen können, sondern darum, dass wir keinen Schimmer haben, was das bedeuten würde. Es scheint mir schiere Spekulation zu sein. Am Ende holt man bei diesem Experiment vielleicht nur das raus, was man selbst an Metaphysik hinein getan hat. Zudem gibt es gar nicht "das" Gehirn. Es handelt sich dabei wohl gar nicht um eine klare Einheit.
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Da hast du eine der Grundfragen der Philosophie voll auf die 12 getroffen! Und je nachdem, wie man sie beantwortet, spaltet sich das Lager in Idealisten und Materialisten. Die Idealisten halten dass Ideelle, das Geistige für das Primäre und das Materielle das aus ihm Abgeleitete, können aber nicht erklären, wie. Der Materialismus verfährt umgekehrt: Geist kann nur entstehen, wenn eine materielle Basis vorhanden ist und nach dem Ursache-Wirkungs-Prinzip verfahren werden kann.Friederike hat geschrieben : ↑So 1. Dez 2019, 14:42Meine Frage ist die nach der Beziehung zwischen dem Gehirn (der Materie, dem Stoff) und den Phänomenen wie denen, die wir "Bewußtsein" nennen, oder "denken" und "fühlen". Das ist mir rätselhaft.
Wie man an der Menschheitsgeschichte oder auch bei jedem Kind sehen kann, entwickelt sich das Geistige in der Auseinandersetzung mit der Umgebung, wird Regelkreis um Regelkreis, Netzwerk um Netzwerk aufgebaut, Eiweiß für das Gehirn und Hormone für die Gefühle produziert. Denken und Fühlen funktionieren so, dass sie in elektrische Impulse bzw. bestimmte chemische Stoffe umgesetzt werden.
Und wenn wir mal wieder traurig sind, weil uns keiner liebt, holen wir uns Schokolade, weil da der Stoff Phenylalanin drin ist, der uns wieder glücklich macht!
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Es dürfte sich um ein Spiel handeln ... das ich nicht kenne. Sagst Du, welches?!Tangens Alpha hat geschrieben : ↑Di 3. Dez 2019, 13:00Da hast du eine der Grundfragen der Philosophie voll auf die 12 getroffen!
Mit den "Regelkreisen" sind körperliche, d.h. stoffliche Regelkreise gemeint? Hm, nein, Freude produziert bestimmte Hormone, die ihrerseits wieder eine aufhellende Stimmung bewirken? Spezifische Gefühle sind noch einmal etwas Anderes, aber die Stimmungslage, wie ich es nennen würde, ist in diesen Regelkreisen mit eingeschlossen. Dann müßte ich die Freude wieder streichen - oder ich übersetze sie in "sehr helle Stimmung".Tangens Alpha hat geschrieben : Wie man an der Menschheitsgeschichte oder auch bei jedem Kind sehen kann, entwickelt sich das Geistige in der Auseinandersetzung mit der Umgebung, wird Regelkreis um Regelkreis, Netzwerk um Netzwerk aufgebaut, Eiweiß für das Gehirn und Hormone für die Gefühle produziert. Denken und Fühlen funktionieren so, dass sie in elektrische Impulse bzw. bestimmte chemische Stoffe umgesetzt werden. Und wenn wir mal wieder traurig sind, weil uns keiner liebt, holen wir uns Schokolade, weil da der Stoff Phenylalanin drin ist, der uns wieder glücklich macht!
Jetzt verstehe ich auch, was Du meintest, als Du schriebst, Lernprozesse seien mit Hirnprozessen nicht identisch.
Es gibt immer einen Reiz auslösenden Moment, einen Witz zB, der die Heiterkeitshormone freisetzt; es gibt -zig Kombinationen von Hormonen u.ä., die alle einer bestimmten Gemüts- bzw- Gefühlslage entsprechen.Friederike hat geschrieben : ↑Di 3. Dez 2019, 15:28Es dürfte sich um ein Spiel handeln ... das ich nicht kenne. Sagst Du, welches?!*Tangens Alpha hat geschrieben : ↑Di 3. Dez 2019, 13:00Da hast du eine der Grundfragen der Philosophie voll auf die 12 getroffen!
Mit den "Regelkreisen" sind körperliche, d.h. stoffliche Regelkreise gemeint? Hm, nein, Freude produziert bestimmte Hormone, die ihrerseits wieder eine aufhellende Stimmung bewirken? Spezifische Gefühle sind noch einmal etwas Anderes, aber die Stimmungslage, wie ich es nennen würde, ist in diesen Regelkreisen mit eingeschlossen. Dann müßte ich die Freude wieder streichen - oder ich übersetze sie in "sehr helle Stimmung".Tangens Alpha hat geschrieben : Wie man an der Menschheitsgeschichte oder auch bei jedem Kind sehen kann, entwickelt sich das Geistige in der Auseinandersetzung mit der Umgebung, wird Regelkreis um Regelkreis, Netzwerk um Netzwerk aufgebaut, Eiweiß für das Gehirn und Hormone für die Gefühle produziert. Denken und Fühlen funktionieren so, dass sie in elektrische Impulse bzw. bestimmte chemische Stoffe umgesetzt werden. Und wenn wir mal wieder traurig sind, weil uns keiner liebt, holen wir uns Schokolade, weil da der Stoff Phenylalanin drin ist, der uns wieder glücklich macht!
*Kegeln. Oder Boxen: Treffer genau auf das Kinn führt zum K.O. und damit zum Sieg.
(Sorry, ich wollte mich nicht einmischen).
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Ich hatte schon schreiben wollen, ich kenne nur "alle neune" beim Kegeln. Ah ja, üblich sind beim Profiboxen 12 Runden. Soviel weiß ich gerade noch. Bei "ein-mischen" kommen mir Kartenspiele in den Sinn. "17 + 4" sind aber 21 und nicht 12.
Das ist weitest ab vom Thema ... die Kurve wäre eine auf einen erhöhten Hormonspiegel (irgendein zuständiges) zurückzuführende Albernheit.
Vielleicht sollten wir auf die Freiheit, der Entscheidungsfreiheit und ob es noch andere "belastbare", d.h. anwendungsfähige Freiheit(en) gibt, zurückkehren? Oder findet Ihr "Gehirn" (Körper) + Geist interessanter?
Ich bin hier angeregt worden, mich mit Wolf Singer zu beschäftigen - und so verstehe ich ihn:Friederike hat geschrieben : ↑Di 3. Dez 2019, 17:27[/size]Vielleicht sollten wir auf die Freiheit, der Entscheidungsfreiheit und ob es noch andere "belastbare", d.h. anwendungsfähige Freiheit(en) gibt, zurückkehren? Oder findet Ihr "Gehirn" (Körper) + Geist interessanter?
Der freie Wille wird von uns als Realität erlebt, und wir handeln und urteilen so, als gäbe es ihn. Der freie Wille, oder besser, die Erfahrung, einen solchen zu haben, ist somit etwas Reales. Insofern, als sich die Mehrheit der Menschen zu dieser Erfahrung bekennt, ist sie also keine Illusion wie etwa eine Halluzination. Dennoch kann es aus naturwissenschaftlicher Sicht keinen freien Willen geben.
Dieser Vorgang lässt sich in der Kindesentwicklung wunderbar nachvollziehen: Am Anfang trennen die Kleinen nicht zwischen sich und draußen. Für sie ist der Wille der Mutter ihr eigenes Anliegen. Sie empfinden sich nicht als Individuum und schon gar nicht als eines, das frei entscheiden kann. Doch das Baby ist eingebettet in ein soziales Umfeld, in dem es immer wieder hört: "Tu das nicht, sonst mache ich das." Nolens volens muss das Kind daraus schließen, es habe die Freiheit, Entscheidungen zu treffen. Dieser ganze Lernvorgang vollzieht sich während der ersten drei Lebensjahre. Weil sich in dieser Zeit noch kein episodisches Gedächtnis entwickelt hat, erinnern wir uns nicht mehr, wie wir zu der Annahme gekommen sind, wir seien frei.
In einer Lebensgemeinschaft sind Regeln unerlässlich. Das lernen wir. Dass jemand das oder das nicht tun darf, ist als moralischer Imperativ gespeichert und man kann erwarten, dass er sich daran hält. Zur "Verantwortung" gehört nicht unbedingt kausalfreier Wille, sondern Einsicht und im einfachsten Fall schlicht Gehorsam.
Ich finde das eigentlich sehr plausibel.
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Eigentlich könnte man das Adjektiv "frei" vor dem "Willen" streichen, der Wille jedes Individuums ist sein/ihr Wille. Das bezieht sich auf die von Dir zitierten "Singer"-Abschnitte. Oder man beläßt es bei dem Adjektiv und "Gehorsam" wäre dann der freie Wille (eines Individuums) sich einem fremden Willen unterzuordnen. "Einsicht" wäre der freie Wille, sich einem fremden Willen anzuschließen.Cosma hat geschrieben : ↑Mi 4. Dez 2019, 10:07In einer Lebensgemeinschaft sind Regeln unerlässlich. Das lernen wir. Dass jemand das oder das nicht tun darf, ist als moralischer Imperativ gespeichert und man kann erwarten, dass er sich daran hält. Zur "Verantwortung" gehört nicht unbedingt kausalfreier Wille, sondern Einsicht und im einfachsten Fall schlicht Gehorsam. Ich finde das eigentlich sehr plausibel.
Singer hält Begriffe wie Freiheit für nützliche soziale Determinanten: wir können so tun als ob es ihn gäbe und uns danach richten. Auf der anderen Seite gibt es ja noch die Definition von Tangens "Freiheit als Einsicht in die Bedingungen" o.s.ä., die ich auch nicht uninteressant finde.Friederike hat geschrieben : ↑Mi 4. Dez 2019, 15:47Eigentlich könnte man das Adjektiv "frei" vor dem "Willen" streichen, der Wille jedes Individuums ist sein/ihr Wille. Das bezieht sich auf die von Dir zitierten "Singer"-Abschnitte. Oder man beläßt es bei dem Adjektiv und "Gehorsam" wäre dann der freie Wille (eines Individuums) sich einem fremden Willen unterzuordnen. "Einsicht" wäre der freie Wille, sich einem fremden Willen anzuschließen.Cosma hat geschrieben : ↑Mi 4. Dez 2019, 10:07In einer Lebensgemeinschaft sind Regeln unerlässlich. Das lernen wir. Dass jemand das oder das nicht tun darf, ist als moralischer Imperativ gespeichert und man kann erwarten, dass er sich daran hält. Zur "Verantwortung" gehört nicht unbedingt kausalfreier Wille, sondern Einsicht und im einfachsten Fall schlicht Gehorsam. Ich finde das eigentlich sehr plausibel.
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Ja, da hast du Singers Auffassung wohl m.e. richtig wiedergegeben.
Fast alle Diskussionen legen den ursachlosen Freiheitsbegriff zugrunde, mit dem man alles erklären kann. Abgesehen davon: wenn ich meine Entscheidungen nicht auf mich oder meine Bedürfnisse zurückführen kann, kann ich mich auch nicht damit identifizieren und sie als meine Entscheidung erleben.Auf der anderen Seite gibt es ja noch die Definition von Tangens "Freiheit als Einsicht in die Bedingungen" o.s.ä., die ich auch nicht uninteressant finde.
Auch Gerichte konzentrieren sich mehr auf die Einsicht oder Nicht-Einsicht als auf die Freiheit.
Deshalb ist m.e. der ursachlose Freiheitsbegriff sinnlos.
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... und das machst du ganz hervorragend, wie ich finde!Friederike hat geschrieben : ↑So 1. Dez 2019, 17:38... immerhin sind es diese Sätze von Dir gewesen, die mein Gehirn motiviert haben, mich das allererste Mal an einem Gespräch über Selbiges zu beteiligen.Tangens Alpha hat geschrieben : ↑Fr 22. Nov 2019, 13:56[...] - aus meiner persönlichen Sicht: ich finde, das menschliche Gehirn ist das komplexeste & faszinierenste "System" überhaupt; es ist kaum vorstellbar, dass aus ein paar Elementarteilchen am Uranfang so etwas Komplexes mit der Fähigkeit zur Selbstreflektion, entstanden ist; ein kleiner aber unglaublicher Kosmos für sich.
Es ist, als würde der Kosmos durch das menschliche Gehirn über sich selbst nachdenken ...
Was den Übergang materielles Gehirn <=> Gedanken, etc. angeht: ist neurologisch bei Weitem noch nicht gelöst; schau mal hier rein:
https://www.tagesspiegel.de/wissen/hirn ... 76812.html
Unser Gehirn besteht aus ca. 90 Milliarden Neuronen (Nervenzellen), die jede bis zu 10.000 Verbindungen knüpfen können! Da herauszufinden, wann, wo und warum ein Gedanke entstanden ist, gleicht der Stecknadel...
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Richtig! Unser Gehirn ist unbewusst eigentlich dauernd damit beschäftigt, Wahrnehmungsdaten auszuwerten, abzugleichen auf Gefährlichkeit, Nützlichkeit, etc. und Entscheidungen vorzubereiten & zu treffen. Der natürliche Lernprozess dient der Lebensbewältigung & ist ein lebenslanger; der kontrollierte ist lernzielorientiert.Friederike hat geschrieben : ↑Di 3. Dez 2019, 15:28Jetzt verstehe ich auch, was Du meintest, als Du schriebst, Lernprozesse seien mit Hirnprozessen nicht identisch.
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