Tangens Alpha hat geschrieben : ↑ Fr 22. Nov 2019, 20:33
Um mit dieser Situation klar zu kommen, ziehen sie sich auf die einfachste Philosophie zurück: "shut up and calculate!"
Stephen Hawking hat geschrieben : »Auch wenn nur eine einheitliche Theorie möglich ist, so wäre sie doch nur ein System von Regeln und Gleichungen. Wer bläst den Gleichungen den Odem ein und erschafft ihnen ein Universum, das sie beschreiben können?«
Das Zitat von Stephen Hawking dürfte vielleicht in die nämliche Richtung gehen?!
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Ich will mal an einem Gedankenexperiment erläutern, was einer meiner Punkte ist. Wir stellen uns vor, dass ein terrestrischer und ein extraterrestrischer Wissenschaftler sich treffen und zusammen forschen. Stellen wir uns vor, das die Sprachbarrieren, sowie im Science-Fiction üblich, keine Rolle spielen. Solange sich beide auf physikalische Begebenheiten beziehen erforschen sie, wenn man so sagen darf, eine gemeinsame Welt.
Jetzt stellen wir uns allerdings vor, dass beide völlig verschiedene Sinnes-Apparate haben. Das heißt, die Welt ist beiden aus der Perspektive der ersten Person ganz und gar anders gegeben. Wenn wir uns darüber hinaus noch vorstellen, dass der extraterrestrische Forscher auch eine völlig andere Anatomie hat als wir und - sagen wir - z.b. 25 m hoch ist, dann werden die Unterschiede noch deutlicher und größer. Hier gibt es meines Erachtens eine Grenze der Forschung, weil beide nicht in die "Perspektive" des je anderen einsteigen können.
Nun sind jedoch die verschiedenen Arten und Weisen der Weltgegebenheit beider ebenso real, wie die physikalische Welt, die sie auch gemeinsam erforschen können. Beiden eröffnet sich eine reale Welt, die dem je anderen (zu Teilen) verborgen bleiben muss - zumindest in den phänomenalen Aspekten.
Stellen wir uns z.b. vor, dass der extraterrestrische Forscher keine Schmerzen und keine Lust kennt. (Das ist natürlich nur eine logische Möglichkeit.) Ohne diesen Teil der Realität zu erkennen, dürfte es ihm schwer bis unmöglich sein, wichtige Teile unserer menschlichen Ethik überhaupt zu verstehen. Denkbar hingegen wäre, dass er die Ethik der Forschung, so wie wir sie hier kennen, jedoch durchaus versteht und auch teilt, sonst könnten die beiden gar nicht zusammen forschen. Wichtige Teile der Realität entgehen dem quantitativen Blick notwendig, weil sie sich nur aus der Perspektive der ersten Person ergeben, in dem allein diese qualitativen Erfahrungen zu machen sind. (Das alles basiert natürlich auf Einsichten von Joseph Levin, Thomas Nagel und anderen mehr.)
Nun bezieht sich unsere Ethik nicht nur auf diese Qualia, sondern auch auf den Umstand, dass wir geburtlich und sterblich sind. Und zwar jeder einzelne für sich und natürlich auch innerhalb seines familiären Bereichs oder die Gruppe in der er/sie lebt et cetera pp. Wenn wir handeln und denken, dann steht für uns als Lebewesen immer etwas auf dem Spiel. Und das lässt sich, meines Erachtens mit dem Blick von der Seite, und rein quantitativ, nicht einfangen.
»Leben kann nur von Leben erkannt werden.« sagt daher der Philosoph Hans Jonas meines Erachtens ganz zurecht. Diesen Bereich der Wirklichkeit können wir, wie gesagt, nur aus der Teilnehmer Perspektive verstehen. Aber das ist ein ganz und gar realer Bereich, für uns ist es sogar der realste Bereich und außerdem zufälligerweise der Wichtigste :) Dieser Bereich ist vom Normativen und Werthaften durchwoben. Das ist jedoch nichts, was mit Mitteln der quantitativen Forschung zu bestimmen wäre. Hier ist der Odem von dem Steven Hawkins oben spricht, bereits eingeblasen und wir erleben ihn am eigenen Leibe.
In diesem Bereich herrscht eine andere Objektivität (als die naturwissenschaftliche), weil jeder einzelne als erwachsener Mensch, (wir müssen das zu gewissen Teilen erst lernen) in der Lage ist/sein sollte, von seinen eigenen Bedürfnissen zu abstrahieren und zu erkennen, dass andere ebenso Bedürfnisse haben. Wir können und sollen erkennen, dass jeder jedem der andere ist und keiner unseresgleichen moralisch völlig anders. Auch wenn wir jeder einzigartig sind, so sind wir doch alle Menschen.
Jeder einzelne von uns ist das Zentrum seines subjektiven Er/lebens. Und zugleich sind wir in der Lage, zu erkennen, dass genau das für alle anderen auch gilt und keiner von ihnen - inklusive man selbst - in irgendeiner Form herausgehoben ist. Das heißt also, unsere Fähigkeit zur Abstraktion, also zum Absehen von der eigenen/individuellen Perspektive, die uns in den Naturwissenschaften so große Erfolge ermöglicht hat, können und sollen wir auch in dem Bereich anwenden, indem es um ethische Fragestellungen und An/forderungen geht. Wir können (z.b. in problematischen Situationen) von uns selbst abstrahieren und uns fragen, wie sollte
diese Person dort handeln, die "zufälligerweise" ich selbst bin. Dabei muss allerdings der Umstand, dass die anderen (wie wir selbst) ein einzigartiges Leben führen und geburtliche, sterbliche, bedürftige, rationale und fühlende Wesen sind, eingepreist bleiben. (Von diesen entscheidenden Aspekten dürfen wir anders als in naturwissenschaftlichen Theorie Bildungen hier natürlich nicht absehen.)
Da wir all diese Eigenschaften (und mehr) tatsächlich haben, handelt es sich hier natürlich auch um einen Tatsachen-Bereich, ein Tatsachen-Bereich, den jedoch nur Lebewesen als lebende Wesen durchmessen können.