Was ist Gesellschaft.

Ursprünglich in der praktischen Philosophie beheimatet sind Theorien der Gesellschaft heute weitgehend von der Soziologie aufgegriffen worden.
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Stefanie
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Mi 29. Nov 2023, 09:43

Als ob die juristischen Definitionen bzw. die Verwendung von Begriffen immer eindeutig sind...
Klar im Gesellschaftsrecht wird deutlich beschrieben, was ist eine GmbH, was ist eine Aktiengesellschaft usw. Dann gibt es noch die Gemeinschaft, z.B. die Wohnungseigentümergemeinschaft. Das war es dann aber auch.

An dem Paar Gesellschaft und Gemeinschaft und dessen Unterschieden arbeiten seit Jahrzehnten die Sozialwissenschaften, die Pädagogik, die Ethnologie, die Philosophie, die Erziehungswissenschaften, die Politikwissenschaften und die Soziologie. Sind die sich immer einig, nein. Allein, was z.B. Inklusion ist, gibt Differenzen zwischen z.B. Systemtheorie und den Pädagog*innen.
Die Definition von der Bundeszentrale ist auch nur eine Beschreibung von Gesellschaft und Gemeinschaft.

Der Gesetzgeber verwendet nun im Gesetz zu den Leistungen für Menschen mit Behinderung beide Begriffe. Einmal direkt am Anfang, in dem es heißt "Teilhaben am Leben in der Gesellschaft". Weiter unten dann, wenn es um die sog. soziale Teilhabe geht, heißt es dann "Teilhaben am Leben in der Gemeinschaft". Es geht hier um hier um Bereiche wie Schule, Kita´s, Frühförderung, um den großen Bereich Wohnen, Freizeit, Kultur, Politik, Behörden etc. Fragt man nun Juristen, was das bedeutet, dass einmal Gesellschaft und einmal Gemeinschaft im Gesetz verwendet werden, kommt als Antwort meistens: Höö, da ist doch kein Unterschied. Na doch, es ist ein Unterschied.
Gerade in der heutigen Zeit.
Schaut man sich die unterschiedlichen Gemeinschaften an, wird empirisch immer mehr festgestellt, dass viele Gemeinschaften so auf sich bezogen sind, dass der eigentlich Zweck von Gemeinschaften - der Unterbau der Gesellschaft zu sein- nicht mehr erfüllt wird. Die einzelnen Gemeinschaften verbinden sich nicht mehr zu einer gemeinsamen Gesellschaft. D.h. trifft man Maßnahmen, um Menschen (Behinderung, Migrationshintergrund, Senioren etc.) in eine Gemeinschaft zu integrieren (Inklusion), sind diese nur in der Gemeinschaft inklusiv angekommen (wenn überhaupt), aber nicht notwendigerweise in der Gesellschaft.

Die Gesellschaft mit seinen vielen Gemeinschaften ist derzeit wohl nicht in der Lage, diese einzelnen Gemeinschaften zu einer Gesellschaft zu verbinden.



Das Land, das die Fremden nicht beschützt, geht bald unter.
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Stefanie
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Mi 29. Nov 2023, 09:49

Ich kann mich durchaus damit anfreunden, wenn man Haustiere, wie Hund Katze etc. zur Gemeinschaft und/Gesellschaft dazu zählt.
Aus dem Grund, dass es zwischen diesen Tieren und uns eine Kommunikation gibt, ein Miteinander. Der Mensch erzieht den Hund, der Hund hilft dem Menschen usw.

Aber beim Tiger oder Elefant, Schlange, Mücke, Krokodil, Ameisen, Wespen, Bienen verneine ich, dass diese Teil der Gemeinschaft/Gesellschaft sind.



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Jörn Budesheim
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Mi 29. Nov 2023, 09:58

Könnten wir als Zwischenstand festhalten, dass Tiere zur Gesellschaft zählen können, wobei offen bleibt, welche?




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Stefanie
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Mi 29. Nov 2023, 10:03

Ich kann mich damit anfreunden habe ich geschrieben ;- )
Die Priorität sollte eigentlich erstmal sein, dass wir Menschen unter uns das mit der Gesellschaft und Gemeinschaft hinbekommen.



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Quk
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Mi 29. Nov 2023, 11:32

Dieser Diskussionsabschnitt ist wieder ein gutes Beispiel dafür, dass Begrifflichkeitsdebatten nichts bringen.

Begriffe werden benötigt, unter anderem, beim Beschreiben von Problemen. Ich denke, man kann ein Problem ziemlich direkt beschreiben, ohne vorher auf Schubladensuche für das Problem gehen zu müssen. Das Repertoire an Beschreibungs-Wörtern ist groß und allgemein verständlich genug.


Beispiel:

Lolek: "Bolek, der Tisch ist so sauber. Hast du ihn alleine geputzt?"
Bolek: "Lolek, hör auf mit deinem Sarkasmus!"
Lolek: "Das ist kein Sarkasmus."
Bolek: "Gehässig ist das."
Lolek: "Gehässigkeit ist was völlig anderes. Weißt du, was Ironie ist?"

Das war eine sinnlose Begrifflichkeitsdebatte. Keiner hat das eigentliche Problem beschrieben.


Anderes Beispiel:

Lolek: "Bolek, der Tisch ist so sauber. Hast du ihn alleine geputzt?"
Bolek: "Bist du nicht zufrieden damit?"
Lolek: "In der Tat. Da liegen noch Krümel herum."
Bolek: "Die habe ich nicht gesehen."

Problem beschrieben. Lösung kann erfolgen.




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Stefanie
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Mi 29. Nov 2023, 13:12

Das habe ich jetzt mal nicht verstanden.

Welche Begrifflichkeit ist jetzt gemeint? Das Paar Gesellschaft Gemeinschaft, oder Tier Mensch?



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Quk
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Mi 29. Nov 2023, 14:01

Der Begriff "Gesellschaft".




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Jörn Budesheim
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Ich verstehe den Einwand von Quk auch nicht.




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Quk
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Mi 29. Nov 2023, 14:18

Wir diskutieren darüber, was der Begriff "Gesellschaft" zu bedeuten hat. Und wir diskutieren beispielsweise darüber, wie wir mehr Frieden in die Gesellschaft bringen. Das ist jetzt nur ein Beispiel aus täglichen Gesprächen; dann diskutieren wir, was der Begriff "Frieden" wirklich zu bedeuten habe und so weiter. Wir diskutieren manchmal quasi über Schubladen-Etiketten anstatt über die konkreten, handwerklichen Punkte eines Problems, das sich oft mit einfachen Worten ziemlich unmissverständlich beschreiben lässt. Siehe mein Beispiel mit Lolek & Bolek.
Zuletzt geändert von Quk am Mi 29. Nov 2023, 14:28, insgesamt 3-mal geändert.




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Jörn Budesheim
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Mi 29. Nov 2023, 14:23

Ich glaube, ich sehe das etwas anders. Um bei der Metapher zu bleiben: Wir diskutieren nicht über das Etikett der Schublade, sondern darüber, ob es erstens diese Schublade gibt, woran es in diesem Fall kaum Zweifel zu geben scheint, und zweitens, was sich in dieser Schublade befindet und warum. Wir sprechen über den Inhalt der Schublade. Zum Beispiel: Gehören Tiere in die Schublade, wenn ja, welche und warum.




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Quk
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Mi 29. Nov 2023, 14:27

Vielleicht habt Ihr mein Beispiel zu wörtlich genommen. So hatte ich das nicht gemeint. Neuer Versuch.


Beispiel:

Daisy: "Donald, der Tisch ist nicht sauber. Verstehst du das unter einer guten Gesellschaft?"
Donald: "Zu einer Gesellschaft gehört manchmal auch ein unsauberer Tisch."
Daisy: "Das ist keine wahre Gesellschaft."
Donald: "Was ist schon die Wahrheit?"

Das war eine sinnlose Begrifflichkeitsdebatte. Keiner hat das eigentliche Problem beschrieben.


Anderes Beispiel:

Daisy: "Donald, der Tisch ist nicht sauber. Verstehst du das unter einer guten Gesellschaft?"
Donald: "Wo ist der nicht sauber?"
Daisy: "Hier liegen noch Krümel herum."
Donald: "Die habe ich nicht gesehen."

Problem beschrieben. Lösung kann erfolgen.




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Quk
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Mi 29. Nov 2023, 14:36

Jörn Budesheim hat geschrieben :
Mi 29. Nov 2023, 14:23
Wir sprechen über den Inhalt der Schublade. Zum Beispiel: Gehören Tiere in die Schublade, wenn ja, welche und warum.
Wir können auch darüber sprechen, warum Fritz bestimmte Pferde wichtig sind, wie er mit ihnen kommuniziert, was er gemeinsam mit ihnen erlebt und so weiter. In so einem Gespräch kommt keine Schublade vor, sondern es werden konkrete Punkte und Zusammenhänge genannt.




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Jörn Budesheim
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Warum ist für dich die Frage, ob Tiere zur Gesellschaft gehören und wenn ja welche, nicht konkret?




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Mi 29. Nov 2023, 15:09

Weil der Begriff "Gesellschaft" vage ist.




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Alle Begriffe sind vage. Philosophie ist meiner Meinung nach zu einem sehr großen Teil Begriffsarbeit. Einfach gesagt: Wenn wir herausfinden, was ein angemessener Begriff von Gesellschaft ist, dann finden wir vielleicht auch heraus, warum wir bestimmte Tiere zur Gesellschaft zählen müssen, und daraus folgt dann sicherlich auch etwas über den rechtlichen oder ethischen Status der Tiere. Das finde ich schon recht konkret :)




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Mi 29. Nov 2023, 15:41

Ja, alle Begriffe sind vage. Die einen mehr, die anderen weniger. Verglichen mit "Gesellschaft" halte ich "Pferd" für einen sehr klaren Begriff.

Auch finde ich es durchaus wichtig, bestimmte Begriffe zu klären. Aber nur dann, wenn der Begriff benötigt wird beim Beschreiben eines weiteren Gedankengangs.

Dieser weitere Gedankengang fehlt mir bei der Frage, ob Tiere zur Gesellschaft gehörten. Worauf zielt diese Frage?

Wenn es zum Beispiel um Gedanken über Veganismus geht, kann man konkret fragen: "Sollte man aufhören, Tiere zu essen?"

Diese Frage fände ich konkreter als: "Gehören Tiere zur Gesellschaft?"

Nur ein Beispiel.

Ebenso sinnfrei wäre das Argument pro Veganismus, Schweine gehörten zur Gesellschaft. Dann sagt der Nichtveganer: "Nö, nur Hunde gehören dazu."

Anstatt einfach so zu argumentieren: "Ich liebe Schweine, bitte lasst sie am Leben. Es ist so schmerzvoll."
Und: "Ich liebe Schweineschnitzel, bitte lasst es mich genießen. Es schmeckt so wunderbar."




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Quk hat geschrieben :
Mi 29. Nov 2023, 15:41
Wenn es zum Beispiel um Gedanken über Veganismus geht, kann man konkret fragen: "Sollte man aufhören, Tiere zu essen?"

Diese Frage fände ich konkreter als: "Gehören Tiere zur Gesellschaft?"
Ich finde das nicht, ich sehe nicht ein, warum das konkreter sein soll. Für meinen Geschmack könnte man genauso gut das Gegenteil behaupten und sagen, dass die Frage, ob Tiere in die Gesellschaft gehören, konkreter ist als die Frage, ob man aufhören soll, Tiere zu essen. Ich verstehe diesen Wettstreit um den Begriff konkret nicht.




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Stefanie
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Mi 29. Nov 2023, 16:31

Für mich ist eigentlich klar, was es eine Gesellschaft ist und daher geht es nur noch um die Frage, ob man dies erweitert oder nicht.

Insofern... Verwirrung meinerseits.



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Stefanie hat geschrieben :
Mi 29. Nov 2023, 16:31
Für mich ist eigentlich klar, was es eine Gesellschaft ist und daher geht es nur noch um die Frage, ob man dies erweitert oder nicht.
Und genau um diese Frage geht es meiner Ansicht nach nicht. Es geht um die Frage, ob die Tiere ohnehin zur Gesellschaft gehören und nicht um die Frage, ob wir den Begriff der Gesellschaft entsprechend erweitern sollten.




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Stefanie
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Mi 29. Nov 2023, 16:53

Mir ist die Argumentation von Quk nicht klar.

Eine Elefantenherde ist eine Gesellschaft von Elefanten. Gehört der Mensch dazu?
So umgekehrt könnte man auch mal fragen.



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