Darf man Tiere essen?

Ethische Fragen und ihre rationale Begründbarkeit bewegen das philosophische Denken in einer Zeit, in der die Politik wieder über "Werte" debattiert und vertraute Grundlagen des politischen Handelns zur Disposition stehen.
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Jörn Budesheim
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Do 19. Okt 2017, 06:52

Warum essen wir hier im westlichen Kulturkreis in der Regel eigentlich z.b. keine Hunde aber Schweine? Auch eine Form von Speziesismus?




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Jörn Budesheim
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Tommy hat geschrieben :
Mi 18. Okt 2017, 22:21
Ich sage mir an dem Punkt immer, dass ich am Ende meines Lebens sagen können muss, dass das Leben Spaß gemacht hat, dass es lebenswert war, egal wie lang es gedauert hat.
Die Belange der anderen Wesen, die diesen Planeten bewohnen, zu berücksichtigen, gehört für manche eben zur eigenen Lebensqualität dazu.




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Do 19. Okt 2017, 20:56

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Do 19. Okt 2017, 06:52
Warum essen wir hier im westlichen Kulturkreis in der Regel eigentlich z.b. keine Hunde aber Schweine? Auch eine Form von Speziesismus?
Auch im westlichen Kulturkreis wurden genug Hunde verspeist. Gerade in Notzeiten war der Mensch noch nie besonders wählerisch.




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Jörn Budesheim
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Do 19. Okt 2017, 21:00

Mag ja sein, aber es ist nicht die Regel, sondern eher die Ausnahme.




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novon
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Do 19. Okt 2017, 22:31

Tommy hat geschrieben :
Mi 18. Okt 2017, 22:05
Die Tierschützer haben ein starkes Interesse daran den Fleischverzehr generell zu verteufeln.
Mittlerweile auch die Wurstindustrie. Vegetarische Fleisch-/Wurstimitate sind in der Produktion deutlich günstiger, da etwaige Reifungsprozesse (Räuchern, Trocknung...) entfallen und der entsprechende Geschmack schlicht durch Zusetzen entsprechender Würze erreicht wird. Da wird recht ordentlich (über-)profitiert.




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novon
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Do 19. Okt 2017, 22:43

Mal als Hint zum Thema "Schwein":
Das Schweinesystem




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Tommy hat geschrieben :
Mi 18. Okt 2017, 22:21
Tja, und so kannst Du Dich eben selber damit plagen woran Du nun sterben willst.
Ich sage mir an dem Punkt immer, dass ich am Ende meines Lebens sagen können muss, dass das Leben Spaß gemacht hat, dass es lebenswert war, egal wie lang es gedauert hat.
Was nützt es mir denn, wenn ich karottenkauend 100 Jahre alt werde und dabei ständig schlechte Laune habe?
Womit wir wieder bei dem Punkt wären, dass Genuss durchaus eine bedeutende Rolle spielt, wenn auch nicht die einzige Rolle.
Leben ist eben mehr als nur Überleben auch wenn das Leben oft nur darauf reduziert ist.
Dass du keine hohe Meinung von Moral hast, besonders wenn sie dich in deinen Möglichkeiten einschränkt, ist ausreichend bekannt. Aber ich meine doch, dass es in diesem Thread um Tierethik geht und nicht um die Frage, ob Moral überhaupt sinnvoll ist.




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Jörn Budesheim
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Fr 20. Okt 2017, 07:09

Das würde ich jetzt vielleicht nicht sagen, an anderer Stelle hat sich Tommy so geäußert: Wenn wir wissen, dass Tiere leiden können, dann müssen wir uns auch die Frage stellen, in wie weit wir ihnen Leid zumuten dürfen. Das heißt die Frage, inwiefern wir Leid zumuten dürfen, steht durchaus im Raum ... leider gibt es keine Einigkeit in Bezug auf die Antwort. Das heißt aber, es gibt immerhin eine Basis, dass die Frage, inwiefern wir Leid zumuten dürfen eine Relevanz hat.




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Seine Antwort war aber, dass Leid zumutbar ist, wenn entsprechende Gründe vorliegen. Und zu diesen Gründen zählt wohl auch das Verlangen nach panierten Schnitzelchen. Nur taugt die Begründung "wenn ich eben will" nicht als moralische Begründung, weil sie völlig beliebig ist. Dann kann ich mir die Frage sparen.

Oder: Ist eine Straftat nur falsch, wenn ich sie nicht begehen will? Hängt die Definition einer Straftat von etwas anderem als meiner Befindlichkeit ab?




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Fr 20. Okt 2017, 08:09

Tommy hat geschrieben :
Fr 20. Okt 2017, 07:56
Dort soll das Genussargument komplett verboten sein
Das sehe ich etwas anders und hatte es weiter oben schon aufgeführt. Das Genussargument ist nicht komplett verboten - das Gegenteil ist der Fall. Genuss ist sehr wichtig und ich würde das nie leugnen. Genuss wird auch nicht verboten. Ich meine nur, dass anderes schwerer wiegen kann als der individuelle Genuss. Das ist aber kein Verbot. Es geht darum herauszufinden, was das Gebot ist, nach Lage der Dinge.

Nur nebenbei: Ich esse jetzt seit einiger Zeit kein Fleisch: Genusseinschränkungen erlebe ich dabei nicht. Ich esse weiterhin gern und gut (und viel).




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Tommy hat geschrieben :
Fr 20. Okt 2017, 07:56
Denn selbstverständlich spielt Genuss auch bei ethischen Betrachtungen eine Rolle.
Nein, Genuss spielt bei ethischen Betrachtungen keine Rolle.
Und ja, wenn der Anbau/Vertrieb von Kaffee zu Schäden in der Natur oder zu anderen Ungerechtigkeiten führt, dann sollte das unabhängig vom Kaffeegenuss Bestandteil ethischer Diskussionen werden.

Zusatz: Dass wir im wahren Leben nicht immer 100% moralisch handeln/denken ist offensichtlich. Wir machen nicht immer alles richtig und müssen es imho auch nicht. Und letztlich können wir es auch nicht. Und ich bin da ganz bei dir: Wenn man Spaß am Leben haben will, muss man auch mal unmoralisch sein :-) Man muss eben abwägen, in welchen Momenten und mit welchen Folgen unmoralisches Handeln vertretbar bleibt. Wir machen Fehler, nehmen diese in Kauf. Aber aus einer ethischen Betrachtung bleibt es eben ein Fehler.




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Ottington hat geschrieben :
Fr 20. Okt 2017, 09:35
Nein, Genuss spielt bei ethischen Betrachtungen keine Rolle.
Ich finde schon. Denn Genuss ist ein Wert, den wir schätzen sollten. Nun bin ich jedoch nicht der einzige, der genießen kann. Und dann stellt sich zum Beispiel die Frage, ob ich meinen Genuss auf Kosten deines Genusses ausleben darf :-) denn dein Genuss ist schließlich ebenso ein Wert wie meiner.




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Die Frage ist, ob der Genuss entscheiden sollte, ob Genuss das Leiden anderer inkaufnehmen darf




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Ottington hat geschrieben :
Fr 20. Okt 2017, 11:50
Die Frage ist, ob der Genuss entscheiden sollte, ob Genuss das Leiden anderer inkaufnehmen darf
Tommy hat geschrieben :
Mi 11. Okt 2017, 01:49
Man darf sie [die Tiere] auch nicht einfach töten. Jedenfalls nicht, wenn kein sinnvoller Grund vorhanden ist.
Wenn man so will eine "Güterabwägung". Was wiegt mehr, ihr entgangener Lebensgenuss oder mein Genuss ein Schnitzel zu essen (wenn es mir denn ein Genuss ist). Ist mein Genuss bereits ein "sinnvoller Grund" ihr Leben zu beenden? Und Speziesismus wäre es, wenn allein die Tatsache, dass sie nicht zu unserer Spezies zählen Grund genug wäre. Und das scheint mir (für sich allein genommen!) nicht zu reichen.




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Jörn Budesheim hat geschrieben :
Fr 20. Okt 2017, 12:07
Wenn man so will eine "Güterabwägung". Was wiegt mehr, ihr entgangener Lebensgenuss oder mein Genuss ein Schnitzel zu essen (wenn es mir denn ein Genuss ist). Ist mein Genuss bereits ein "sinnvoller Grund" ihr Leben zu beenden? Und Speziesismus wäre es, wenn allein die Tatsache, dass sie nicht zu unserer Spezies zählen Grund genug wäre. Und das scheint mir (für sich allein genommen!) nicht zu reichen.
Vielleicht sollte ein jeder mal ein Tier selbst um seinen Lebensgenuss bringen. Vielleicht macht das mehr deutlich.




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Fr 20. Okt 2017, 19:07

Speziell Präferenzutilitaristen, die Hauptvertreter der Tierrechte, sind gezwungen, Genuss sogar als Begründung für Moral zu akzeptieren. Schließlich es es eine Präferenz, genießen zu wollen. Ein Gegensatz von Genuss und Moral entspricht eher einer kantianischen Auffassung von Moral.




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Jörn Budesheim
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Tommy hat geschrieben :
Fr 20. Okt 2017, 19:19
Bedeutet das jetzt, dass ich es nicht mehr anerkennen muss, wenn Leute sagen, dass sie hin und wieder gerne ein Glas Wein oder ein Bier trinken wollen?
Ich schätze, dass du dem Alkohol kein Leid zufügen würdest, wenn du ihn trinken würdest :-) Aber im Ernst: Ich verbinde mit meinem Vegetarismus keine missionarischen Absichten. Dieser Thread dient ja auch nicht dazu, irgendjemanden zu bekehren - es sei denn, jemand lässt sich überzeugen :-) :-)




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Jörn Budesheim
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Hab ich noch nie drüber nachgedacht - außer einem Schluck Sekt zu Silvester trinke ich jedoch eh nicht :-)




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Alethos
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Fr 20. Okt 2017, 21:04

Ich habe die Diskussion ein wenig mitverfolgt. Ich bin ein leidenschaftlicher Fleischesser, aber ich esse vielleicht einmal wöchentlich. Ein sehr gutes Stück.

Für mich sind Tiere, sobald sie auf dem Teller sind, keine Tiere mehr. Ich geniesse ja nicht die Tatsache, dass hier ein totes Tier auf dem Teller liegt und schon gar nicht die Tatsache, dass es gelitten hat. Dann wäre ich ja makaber und Sadist. Im Gegenteil, ich muss es richtig verdrängen (was ich bereits sehr gut kann), dass mein Entrecôte das Produkt einer kleinen Tragödie ist. Ich muss verdrängen, dass dieses Tier vielleicht eine Persönlichkeit hatte, vielleicht ganz ulkig war oder anschmiegsam. Und ich muss mir die Freundschaft wegdenken, das ich mit diesem Tier eingegangen wäre, hätte ich es gekannt.

Und dass ich das tun muss (automatisch auch tue), das zeigt mir, dass ich Fleischessen als amoralisch empfinde. Solange ich nämlich alles das, was ein Tier ausmacht, ausblenden muss, damit mir dieses saftige Stück mundet, solange kann ich nicht ehrlicherweise sagen, ich hätte nicht irgendwo ein schlechtes Gewissen.



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Alle lächeln in derselben Sprache.

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Jörn Budesheim
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Sa 21. Okt 2017, 06:15

Fundstück: In der Schweiz schreibt die Bundesverfassung fest, dass der „Würde der Kreatur“ Rechnung zu tragen sei.




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